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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

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tet/ als unser glaube gestärcket werde/ wo wir sehen/ das der Hr. einen solchen
fieg gibet/ in dem wir ihm vor die erhaltung der seelen danck zusagen ursach fin-
den/ und ein andermahl desto getroster unser amt verrichten mögen. Wie ich auch
schlißlichen insgesamt zu allen verrichtungen göttlichen segen und gnade an-
wünsche. 1681.

SECTIO XI.
Von einstellung einer wochenpredigt zu scho-
nung des hauptes.

JCh komme nun auff den fast wichtigsten puncten/ und wünsche hertzlich/
daß ich darinnen den rath GOttes treffen möchte/ ich vermag auch nicht
gantz positive zu antworten/ sondern allein diejenige principia zu suppe-
ditir
en/ daraus nachmal etwa der entscheid sich möchte hernehmen lassen.
1. Jst die frage/ ob die gantze gemeinde/ oder doch pars potior, die einstellung der
einen predigt verlangt/ und also solches schonen nöthig achtet/ oder ob es allein ei-
nige weniger gute freunde seyen. 2. Ob derselbe sich nicht in dem predigen soweit
moderiren könne/ entweder die predigten etwas abzukürtzen/ oder doch die krafft
des geistes nicht in eine solche hefftige bewegung des leibes zu schwächung der kräff-
ten ausbrechen zu lassen/ sondern sich darinnen zurück zuhalten/ damit die beklagte
schwächung des haupts nicht erfolgte? 3. Ob geliebter bruder gewiß versichert/
daß solches unterschiedliche predigen die ursach sothaner schwächung seye (da ich
hingegen durch GOttes gnade von dem predigen niemal mattigkeit oder entkräff-
tung fühle/ und daher denjenigen/ welche sie auch bey mir sorgen/ nicht glauben
kan) oder ob die schwächung des kopffs aus andern ursachen herkomme/ und sich
auch bey der einen predigt ebensowohl finden würde? Wie nun die untersuchung
dieser frage fast zum grunde erstlich zu legen/ so blieben nachmal diese principia
fest. 1. Wir sind zwar schuldig auch unser leben bey unsrer gemeinde und in den
amts arbeiten willig auffzusetzen/ und unsre kräfften darüber zu verliehren/ und
demnach in solchem verstande vor die brüder zu sterben: Aber 2. wo wir sehen/ daß
durch die überhäuffte arbeit die kräfften dermassen erschöpffet würden/ daß wir
nicht lange ausdauren/ und also die kirche soviel kürtzer unsres dienstes geniessen
möchten/ weil damit derselben nicht gerathen würde/ verbindet uns solche pflicht
darzu nicht/ was eine mit wenigeren nutzen geschehende verzehrung unsrer kräfften
wäre/ da wir sie gleichwohl am sorgfältigsten also anzuwenden haben/ wie sie am
meisten nutzen können: wie wir auch ein liecht zwar brauchen/ daß es sich im ge-
brauch verzehren muß/ aber dennoch gern am sparsamsten damit umgehen. 3.
Die gemeinde hat so viel recht/ daß sie aus liebe gegen ihren Prediger von ihm

ver-

Das andere Capitel.
tet/ als unſer glaube geſtaͤrcket werde/ wo wir ſehen/ das der Hr. einen ſolchen
fieg gibet/ in dem wir ihm vor die erhaltung der ſeelen danck zuſagen urſach fin-
den/ und ein andermahl deſto getroſter unſer amt verrichten moͤgen. Wie ich auch
ſchlißlichen insgeſamt zu allen verrichtungen goͤttlichen ſegen und gnade an-
wuͤnſche. 1681.

SECTIO XI.
Von einſtellung einer wochenpredigt zu ſcho-
nung des hauptes.

