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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.

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SECTIO III.
tzen solle/ aber wohl dieses ausrichtet/ daß ich wo ich göttlicher ordnung ge-
horsame/ solchen gehorsam aus derselben mir desto leichter machte/ und an
des, Apostels wort 1. Cor. 7/ 16. gedächte/ was weißest du mann/ ob du
das weib werdestseelig machen?
Dieses wäre mein christlicher rath/ so
wohl den sichersten weg zeigen mag. 9. Wäre aber das gemüth zu solcher
resolution von selbsten nicht zu überwinden/ sondern bleibet man bey der
rescissione, so sehe gleichwohl nicht/ daß diese eigenmächtig aus beyder belie-
ben/ sonderlich da der eine theil etwa so gern nicht daran kommt/ privatim
vorgenommen werden könte/ sondern es wird/ alß viel ich verstehe/ nothwen-
dig cognitio und autoritas judicis erfordert/ weil je niemand in eigener sa-
che richter seyn kan/ auch das interesse der policey und kirchen nicht zugeben/
daß ein solches werck/ welches/ da es esclattiret/ zimlich ärgernüß nach sich
ziehen möchte/ anders als durch diejenige decidiret werde/ welche GOttes
statthalter hier auf erden/ in denjenigen dingen sind/ die in das weltliche und
moral-leben so starck einlauffen. Aufs wenigste wo wir prediger bey uns
alhier ein dergleichen exempel vorzugehen erführen/ und die personen die sa-
che von selbsten anhängig zumachen nicht bewogen werden könten/ würden
wir solches bey der obrigkeit als ein ärgernüß angeben/ und sie ihre partes
ex officio
zu interponirn beweglich anlangen. Dieses sind meine gedancken
in dem vorgelegten casu, welche ich in der furcht des HErrn reifflich zu über-
legen freundlich bitte/ hingegen auch dieselbe nicht also auftringe/ daß mir
über die gewissen eine unziehmliche herrschafft annehme/ sondern meine mey-
nung in einfalt meines hertzens vorgetragen zu haben mir gnug seyn lasse:
Dabey aber GOtt/ der alles in händen hat/ demüthig anflehe/ der denselben
beyderseits seinen rath und willen mit verleugnung alles eigenen willens zu
erkennen/ und zufolgen/ offenbahrn und alles dahin richten wolle/ wie er
beyderseits/ zusammen zukommen oder getrennet zuwerden/ am seeligsten
erkennet. 1684.

SECTIO IV.
Als ein bedencken von dem Franckfurtischen Mi-
nisterio
erfordert wurde/ wegen einer braut/ bey dero ge-
gen den bräutigam eine eusserste aversio animi entstanden/
und sie mit der epilepsia befallen worden.

DEsselben an mich gethanes habe von der post wol erhalten/ und den vor-
gelegten casum wegen einer personae miserae daraus verstanden/ so
dann das schreiben in nechstem conventu, als nemlich vorgestern/ mei-
nen Herren Collegis verlesen. Wir haben aber alsobalden befunden/ daß

wir
T t t 3

SECTIO III.
tzen ſolle/ aber wohl dieſes ausrichtet/ daß ich wo ich goͤttlicher ordnung ge-
horſame/ ſolchen gehorſam aus derſelben mir deſto leichter machte/ und an
des, Apoſtels wort 1. Cor. 7/ 16. gedaͤchte/ was weißeſt du mann/ ob du
das weib werdeſtſeelig machen?
Dieſes waͤre mein chriſtlicher rath/ ſo
wohl den ſicherſten weg zeigen mag. 9. Waͤre aber das gemuͤth zu ſolcher
reſolution von ſelbſten nicht zu uͤberwinden/ ſondern bleibet man bey der
reſciſſione, ſo ſehe gleichwohl nicht/ daß dieſe eigenmaͤchtig aus beyder belie-
ben/ ſonderlich da der eine theil etwa ſo gern nicht daran kommt/ privatim
vorgenommen werden koͤnte/ ſondern es wird/ alß viel ich verſtehe/ nothwen-
dig cognitio und autoritas judicis erfordert/ weil je niemand in eigener ſa-
che richter ſeyn kan/ auch das intereſſe der policey und kirchen nicht zugeben/
daß ein ſolches werck/ welches/ da es eſclattiret/ zimlich aͤrgernuͤß nach ſich
ziehen moͤchte/ anders als durch diejenige decidiret werde/ welche GOttes
ſtatthalter hier auf erden/ in denjenigen dingen ſind/ die in das weltliche und
moral-leben ſo ſtarck einlauffen. Aufs wenigſte wo wir prediger bey uns
alhier ein dergleichen exempel vorzugehen erfuͤhren/ und die perſonen die ſa-
che von ſelbſten anhaͤngig zumachen nicht bewogen werden koͤnten/ wuͤrden
wir ſolches bey der obrigkeit als ein aͤrgernuͤß angeben/ und ſie ihre partes
ex officio
zu interponirn beweglich anlangen. Dieſes ſind meine gedancken
in dem vorgelegten caſu, welche ich in der furcht des HErrn reifflich zu uͤber-
legen freundlich bitte/ hingegen auch dieſelbe nicht alſo auftringe/ daß mir
uͤber die gewiſſen eine unziehmliche herrſchafft annehme/ ſondern meine mey-
nung in einfalt meines hertzens vorgetragen zu haben mir gnug ſeyn laſſe:
Dabey aber GOtt/ der alles in haͤnden hat/ demuͤthig anflehe/ der denſelben
beyderſeits ſeinen rath und willen mit verleugnung alles eigenen willens zu
erkennen/ und zufolgen/ offenbahrn und alles dahin richten wolle/ wie er
beyderſeits/ zuſammen zukommen oder getrennet zuwerden/ am ſeeligſten
erkennet. 1684.

