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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.

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Das dritte Capitel.
die sache voran bereits nicht frembde seyn lässet/ noch die beständigkeit der
freude/ so man einmal geschmecket/ einbildet/ sondern glaubet/ daß man solche
leicht wiederum verliehren könne/ und vermuthlich an desto schwehreren
kampff geführet werde werden. Wo man also gedencket/ so bereitet man sich
auch so viel hertzlicher auf das künfftige/ ärgert sich nicht/ wenn man dessen
wiederum entbehren muß was man als ein nur auf eine gewisse zeit gelehntes
gut anzusehen gelernet/ und gibet sich zu aller zeit desto williger in die hand
seines Vaters/ ihm frey stellende/ ob er uns im liecht oder finsternüß führen
wolle/ nur daß ers bleibe/ der uns wahrhafftig führe. So führe er uns denn
alle stets nach seinem rath und wolgefallen/ daß er uns mit ehren annehme.
1690.

SECTIO VIII.
Schuldige danckbarkeit einer aus leib- und geistli-
chen noth befreyten stands-person.

JCh habe mit freuden vernommen/ von der so mercklich an der christlichen
Frau Gräfin nach dero vorigem in dem eusserlichen betrübten zustand
von GOtt gesandten besserung. Dem HErren HErren seye deßwegen
danck/ der an ihro ein zeugnüß seiner wunder/ seiner macht und güte/ kräff-
tig erzeiget/ erstlich in dieser prüfung/ daß er das in sie gelegte gute zu vieler
dancksagung herrlich offenbahret/ und ohne zweiffel in einer solchen langwih-
rigen übung stattlich vermehret/ andere aber dadurch vielfältig erbauet/ in
allen diesen anfechtungen ihr mit genugsamen trost und krafft seines Geistes
beygestanden und stäten sieg gegeben/ nun aber auch in dem leiblichen seine
hülffe zu leisten angefangen hat. Er vollführe auch noch ferner sein gutes
werck in ihr/ so wol diese besserung bald lassen vollkommen zu werden/ als auch
sie mit der krafft seines Geistes also zu stärcken/ daß das in so scharffem feuer
geprüffte gold nun vor aller augen desto herrlicher gläntze/ und sie ihre wieder
erlangte gesundheit dem HErren des lebens so viel geflissener heilige mit
vermeidung aller/ auch diesem stand nunmehr aus vieler falscher einbildung
gleichsam nothwendig geachteter/ welt-eitelkeit/ und hingegen eifferiger be-
strebung den regeln unsers Heylandes ohne ausnahm mit auffrichtigem her-
tzen nachzuleben. Es wird hierdurch der grosse GOtt so viel herrlicher ge-
priesen werden durch das exempel einer person von einem erhobenen stand/
auf welchen andere desto fleißiger sehen/ und indem die exempel der wahrhaff-
tig christlichen/ und also nach den regeln unsers Heylands eingerichteten/ tu-
genden fast rar wollen angesehen werden/ da dieselbe/ wie es kindern GOttes
zustehet/ sich ohne tadel/ lauter und unanstößig bezeugen wird/ mitten unter
dem un schlachtigen und verkehrten geschlecht/ unter welchen sie scheinen sol-

le als

Das dritte Capitel.
die ſache voran bereits nicht frembde ſeyn laͤſſet/ noch die beſtaͤndigkeit der
freude/ ſo man einmal geſchmecket/ einbildet/ ſondern glaubet/ daß man ſolche
leicht wiederum verliehren koͤnne/ und vermuthlich an deſto ſchwehreren
kampff gefuͤhret werde werden. Wo man alſo gedencket/ ſo bereitet man ſich
auch ſo viel hertzlicher auf das kuͤnfftige/ aͤrgert ſich nicht/ wenn man deſſen
wiederum entbehren muß was man als ein nur auf eine gewiſſe zeit gelehntes
gut anzuſehen gelernet/ und gibet ſich zu aller zeit deſto williger in die hand
ſeines Vaters/ ihm frey ſtellende/ ob er uns im liecht oder finſternuͤß fuͤhren
wolle/ nur daß ers bleibe/ der uns wahrhafftig fuͤhre. So fuͤhre er uns denn
alle ſtets nach ſeinem rath und wolgefallen/ daß er uns mit ehren annehme.
1690.

SECTIO VIII.
Schuldige danckbarkeit einer aus leib- und geiſtli-
chen noth befreyten ſtands-perſon.

