Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.

Bild:
<< vorherige Seite

ARTIC. I. SECTIO XVII.
tig machen/ durch theils irrige und gefährliche meinungen/ dadurch man von der
einfalt der göttlichen wahrheit abgeleitet werde/ theils anstößige absonderungen/
theils andere ärgernüssen/ damit wo es ihm zur lincken nicht angehen will/ ers
zur rechten glücklicher versuche: wie es dann leicht geschehen kan/ daß er auff
solche weise dem fortgang des guten mehrern einhalt thue. Wie wir nun aber
bey allen dem unsere zuflucht allein zu unserm Heyland/ dessen reich und sache es
ist/ nehmen/ und uns versichern wollen/ des satans angemaßte gewalt und list
komme seiner allmacht bey weiten nicht bey/ und er werde/ wann die rechte stun-
de da ist/ sein reich lassen durchbrechen/ und indessen deren hertz redlich an ihm
hänget/ in allen tagen der versuchung mächtig erhalten: also will es uns gleich-
wol auch gebühren/ nicht allein desto angelegenlicher tag und nacht zu dem HErrn
zuruffen/ daß er sich nach seiner verheissung auffmache/ und eine hülffe schaffe/
daß man getrost lehren möge/ auch uns untereinander darzu auffzumuntern/ son-
dern insgesamt auff solche vorstehende prüfe-zeit uns recht zuschicken/ eins theils
mit glaubiger rüstung gegen alle gewalt und gefahr/ andern theils mit Christli-
cher klugheit und vorsichtigkeit/ die wir aber auch nicht von uns herhaben kön-
nen/ sondern abermal von dem liebsten Vater erbitten müssen/ daß er doch seine
salbung in solcher maaß stets über uns ausgiesse/ die uns allein recht lehren kan/
daß wir weder zur rechten noch zur lincken abweichen: Erlangen wir diese/ wie
sie dann der Vater seinen kindern nicht versagen kan/ so wollen wir in unserer
einfalt bestehen/ wohingegen der welt weise zu thoren werden. Es tröstet uns
auch billich/ daß es unmüglich lange in diesem stande währen könne: sondern
weil wir so augenscheinlich sehen/ daß sowol einige feigenbäume anfangen starck
auszuschlagen/ als auch die dornen und schädliche bäume je länger je stärcker her-
vor brechen/ ists uns eine gewisse anzeige/ der HErr habe etwas vor/ und ob noch
sehr raue winter-wetter auszustehen sind/ solle doch ein angenehmer frühling oder
sommer/ dessen jenes ein vorbote ist/ bald darauff folgen/ und wir unsere hoffnung
herrlich erfüllet sehen. 1696.

SECTIO XVIII.
Aufmunterung an eine Christliche frau. Der H.
Geist der rechte lehrer. Handlung göttlichen worts.
Wachen/ Beten: auch für andere.

ES ist dieses eine meiner grösten freude/ nachdem wir sonsten zu einer
zeit leben/ wo das rechtschaffene wesen in CHristo JEsu sehr unbekant
worden ist/ und sich bey wenigen findet/ (welches elend mit blutigen
thränen nicht gnug beweinet werden kan/) wann der himmlische Vater
mich bald da bald dort her einige personen sehen/ oder von denselben

