Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

Bild:
<< vorherige Seite

ARTIC. IV. SECT. XX.
noch sehe/ daß es eine dem amt unanständige neurung gehalten werden könte.
4. Das einige bedencken möchte seyn wegen der zeit/ ob nicht die abendstunde/
sonderlich winters/ da es ziemlich in die nacht gehet/ wegen allerley ungelegenheit
der finsterniß bedencken machen möchte: und stelle ich zu ferner überlegung in der
furcht des HErrn/ ob nicht/ wo darüber klage oder übels nachreden gehöret wür-
de/ rathsamer wäre/ lieber die stunde vor als nach der abend-mahlzeit winters
darzu zu wehlen. Der HErr aber/ der mit dem guten ist/ zeige in allem seinen
willen/ und was das beste seye/ segne alles christliche vornehmen reichlich/ und
lasse nicht zu/ daß jemand auch unwissend sich dem guten widersetze/ um seiner
ehre willen. 1700.

SECTIO XX.
Ob die hauß-visitationen der Prediger unrecht
zu achten seyen?

ES fraget sich von den geistlichen hauß-visitationen/ ob die angeführte
gründe dieselbe gnugsam widerlegen/ und sie deswegen zu unterlassen
wären; 1. Christi bekäntnuß und Exempel Joh. 18/ 20. streitet aller-
dings nicht dagegen/ wo man neben der öffentlichen predigt auch in den häusern
eben dieselbe lehre treibet. Jndem der HErr nicht allein in dem tempel/ in den
schulen/ auff freyem felde und bey vielen/ sondern auch in häusern und bey weni-
gen zu lehren pflegte Luc. 10/ 39. Ja er legte seinen jüngern absonderlich aus/
was er in gleichnüssen andern dunckler vorgetragen hatte/ Marc. 4/ 10. Er sagte
ihnen dinge im finsternuß und in das ohr/ das ist auff eine mehr geheime
weise/ die sie aber nachmal im liecht und auff den dächern predigen solten Matth.
10/ 27. Wenn also der HErr sagt Joh. 18/ 20. Jch habe nichts im verbor-
gen geredet;
so werden alle unsere lehrer damit einig seyn/ daß er sage/ er habe
nichts im verborgen geredet/ daß er nicht auch öffentlich geprediget/ und dessen
keine scheu zu tragen habe: also nichts anders im verborgenen/ anders öffentlich/
sondern allezeit einerley. Also macht unser treffliche ausleger D. Schmidius die
paraphrasin. Et in occulto qvoqve aliud qvid locutus nihil sum. Auch der be-
rühmte Gerhardus Harm. c. 187. Sciendum Christum hic loqvi de ipso genere
doctrinae, qvae non fuit qvibusdam in occulto solum proposita, sicut Eleusi-
ria sacra, sed publice omnibus, qvi audire modo voluerunt inculcata. Qvam-
vis enim Christus qvandoqve privatim sine arbitris cum Apostolis locutus
fuerit, tamen non fuit aliud genus, nec alia qvaedam, ut ita loqvar, substan-
tialia doctrinae, qvam qvae publice fuerunt etiam aliis exposita.
Von dem es
fast mit einerley worten auch D. Nifanias entlehnet/ wie auch Prucknerus. Fla-

cius
k 2

ARTIC. IV. SECT. XX.
noch ſehe/ daß es eine dem amt unanſtaͤndige neurung gehalten werden koͤnte.
4. Das einige bedencken moͤchte ſeyn wegen der zeit/ ob nicht die abendſtunde/
ſonderlich winters/ da es ziemlich in die nacht gehet/ wegen allerley ungelegenheit
der finſterniß bedencken machen moͤchte: und ſtelle ich zu ferner uͤberlegung in der
furcht des HErrn/ ob nicht/ wo daruͤber klage oder uͤbels nachreden gehoͤret wuͤr-
de/ rathſamer waͤre/ lieber die ſtunde vor als nach der abend-mahlzeit winters
darzu zu wehlen. Der HErr aber/ der mit dem guten iſt/ zeige in allem ſeinen
willen/ und was das beſte ſeye/ ſegne alles chriſtliche vornehmen reichlich/ und
laſſe nicht zu/ daß jemand auch unwiſſend ſich dem guten widerſetze/ um ſeiner
ehre willen. 1700.

