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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.

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ARTIC. I. SECT. XXIII.
darneben sich der studiorum kundig gemacht/ und nicht wissen/ wenn sie der
HErr etwa auch nach seinem willen zu andern functionen bey einem gemei-
nen wesen beruffen möchte/ haben auch einen theil ihrer freyheit dazu zu wid-
men/ sich durch lesen und studiren immer tüchtiger zu machen/ daß wo ihnen
GOTT einige stellen anvertrauen würde/ sie in denselben das gemeine beste
und die gerechtigkeit desto besser zu befördern/ alsdenn bereits verstehen mö-
gen: Zu dem daß ohne das das studiren bey denen/ welche seine süßigkeit recht
erschmecket/ die anmuthigste zeit-vertreib ist/ darinnen sich das gemüth ergö-
tzen kan. Wer ferner darnach trachtet/ seinem nechsten sonst auf allerley art
liebe zu erzeigen/ dem wirds auch an gelegenheit dazu selten mangeln/ und
mau also immer einige stunden dazu zu gebrauchen finden. Wie ich auch
schließlichen den himmlischen Vater darum demüthig anruffe/ welcher ihn im-
mer mehr und mehr mit seinem heiligen Geist erfüllen/ was an ihm seiner hei-
ligkeit nach mißfällig seyn mag/ kräfftig wegnehmen/ und ihn davon reinigen/
hingegen alles/ wodurch er ihm und dem nechsten am kräfftigsten dienen/ auch
selbs an dem innern menschen gestärcket werden möge/ in ihm täglich wircken/
in austheilung seiner zeit und dero anwendung weißheit und treue verleihen/
und ihn immer mehr und mehr zu einem angenehmen gefäß seiner gnaden und
durch gutes exempel bey andern/ erbauliches werckzeug seiner ehre bereiten/
ja mit allem himmlischen segen in geistlichen gütern zeitlich und ewiglich bese-
ligen wolle. 1686.

SECTIO XXIII.
Auffmunterung an eine unter schwehrer hauß-
haltung stehende wittibe.

JCh zweiffle nicht/ sie werde noch immer auf dem wege/ auf welchen sie
der HErr geführet hat/ treulich fortzuwandeln beflissen seyn: Zum för-
dersten zwahr trachten nach dem reich GOttes/ und nach seiner gerech-
tigkeit/ und also sich in dem geistlichen am eiffrigsten dahin zu bestreben/ wie
sie an dem innern menschen/ an glauben/ und dessen früchten stets wachsen/
und sich darinnen durch das göttliche wort in öffentlicher und absonderlicher
handlung desselbigen/ durch christlichen umgang mit andern guten seelen/
durch hertzliches geber/ und durch übung allezeit desjenigen/ wozu sie der
HErr bereits geführet hat/ und dadurch ihre treue prüfet/ stärcken möge. Jch
weiß zwahr/ daß sie eine schwehre last der haußhaltung/ handlung und daher
kommenden sorgen auf sich hat/ und über dieselbe offt als über eine schwehre
hindernüß klaget/ sie thue aber auch darinnen ihrem GOTT und Vater im
glauben diese ehre/ daß sie sich versichere/ es seye gleichwol eine gütige und

weise
S s s s 3

ARTIC. I. SECT. XXIII.
darneben ſich der ſtudiorum kundig gemacht/ und nicht wiſſen/ wenn ſie der
HErr etwa auch nach ſeinem willen zu andern functionen bey einem gemei-
nen weſen beruffen moͤchte/ haben auch einen theil ihrer freyheit dazu zu wid-
men/ ſich durch leſen und ſtudiren immer tuͤchtiger zu machen/ daß wo ihnen
GOTT einige ſtellen anvertrauen wuͤrde/ ſie in denſelben das gemeine beſte
und die gerechtigkeit deſto beſſer zu befoͤrdern/ alsdenn bereits verſtehen moͤ-
gen: Zu dem daß ohne das das ſtudiren bey denen/ welche ſeine ſuͤßigkeit recht
erſchmecket/ die anmuthigſte zeit-vertreib iſt/ darinnen ſich das gemuͤth ergoͤ-
tzen kan. Wer ferner darnach trachtet/ ſeinem nechſten ſonſt auf allerley art
liebe zu erzeigen/ dem wirds auch an gelegenheit dazu ſelten mangeln/ und
mau alſo immer einige ſtunden dazu zu gebrauchen finden. Wie ich auch
ſchließlichen den himmliſchen Vater darum demuͤthig anruffe/ welcher ihn im-
mer mehr und mehr mit ſeinem heiligen Geiſt erfuͤllen/ was an ihm ſeiner hei-
ligkeit nach mißfaͤllig ſeyn mag/ kraͤfftig wegnehmen/ und ihn davon reinigen/
hingegen alles/ wodurch er ihm und dem nechſten am kraͤfftigſten dienen/ auch
ſelbs an dem innern menſchen geſtaͤrcket werden moͤge/ in ihm taͤglich wircken/
in austheilung ſeiner zeit und dero anwendung weißheit und treue verleihen/
und ihn immer mehr und mehr zu einem angenehmen gefaͤß ſeiner gnaden und
durch gutes exempel bey andern/ erbauliches werckzeug ſeiner ehre bereiten/
ja mit allem himmliſchen ſegen in geiſtlichen guͤtern zeitlich und ewiglich beſe-
ligen wolle. 1686.

SECTIO XXIII.
Auffmunterung an eine unter ſchwehrer hauß-
haltung ſtehende wittibe.

JCh zweiffle nicht/ ſie werde noch immer auf dem wege/ auf welchen ſie
der HErr gefuͤhret hat/ treulich fortzuwandeln befliſſen ſeyn: Zum foͤr-
derſten zwahr trachten nach dem reich GOttes/ und nach ſeiner gerech-
tigkeit/ und alſo ſich in dem geiſtlichen am eiffrigſten dahin zu beſtreben/ wie
ſie an dem innern menſchen/ an glauben/ und deſſen fruͤchten ſtets wachſen/
und ſich darinnen durch das goͤttliche wort in oͤffentlicher und abſonderlicher
handlung deſſelbigen/ durch chriſtlichen umgang mit andern guten ſeelen/
durch hertzliches geber/ und durch uͤbung allezeit desjenigen/ wozu ſie der
HErr bereits gefuͤhret hat/ und dadurch ihre treue pruͤfet/ ſtaͤrcken moͤge. Jch
weiß zwahr/ daß ſie eine ſchwehre laſt der haußhaltung/ handlung und daher
kommenden ſorgen auf ſich hat/ und uͤber dieſelbe offt als uͤber eine ſchwehre
hindernuͤß klaget/ ſie thue aber auch darinnen ihrem GOTT und Vater im
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weiſe
S s s s 3
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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701, S. 693. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/701>, abgerufen am 28.03.2024.