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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.

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ARTIC. I. SECTIO XXX.
daß sie ansehnlich seyen. Dieses letztere sticht die widrige in die augen/ erwe-
cket verdruß/ und vermehret nur ihren haß gegen uns: jenes aber macht al-
lein/ daß sie uns verachten/ und etwa spotten/ so uns aber von ihnen viel weni-
ger/ als ihr haß schädlich ist. Wie ohne das ihrer religion/ die vielen pomp
und splendor liebet/ principiis die ansehnliche kirchen vielmehr/ als den unsri-
gen gemäß sind/ als die wir gelernet haben/ daß der dienst des N. T. mehr in
dem innerlichen bestehe/ und in dem eusserlichen nichts/ ohne allein was die
sauberkeit/ reinigkeit und gute ordnung angehet/ erfordert/ den überfluß aber
mehr für seine hindernüß als förderung halte. Dieses sind meine gedancken
von dem kirchen-bauen unserer zeit/ daher die application auf deroselben hy-
pothesin
sich etwa unschwehr machen lässet. Jch sehe auch nicht/ was wichtiges
gegen dieselbe möchte angeführet werden/ indem dem ärgernüß derjenigen un-
berichteten/ welche weil wir nicht eben solche kirchen solches orts als die Rö-
mische und Reformirte haben/ unsere religion von uns selbs für gering ge-
halten zu werden/ sorgen wolten/ durch gründlichen unterricht des Predigers
wohl geholffen werden kan; so dann das erhaltene jus einer kirchen/ mit fort-
setzung des offentlichen Gottesdiensts in der vorigen stelle/ und erwa andere
mittel/ nicht weniger als durch die auffrichtung eines gebäudes conserviret
werden mag: endlich die hoffnung der vergrösserung der gemeinde (welche ich
erfüllet zu werden gern wünsche) auffs wenigste einen solchen bau biß auf die
zeit verschieben solte/ biß man desselben nöthig hat. Es wird aber schließli-
chen hieraus mein Hochg. Herr und andere zur gnüge erkennen/ wie in dieser
sache/ und da ich in meinem gewissen also von dem kirchen bauhalte/ ich dero
verlangen in beförderung der collecte nicht habe einigerley weise deferiren
können/ der ich sonsten ihrer lieben gemeinde liebe zu erzeigen bereit bin und
bleiben werde. Der HErr lehre uns in allen stücken erkennen/ was ihm
wahrhafftig gefällig ist/ und uns nach solchem richten. 1685.

ARTIC. II.
Pflichten derer/ die andern vorgesetzt oder unter
worffen sind/ nach dem 4. gebot.
SECTIO
1. HOher stand bleibt eben so wohl an die gemeine Christen-pflichten
verbunden.
2. Von der gefahr hohen standes/ an eine Gottselige Fürstliche person.
3. Als eine Gräfliche Fräulein die welt verlassen/ und in ein stifft gehen wol-
te/ anweisung/ wie sie auch ausser einem stifft ihr Christlich vorhaben
füglicher einrichten könne. Erstes schreiben.
4. An-
Z 3

ARTIC. I. SECTIO XXX.
daß ſie anſehnlich ſeyen. Dieſes letztere ſticht die widrige in die augen/ erwe-
cket verdruß/ und vermehret nur ihren haß gegen uns: jenes aber macht al-
lein/ daß ſie uns verachten/ und etwa ſpotten/ ſo uns aber von ihnen viel weni-
ger/ als ihr haß ſchaͤdlich iſt. Wie ohne das ihrer religion/ die vielen pomp
und ſplendor liebet/ principiis die anſehnliche kirchen vielmehr/ als den unſri-
gen gemaͤß ſind/ als die wir gelernet haben/ daß der dienſt des N. T. mehr in
dem innerlichen beſtehe/ und in dem euſſerlichen nichts/ ohne allein was die
ſauberkeit/ reinigkeit und gute ordnung angehet/ erfordert/ den uͤberfluß aber
mehr fuͤr ſeine hindernuͤß als foͤrderung halte. Dieſes ſind meine gedancken
von dem kirchen-bauen unſerer zeit/ daher die application auf deroſelben hy-
potheſin
ſich etwa unſchwehꝛ machen laͤſſet. Jch ſehe auch nicht/ was wichtiges
gegen dieſelbe moͤchte angefuͤhret werden/ indem dem aͤrgernuͤß derjenigen un-
berichteten/ welche weil wir nicht eben ſolche kirchen ſolches orts als die Roͤ-
miſche und Reformirte haben/ unſere religion von uns ſelbs fuͤr gering ge-
halten zu werden/ ſorgen wolten/ durch gruͤndlichen unterricht des Predigers
wohl geholffen werden kan; ſo dann das erhaltene jus einer kirchen/ mit fort-
ſetzung des offentlichen Gottesdienſts in der vorigen ſtelle/ und erwa andere
mittel/ nicht weniger als durch die auffrichtung eines gebaͤudes conſerviret
werden mag: endlich die hoffnung der vergroͤſſerung der gemeinde (welche ich
erfuͤllet zu werden gern wuͤnſche) auffs wenigſte einen ſolchen bau biß auf die
zeit verſchieben ſolte/ biß man deſſelben noͤthig hat. Es wird aber ſchließli-
chen hieraus mein Hochg. Herr und andere zur gnuͤge erkennen/ wie in dieſer
ſache/ und da ich in meinem gewiſſen alſo von dem kirchen bauhalte/ ich dero
verlangen in befoͤrderung der collecte nicht habe einigerley weiſe deferiren
koͤnnen/ der ich ſonſten ihrer lieben gemeinde liebe zu erzeigen bereit bin und
bleiben werde. Der HErr lehre uns in allen ſtuͤcken erkennen/ was ihm
wahrhafftig gefaͤllig iſt/ und uns nach ſolchem richten. 1685.