SECTIO XX.
Ob die hauß-viſitationen der Prediger unrecht
zu achten ſeyen?

ES fraget ſich von den geiſtlichen hauß-viſitationen/ ob die angefuͤhrte
gruͤnde dieſelbe gnugſam widerlegen/ und ſie deswegen zu unterlaſſen
waͤren; 1. Chriſti bekaͤntnuß und Exempel Joh. 18/ 20. ſtreitet aller-
dings nicht dagegen/ wo man neben der oͤffentlichen predigt auch in den haͤuſern
eben dieſelbe lehre treibet. Jndem der HErr nicht allein in dem tempel/ in den
ſchulen/ auff freyem felde und bey vielen/ ſondern auch in haͤuſern und bey weni-
gen zu lehren pflegte Luc. 10/ 39. Ja er legte ſeinen juͤngern abſonderlich aus/
was er in gleichnuͤſſen andern dunckler vorgetragen hatte/ Marc. 4/ 10. Er ſagte
ihnen dinge im finſternuß und in das ohr/ das iſt auff eine mehr geheime
weiſe/ die ſie aber nachmal im liecht und auff den daͤchern predigen ſolten Matth.
10/ 27. Wenn alſo der HErr ſagt Joh. 18/ 20. Jch habe nichts im verbor-
gen geredet;
ſo werden alle unſere lehrer damit einig ſeyn/ daß er ſage/ er habe
nichts im verborgen geredet/ daß er nicht auch oͤffentlich geprediget/ und deſſen
keine ſcheu zu tragen habe: alſo nichts anders im verborgenen/ anders oͤffentlich/
ſondern allezeit einerley. Alſo macht unſer treffliche ausleger D. Schmidius die
παϱάφρασιν. Et in occulto qvoqve aliud qvid locutus nihil ſum. Auch der be-
ruͤhmte Gerhardus Harm. c. 187. Sciendum Chriſtum hic loqvi de ipſo genere
doctrinæ, qvæ non fuit qvibusdam in occulto ſolum propoſita, ſicut Eleuſi-
ria ſacra, ſed publice omnibus, qvi audire modo voluerunt inculcata. Qvam-
vis enim Chriſtus qvandoqve privatim ſine arbitris cum Apoſtolis locutus
fuerit, tamen non fuit aliud genus, nec alia qvædam, ut ita loqvar, ſubſtan-
tialia doctrinæ, qvàm qvæ publicè fuerunt etiam aliis expoſita.
Von dem es
faſt mit einerley worten auch D. Nifanias entlehnet/ wie auch Prucknerus. Fla-