hören
Q q q q 2

ARTIC. I. SECTIO XVII.
tig machen/ durch theils irrige und gefaͤhrliche meinungen/ dadurch man von der
einfalt der goͤttlichen wahrheit abgeleitet werde/ theils anſtoͤßige abſonderungen/
theils andere aͤrgernuͤſſen/ damit wo es ihm zur lincken nicht angehen will/ ers
zur rechten gluͤcklicher verſuche: wie es dann leicht geſchehen kan/ daß er auff
ſolche weiſe dem fortgang des guten mehrern einhalt thue. Wie wir nun aber
bey allen dem unſere zuflucht allein zu unſerm Heyland/ deſſen reich und ſache es
iſt/ nehmen/ und uns verſichern wollen/ des ſatans angemaßte gewalt und liſt
komme ſeiner allmacht bey weiten nicht bey/ und er werde/ wann die rechte ſtun-
de da iſt/ ſein reich laſſen durchbrechen/ und indeſſen deren hertz redlich an ihm
haͤnget/ in allen tagen der verſuchung maͤchtig erhalten: alſo will es uns gleich-
wol auch gebuͤhren/ nicht allein deſto angelegenlicher tag und nacht zu dem HErrn
zuruffen/ daß er ſich nach ſeiner verheiſſung auffmache/ und eine huͤlffe ſchaffe/
daß man getroſt lehren moͤge/ auch uns untereinander darzu auffzumuntern/ ſon-
dern insgeſamt auff ſolche vorſtehende pruͤfe-zeit uns recht zuſchicken/ eins theils
mit glaubiger ruͤſtung gegen alle gewalt und gefahr/ andern theils mit Chriſtli-
cher klugheit und vorſichtigkeit/ die wir aber auch nicht von uns herhaben koͤn-
nen/ ſondern abermal von dem liebſten Vater erbitten muͤſſen/ daß er doch ſeine
ſalbung in ſolcher maaß ſtets uͤber uns ausgieſſe/ die uns allein recht lehren kan/
daß wir weder zur rechten noch zur lincken abweichen: Erlangen wir dieſe/ wie
ſie dann der Vater ſeinen kindern nicht verſagen kan/ ſo wollen wir in unſerer
einfalt beſtehen/ wohingegen der welt weiſe zu thoren werden. Es troͤſtet uns
auch billich/ daß es unmuͤglich lange in dieſem ſtande waͤhren koͤnne: ſondern
weil wir ſo augenſcheinlich ſehen/ daß ſowol einige feigenbaͤume anfangen ſtarck
auszuſchlagen/ als auch die dornen und ſchaͤdliche baͤume je laͤnger je ſtaͤrcker her-
vor brechen/ iſts uns eine gewiſſe anzeige/ der HErr habe etwas vor/ und ob noch
ſehr raue winter-wetter auszuſtehen ſind/ ſolle doch ein angenehmer fruͤhling oder
ſommer/ deſſen jenes ein vorbote iſt/ bald darauff folgen/ und wir unſere hoffnung
herrlich erfuͤllet ſehen. 1696.

SECTIO XVIII.
Aufmunterung an eine Chriſtliche frau. Der H.
Geiſt der rechte lehrer. Handlung goͤttlichen worts.
Wachen/ Beten: auch fuͤr andere.

ES iſt dieſes eine meiner groͤſten freude/ nachdem wir ſonſten zu einer
zeit leben/ wo das rechtſchaffene weſen in CHriſto JEſu ſehr unbekant
worden iſt/ und ſich bey wenigen findet/ (welches elend mit blutigen
thraͤnen nicht gnug beweinet werden kan/) wann der himmliſche Vater
mich bald da bald dort her einige perſonen ſehen/ oder von denſelben

