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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.

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ARTIC. II. SECTIO VII.
begehen. 2. Hat man die billige sorge/ daß durch die einführung der päpsti-
schen ordens-leut in die graffschafft/ gelegenheit gegeben möchte werden/ zu
verführung vieler einfältigen hertzen zu sothaner falschen religion: dero see-
len der HErr an jenem tag alle von der hand dessen fodern würde/ welcher
mit willen und aus ansehen zeitlichen vortheils gelegenheit dazu gegeben
hätte. 3. Würde die liebe posterität/ so wol von E. Hochgräfl. Excell. ei-
genem geblüt/ als auch dero unterthanen nach langer zeit noch über sol-
ches unglück seufftzen/ wo sie dermaleins mehr den schaden/ den man
darnach nicht wieder einbringen könte/ gewahr würden werden; wel-
ches auch die gedächtnüß derselben/ die man nach sich gern im se-
gen zu verlassen trachten solle/ sehr graviren würde. 4. Ob man
von dem zeitlichen vortheil reden wolte/ wäre derselbe nicht allein gegen den
erzehlten schaden für nichts zu achten/ sondern auch zu sorgen/ daß der HErr
durch seinen fluch/ alles solches in dem zeitlichen bald zu nicht machen würde/
was man auff solche art zu erlangen gemeinet. Wie wir dann die tägliche
exempel haben/ welche diese göttliche wahrheit bekräfftigen/ daß es nicht un-
ser fleiß und klugheit/ sondern der seegen des HErrn seye/ davon wir alles
erwarten müssen/ und denselben gewißlich nicht hoffen können durch derglei-
chen dinge/ dadurch man die göttliche gnade/ den brunnen alles segens von
sich hinweg stosset. Also haben E. Hochgräfl. Exc. solch gethane anmuthun-
gen/ als lauter versuchungen anzusehen/ welche der HErr zulässet/ ob sie ihn
und seine gnade/ wie nicht weniger die wolfahrt und verwahrung ihrer un-
terthanen von aller verführung/ auch ihrer eigenen seelen und ihres Hoch-
gräflichen hauses wahres heil; oder hingegen anderseits den schein eines zeit-
lichen nutzens/ bey sich praevaliren lassen werden. Jch trage aber das hertz-
liche vertrauen zu derselben/ ersehe es auch bereits aus dem schreiben selbs/
daß sie/ nachdem dieser scheinende nutzen in der wahrheit vielmehr schade ist/
(ob wol der satan uns und unsre augen offtmals auff eine solche art zu ver-
blenden suchet) jene güter aber/ die wahrhafftige güter sind/ welche ohne lan-
ge überlegung so bald den andern vorzuziehen/ sie werden ihre liebe zu GOtt
und dero unterthanen (um welcher/ nicht aber um seinet willen jeglicher Re-
gent in der welt ist) offenbahrlich damit zeigen/ da sie in solcher anfechtung be-
ständig stehen/ sich zu nichts/ so das gewissen verletzet/ jemalen bereden lassen/
und also in der gnade GOttes seinen segen auff sich und die ihrige ziehen wer-
den: welche gnaden-regierung Gottes/ und wahrhafftigen segen auch schließ-
lich von grund der seelen anwünsche. 1686.

SECTIO
B b 3

ARTIC. II. SECTIO VII.
begehen. 2. Hat man die billige ſorge/ daß durch die einfuͤhrung der paͤpſti-
ſchen ordens-leut in die graffſchafft/ gelegenheit gegeben moͤchte werden/ zu
verfuͤhrung vieler einfaͤltigen hertzen zu ſothaner falſchen religion: dero ſee-
len der HErr an jenem tag alle von der hand deſſen fodern wuͤrde/ welcher
mit willen und aus anſehen zeitlichen vortheils gelegenheit dazu gegeben
haͤtte. 3. Wuͤrde die liebe poſteritaͤt/ ſo wol von E. Hochgraͤfl. Excell. ei-
genem gebluͤt/ als auch dero unterthanen nach langer zeit noch uͤber ſol-
ches ungluͤck ſeufftzen/ wo ſie dermaleins mehr den ſchaden/ den man
darnach nicht wieder einbringen koͤnte/ gewahr wuͤrden werden; wel-
ches auch die gedaͤchtnuͤß derſelben/ die man nach ſich gern im ſe-
gen zu verlaſſen trachten ſolle/ ſehr graviren wuͤrde. 4. Ob man
von dem zeitlichen vortheil reden wolte/ waͤre derſelbe nicht allein gegen den
erzehlten ſchaden fuͤr nichts zu achten/ ſondern auch zu ſorgen/ daß der HErr
durch ſeinen fluch/ alles ſolches in dem zeitlichen bald zu nicht machen wuͤrde/
was man auff ſolche art zu erlangen gemeinet. Wie wir dann die taͤgliche
exempel haben/ welche dieſe goͤttliche wahrheit bekraͤfftigen/ daß es nicht un-
ſer fleiß und klugheit/ ſondern der ſeegen des HErrn ſeye/ davon wir alles
erwarten muͤſſen/ und denſelben gewißlich nicht hoffen koͤnnen durch derglei-
chen dinge/ dadurch man die goͤttliche gnade/ den brunnen alles ſegens von
ſich hinweg ſtoſſet. Alſo haben E. Hochgraͤfl. Exc. ſolch gethane anmuthun-
gen/ als lauter verſuchungen anzuſehen/ welche der HErr zulaͤſſet/ ob ſie ihn
und ſeine gnade/ wie nicht weniger die wolfahrt und verwahrung ihrer un-
terthanen von aller verfuͤhrung/ auch ihrer eigenen ſeelen und ihres Hoch-
graͤflichen hauſes wahres heil; oder hingegen anderſeits den ſchein eines zeit-
lichen nutzens/ bey ſich prævaliren laſſen werden. Jch trage aber das hertz-
liche vertrauen zu derſelben/ erſehe es auch bereits aus dem ſchreiben ſelbs/
daß ſie/ nachdem dieſer ſcheinende nutzen in der wahrheit vielmehr ſchade iſt/
(ob wol der ſatan uns und unſre augen offtmals auff eine ſolche art zu ver-
blenden ſuchet) jene guͤter aber/ die wahrhafftige guͤter ſind/ welche ohne lan-
ge uͤberlegung ſo bald den andern vorzuziehen/ ſie werden ihre liebe zu GOtt
und dero unterthanen (um welcher/ nicht aber um ſeinet willen jeglicher Re-
gent in der welt iſt) offenbahrlich damit zeigen/ da ſie in ſolcher anfechtung be-
ſtaͤndig ſtehen/ ſich zu nichts/ ſo das gewiſſen verletzet/ jemalen bereden laſſen/
und alſo in der gnade GOttes ſeinen ſegen auff ſich und die ihrige ziehen wer-
den: welche gnaden-regierung Gottes/ und wahrhafftigen ſegen auch ſchließ-
lich von grund der ſeelen anwuͤnſche. 1686.