JCh komme nun auff den faſt wichtigſten puncten/ und wuͤnſche hertzlich/
daß ich darinnen den rath GOttes treffen moͤchte/ ich vermag auch nicht
gantz poſitivè zu antworten/ ſondern allein diejenige principia zu ſuppe-
ditir
en/ daraus nachmal etwa der entſcheid ſich moͤchte hernehmen laſſen.
1. Jſt die frage/ ob die gantze gemeinde/ oder doch pars potior, die einſtellung der
einen predigt verlangt/ und alſo ſolches ſchonen noͤthig achtet/ oder ob es allein ei-
nige weniger gute freunde ſeyen. 2. Ob derſelbe ſich nicht in dem predigen ſoweit
moderiren koͤnne/ entweder die predigten etwas abzukuͤrtzen/ oder doch die krafft
des geiſtes nicht in eine ſolche hefftige bewegung des leibes zu ſchwaͤchung der kraͤff-
ten ausbrechen zu laſſen/ ſondern ſich darinnen zuruͤck zuhalten/ damit die beklagte
ſchwaͤchung des haupts nicht erfolgte? 3. Ob geliebter bruder gewiß verſichert/
daß ſolches unterſchiedliche predigen die urſach ſothaner ſchwaͤchung ſeye (da ich
hingegen durch GOttes gnade von dem predigen niemal mattigkeit oder entkraͤff-
tung fuͤhle/ und daher denjenigen/ welche ſie auch bey mir ſorgen/ nicht glauben
kan) oder ob die ſchwaͤchung des kopffs aus andern urſachen herkomme/ und ſich
auch bey der einen predigt ebenſowohl finden wuͤrde? Wie nun die unterſuchung
dieſer frage faſt zum grunde erſtlich zu legen/ ſo blieben nachmal dieſe principia
feſt. 1. Wir ſind zwar ſchuldig auch unſer leben bey unſrer gemeinde und in den
amts arbeiten willig auffzuſetzen/ und unſre kraͤfften daruͤber zu verliehren/ und
demnach in ſolchem verſtande vor die bruͤder zu ſterben: Aber 2. wo wir ſehen/ daß
durch die uͤberhaͤuffte arbeit die kraͤfften dermaſſen erſchoͤpffet wuͤrden/ daß wir
nicht lange ausdauren/ und alſo die kirche ſoviel kuͤrtzer unſres dienſtes genieſſen
moͤchten/ weil damit derſelben nicht gerathen wuͤrde/ verbindet uns ſolche pflicht
darzu nicht/ was eine mit wenigeren nutzen geſchehende verzehrung unſrer kraͤfften
waͤre/ da wir ſie gleichwohl am ſorgfaͤltigſten alſo anzuwenden haben/ wie ſie am
meiſten nutzen koͤnnen: wie wir auch ein liecht zwar brauchen/ daß es ſich im ge-
brauch verzehren muß/ aber dennoch gern am ſparſamſten damit umgehen. 3.
Die gemeinde hat ſo viel recht/ daß ſie aus liebe gegen ihren Prediger von ihm

ver-
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[46/0846] Das andere Capitel. tet/ als unſer glaube geſtaͤrcket werde/ wo wir ſehen/ das der Hr. einen ſolchen fieg gibet/ in dem wir ihm vor die erhaltung der ſeelen danck zuſagen urſach fin- den/ und ein andermahl deſto getroſter unſer amt verrichten moͤgen. Wie ich auch ſchlißlichen insgeſamt zu allen verrichtungen goͤttlichen ſegen und gnade an- wuͤnſche. 1681. SECTIO XI. Von einſtellung einer wochenpredigt zu ſcho- nung des hauptes. JCh komme nun auff den faſt wichtigſten puncten/ und wuͤnſche hertzlich/ daß ich darinnen den rath GOttes treffen moͤchte/ ich vermag auch nicht gantz poſitivè zu antworten/ ſondern allein diejenige principia zu ſuppe- ditiren/ daraus nachmal etwa der entſcheid ſich moͤchte hernehmen laſſen. 1. Jſt die frage/ ob die gantze gemeinde/ oder doch pars potior, die einſtellung der einen predigt verlangt/ und alſo ſolches ſchonen noͤthig achtet/ oder ob es allein ei- nige weniger gute freunde ſeyen. 2. Ob derſelbe ſich nicht in dem predigen ſoweit moderiren koͤnne/ entweder die predigten etwas abzukuͤrtzen/ oder doch die krafft des geiſtes nicht in eine ſolche hefftige bewegung des leibes zu ſchwaͤchung der kraͤff- ten ausbrechen zu laſſen/ ſondern ſich darinnen zuruͤck zuhalten/ damit die beklagte ſchwaͤchung des haupts nicht erfolgte? 3. Ob geliebter bruder gewiß verſichert/ daß ſolches unterſchiedliche predigen die urſach ſothaner ſchwaͤchung ſeye (da ich hingegen durch GOttes gnade von dem predigen niemal mattigkeit oder entkraͤff- tung fuͤhle/ und daher denjenigen/ welche ſie auch bey mir ſorgen/ nicht glauben kan) oder ob die ſchwaͤchung des kopffs aus andern urſachen herkomme/ und ſich auch bey der einen predigt ebenſowohl finden wuͤrde? Wie nun die unterſuchung dieſer frage faſt zum grunde erſtlich zu legen/ ſo blieben nachmal dieſe principia feſt. 1. Wir ſind zwar ſchuldig auch unſer leben bey unſrer gemeinde und in den amts arbeiten willig auffzuſetzen/ und unſre kraͤfften daruͤber zu verliehren/ und demnach in ſolchem verſtande vor die bruͤder zu ſterben: Aber 2. wo wir ſehen/ daß durch die uͤberhaͤuffte arbeit die kraͤfften dermaſſen erſchoͤpffet wuͤrden/ daß wir nicht lange ausdauren/ und alſo die kirche ſoviel kuͤrtzer unſres dienſtes genieſſen moͤchten/ weil damit derſelben nicht gerathen wuͤrde/ verbindet uns ſolche pflicht darzu nicht/ was eine mit wenigeren nutzen geſchehende verzehrung unſrer kraͤfften waͤre/ da wir ſie gleichwohl am ſorgfaͤltigſten alſo anzuwenden haben/ wie ſie am meiſten nutzen koͤnnen: wie wir auch ein liecht zwar brauchen/ daß es ſich im ge- brauch verzehren muß/ aber dennoch gern am ſparſamſten damit umgehen. 3. Die gemeinde hat ſo viel recht/ daß ſie aus liebe gegen ihren Prediger von ihm ver-

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/846>, abgerufen am 23.04.2024.