hoͤren
Q q q q 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0683" n="675"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">ARTIC</hi>. I. <hi rendition="#g">SECTIO</hi> XVII.</hi></hi></fw><lb/>
tig machen/ durch theils irrige und gefa&#x0364;hrliche meinungen/ dadurch man von der<lb/>
einfalt der go&#x0364;ttlichen wahrheit abgeleitet werde/ theils an&#x017F;to&#x0364;ßige ab&#x017F;onderungen/<lb/>
theils andere a&#x0364;rgernu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en/ damit wo es ihm zur lincken nicht angehen will/ ers<lb/>
zur rechten glu&#x0364;cklicher ver&#x017F;uche: wie es dann leicht ge&#x017F;chehen kan/ daß er auff<lb/>
&#x017F;olche wei&#x017F;e dem fortgang des guten mehrern einhalt thue. Wie wir nun aber<lb/>
bey allen dem un&#x017F;ere zuflucht allein zu un&#x017F;erm Heyland/ de&#x017F;&#x017F;en reich und &#x017F;ache es<lb/>
i&#x017F;t/ nehmen/ und uns ver&#x017F;ichern wollen/ des &#x017F;atans angemaßte gewalt und li&#x017F;t<lb/>
komme &#x017F;einer allmacht bey weiten nicht bey/ und er werde/ wann die rechte &#x017F;tun-<lb/>
de da i&#x017F;t/ &#x017F;ein reich la&#x017F;&#x017F;en durchbrechen/ und inde&#x017F;&#x017F;en deren hertz redlich an ihm<lb/>
ha&#x0364;nget/ in allen tagen der ver&#x017F;uchung ma&#x0364;chtig erhalten: al&#x017F;o will es uns gleich-<lb/>
wol auch gebu&#x0364;hren/ nicht allein de&#x017F;to angelegenlicher tag und nacht zu dem HErrn<lb/>
zuruffen/ daß er &#x017F;ich nach &#x017F;einer verhei&#x017F;&#x017F;ung auffmache/ und eine hu&#x0364;lffe &#x017F;chaffe/<lb/>
daß man getro&#x017F;t lehren mo&#x0364;ge/ auch uns untereinander darzu auffzumuntern/ &#x017F;on-<lb/>
dern insge&#x017F;amt auff &#x017F;olche vor&#x017F;tehende pru&#x0364;fe-zeit uns recht zu&#x017F;chicken/ eins theils<lb/>
mit glaubiger ru&#x0364;&#x017F;tung gegen alle gewalt und gefahr/ andern theils mit Chri&#x017F;tli-<lb/>
cher klugheit und vor&#x017F;ichtigkeit/ die wir aber auch nicht von uns herhaben ko&#x0364;n-<lb/>
nen/ &#x017F;ondern abermal von dem lieb&#x017F;ten Vater erbitten mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en/ daß er doch &#x017F;eine<lb/>
&#x017F;albung in &#x017F;olcher maaß &#x017F;tets u&#x0364;ber uns ausgie&#x017F;&#x017F;e/ die uns allein recht lehren kan/<lb/>
daß wir weder zur rechten noch zur lincken abweichen: Erlangen wir die&#x017F;e/ wie<lb/>
&#x017F;ie dann der Vater &#x017F;einen kindern nicht ver&#x017F;agen kan/ &#x017F;o wollen wir in un&#x017F;erer<lb/>
einfalt be&#x017F;tehen/ wohingegen der welt wei&#x017F;e zu thoren werden. Es tro&#x0364;&#x017F;tet uns<lb/>
auch billich/ daß es unmu&#x0364;glich lange in die&#x017F;em &#x017F;tande wa&#x0364;hren ko&#x0364;nne: &#x017F;ondern<lb/>
weil wir &#x017F;o augen&#x017F;cheinlich &#x017F;ehen/ daß &#x017F;owol einige feigenba&#x0364;ume anfangen &#x017F;tarck<lb/>
auszu&#x017F;chlagen/ als auch die dornen und &#x017F;cha&#x0364;dliche ba&#x0364;ume je la&#x0364;nger je &#x017F;ta&#x0364;rcker her-<lb/>
vor brechen/ i&#x017F;ts uns eine gewi&#x017F;&#x017F;e anzeige/ der HErr habe etwas vor/ und ob noch<lb/>
&#x017F;ehr raue winter-wetter auszu&#x017F;tehen &#x017F;ind/ &#x017F;olle doch ein angenehmer fru&#x0364;hling oder<lb/>
&#x017F;ommer/ de&#x017F;&#x017F;en jenes ein vorbote i&#x017F;t/ bald darauff folgen/ und wir un&#x017F;ere hoffnung<lb/>
herrlich erfu&#x0364;llet &#x017F;ehen. 1696.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">SECTIO</hi> XVIII.</hi><lb/>
Aufmunterung an eine Chri&#x017F;tliche frau. Der H.<lb/>
Gei&#x017F;t der rechte lehrer. Handlung go&#x0364;ttlichen worts.<lb/>
Wachen/ Beten: auch fu&#x0364;r andere.</hi> </head><lb/>
