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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.

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Das dritte Capitel.
chungen von ihr abwenden/ sondern auch in dem übrigen das werck seiner
heiligung in dem liecht seines Heiligen Geistes/ in desselben krafft und trieb/
auch empfindlichen trost/ immer in ihr fortsetzen; sie hingegen gegen alle an-
fechtungen des teuffels/ der welt und eigenen fleisches zu stätem sieg wapnen/
ja durch und durch heiligen wolle/ daß ihr geist gantz samt seel und leib/ möge
erhalten werden unsträflich auff dentag JEsu Christi. 1684.

SECTIO XXX.
Von dem kirchen-bauen.

JCh habe wegen der nechstmal von wegen ihrer christlichen gemeinde an
mich gethanen ansinnung dero collecten werck zu ihrem kirchen-bau zu
recommendiren/ mich zu abwendung etwa widriger gedancken zu er-
klären: daß nicht nur hiesiges orts/ weder ich/ noch jemand meiner H Hn.
Collegen bey denen petitis um collecten etwas zu thun haben/ als welcher-
ley unmittelbar vor dem Rath gesucht werden muß/ welcher auch nach einem
befinden darinn decerniret/ und was zuvergönnen seye oder nicht/ mit dem Mi-
nisterio
nicht zu communiciren hat; sondern daß ich auch in m[e]inem hertzen
die gantze sache nicht also habe ansehen können/ daß ob es auch bey mir gestan-
den wäre/ ich mein votum dazu geben sollen. Daß nun solches nicht aus ei-
ner widrigkeit gegen ihre gemeinde und religions-exercitium thue/ sondern
dieselbe von hertzen liebe/ und ihnen alles guts gönne/ hoffe ich/ werden sie
aus andern meines gemüths gegen sie proben/ mir zu trauen: damit aber
die wahre ursach vor augen stelle/ so muß mich völlig erklären. 1. Das
kirchen-bauen bloß dahin und an sich selbs/ achte ich für keinen Gottes-
dienst/ oder dem HErrn sonderbar gefälliges werck/ wie es auch nirgend in
dem N. T. uns Christen befohlen oder recommendiret wird: so lässet sich
auch von dem von GOtt in dem A. Test. befohlenen tempel nicht auff unsere
kirchen schliessen/ wann nicht nur jener mit zu dem levitischen Gottesdienst
gehörte/ und was GOtt dabey und in solchem vorbild vor absichten hatte/
sich auff unsere kirchen nicht reimet/ sondern diese vielmehr mit den schulen o-
der Synagogen der Juden/ als dem tempel zu vergleichen sind. Hingegen
halte ich dieses aus dem Papstthum noch her zu kommen/ da man meinet/ es
seye diestifftung und erbauung der kirchen/ und so genannter geistlicher ge-
bäude/ auch wo und in welcher zahl man sie nicht nöthig hat oder braucht/ an
und vor sich selbs ein heiliges werck/ damit man GOtt einen dienst thue. Jn
welcher meinung/ so aber nicht viel besser als ein aberglaube ist/ man leider! so
lange zeit in dem Papstthum gestanden/ und noch stehet/ daß viele/ da sie et-
was zu GOttes ehren anwenden wollen/ dasselbe mit hindansetzung viel nö-

thi-

Das dritte Capitel.
chungen von ihr abwenden/ ſondern auch in dem uͤbrigen das werck ſeiner
heiligung in dem liecht ſeines Heiligen Geiſtes/ in deſſelben krafft und trieb/
auch empfindlichen troſt/ immer in ihr fortſetzen; ſie hingegen gegen alle an-
fechtungen des teuffels/ der welt und eigenen fleiſches zu ſtaͤtem ſieg wapnen/
ja durch und durch heiligen wolle/ daß ihr geiſt gantz ſamt ſeel und leib/ moͤge
erhalten werden unſtraͤflich auff dentag JEſu Chriſti. 1684.

SECTIO XXX.
Von dem kirchen-bauen.

