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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.

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ARTIC. I. DISTINCTIO I. SECTIO XXIII.
SECTIO XXIII.

Von praxi der piorum desideriorum. Nicht
erst auff allgemeine anstalten zu warten/ sondern in jegli-
chen gemeinden anzuheben. Was von einem
ge-
neral-synodo
aller Religionen zu-
halten.

DAß Ew. Wohl Ehrenv. meine einfältige/ aber treu gemeinte/ gedancken
in der gemachten vorrede ihro belieben lassen/ erfreuet und bekräfftiget
mich so vielmehr. Es wird ietzo diese vorrede besonders in kleinem format
getruckt/ zusamt eines christlichen Theologi sehr stattlich gemachten additio-
nen
und animadversionen. Soll geliebtes GOtt in die messe heraus kom-
men. GOTT lasse nur auch einige frucht zur verlangter erbauung und besse-
rung folgen. Dann wo nichts werckstellig gemachet wird/ so sind alle consul-
tationes
endlichen vergebens. Jedoch hoffe/ es werden einige gottselige Theo-
logi
seyn/ die ihres orts nicht ermangeln werden/ etwas davon in übung zubrin-
gen. Wie dann es auch lauter solche vorschläge sind/ die fast von jeden The-
ologo
und prediger/ auffs wenigste gantzem ministerio, seines orts etlicher
massen werckstellig gemacht werden mögen/ und nicht nöthig haben/ daß erst an-
derwertliche hilffe dazu erwartet werde. Jn dem ich sehe/ daß wo man auff sol-
che warten will/ so versäumet man endlich alles/ weil das jenige/ worauff man
wartet/ doch nicht geschicht. Daher für dißmahl fast nichts mit unter mischet ha-
be/ worinnen man des weltlichen und obrigkeitlichen stands und seines arms son-
derlich benötiget wäre: sondern lauter solche dinge/ da es allein bedarff/ daß ein
treuer diener GOttes sein amt fleißig thue/ und anfangs etliche/ allgemach aber
andere mehrere/ in seiner gemeinde gewinne. Und komme ich mehr und mehr
auff die gedancken: Nach dem wir insgemein die Consilia von dem mitteln/ die
zwar die kräfftigste wären/ daß nemlich alle drey ordines, sonderlich aber die zwey
obere/ mit gesamter hand zusammen setzten/ und dem werck auß dem grund zu helf-
fen suchten/ auch die widersetzliche damit in etwas zu zähmen vermöchten/ gantz
fruchtloß abgehen sehen/ weil solche zusammen setzung weder bißher erhalten wor-
den/ noch jetzo mehrere apparenz ist/ daß sie zu nechst folgen werde: Daß dann
fast am dienlichsten seyn wolle/ wir unterlassen zwar auch jene consilia nicht/ son-
dern treiben nach vermögen/ ob eine allgemeine oder doch eine merckliche zusam-
mensetzung der ordinum erhalten werden könte/ aber setzen gleichwol nicht alles
biß dahinauß/ sondern/ greiffen jeglicher seines orts die sach auff die art an/ wie
wir bereits jetzt vermögen. Das geschiehet dann/ wo jeglicher prediger bey seiner

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P
ARTIC. I. DISTINCTIO I. SECTIO XXIII.
SECTIO XXIII.

Von praxi der piorum deſideriorum. Nicht
erſt auff allgemeine anſtalten zu warten/ ſondern in jegli-
chen gemeinden anzuheben. Was von einem
ge-
neral-ſynodo
aller Religionen zu-
halten.

