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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.

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Das fünffte Capitel.
19. Aufmunterung an eine Jungfrau/ die GOtt kräfftig zur busse ruffete.
20. Summa des Christenthums/ bußfertige erkäntnüß der sünden/ gläubige er-
greiffung der seeligkeit/ und daraus entstehende kindliche gehorsam.
21. Vermahnung vornemlich auf dem weg des Evangelii einherzugehen. Wie
man sich gegen die reformirte zubezeugen.
22. Auffmunterung an einen im ledigen stand und ausser amts lebenden: was der-
selbe zu thun habe.
23. Auffmunterung an eine unter schwehrer haußhaltung stehende wittwe.
24. Auffmunterung an zwey in Franckfurth hinterlassene adeliche eheleute/ zur be-
ständigkeit im guten und verwahrung vor anstoß.
25. Vermahnung-schreiben an eine frau/ die zum papstum getreten/ aber mit der
rückkehr wieder umgieng.
26. An eben dieselbe von gleicher materie.
27. Treuhertzige vermahnung an einen aus dem papstum bekehrten/ der lang un-
ordig gewandelt.
SECTIO I.
Aufmunterung an eine stands-person.

E.Gn. gottseliges schreiben habe mit hertzlicher freude empfangen und
gelesen. Jch dancke dem Vater des liechts und geber aller guten
gaben/ der seine gnade in so reicher maaß über sie hat ausgeschüttet/
daß sie erkennet ihre unvollkommenheit/ des creutzes vortrefflichen
nutzen/ und den vorzug des einig nothwendigen vor allem zeitlichen:
dessen allen neues zeugniß aus E. Gn. schreiben erkannt habe. Es ist
freylich an deme/ daß ob wir wol das wollen aus göttlicher gnade aufeichtig und
hertzlich haben/ sich gleichwol unsere gebrechen und unvollkommenheit niemand
mehr als uns selbsten offenbahret/ also/ daß da wir unser liecht vor den menschen
in einfalt des hertzens leuchten lassen/ wir dabey immer noch diese und jene schwach-
heit/ welche andere an uns nicht wahrnehmen/ erkennen lernen. Dann wo es
dunckel ist/ sihet man nichts/ was nicht gar groß und grob ist/ also auch ehe wit
durch das wahre und helle liecht des Geistes erleuchtet werden/ werden wir keiner
andern sünden an uns gewahr/ als derjenigen/ welche gantz handgreifflich sind;
je mehr aber das göttliche liecht bey uns aufgehet/ und dessen schein zunimmet/ je
mehr lernen wir auch diejenigen unvollkommenheiten an uns beobachten/ die wir
vorhin nicht gemercket/ vielweniger andere an uns haben sehen können; ja öffters
dieselbe vor lob-würdig geachtet. Jst also ein stattliches zeugniß der redlichen
aufrichtigkeit und zunahm in der gnade GOttes/ wann wir/ ob wir wol nach der
vollkommenheit streben/ auch einigen grad derselbigen erreichet haben/ gleichwol

mit
Das fuͤnffte Capitel.
19. Aufmunterung an eine Jungfrau/ die GOtt kraͤfftig zur buſſe ruffete.
20. Summa des Chriſtenthums/ bußfertige erkaͤntnuͤß der ſuͤnden/ glaͤubige er-
greiffung der ſeeligkeit/ und daraus entſtehende kindliche gehorſam.
21. Vermahnung vornemlich auf dem weg des Evangelii einherzugehen. Wie
man ſich gegen die reformirte zubezeugen.
22. Auffmunterung an einen im ledigen ſtand und auſſer amts lebenden: was der-
ſelbe zu thun habe.
23. Auffmunterung an eine unter ſchwehrer haußhaltung ſtehende wittwe.
24. Auffmunterung an zwey in Franckfurth hinterlaſſene adeliche eheleute/ zur be-
ſtaͤndigkeit im guten und verwahrung vor anſtoß.
25. Vermahnung-ſchreiben an eine frau/ die zum papſtum getreten/ aber mit der
ruͤckkehr wieder umgieng.
26. An eben dieſelbe von gleicher materie.
27. Treuhertzige vermahnung an einen aus dem papſtum bekehrten/ der lang un-
ordig gewandelt.
SECTIO I.
Aufmunterung an eine ſtands-perſon.