cius
k 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0875" n="75"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">ARTIC. IV. SECT</hi>. XX.</hi></hi></fw><lb/>
noch &#x017F;ehe/ daß es eine dem amt unan&#x017F;ta&#x0364;ndige neurung gehalten werden ko&#x0364;nte.<lb/>
4. Das einige bedencken mo&#x0364;chte &#x017F;eyn wegen der zeit/ ob nicht die abend&#x017F;tunde/<lb/>
&#x017F;onderlich winters/ da es ziemlich in die nacht gehet/ wegen allerley ungelegenheit<lb/>
der fin&#x017F;terniß bedencken machen mo&#x0364;chte: und &#x017F;telle ich zu ferner u&#x0364;berlegung in der<lb/>
furcht des HErrn/ ob nicht/ wo daru&#x0364;ber klage oder u&#x0364;bels nachreden geho&#x0364;ret wu&#x0364;r-<lb/>
de/ rath&#x017F;amer wa&#x0364;re/ lieber die &#x017F;tunde vor als nach der abend-mahlzeit winters<lb/>
darzu zu wehlen. Der HErr aber/ der mit dem guten i&#x017F;t/ zeige in allem &#x017F;einen<lb/>
willen/ und was das be&#x017F;te &#x017F;eye/ &#x017F;egne alles chri&#x017F;tliche vornehmen reichlich/ und<lb/>
la&#x017F;&#x017F;e nicht zu/ daß jemand auch unwi&#x017F;&#x017F;end &#x017F;ich dem guten wider&#x017F;etze/ um &#x017F;einer<lb/>
ehre willen. 1700.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">SECTIO</hi> XX.</hi><lb/> <hi rendition="#fr">Ob die hauß-</hi> <hi rendition="#aq">vi&#x017F;itation</hi> <hi rendition="#fr">en der Prediger unrecht<lb/>
zu achten &#x017F;eyen?</hi> </head><lb/>
            <p><hi rendition="#in">E</hi>S fraget &#x017F;ich von den gei&#x017F;tlichen hauß-<hi rendition="#aq">vi&#x017F;itation</hi>en/ ob die angefu&#x0364;hrte<lb/>
gru&#x0364;nde die&#x017F;elbe gnug&#x017F;am widerlegen/ und &#x017F;ie deswegen zu unterla&#x017F;&#x017F;en<lb/>
wa&#x0364;ren; 1. Chri&#x017F;ti beka&#x0364;ntnuß und Exempel Joh. 18/ 20. &#x017F;treitet aller-<lb/>
dings nicht dagegen/ wo man neben der o&#x0364;ffentlichen predigt auch in den ha&#x0364;u&#x017F;ern<lb/>
eben die&#x017F;elbe lehre treibet. Jndem der HErr nicht allein in dem tempel/ in den<lb/>
&#x017F;chulen/ auff freyem felde und bey vielen/ &#x017F;ondern auch in ha&#x0364;u&#x017F;ern und bey weni-<lb/>
gen zu lehren pflegte Luc. 10/ 39. Ja er legte &#x017F;einen ju&#x0364;ngern ab&#x017F;onderlich aus/<lb/>
was er in gleichnu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en andern dunckler vorgetragen hatte/ Marc. 4/ 10. Er &#x017F;agte<lb/>
ihnen dinge <hi rendition="#fr">im fin&#x017F;ternuß und in das ohr/</hi> das i&#x017F;t auff eine mehr geheime<lb/>
wei&#x017F;e/ die &#x017F;ie aber nachmal im liecht und auff den da&#x0364;chern predigen &#x017F;olten Matth.<lb/>
10/ 27. Wenn al&#x017F;o der HErr &#x017F;agt Joh. 18/ 20. <hi rendition="#fr">Jch habe nichts im verbor-<lb/>
gen geredet;</hi> &#x017F;o werden alle un&#x017F;ere lehrer damit einig &#x017F;eyn/ daß er &#x017F;age/ er habe<lb/>
nichts im verborgen geredet/ daß er nicht auch o&#x0364;ffentlich geprediget/ und de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
keine &#x017F;cheu zu tragen habe: al&#x017F;o nichts anders im verborgenen/ anders o&#x0364;ffentlich/<lb/>
&#x017F;ondern allezeit einerley. Al&#x017F;o macht un&#x017F;er treffliche ausleger <hi rendition="#aq">D. Schmidius</hi> die<lb/>
&#x03C0;&#x03B1;&#x03F1;&#x03AC;&#x03C6;&#x03C1;&#x03B1;&#x03C3;&#x03B9;&#x03BD;. <hi rendition="#aq">Et in occulto qvoqve aliud qvid locutus nihil &#x017F;um.</hi> Auch der be-<lb/>
ru&#x0364;hmte <hi rendition="#aq">Gerhardus Harm. c. 187. Sciendum Chri&#x017F;tum hic loqvi de ip&#x017F;o genere<lb/>