SECTIO
B b 3
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[197/0205] ARTIC. II. SECTIO VII. begehen. 2. Hat man die billige ſorge/ daß durch die einfuͤhrung der paͤpſti- ſchen ordens-leut in die graffſchafft/ gelegenheit gegeben moͤchte werden/ zu verfuͤhrung vieler einfaͤltigen hertzen zu ſothaner falſchen religion: dero ſee- len der HErr an jenem tag alle von der hand deſſen fodern wuͤrde/ welcher mit willen und aus anſehen zeitlichen vortheils gelegenheit dazu gegeben haͤtte. 3. Wuͤrde die liebe poſteritaͤt/ ſo wol von E. Hochgraͤfl. Excell. ei- genem gebluͤt/ als auch dero unterthanen nach langer zeit noch uͤber ſol- ches ungluͤck ſeufftzen/ wo ſie dermaleins mehr den ſchaden/ den man darnach nicht wieder einbringen koͤnte/ gewahr wuͤrden werden; wel- ches auch die gedaͤchtnuͤß derſelben/ die man nach ſich gern im ſe- gen zu verlaſſen trachten ſolle/ ſehr graviren wuͤrde. 4. Ob man von dem zeitlichen vortheil reden wolte/ waͤre derſelbe nicht allein gegen den erzehlten ſchaden fuͤr nichts zu achten/ ſondern auch zu ſorgen/ daß der HErr durch ſeinen fluch/ alles ſolches in dem zeitlichen bald zu nicht machen wuͤrde/ was man auff ſolche art zu erlangen gemeinet. Wie wir dann die taͤgliche exempel haben/ welche dieſe goͤttliche wahrheit bekraͤfftigen/ daß es nicht un- ſer fleiß und klugheit/ ſondern der ſeegen des HErrn ſeye/ davon wir alles erwarten muͤſſen/ und denſelben gewißlich nicht hoffen koͤnnen durch derglei- chen dinge/ dadurch man die goͤttliche gnade/ den brunnen alles ſegens von ſich hinweg ſtoſſet. Alſo haben E. Hochgraͤfl. Exc. ſolch gethane anmuthun- gen/ als lauter verſuchungen anzuſehen/ welche der HErr zulaͤſſet/ ob ſie ihn und ſeine gnade/ wie nicht weniger die wolfahrt und verwahrung ihrer un- terthanen von aller verfuͤhrung/ auch ihrer eigenen ſeelen und ihres Hoch- graͤflichen hauſes wahres heil; oder hingegen anderſeits den ſchein eines zeit- lichen nutzens/ bey ſich prævaliren laſſen werden. Jch trage aber das hertz- liche vertrauen zu derſelben/ erſehe es auch bereits aus dem ſchreiben ſelbs/ daß ſie/ nachdem dieſer ſcheinende nutzen in der wahrheit vielmehr ſchade iſt/ (ob wol der ſatan uns und unſre augen offtmals auff eine ſolche art zu ver- blenden ſuchet) jene guͤter aber/ die wahrhafftige guͤter ſind/ welche ohne lan- ge uͤberlegung ſo bald den andern vorzuziehen/ ſie werden ihre liebe zu GOtt und dero unterthanen (um welcher/ nicht aber um ſeinet willen jeglicher Re- gent in der welt iſt) offenbahrlich damit zeigen/ da ſie in ſolcher anfechtung be- ſtaͤndig ſtehen/ ſich zu nichts/ ſo das gewiſſen verletzet/ jemalen bereden laſſen/ und alſo in der gnade GOttes ſeinen ſegen auff ſich und die ihrige ziehen wer- den: welche gnaden-regierung Gottes/ und wahrhafftigen ſegen auch ſchließ- lich von grund der ſeelen anwuͤnſche. 1686. SECTIO B b 3

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/205>, abgerufen am 28.03.2024.