DAß Ew. Wohl Ehrenv. meine einfaͤltige/ aber treu gemeinte/ gedancken
in der gemachten vorrede ihro belieben laſſen/ erfreuet und bekraͤfftiget
mich ſo vielmehr. Es wird ietzo dieſe vorrede beſonders in kleinem format
getruckt/ zuſamt eines chriſtlichen Theologi ſehr ſtattlich gemachten additio-
nen
und animadverſionen. Soll geliebtes GOtt in die meſſe heraus kom-
men. GOTT laſſe nur auch einige frucht zur verlangter erbauung und beſſe-
rung folgen. Dann wo nichts werckſtellig gemachet wird/ ſo ſind alle conſul-
tationes
endlichen vergebens. Jedoch hoffe/ es werden einige gottſelige Theo-
logi
ſeyn/ die ihres orts nicht ermangeln werden/ etwas davon in uͤbung zubrin-
gen. Wie dann es auch lauter ſolche vorſchlaͤge ſind/ die faſt von jeden The-
ologo
und prediger/ auffs wenigſte gantzem miniſterio, ſeines orts etlicher
maſſen werckſtellig gemacht werden moͤgen/ und nicht noͤthig haben/ daß erſt an-
derwertliche hilffe dazu erwartet werde. Jn dem ich ſehe/ daß wo man auff ſol-
che warten will/ ſo verſaͤumet man endlich alles/ weil das jenige/ worauff man
wartet/ doch nicht geſchicht. Daher fuͤr dißmahl faſt nichts mit unter miſchet ha-
be/ worinnen man des weltlichen und obrigkeitlichen ſtands und ſeines arms ſon-
derlich benoͤtiget waͤre: ſondern lauter ſolche dinge/ da es allein bedarff/ daß ein
treuer diener GOttes ſein amt fleißig thue/ und anfangs etliche/ allgemach aber
andere mehrere/ in ſeiner gemeinde gewinne. Und komme ich mehr und mehr
auff die gedancken: Nach dem wir insgemein die Conſilia von dem mitteln/ die
zwar die kraͤfftigſte waͤren/ daß nemlich alle drey ordines, ſonderlich aber die zwey
obere/ mit geſamter hand zuſammen ſetzten/ und dem werck auß dem grund zu helf-
fen ſuchten/ auch die widerſetzliche damit in etwas zu zaͤhmen vermoͤchten/ gantz
fruchtloß abgehen ſehen/ weil ſolche zuſammen ſetzung weder bißher erhalten wor-
den/ noch jetzo mehrere apparenz iſt/ daß ſie zu nechſt folgen werde: Daß dann
faſt am dienlichſten ſeyn wolle/ wir unterlaſſen zwar auch jene conſilia nicht/ ſon-
dern treiben nach vermoͤgen/ ob eine allgemeine oder doch eine merckliche zuſam-
menſetzung der ordinum erhalten werden koͤnte/ aber ſetzen gleichwol nicht alles
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wir bereits jetzt vermoͤgen. Das geſchiehet dann/ wo jeglicher prediger bey ſeiner

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[113/0131] ARTIC. I. DISTINCTIO I. SECTIO XXIII. SECTIO XXIII. Von praxi der piorum deſideriorum. Nicht erſt auff allgemeine anſtalten zu warten/ ſondern in jegli- chen gemeinden anzuheben. Was von einem ge- neral-ſynodo aller Religionen zu- halten. DAß Ew. Wohl Ehrenv. meine einfaͤltige/ aber treu gemeinte/ gedancken in der gemachten vorrede ihro belieben laſſen/ erfreuet und bekraͤfftiget mich ſo vielmehr. Es wird ietzo dieſe vorrede beſonders in kleinem format getruckt/ zuſamt eines chriſtlichen Theologi ſehr ſtattlich gemachten additio- nen und animadverſionen. Soll geliebtes GOtt in die meſſe heraus kom- men. GOTT laſſe nur auch einige frucht zur verlangter erbauung und beſſe- rung folgen. Dann wo nichts werckſtellig gemachet wird/ ſo ſind alle conſul- tationes endlichen vergebens. Jedoch hoffe/ es werden einige gottſelige Theo- logi ſeyn/ die ihres orts nicht ermangeln werden/ etwas davon in uͤbung zubrin- gen. Wie dann es auch lauter ſolche vorſchlaͤge ſind/ die faſt von jeden The- ologo und prediger/ auffs wenigſte gantzem miniſterio, ſeines orts etlicher maſſen werckſtellig gemacht werden moͤgen/ und nicht noͤthig haben/ daß erſt an- derwertliche hilffe dazu erwartet werde. Jn dem ich ſehe/ daß wo man auff ſol- che warten will/ ſo verſaͤumet man endlich alles/ weil das jenige/ worauff man wartet/ doch nicht geſchicht. Daher fuͤr dißmahl faſt nichts mit unter miſchet ha- be/ worinnen man des weltlichen und obrigkeitlichen ſtands und ſeines arms ſon- derlich benoͤtiget waͤre: ſondern lauter ſolche dinge/ da es allein bedarff/ daß ein treuer diener GOttes ſein amt fleißig thue/ und anfangs etliche/ allgemach aber andere mehrere/ in ſeiner gemeinde gewinne. Und komme ich mehr und mehr auff die gedancken: Nach dem wir insgemein die Conſilia von dem mitteln/ die zwar die kraͤfftigſte waͤren/ daß nemlich alle drey ordines, ſonderlich aber die zwey obere/ mit geſamter hand zuſammen ſetzten/ und dem werck auß dem grund zu helf- fen ſuchten/ auch die widerſetzliche damit in etwas zu zaͤhmen vermoͤchten/ gantz fruchtloß abgehen ſehen/ weil ſolche zuſammen ſetzung weder bißher erhalten wor- den/ noch jetzo mehrere apparenz iſt/ daß ſie zu nechſt folgen werde: Daß dann faſt am dienlichſten ſeyn wolle/ wir unterlaſſen zwar auch jene conſilia nicht/ ſon- dern treiben nach vermoͤgen/ ob eine allgemeine oder doch eine merckliche zuſam- menſetzung der ordinum erhalten werden koͤnte/ aber ſetzen gleichwol nicht alles biß dahinauß/ ſondern/ greiffen jeglicher ſeines orts die ſach auff die art an/ wie wir bereits jetzt vermoͤgen. Das geſchiehet dann/ wo jeglicher prediger bey ſeiner ge- P

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/131>, abgerufen am 25.04.2024.