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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.

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ARTIC. IV. SECTIO II.
zu wenig zu thun sorge. Guter freunde rath sorgte auch nicht genug zu seyn/
weil ich so viel erfahren/ daß derselben rath aus fleischlichen absichten eines
theils geschähe: Da ergriff ich dieses mittel/ und gabe die sach gantz aus hän-
den/ daß beyderseits Obrigkeit/ die Straßburgische (sonderlich weil mich
diese besser/ wozu ich geschickt oder nicht geschickt/ als ich mich selbs/ kennete/)
und Franckfurtische sich meinetwegen vergliche/ wozu sie mich am bequem-
sten achteten/ und also welche mich bey ihrer gemeinde haben solte; da ich mei-
ner damaligen dieses zutrauete/ sie würde sich auch der Theologischen Facul-
tät raths darüber gebrauchen: So auch geschehen/ und also da ich mich bloß
passive hielte/ der schluß erfolget ist/ daß ich nach Franckfurt solte: Welche
antwort durch diejenige/ die meine vorgesetzte waren/ mir angezeiget ich als
göttliches decret gehorsam angenommen/ mich bißher darauf gesteifft/ und
michs niemal reuen habe lassen/ sonderlich da auch vieles erfolgete mich sol-
cher göttlichen leitung versicherte. Welches mittel ich nun aus eigener er-
fahrung nützlich befunden/ recommendire ich andern auch so viel lieber: und
bin versichert/ daß göttliche treue nicht lassen kan/ denen jenigen/ welche gern
den göttlichen ihnen zu wissen nöthigen willen erkennen möchten/ als welchen
sie auch gern erfüllen wolten/ solchen zu offenbaren; daher sie/ wo sie bey sich
selbs die versicherung noch zu finden nicht vermögen/ sicher glauben dürffen/
daß der HErr andere ordenliche mittel/ deren ich nicht wol andere sehe/ als die
vorgeschlagene/ so gewiß segnen werde/ daß ihr glaube sich darauf lassen kön-
ne. Wo es nun sonsten von dem looß heisset/ daß dasselbe in den schooß ge-
worffen
werde/ aber falle wie der HErr wolle/ so will ich zwahr zu keinem
looß rathen/ damit wir nicht den HErrn versuchen/ aber solche rathfragung
der brüder und überlassung unsers anligens an dieselbige/ ist mir an statt
eines loosses/ so mir das gewissen genug beruhiget.

Der HErr gebe uns in allem in dem liecht seines Geistes die wahrheit zu
erkennen/ und seinen willen freudig zu thun um unsers JEsu willen. Amen.

SECTIO III.
Verleugnung sein selbs und der welt. Besuchung
andrer religion kirchen/ und gebet darinnen.
Transplantation der kranckheiten. Jacob Böh-
me. D. Carpzov.

VOn voriger post ist mir dessen freundliches wohl zu handen gekommen/
und hat mich nicht wenig erfreuet/ theils wegen bezeugung christlichen
vertrauens gegen mich/ theils aber und vornemlich/ weil aus demsel-
ben verstanden habe/ daß der gütigste Vater seine seele kräfftig gerühret/ so

wol
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ARTIC. IV. SECTIO II.
zu wenig zu thun ſorge. Guter freunde rath ſorgte auch nicht genug zu ſeyn/
weil ich ſo viel erfahren/ daß derſelben rath aus fleiſchlichen abſichten eines
theils geſchaͤhe: Da ergriff ich dieſes mittel/ und gabe die ſach gantz aus haͤn-
den/ daß beyderſeits Obrigkeit/ die Straßburgiſche (ſonderlich weil mich
dieſe beſſer/ wozu ich geſchickt oder nicht geſchickt/ als ich mich ſelbs/ kennete/)
und Franckfurtiſche ſich meinetwegen vergliche/ wozu ſie mich am bequem-
ſten achteten/ und alſo welche mich bey ihrer gemeinde haben ſolte; da ich mei-
ner damaligen dieſes zutrauete/ ſie wuͤrde ſich auch der Theologiſchen Facul-
taͤt raths daruͤber gebrauchen: So auch geſchehen/ und alſo da ich mich bloß
paſſive hielte/ der ſchluß erfolget iſt/ daß ich nach Franckfurt ſolte: Welche
antwort durch diejenige/ die meine vorgeſetzte waren/ mir angezeiget ich als
goͤttliches decret gehorſam angenommen/ mich bißher darauf geſteifft/ und
michs niemal reuen habe laſſen/ ſonderlich da auch vieles erfolgete mich ſol-
cher goͤttlichen leitung verſicherte. Welches mittel ich nun aus eigener er-
fahrung nuͤtzlich befunden/ recommendire ich andern auch ſo viel lieber: und
bin verſichert/ daß goͤttliche treue nicht laſſen kan/ denen jenigen/ welche gern
den goͤttlichen ihnen zu wiſſen noͤthigen willen erkennen moͤchten/ als welchen
ſie auch gern erfuͤllen wolten/ ſolchen zu offenbaren; daher ſie/ wo ſie bey ſich
ſelbs die verſicherung noch zu finden nicht vermoͤgen/ ſicher glauben duͤrffen/
daß der HErr andere ordenliche mittel/ deren ich nicht wol andere ſehe/ als die
vorgeſchlagene/ ſo gewiß ſegnen werde/ daß ihr glaube ſich darauf laſſen koͤn-
ne. Wo es nun ſonſten von dem looß heiſſet/ daß daſſelbe in den ſchooß ge-
worffen
werde/ aber falle wie der HErr wolle/ ſo will ich zwahr zu keinem
looß rathen/ damit wir nicht den HErrn verſuchen/ aber ſolche rathfragung
der bruͤder und uͤberlaſſung unſers anligens an dieſelbige/ iſt mir an ſtatt
eines looſſes/ ſo mir das gewiſſen genug beruhiget.