JCh habe wegen der nechſtmal von wegen ihrer chriſtlichen gemeinde an
mich gethanen anſinnung dero collecten werck zu ihrem kirchen-bau zu
recommendiren/ mich zu abwendung etwa widriger gedancken zu er-
klaͤren: daß nicht nur hieſiges orts/ weder ich/ noch jemand meiner H Hn.
Collegen bey denen petitis um collecten etwas zu thun haben/ als welcher-
ley unmittelbar vor dem Rath geſucht werden muß/ welcher auch nach einem
befinden dariñ decerniret/ und was zuvergoͤnnen ſeye oder nicht/ mit dem Mi-
niſterio
nicht zu communiciren hat; ſondern daß ich auch in m[e]inem hertzen
die gantze ſache nicht alſo habe anſehen koͤnnen/ daß ob es auch bey mir geſtan-
den waͤre/ ich mein votum dazu geben ſollen. Daß nun ſolches nicht aus ei-
ner widrigkeit gegen ihre gemeinde und religions-exercitium thue/ ſondern
dieſelbe von hertzen liebe/ und ihnen alles guts goͤnne/ hoffe ich/ werden ſie
aus andern meines gemuͤths gegen ſie proben/ mir zu trauen: damit aber
die wahre urſach vor augen ſtelle/ ſo muß mich voͤllig erklaͤren. 1. Das
kirchen-bauen bloß dahin und an ſich ſelbs/ achte ich fuͤr keinen Gottes-
dienſt/ oder dem HErrn ſonderbar gefaͤlliges werck/ wie es auch nirgend in
dem N. T. uns Chriſten befohlen oder recommendiret wird: ſo laͤſſet ſich
auch von dem von GOtt in dem A. Teſt. befohlenen tempel nicht auff unſere
kirchen ſchlieſſen/ wann nicht nur jener mit zu dem levitiſchen Gottesdienſt
gehoͤrte/ und was GOtt dabey und in ſolchem vorbild vor abſichten hatte/
ſich auff unſere kirchen nicht reimet/ ſondern dieſe vielmehr mit den ſchulen o-
der Synagogen der Juden/ als dem tempel zu vergleichen ſind. Hingegen
halte ich dieſes aus dem Papſtthum noch her zu kommen/ da man meinet/ es
ſeye dieſtifftung und erbauung der kirchen/ und ſo genannter geiſtlicher ge-
baͤude/ auch wo und in welcher zahl man ſie nicht noͤthig hat oder braucht/ an
und vor ſich ſelbs ein heiliges werck/ damit man GOtt einen dienſt thue. Jn
welcher meinung/ ſo aber nicht viel beſſer als ein aberglaube iſt/ man leider! ſo
lange zeit in dem Papſtthum geſtanden/ und noch ſtehet/ daß viele/ da ſie et-
was zu GOttes ehren anwenden wollen/ daſſelbe mit hindanſetzung viel noͤ-

thi-
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[178/0186] Das dritte Capitel. chungen von ihr abwenden/ ſondern auch in dem uͤbrigen das werck ſeiner heiligung in dem liecht ſeines Heiligen Geiſtes/ in deſſelben krafft und trieb/ auch empfindlichen troſt/ immer in ihr fortſetzen; ſie hingegen gegen alle an- fechtungen des teuffels/ der welt und eigenen fleiſches zu ſtaͤtem ſieg wapnen/ ja durch und durch heiligen wolle/ daß ihr geiſt gantz ſamt ſeel und leib/ moͤge erhalten werden unſtraͤflich auff dentag JEſu Chriſti. 1684. SECTIO XXX. Von dem kirchen-bauen. JCh habe wegen der nechſtmal von wegen ihrer chriſtlichen gemeinde an mich gethanen anſinnung dero collecten werck zu ihrem kirchen-bau zu recommendiren/ mich zu abwendung etwa widriger gedancken zu er- klaͤren: daß nicht nur hieſiges orts/ weder ich/ noch jemand meiner H Hn. Collegen bey denen petitis um collecten etwas zu thun haben/ als welcher- ley unmittelbar vor dem Rath geſucht werden muß/ welcher auch nach einem befinden dariñ decerniret/ und was zuvergoͤnnen ſeye oder nicht/ mit dem Mi- niſterio nicht zu communiciren hat; ſondern daß ich auch in meinem hertzen die gantze ſache nicht alſo habe anſehen koͤnnen/ daß ob es auch bey mir geſtan- den waͤre/ ich mein votum dazu geben ſollen. Daß nun ſolches nicht aus ei- ner widrigkeit gegen ihre gemeinde und religions-exercitium thue/ ſondern dieſelbe von hertzen liebe/ und ihnen alles guts goͤnne/ hoffe ich/ werden ſie aus andern meines gemuͤths gegen ſie proben/ mir zu trauen: damit aber die wahre urſach vor augen ſtelle/ ſo muß mich voͤllig erklaͤren. 1. Das kirchen-bauen bloß dahin und an ſich ſelbs/ achte ich fuͤr keinen Gottes- dienſt/ oder dem HErrn ſonderbar gefaͤlliges werck/ wie es auch nirgend in dem N. T. uns Chriſten befohlen oder recommendiret wird: ſo laͤſſet ſich auch von dem von GOtt in dem A. Teſt. befohlenen tempel nicht auff unſere kirchen ſchlieſſen/ wann nicht nur jener mit zu dem levitiſchen Gottesdienſt gehoͤrte/ und was GOtt dabey und in ſolchem vorbild vor abſichten hatte/ ſich auff unſere kirchen nicht reimet/ ſondern dieſe vielmehr mit den ſchulen o- der Synagogen der Juden/ als dem tempel zu vergleichen ſind. Hingegen halte ich dieſes aus dem Papſtthum noch her zu kommen/ da man meinet/ es ſeye dieſtifftung und erbauung der kirchen/ und ſo genannter geiſtlicher ge- baͤude/ auch wo und in welcher zahl man ſie nicht noͤthig hat oder braucht/ an und vor ſich ſelbs ein heiliges werck/ damit man GOtt einen dienſt thue. Jn welcher meinung/ ſo aber nicht viel beſſer als ein aberglaube iſt/ man leider! ſo lange zeit in dem Papſtthum geſtanden/ und noch ſtehet/ daß viele/ da ſie et- was zu GOttes ehren anwenden wollen/ daſſelbe mit hindanſetzung viel noͤ- thi-

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/186>, abgerufen am 18.04.2024.