Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

Bild:
<< vorherige Seite

ARTIC. IV. SECTIO XIIX.
ches weichen mehr gewinnet als verliehret. Der HErr aber gebe weißheit/ krafft
und sieg der wahrheit/ daß wir sehen/ der rechte GOtt seye noch zu zion/ und er
gedencke seiner diener/ und lasse ihre arbeit in ihm gethan nicht ohne reichen see-
gen bleiben. 1690.

SECTIO XIIX.
Von catechetischer unterichtung/ auch zu hause.
Von besuchung der krancken/ darzu man nicht

specialiter beruffen ist.

ES ist mir der aus dessen brieff hervorleuchtende rühmliche fleiß/ durch
catechetische unterrichtung alten und jungen die erkäntnüs Gottes bey-
zubringen gantz angenehm: weiß auch an dem überschriebenen nichts zu
desideriren/ ohne daß derselbe selbs in der erfahrung finden wird/ daß sich nie-
mal auff einer art so gar bestehen lasse/ daß nicht (sonderlich wo man immermehr
der jugend wachsthum gewahr wird) stäts bald in diesem bald jenem sich eine än-
derung von selbs an die hand gebe. Daher man erstes mahl nicht unrecht thut/
da man so zu reden per generalissima nur gehet/ wann auch gantze hauptstück
auff ein oder ein par mahl genommen werden: Jst aber der grund etwas gelegt/
so bleibet man billich bey jederm hauptstück länger bestehen/ und nimmet die vor-
nehmste materien fleißig durch: biß wann diese auch bekanter worden/ nachmal
alles absonderlich mit mehr fleiß durchgegangen wird; wo alsdann die von mir
gethane austheilung in die pensa sich also zeigen wird/ daß man mit einem ieden
gar wol eine stunde ausbringen kan/ ja es kaum absolviren wird. Jedoch/ wie
angesprochen/ die übung und beobachtung des auditorii gibt immer maß/ und
zeiget/ was dann und wann zu thun/ ohngebunden an gantze genaue regeln.
Gleichwol ist diese einige erinnerung auch fleißig in acht zu nehmen/ daß ja ge-
trachtet werde/ nicht allein den leuten eine wissenschafft in den verstand zubrin-
gen/ sondern auch durch treuhertzige erinnerungen/ nach dem eine materie ge-
handelt/ alte und junge/ unter den zuhörern dazu zubewegen/ daß sie fleißig in
acht nehmen/ wie sie jede materie zu der übung ihres christenthums anzuwenden/
und GOtt um die gnade dessen anzuruffen haben/ mit stäter warnung/ daß alles
übrige lernen ausser diesem würde vergebens und umsonst seyn. Diese mehrmahl
wiederholte erinnerungen bleiben nicht ohne ihre krafft. Was ferner betrifft die
unterrichtung der älteren/ war mir hertzlich lieb/ daß GO[tt] so viele seelen gerüh-
ret/ welche sich willig dessen hauß information ergebe[n]: ich weiß aber nicht/ ob
die klage über die unwissenheit und zugleich wiederse[tzl]igkeit der alten/ so über sie
in dem andern schreiben geführet wird/ anzeigen solle/ daß jene sonntags-abend
übung gefallen wäre/ so mir nicht lieb seyn solte/ oder ob diese klage allein über

ande-
i 3

ARTIC. IV. SECTIO XIIX.
ches weichen mehr gewinnet als verliehret. Der HErr aber gebe weißheit/ krafft
und ſieg der wahrheit/ daß wir ſehen/ der rechte GOtt ſeye noch zu zion/ und er
gedencke ſeiner diener/ und laſſe ihre arbeit in ihm gethan nicht ohne reichen ſee-
gen bleiben. 1690.

SECTIO XIIX.
Von catechetiſcher unterichtung/ auch zu hauſe.
Von beſuchung der krancken/ darzu man nicht

ſpecialiter beruffen iſt.