JCh habe mit freuden vernommen/ von der ſo mercklich an der chriſtlichen
Frau Graͤfin nach dero vorigem in dem euſſerlichen betruͤbten zuſtand
von GOtt geſandten beſſerung. Dem HErren HErren ſeye deßwegen
danck/ der an ihro ein zeugnuͤß ſeiner wunder/ ſeiner macht und guͤte/ kraͤff-
tig erzeiget/ erſtlich in dieſer pruͤfung/ daß er das in ſie gelegte gute zu vieler
danckſagung herrlich offenbahret/ und ohne zweiffel in einer ſolchen langwih-
rigen uͤbung ſtattlich vermehret/ andere aber dadurch vielfaͤltig erbauet/ in
allen dieſen anfechtungen ihr mit genugſamen troſt und krafft ſeines Geiſtes
beygeſtanden und ſtaͤten ſieg gegeben/ nun aber auch in dem leiblichen ſeine
huͤlffe zu leiſten angefangen hat. Er vollfuͤhre auch noch ferner ſein gutes
werck in ihr/ ſo wol dieſe beſſerung bald laſſen vollkommen zu werden/ als auch
ſie mit der krafft ſeines Geiſtes alſo zu ſtaͤrcken/ daß das in ſo ſcharffem feuer
gepruͤffte gold nun vor aller augen deſto herrlicher glaͤntze/ und ſie ihre wieder
erlangte geſundheit dem HErren des lebens ſo viel gefliſſener heilige mit
vermeidung aller/ auch dieſem ſtand nunmehr aus vieler falſcher einbildung
gleichſam nothwendig geachteter/ welt-eitelkeit/ und hingegen eifferiger be-
ſtrebung den regeln unſers Heylandes ohne ausnahm mit auffrichtigem her-
tzen nachzuleben. Es wird hierdurch der groſſe GOtt ſo viel herrlicher ge-
prieſen werden durch das exempel einer perſon von einem erhobenen ſtand/
auf welchen andere deſto fleißiger ſehen/ und indem die exempel der wahrhaff-
tig chriſtlichen/ und alſo nach den regeln unſers Heylands eingerichteten/ tu-
genden faſt rar wollen angeſehen werden/ da dieſelbe/ wie es kindern GOttes
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dem un ſchlachtigen und verkehrten geſchlecht/ unter welchen ſie ſcheinen ſol-

le als
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[420/0428] Das dritte Capitel. die ſache voran bereits nicht frembde ſeyn laͤſſet/ noch die beſtaͤndigkeit der freude/ ſo man einmal geſchmecket/ einbildet/ ſondern glaubet/ daß man ſolche leicht wiederum verliehren koͤnne/ und vermuthlich an deſto ſchwehreren kampff gefuͤhret werde werden. Wo man alſo gedencket/ ſo bereitet man ſich auch ſo viel hertzlicher auf das kuͤnfftige/ aͤrgert ſich nicht/ wenn man deſſen wiederum entbehren muß was man als ein nur auf eine gewiſſe zeit gelehntes gut anzuſehen gelernet/ und gibet ſich zu aller zeit deſto williger in die hand ſeines Vaters/ ihm frey ſtellende/ ob er uns im liecht oder finſternuͤß fuͤhren wolle/ nur daß ers bleibe/ der uns wahrhafftig fuͤhre. So fuͤhre er uns denn alle ſtets nach ſeinem rath und wolgefallen/ daß er uns mit ehren annehme. 1690. SECTIO VIII. Schuldige danckbarkeit einer aus leib- und geiſtli- chen noth befreyten ſtands-perſon. JCh habe mit freuden vernommen/ von der ſo mercklich an der chriſtlichen Frau Graͤfin nach dero vorigem in dem euſſerlichen betruͤbten zuſtand von GOtt geſandten beſſerung. Dem HErren HErren ſeye deßwegen danck/ der an ihro ein zeugnuͤß ſeiner wunder/ ſeiner macht und guͤte/ kraͤff- tig erzeiget/ erſtlich in dieſer pruͤfung/ daß er das in ſie gelegte gute zu vieler danckſagung herrlich offenbahret/ und ohne zweiffel in einer ſolchen langwih- rigen uͤbung ſtattlich vermehret/ andere aber dadurch vielfaͤltig erbauet/ in allen dieſen anfechtungen ihr mit genugſamen troſt und krafft ſeines Geiſtes beygeſtanden und ſtaͤten ſieg gegeben/ nun aber auch in dem leiblichen ſeine huͤlffe zu leiſten angefangen hat. Er vollfuͤhre auch noch ferner ſein gutes werck in ihr/ ſo wol dieſe beſſerung bald laſſen vollkommen zu werden/ als auch ſie mit der krafft ſeines Geiſtes alſo zu ſtaͤrcken/ daß das in ſo ſcharffem feuer gepruͤffte gold nun vor aller augen deſto herrlicher glaͤntze/ und ſie ihre wieder erlangte geſundheit dem HErren des lebens ſo viel gefliſſener heilige mit vermeidung aller/ auch dieſem ſtand nunmehr aus vieler falſcher einbildung gleichſam nothwendig geachteter/ welt-eitelkeit/ und hingegen eifferiger be- ſtrebung den regeln unſers Heylandes ohne ausnahm mit auffrichtigem her- tzen nachzuleben. Es wird hierdurch der groſſe GOtt ſo viel herrlicher ge- prieſen werden durch das exempel einer perſon von einem erhobenen ſtand/ auf welchen andere deſto fleißiger ſehen/ und indem die exempel der wahrhaff- tig chriſtlichen/ und alſo nach den regeln unſers Heylands eingerichteten/ tu- genden faſt rar wollen angeſehen werden/ da dieſelbe/ wie es kindern GOttes zuſtehet/ ſich ohne tadel/ lauter und unanſtoͤßig bezeugen wird/ mitten unter dem un ſchlachtigen und verkehrten geſchlecht/ unter welchen ſie ſcheinen ſol- le als

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701, S. 420. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/428>, abgerufen am 29.03.2024.