E.Gn. gottſeliges ſchreiben habe mit hertzlicher freude empfangen und
geleſen. Jch dancke dem Vater des liechts und geber aller guten
gaben/ der ſeine gnade in ſo reicher maaß uͤber ſie hat ausgeſchuͤttet/
daß ſie erkennet ihre unvollkommenheit/ des creutzes vortrefflichen
nutzen/ und den vorzug des einig nothwendigen vor allem zeitlichen:
deſſen allen neues zeugniß aus E. Gn. ſchreiben erkannt habe. Es iſt
freylich an deme/ daß ob wir wol das wollen aus goͤttlicher gnade aufeichtig und
hertzlich haben/ ſich gleichwol unſere gebrechen und unvollkommenheit niemand
mehr als uns ſelbſten offenbahret/ alſo/ daß da wir unſer liecht vor den menſchen
in einfalt des hertzens leuchten laſſen/ wir dabey immer noch dieſe und jene ſchwach-
heit/ welche andere an uns nicht wahrnehmen/ erkennen lernen. Dann wo es
dunckel iſt/ ſihet man nichts/ was nicht gar groß und grob iſt/ alſo auch ehe wit
durch das wahre und helle liecht des Geiſtes erleuchtet werden/ werden wir keiner
andern ſuͤnden an uns gewahr/ als derjenigen/ welche gantz handgreifflich ſind;
je mehr aber das goͤttliche liecht bey uns aufgehet/ und deſſen ſchein zunimmet/ je
mehr lernen wir auch diejenigen unvollkommenheiten an uns beobachten/ die wir
vorhin nicht gemercket/ vielweniger andere an uns haben ſehen koͤnnen; ja oͤffters
dieſelbe vor lob-wuͤrdig geachtet. Jſt alſo ein ſtattliches zeugniß der redlichen
aufrichtigkeit und zunahm in der gnade GOttes/ wann wir/ ob wir wol nach der
vollkommenheit ſtreben/ auch einigen grad derſelbigen erreichet haben/ gleichwol

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[634/0642] Das fuͤnffte Capitel. 19. Aufmunterung an eine Jungfrau/ die GOtt kraͤfftig zur buſſe ruffete. 20. Summa des Chriſtenthums/ bußfertige erkaͤntnuͤß der ſuͤnden/ glaͤubige er- greiffung der ſeeligkeit/ und daraus entſtehende kindliche gehorſam. 21. Vermahnung vornemlich auf dem weg des Evangelii einherzugehen. Wie man ſich gegen die reformirte zubezeugen. 22. Auffmunterung an einen im ledigen ſtand und auſſer amts lebenden: was der- ſelbe zu thun habe. 23. Auffmunterung an eine unter ſchwehrer haußhaltung ſtehende wittwe. 24. Auffmunterung an zwey in Franckfurth hinterlaſſene adeliche eheleute/ zur be- ſtaͤndigkeit im guten und verwahrung vor anſtoß. 25. Vermahnung-ſchreiben an eine frau/ die zum papſtum getreten/ aber mit der ruͤckkehr wieder umgieng. 26. An eben dieſelbe von gleicher materie. 27. Treuhertzige vermahnung an einen aus dem papſtum bekehrten/ der lang un- ordig gewandelt. SECTIO I. Aufmunterung an eine ſtands-perſon. E.Gn. gottſeliges ſchreiben habe mit hertzlicher freude empfangen und geleſen. Jch dancke dem Vater des liechts und geber aller guten gaben/ der ſeine gnade in ſo reicher maaß uͤber ſie hat ausgeſchuͤttet/ daß ſie erkennet ihre unvollkommenheit/ des creutzes vortrefflichen nutzen/ und den vorzug des einig nothwendigen vor allem zeitlichen: deſſen allen neues zeugniß aus E. Gn. ſchreiben erkannt habe. Es iſt freylich an deme/ daß ob wir wol das wollen aus goͤttlicher gnade aufeichtig und hertzlich haben/ ſich gleichwol unſere gebrechen und unvollkommenheit niemand mehr als uns ſelbſten offenbahret/ alſo/ daß da wir unſer liecht vor den menſchen in einfalt des hertzens leuchten laſſen/ wir dabey immer noch dieſe und jene ſchwach- heit/ welche andere an uns nicht wahrnehmen/ erkennen lernen. Dann wo es dunckel iſt/ ſihet man nichts/ was nicht gar groß und grob iſt/ alſo auch ehe wit durch das wahre und helle liecht des Geiſtes erleuchtet werden/ werden wir keiner andern ſuͤnden an uns gewahr/ als derjenigen/ welche gantz handgreifflich ſind; je mehr aber das goͤttliche liecht bey uns aufgehet/ und deſſen ſchein zunimmet/ je mehr lernen wir auch diejenigen unvollkommenheiten an uns beobachten/ die wir vorhin nicht gemercket/ vielweniger andere an uns haben ſehen koͤnnen; ja oͤffters dieſelbe vor lob-wuͤrdig geachtet. Jſt alſo ein ſtattliches zeugniß der redlichen aufrichtigkeit und zunahm in der gnade GOttes/ wann wir/ ob wir wol nach der vollkommenheit ſtreben/ auch einigen grad derſelbigen erreichet haben/ gleichwol mit

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701, S. 634. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/642>, abgerufen am 29.03.2024.