ES iſt mir der aus deſſen brieff hervorleuchtende ruͤhmliche fleiß/ durch
catechetiſche unterrichtung alten und jungen die erkaͤntnuͤs Gottes bey-
zubringen gantz angenehm: weiß auch an dem uͤberſchriebenen nichts zu
deſideriren/ ohne daß derſelbe ſelbs in der erfahrung finden wird/ daß ſich nie-
mal auff einer art ſo gar beſtehen laſſe/ daß nicht (ſonderlich wo man immermehr
der jugend wachsthum gewahr wird) ſtaͤts bald in dieſem bald jenem ſich eine aͤn-
derung von ſelbs an die hand gebe. Daher man erſtes mahl nicht unrecht thut/
da man ſo zu reden per generalisſima nur gehet/ wann auch gantze hauptſtuͤck
auff ein oder ein par mahl genommen werden: Jſt aber der grund etwas gelegt/
ſo bleibet man billich bey jederm hauptſtuͤck laͤnger beſtehen/ und nimmet die vor-
nehmſte materien fleißig durch: biß wann dieſe auch bekanter worden/ nachmal
alles abſonderlich mit mehr fleiß durchgegangen wird; wo alsdann die von mir
gethane austheilung in die penſa ſich alſo zeigen wird/ daß man mit einem ieden
gar wol eine ſtunde ausbringen kan/ ja es kaum abſolviren wird. Jedoch/ wie
angeſprochen/ die uͤbung und beobachtung des auditorii gibt immer maß/ und
zeiget/ was dann und wann zu thun/ ohngebunden an gantze genaue regeln.
Gleichwol iſt dieſe einige erinnerung auch fleißig in acht zu nehmen/ daß ja ge-
trachtet werde/ nicht allein den leuten eine wiſſenſchafft in den verſtand zubrin-
gen/ ſondern auch durch treuhertzige erinnerungen/ nach dem eine materie ge-
handelt/ alte und junge/ unter den zuhoͤrern dazu zubewegen/ daß ſie fleißig in
acht nehmen/ wie ſie jede materie zu der uͤbung ihres chriſtenthums anzuwenden/
und GOtt um die gnade deſſen anzuruffen haben/ mit ſtaͤter warnung/ daß alles
uͤbrige lernen auſſer dieſem wuͤrde vergebens und umſonſt ſeyn. Dieſe mehrmahl
wiederholte erinnerungen bleiben nicht ohne ihre krafft. Was ferner betrifft die
unterrichtung der aͤlteren/ war mir hertzlich lieb/ daß GO[tt] ſo viele ſeelen geruͤh-
ret/ welche ſich willig deſſen hauß information ergebe[n]: ich weiß aber nicht/ ob
die klage uͤber die unwiſſenheit und zugleich wiederſe[tzl]igkeit der alten/ ſo uͤber ſie
in dem andern ſchreiben gefuͤhret wird/ anzeigen ſolle/ daß jene ſonntags-abend
uͤbung gefallen waͤre/ ſo mir nicht lieb ſeyn ſolte/ oder ob dieſe klage allein uͤber