doctrinæ, qvæ non fuit qvibusdam in occulto &#x017F;olum propo&#x017F;ita, &#x017F;icut Eleu&#x017F;i-<lb/>
ria &#x017F;acra, &#x017F;ed publice omnibus, qvi audire modo voluerunt inculcata. Qvam-<lb/>
vis enim Chri&#x017F;tus qvandoqve privatim &#x017F;ine arbitris cum Apo&#x017F;tolis locutus<lb/>
fuerit, tamen non fuit aliud genus, nec alia qvædam, ut ita loqvar, &#x017F;ub&#x017F;tan-<lb/>
tialia doctrinæ, qvàm qvæ publicè fuerunt etiam aliis expo&#x017F;ita.</hi> Von dem es<lb/>
fa&#x017F;t mit einerley worten auch <hi rendition="#aq">D. Nifanias</hi> entlehnet/ wie auch <hi rendition="#aq">Prucknerus. Fla-</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">k 2</fw><fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">cius</hi></fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[75/0875] ARTIC. IV. SECT. XX. noch ſehe/ daß es eine dem amt unanſtaͤndige neurung gehalten werden koͤnte. 4. Das einige bedencken moͤchte ſeyn wegen der zeit/ ob nicht die abendſtunde/ ſonderlich winters/ da es ziemlich in die nacht gehet/ wegen allerley ungelegenheit der finſterniß bedencken machen moͤchte: und ſtelle ich zu ferner uͤberlegung in der furcht des HErrn/ ob nicht/ wo daruͤber klage oder uͤbels nachreden gehoͤret wuͤr- de/ rathſamer waͤre/ lieber die ſtunde vor als nach der abend-mahlzeit winters darzu zu wehlen. Der HErr aber/ der mit dem guten iſt/ zeige in allem ſeinen willen/ und was das beſte ſeye/ ſegne alles chriſtliche vornehmen reichlich/ und laſſe nicht zu/ daß jemand auch unwiſſend ſich dem guten widerſetze/ um ſeiner ehre willen. 1700. SECTIO XX. Ob die hauß-viſitationen der Prediger unrecht zu achten ſeyen? ES fraget ſich von den geiſtlichen hauß-viſitationen/ ob die angefuͤhrte gruͤnde dieſelbe gnugſam widerlegen/ und ſie deswegen zu unterlaſſen waͤren; 1. Chriſti bekaͤntnuß und Exempel Joh. 18/ 20. ſtreitet aller- dings nicht dagegen/ wo man neben der oͤffentlichen predigt auch in den haͤuſern eben dieſelbe lehre treibet. Jndem der HErr nicht allein in dem tempel/ in den ſchulen/ auff freyem felde und bey vielen/ ſondern auch in haͤuſern und bey weni- gen zu lehren pflegte Luc. 10/ 39. Ja er legte ſeinen juͤngern abſonderlich aus/ was er in gleichnuͤſſen andern dunckler vorgetragen hatte/ Marc. 4/ 10. Er ſagte ihnen dinge im finſternuß und in das ohr/ das iſt auff eine mehr geheime weiſe/ die ſie aber nachmal im liecht und auff den daͤchern predigen ſolten Matth. 10/ 27. Wenn alſo der HErr ſagt Joh. 18/ 20. Jch habe nichts im verbor- gen geredet; ſo werden alle unſere lehrer damit einig ſeyn/ daß er ſage/ er habe nichts im verborgen geredet/ daß er nicht auch oͤffentlich geprediget/ und deſſen keine ſcheu zu tragen habe: alſo nichts anders im verborgenen/ anders oͤffentlich/ ſondern allezeit einerley. Alſo macht unſer treffliche ausleger D. Schmidius die παϱάφρασιν. Et in occulto qvoqve aliud qvid locutus nihil ſum. Auch der be- ruͤhmte Gerhardus Harm. c. 187. Sciendum Chriſtum hic loqvi de ipſo genere doctrinæ, qvæ non fuit qvibusdam in occulto ſolum propoſita, ſicut Eleuſi- ria ſacra, ſed publice omnibus, qvi audire modo voluerunt inculcata. Qvam- vis enim Chriſtus qvandoqve privatim ſine arbitris cum Apoſtolis locutus fuerit, tamen non fuit aliud genus, nec alia qvædam, ut ita loqvar, ſubſtan- tialia doctrinæ, qvàm qvæ publicè fuerunt etiam aliis expoſita. Von dem es faſt mit einerley worten auch D. Nifanias entlehnet/ wie auch Prucknerus. Fla- cius k 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/875
Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/875>, abgerufen am 25.04.2024.