ARTIC. II.
Pflichten derer/ die andern vorgeſetzt oder unter
worffen ſind/ nach dem 4. gebot.
SECTIO
1. HOher ſtand bleibt eben ſo wohl an die gemeine Chriſten-pflichten
verbunden.
2. Von der gefahr hohen ſtandes/ an eine Gottſelige Fuͤrſtliche perſon.
3. Als eine Graͤfliche Fraͤulein die welt verlaſſen/ und in ein ſtifft gehen wol-
te/ anweiſung/ wie ſie auch auſſer einem ſtifft ihr Chriſtlich vorhaben
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[181/0189] ARTIC. I. SECTIO XXX. daß ſie anſehnlich ſeyen. Dieſes letztere ſticht die widrige in die augen/ erwe- cket verdruß/ und vermehret nur ihren haß gegen uns: jenes aber macht al- lein/ daß ſie uns verachten/ und etwa ſpotten/ ſo uns aber von ihnen viel weni- ger/ als ihr haß ſchaͤdlich iſt. Wie ohne das ihrer religion/ die vielen pomp und ſplendor liebet/ principiis die anſehnliche kirchen vielmehr/ als den unſri- gen gemaͤß ſind/ als die wir gelernet haben/ daß der dienſt des N. T. mehr in dem innerlichen beſtehe/ und in dem euſſerlichen nichts/ ohne allein was die ſauberkeit/ reinigkeit und gute ordnung angehet/ erfordert/ den uͤberfluß aber mehr fuͤr ſeine hindernuͤß als foͤrderung halte. Dieſes ſind meine gedancken von dem kirchen-bauen unſerer zeit/ daher die application auf deroſelben hy- potheſin ſich etwa unſchwehꝛ machen laͤſſet. Jch ſehe auch nicht/ was wichtiges gegen dieſelbe moͤchte angefuͤhret werden/ indem dem aͤrgernuͤß derjenigen un- berichteten/ welche weil wir nicht eben ſolche kirchen ſolches orts als die Roͤ- miſche und Reformirte haben/ unſere religion von uns ſelbs fuͤr gering ge- halten zu werden/ ſorgen wolten/ durch gruͤndlichen unterricht des Predigers wohl geholffen werden kan; ſo dann das erhaltene jus einer kirchen/ mit fort- ſetzung des offentlichen Gottesdienſts in der vorigen ſtelle/ und erwa andere mittel/ nicht weniger als durch die auffrichtung eines gebaͤudes conſerviret werden mag: endlich die hoffnung der vergroͤſſerung der gemeinde (welche ich erfuͤllet zu werden gern wuͤnſche) auffs wenigſte einen ſolchen bau biß auf die zeit verſchieben ſolte/ biß man deſſelben noͤthig hat. Es wird aber ſchließli- chen hieraus mein Hochg. Herr und andere zur gnuͤge erkennen/ wie in dieſer ſache/ und da ich in meinem gewiſſen alſo von dem kirchen bauhalte/ ich dero verlangen in befoͤrderung der collecte nicht habe einigerley weiſe deferiren koͤnnen/ der ich ſonſten ihrer lieben gemeinde liebe zu erzeigen bereit bin und bleiben werde. Der HErr lehre uns in allen ſtuͤcken erkennen/ was ihm wahrhafftig gefaͤllig iſt/ und uns nach ſolchem richten. 1685. ARTIC. II. Pflichten derer/ die andern vorgeſetzt oder unter worffen ſind/ nach dem 4. gebot. SECTIO 1. HOher ſtand bleibt eben ſo wohl an die gemeine Chriſten-pflichten verbunden. 2. Von der gefahr hohen ſtandes/ an eine Gottſelige Fuͤrſtliche perſon. 3. Als eine Graͤfliche Fraͤulein die welt verlaſſen/ und in ein ſtifft gehen wol- te/ anweiſung/ wie ſie auch auſſer einem ſtifft ihr Chriſtlich vorhaben fuͤglicher einrichten koͤnne. Erſtes ſchreiben. 4. An- Z 3

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/189>, abgerufen am 28.03.2024.