ande-
i 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0869" n="69"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">ARTIC. IV. SECTIO</hi> XIIX.</hi></hi></fw><lb/>
ches weichen mehr gewinnet als verliehret. Der HErr aber gebe weißheit/ krafft<lb/>
und &#x017F;ieg der wahrheit/ daß wir &#x017F;ehen/ der rechte GOtt &#x017F;eye noch zu zion/ und er<lb/>
gedencke &#x017F;einer diener/ und la&#x017F;&#x017F;e ihre arbeit in ihm gethan nicht ohne reichen &#x017F;ee-<lb/>
gen bleiben. 1690.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">SECTIO</hi> XIIX.</hi><lb/> <hi rendition="#fr">Von catecheti&#x017F;cher unterichtung/ auch zu hau&#x017F;e.<lb/>
Von be&#x017F;uchung der krancken/ darzu man nicht</hi><lb/> <hi rendition="#aq">&#x017F;pecialiter</hi> <hi rendition="#fr">beruffen i&#x017F;t.</hi> </head><lb/>
            <p><hi rendition="#in">E</hi>S i&#x017F;t mir der aus de&#x017F;&#x017F;en brieff hervorleuchtende ru&#x0364;hmliche fleiß/ durch<lb/>
catecheti&#x017F;che unterrichtung alten und jungen die erka&#x0364;ntnu&#x0364;s Gottes bey-<lb/>
zubringen gantz angenehm: weiß auch an dem u&#x0364;ber&#x017F;chriebenen nichts zu<lb/><hi rendition="#aq">de&#x017F;iderir</hi>en/ ohne daß der&#x017F;elbe &#x017F;elbs in der erfahrung finden wird/ daß &#x017F;ich nie-<lb/>
mal auff einer art &#x017F;o gar be&#x017F;tehen la&#x017F;&#x017F;e/ daß nicht (&#x017F;onderlich wo man immermehr<lb/>
der jugend wachsthum gewahr wird) &#x017F;ta&#x0364;ts bald in die&#x017F;em bald jenem &#x017F;ich eine a&#x0364;n-<lb/>
derung von &#x017F;elbs an die hand gebe. Daher man er&#x017F;tes mahl nicht unrecht thut/<lb/>
da man &#x017F;o zu reden <hi rendition="#aq">per generalis&#x017F;ima</hi> nur gehet/ wann auch gantze haupt&#x017F;tu&#x0364;ck<lb/>
auff ein oder ein par mahl genommen werden: J&#x017F;t aber der grund etwas gelegt/<lb/>
&#x017F;o bleibet man billich bey jederm haupt&#x017F;tu&#x0364;ck la&#x0364;nger be&#x017F;tehen/ und nimmet die vor-<lb/>
nehm&#x017F;te materien fleißig durch: biß wann die&#x017F;e auch bekanter worden/ nachmal<lb/>
alles ab&#x017F;onderlich mit mehr fleiß durchgegangen wird; wo alsdann die von mir<lb/>
gethane austheilung in die <hi rendition="#aq">pen&#x017F;a</hi> &#x017F;ich al&#x017F;o zeigen wird/ daß man mit einem ieden<lb/>
gar wol eine &#x017F;tunde ausbringen kan/ ja es kaum <hi rendition="#aq">ab&#x017F;olvir</hi>en wird. Jedoch/ wie<lb/>
ange&#x017F;prochen/ die u&#x0364;bung und beobachtung des <hi rendition="#aq">auditorii</hi> gibt immer maß/ und<lb/>
zeiget/ was dann und wann zu thun/ ohngebunden an gantze genaue regeln.<lb/>
Gleichwol i&#x017F;t die&#x017F;e einige erinnerung auch fleißig in acht zu nehmen/ daß ja ge-<lb/>
trachtet werde/ nicht allein den leuten eine wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chafft in den ver&#x017F;tand zubrin-<lb/>
gen/ &#x017F;ondern auch durch treuhertzige erinnerungen/ nach dem eine materie ge-<lb/>
handelt/ alte und junge/ unter den zuho&#x0364;rern dazu zubewegen/ daß &#x017F;ie fleißig in<lb/>
acht nehmen/ wie &#x017F;ie jede materie zu der u&#x0364;bung ihres chri&#x017F;tenthums anzuwenden/<lb/>
und GOtt um die gnade de&#x017F;&#x017F;en anzuruffen haben/ mit &#x017F;ta&#x0364;ter warnung/ daß alles<lb/>
u&#x0364;brige lernen au&#x017F;&#x017F;er die&#x017F;em wu&#x0364;rde vergebens und um&#x017F;on&#x017F;t &#x017F;eyn. Die&#x017F;e mehrmahl<lb/>
wiederholte erinnerungen bleiben nicht ohne ihre krafft. Was ferner betrifft die<lb/>
unterrichtung der a&#x0364;lteren/ war mir hertzlich lieb/ daß GO<supplied>tt</supplied> &#x017F;o viele &#x017F;eelen geru&#x0364;h-<lb/>