Der HErr gebe uns in allem in dem liecht ſeines Geiſtes die wahrheit zu
erkennen/ und ſeinen willen freudig zu thun um unſers JEſu willen. Amen.

SECTIO III.
Verleugnung ſein ſelbs und der welt. Beſuchung
andrer religion kirchen/ und gebet darinnen.
Transplantation der kranckheiten. Jacob Boͤh-
me. D. Carpzov.

VOn voriger poſt iſt mir deſſen freundliches wohl zu handen gekommen/
und hat mich nicht wenig erfreuet/ theils wegen bezeugung chriſtlichen
vertrauens gegen mich/ theils aber und vornemlich/ weil aus demſel-
ben verſtanden habe/ daß der guͤtigſte Vater ſeine ſeele kraͤfftig geruͤhret/ ſo

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[405/0413] ARTIC. IV. SECTIO II. zu wenig zu thun ſorge. Guter freunde rath ſorgte auch nicht genug zu ſeyn/ weil ich ſo viel erfahren/ daß derſelben rath aus fleiſchlichen abſichten eines theils geſchaͤhe: Da ergriff ich dieſes mittel/ und gabe die ſach gantz aus haͤn- den/ daß beyderſeits Obrigkeit/ die Straßburgiſche (ſonderlich weil mich dieſe beſſer/ wozu ich geſchickt oder nicht geſchickt/ als ich mich ſelbs/ kennete/) und Franckfurtiſche ſich meinetwegen vergliche/ wozu ſie mich am bequem- ſten achteten/ und alſo welche mich bey ihrer gemeinde haben ſolte; da ich mei- ner damaligen dieſes zutrauete/ ſie wuͤrde ſich auch der Theologiſchen Facul- taͤt raths daruͤber gebrauchen: So auch geſchehen/ und alſo da ich mich bloß paſſive hielte/ der ſchluß erfolget iſt/ daß ich nach Franckfurt ſolte: Welche antwort durch diejenige/ die meine vorgeſetzte waren/ mir angezeiget ich als goͤttliches decret gehorſam angenommen/ mich bißher darauf geſteifft/ und michs niemal reuen habe laſſen/ ſonderlich da auch vieles erfolgete mich ſol- cher goͤttlichen leitung verſicherte. Welches mittel ich nun aus eigener er- fahrung nuͤtzlich befunden/ recommendire ich andern auch ſo viel lieber: und bin verſichert/ daß goͤttliche treue nicht laſſen kan/ denen jenigen/ welche gern den goͤttlichen ihnen zu wiſſen noͤthigen willen erkennen moͤchten/ als welchen ſie auch gern erfuͤllen wolten/ ſolchen zu offenbaren; daher ſie/ wo ſie bey ſich ſelbs die verſicherung noch zu finden nicht vermoͤgen/ ſicher glauben duͤrffen/ daß der HErr andere ordenliche mittel/ deren ich nicht wol andere ſehe/ als die vorgeſchlagene/ ſo gewiß ſegnen werde/ daß ihr glaube ſich darauf laſſen koͤn- ne. Wo es nun ſonſten von dem looß heiſſet/ daß daſſelbe in den ſchooß ge- worffen werde/ aber falle wie der HErr wolle/ ſo will ich zwahr zu keinem looß rathen/ damit wir nicht den HErrn verſuchen/ aber ſolche rathfragung der bruͤder und uͤberlaſſung unſers anligens an dieſelbige/ iſt mir an ſtatt eines looſſes/ ſo mir das gewiſſen genug beruhiget. Der HErr gebe uns in allem in dem liecht ſeines Geiſtes die wahrheit zu erkennen/ und ſeinen willen freudig zu thun um unſers JEſu willen. Amen. SECTIO III. Verleugnung ſein ſelbs und der welt. Beſuchung andrer religion kirchen/ und gebet darinnen. Transplantation der kranckheiten. Jacob Boͤh- me. D. Carpzov. VOn voriger poſt iſt mir deſſen freundliches wohl zu handen gekommen/ und hat mich nicht wenig erfreuet/ theils wegen bezeugung chriſtlichen vertrauens gegen mich/ theils aber und vornemlich/ weil aus demſel- ben verſtanden habe/ daß der guͤtigſte Vater ſeine ſeele kraͤfftig geruͤhret/ ſo wol E e e 3

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701, S. 405. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/413>, abgerufen am 18.04.2024.