SECTIO IV.
Als ein bedencken von dem Franckfurtiſchen Mi-
niſterio
erfordert wurde/ wegen einer braut/ bey dero ge-
gen den braͤutigam eine euſſerſte averſio animi entſtanden/
und ſie mit der epilepſia befallen worden.

DEſſelben an mich gethanes habe von der poſt wol erhalten/ und den vor-
gelegten caſum wegen einer perſonæ miſeræ daraus verſtanden/ ſo
dann das ſchreiben in nechſtem conventu, als nemlich vorgeſtern/ mei-
nen Herren Collegis verleſen. Wir haben aber alſobalden befunden/ daß

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[517/0525] SECTIO III. tzen ſolle/ aber wohl dieſes ausrichtet/ daß ich wo ich goͤttlicher ordnung ge- horſame/ ſolchen gehorſam aus derſelben mir deſto leichter machte/ und an des, Apoſtels wort 1. Cor. 7/ 16. gedaͤchte/ was weißeſt du mann/ ob du das weib werdeſtſeelig machen? Dieſes waͤre mein chriſtlicher rath/ ſo wohl den ſicherſten weg zeigen mag. 9. Waͤre aber das gemuͤth zu ſolcher reſolution von ſelbſten nicht zu uͤberwinden/ ſondern bleibet man bey der reſciſſione, ſo ſehe gleichwohl nicht/ daß dieſe eigenmaͤchtig aus beyder belie- ben/ ſonderlich da der eine theil etwa ſo gern nicht daran kommt/ privatim vorgenommen werden koͤnte/ ſondern es wird/ alß viel ich verſtehe/ nothwen- dig cognitio und autoritas judicis erfordert/ weil je niemand in eigener ſa- che richter ſeyn kan/ auch das intereſſe der policey und kirchen nicht zugeben/ daß ein ſolches werck/ welches/ da es eſclattiret/ zimlich aͤrgernuͤß nach ſich ziehen moͤchte/ anders als durch diejenige decidiret werde/ welche GOttes ſtatthalter hier auf erden/ in denjenigen dingen ſind/ die in das weltliche und moral-leben ſo ſtarck einlauffen. Aufs wenigſte wo wir prediger bey uns alhier ein dergleichen exempel vorzugehen erfuͤhren/ und die perſonen die ſa- che von ſelbſten anhaͤngig zumachen nicht bewogen werden koͤnten/ wuͤrden wir ſolches bey der obrigkeit als ein aͤrgernuͤß angeben/ und ſie ihre partes ex officio zu interponirn beweglich anlangen. Dieſes ſind meine gedancken in dem vorgelegten caſu, welche ich in der furcht des HErrn reifflich zu uͤber- legen freundlich bitte/ hingegen auch dieſelbe nicht alſo auftringe/ daß mir uͤber die gewiſſen eine unziehmliche herrſchafft annehme/ ſondern meine mey- nung in einfalt meines hertzens vorgetragen zu haben mir gnug ſeyn laſſe: Dabey aber GOtt/ der alles in haͤnden hat/ demuͤthig anflehe/ der denſelben beyderſeits ſeinen rath und willen mit verleugnung alles eigenen willens zu erkennen/ und zufolgen/ offenbahrn und alles dahin richten wolle/ wie er beyderſeits/ zuſammen zukommen oder getrennet zuwerden/ am ſeeligſten erkennet. 1684. SECTIO IV. Als ein bedencken von dem Franckfurtiſchen Mi- niſterio erfordert wurde/ wegen einer braut/ bey dero ge- gen den braͤutigam eine euſſerſte averſio animi entſtanden/ und ſie mit der epilepſia befallen worden. DEſſelben an mich gethanes habe von der poſt wol erhalten/ und den vor- gelegten caſum wegen einer perſonæ miſeræ daraus verſtanden/ ſo dann das ſchreiben in nechſtem conventu, als nemlich vorgeſtern/ mei- nen Herren Collegis verleſen. Wir haben aber alſobalden befunden/ daß wir T t t 3

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701, S. 517. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/525>, abgerufen am 25.04.2024.