ret/ welche &#x017F;ich willig de&#x017F;&#x017F;en hauß <hi rendition="#aq">information</hi> ergebe<supplied>n</supplied>: ich weiß aber nicht/ ob<lb/>
die klage u&#x0364;ber die unwi&#x017F;&#x017F;enheit und zugleich wieder&#x017F;e<supplied>tzl</supplied>igkeit der alten/ &#x017F;o u&#x0364;ber &#x017F;ie<lb/>
in dem andern &#x017F;chreiben gefu&#x0364;hret wird/ anzeigen &#x017F;olle/ daß jene &#x017F;onntags-abend<lb/>
u&#x0364;bung gefallen wa&#x0364;re/ &#x017F;o mir nicht lieb &#x017F;eyn &#x017F;olte/ oder ob die&#x017F;e klage allein u&#x0364;ber<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">i 3</fw><fw place="bottom" type="catch">ande-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[69/0869] ARTIC. IV. SECTIO XIIX. ches weichen mehr gewinnet als verliehret. Der HErr aber gebe weißheit/ krafft und ſieg der wahrheit/ daß wir ſehen/ der rechte GOtt ſeye noch zu zion/ und er gedencke ſeiner diener/ und laſſe ihre arbeit in ihm gethan nicht ohne reichen ſee- gen bleiben. 1690. SECTIO XIIX. Von catechetiſcher unterichtung/ auch zu hauſe. Von beſuchung der krancken/ darzu man nicht ſpecialiter beruffen iſt. ES iſt mir der aus deſſen brieff hervorleuchtende ruͤhmliche fleiß/ durch catechetiſche unterrichtung alten und jungen die erkaͤntnuͤs Gottes bey- zubringen gantz angenehm: weiß auch an dem uͤberſchriebenen nichts zu deſideriren/ ohne daß derſelbe ſelbs in der erfahrung finden wird/ daß ſich nie- mal auff einer art ſo gar beſtehen laſſe/ daß nicht (ſonderlich wo man immermehr der jugend wachsthum gewahr wird) ſtaͤts bald in dieſem bald jenem ſich eine aͤn- derung von ſelbs an die hand gebe. Daher man erſtes mahl nicht unrecht thut/ da man ſo zu reden per generalisſima nur gehet/ wann auch gantze hauptſtuͤck auff ein oder ein par mahl genommen werden: Jſt aber der grund etwas gelegt/ ſo bleibet man billich bey jederm hauptſtuͤck laͤnger beſtehen/ und nimmet die vor- nehmſte materien fleißig durch: biß wann dieſe auch bekanter worden/ nachmal alles abſonderlich mit mehr fleiß durchgegangen wird; wo alsdann die von mir gethane austheilung in die penſa ſich alſo zeigen wird/ daß man mit einem ieden gar wol eine ſtunde ausbringen kan/ ja es kaum abſolviren wird. Jedoch/ wie angeſprochen/ die uͤbung und beobachtung des auditorii gibt immer maß/ und zeiget/ was dann und wann zu thun/ ohngebunden an gantze genaue regeln. Gleichwol iſt dieſe einige erinnerung auch fleißig in acht zu nehmen/ daß ja ge- trachtet werde/ nicht allein den leuten eine wiſſenſchafft in den verſtand zubrin- gen/ ſondern auch durch treuhertzige erinnerungen/ nach dem eine materie ge- handelt/ alte und junge/ unter den zuhoͤrern dazu zubewegen/ daß ſie fleißig in acht nehmen/ wie ſie jede materie zu der uͤbung ihres chriſtenthums anzuwenden/ und GOtt um die gnade deſſen anzuruffen haben/ mit ſtaͤter warnung/ daß alles uͤbrige lernen auſſer dieſem wuͤrde vergebens und umſonſt ſeyn. Dieſe mehrmahl wiederholte erinnerungen bleiben nicht ohne ihre krafft. Was ferner betrifft die unterrichtung der aͤlteren/ war mir hertzlich lieb/ daß GOtt ſo viele ſeelen geruͤh- ret/ welche ſich willig deſſen hauß information ergeben: ich weiß aber nicht/ ob die klage uͤber die unwiſſenheit und zugleich wiederſetzligkeit der alten/ ſo uͤber ſie in dem andern ſchreiben gefuͤhret wird/ anzeigen ſolle/ daß jene ſonntags-abend uͤbung gefallen waͤre/ ſo mir nicht lieb ſeyn ſolte/ oder ob dieſe klage allein uͤber ande- i 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/869
Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/869>, abgerufen am 28.03.2024.