            <p><hi rendition="#in">E</hi>S i&#x017F;t die&#x017F;es eine meiner gro&#x0364;&#x017F;ten freude/ nachdem wir &#x017F;on&#x017F;ten zu einer<lb/>
zeit leben/ wo das recht&#x017F;chaffene we&#x017F;en in CHri&#x017F;to JE&#x017F;u &#x017F;ehr unbekant<lb/>
worden i&#x017F;t/ und &#x017F;ich bey wenigen findet/ (welches elend mit blutigen<lb/>
thra&#x0364;nen nicht gnug beweinet werden kan/) wann der himmli&#x017F;che Vater<lb/>
mich bald da bald dort her einige per&#x017F;onen &#x017F;ehen/ oder von den&#x017F;elben<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Q q q q 2</fw><fw place="bottom" type="catch">ho&#x0364;ren</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[675/0683] ARTIC. I. SECTIO XVII. tig machen/ durch theils irrige und gefaͤhrliche meinungen/ dadurch man von der einfalt der goͤttlichen wahrheit abgeleitet werde/ theils anſtoͤßige abſonderungen/ theils andere aͤrgernuͤſſen/ damit wo es ihm zur lincken nicht angehen will/ ers zur rechten gluͤcklicher verſuche: wie es dann leicht geſchehen kan/ daß er auff ſolche weiſe dem fortgang des guten mehrern einhalt thue. Wie wir nun aber bey allen dem unſere zuflucht allein zu unſerm Heyland/ deſſen reich und ſache es iſt/ nehmen/ und uns verſichern wollen/ des ſatans angemaßte gewalt und liſt komme ſeiner allmacht bey weiten nicht bey/ und er werde/ wann die rechte ſtun- de da iſt/ ſein reich laſſen durchbrechen/ und indeſſen deren hertz redlich an ihm haͤnget/ in allen tagen der verſuchung maͤchtig erhalten: alſo will es uns gleich- wol auch gebuͤhren/ nicht allein deſto angelegenlicher tag und nacht zu dem HErrn zuruffen/ daß er ſich nach ſeiner verheiſſung auffmache/ und eine huͤlffe ſchaffe/ daß man getroſt lehren moͤge/ auch uns untereinander darzu auffzumuntern/ ſon- dern insgeſamt auff ſolche vorſtehende pruͤfe-zeit uns recht zuſchicken/ eins theils mit glaubiger ruͤſtung gegen alle gewalt und gefahr/ andern theils mit Chriſtli- cher klugheit und vorſichtigkeit/ die wir aber auch nicht von uns herhaben koͤn- nen/ ſondern abermal von dem liebſten Vater erbitten muͤſſen/ daß er doch ſeine ſalbung in ſolcher maaß ſtets uͤber uns ausgieſſe/ die uns allein recht lehren kan/ daß wir weder zur rechten noch zur lincken abweichen: Erlangen wir dieſe/ wie ſie dann der Vater ſeinen kindern nicht verſagen kan/ ſo wollen wir in unſerer einfalt beſtehen/ wohingegen der welt weiſe zu thoren werden. Es troͤſtet uns auch billich/ daß es unmuͤglich lange in dieſem ſtande waͤhren koͤnne: ſondern weil wir ſo augenſcheinlich ſehen/ daß ſowol einige feigenbaͤume anfangen ſtarck auszuſchlagen/ als auch die dornen und ſchaͤdliche baͤume je laͤnger je ſtaͤrcker her- vor brechen/ iſts uns eine gewiſſe anzeige/ der HErr habe etwas vor/ und ob noch ſehr raue winter-wetter auszuſtehen ſind/ ſolle doch ein angenehmer fruͤhling oder ſommer/ deſſen jenes ein vorbote iſt/ bald darauff folgen/ und wir unſere hoffnung herrlich erfuͤllet ſehen. 1696. SECTIO XVIII. Aufmunterung an eine Chriſtliche frau. Der H. Geiſt der rechte lehrer. Handlung goͤttlichen worts. Wachen/ Beten: auch fuͤr andere. ES iſt dieſes eine meiner groͤſten freude/ nachdem wir ſonſten zu einer zeit leben/ wo das rechtſchaffene weſen in CHriſto JEſu ſehr unbekant worden iſt/ und ſich bey wenigen findet/ (welches elend mit blutigen thraͤnen nicht gnug beweinet werden kan/) wann der himmliſche Vater mich bald da bald dort her einige perſonen ſehen/ oder von denſelben hoͤren Q q q q 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/683
Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701, S. 675. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/683>, abgerufen am 28.03.2024.