Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.

Bild:
<< vorherige Seite

Das sechste Capitel.
gend gewehnet würde aus der gesunden vernunfft zuerkennen/ wie die seligkeit des
menschen in der vereinigung mit dem höchsten unerschaffenen gut bestehe/ und zwar
folglich die lehrsätze sind/ so aus solchen gesetztem principio von selbsten folgen
würden. Der HErr erwecke helden/ die muth und krafft haben/ auch in solchen din-
gen durchzudringen. Wie ich zwar hoffe/ daß wir etwas näher zu solcher zeit kom-
men/ wo die erde mit erkäntnüß des HErrn erfüllet werden solle/ wie mit wasser des
meeres bedecket. Vielleicht mag einiges hierzu dienliches in den alten Jüdischen
schrifften gefunden werden/ wo fleißige leute sie anfangen emsiger zu unter suchen/ so
mich hertzlich erfreuet/ daß so wohl hin und wieder anderwertlich als von ihm sol-
ches mit fleiß geschiehet. Der HErr lasse mehr und mehr seinen heiligen nahmen
groß werden/ und befördere was hierzu dienlich ist. Wie dann gewiß ist/ daß er
nach seiner treue/ wo wir mit ernst suchen werden/ das einige nothwendige allein
vorzuziehen/ das werck nicht stecken lassen wird. Lasset uns nur einander helffen
kämpffen mit beten/ und nicht müde werden/ über die a beit und verdrießlichkeit/
welche dabey auszustehen ist. Dann die sache ists wohl weh[r]t. Womit dißmahl be-
schliesse/ nur daß noch schließlichen bey diesem jahrwechsel wünsche/ daß die liebe Got-
tes/ gleich wie sie in erneuung zeitlicher dinge sich hervorthut/ also auch mit täglicher
erneurung des göttlichen ebenbildes in seiner und unser aller seelen als einen liecht-
lein der ewigkeit gewidmet/ je länger je kräfftiger sich erzeigen/ und uns tüch-
tig machen wolle/ daß wir an dem grossen tag der allgemeinen erneurung gleich-
falls zu der neuen welt und statt unsers GOttes zu der seligen ewigkeit mögen er-
neuret werden. Amen. 8. Jan. 1677.

SECTIO II.

Auffmunterung an eine Christliche weibs per-
son/ dero ihr voriges in eitelkeit geführtes leben ange-
legen. Lästerung des guten in Franckfurt.

ES freut mich hertzlich/ daß dieselbe bezeuget/ wie noch immer göttliches wort
deroselbigen einige freude seye. Der HERR erhalte sie bey solchem eini-
gen/ und lasse sie mehr und mehr schmecken die sußigkeit desselbigen/ so dann
die gewünschte früchten/ die es in den folgsamen seelen würcken will/ bey deroselben
daraus erwachsen/ zu ihres GOttes preiß/ und eigener seelen beruhigung. Wir
haben den gütigen Vater/ welcher alles vorigen/ auch in eitelkeit der welt zuge-
brachten/ lebens nicht gedencken will/ wo wir in Christo JEsu durch den glauben
sind/ und nunmehr von der welt gemeinschafft abgesondert/ mit ernst allein trach-
ten unserem heiligen Heyland nachzufolgen/ und nach seinen lieben reguln das le-
ben anzustellen. Auff welchem weg/ da wir also trachten unsere erwehlung und

be-

Das ſechſte Capitel.
gend gewehnet wuͤrde aus der geſunden vernunfft zuerkennen/ wie die ſeligkeit des
menſchen in der veꝛeinigung mit dem hoͤchſten unerſchaffenen gut beſtehe/ und zwar
folglich die lehrſaͤtze ſind/ ſo aus ſolchen geſetztem principio von ſelbſten folgen
wuͤrden. Der HErr erwecke helden/ die muth und krafft haben/ auch in ſolchen din-
gen durchzudringen. Wie ich zwar hoffe/ daß wir etwas naͤher zu ſolcher zeit kom-
men/ wo die erde mit erkaͤntnuͤß des HErrn erfuͤllet werden ſolle/ wie mit waſſer des
meeres bedecket. Vielleicht mag einiges hierzu dienliches in den alten Juͤdiſchen
ſchrifften gefunden werden/ wo fleißige leute ſie anfangen emſiger zu unter ſuchen/ ſo
mich hertzlich erfreuet/ daß ſo wohl hin und wieder anderwertlich als von ihm ſol-
ches mit fleiß geſchiehet. Der HErr laſſe mehr und mehr ſeinen heiligen nahmen
groß werden/ und befoͤrdere was hierzu dienlich iſt. Wie dann gewiß iſt/ daß er
nach ſeiner treue/ wo wir mit ernſt ſuchen werden/ das einige nothwendige allein
vorzuziehen/ das werck nicht ſtecken laſſen wird. Laſſet uns nur einander helffen
kaͤmpffen mit beten/ und nicht muͤde werden/ uͤber die a beit und verdrießlichkeit/
welche dabey auszuſtehen iſt. Dann die ſache iſts wohl weh[r]t. Womit dißmahl be-
ſchlieſſe/ nur daß noch ſchließlichen bey dieſem jahꝛwechſel wuͤnſche/ daß die liebe Got-
tes/ gleich wie ſie in erneuung zeitlicher dinge ſich heꝛvorthut/ alſo auch mit taͤglicher
erneurung des goͤttlichen ebenbildes in ſeiner und unſer aller ſeelen als einen liecht-
lein der ewigkeit gewidmet/ je laͤnger je kraͤfftiger ſich erzeigen/ und uns tuͤch-
tig machen wolle/ daß wir an dem groſſen tag der allgemeinen erneurung gleich-
falls zu der neuen welt und ſtatt unſers GOttes zu der ſeligen ewigkeit moͤgen er-
neuret werden. Amen. 8. Jan. 1677.

SECTIO II.

Auffmunterung an eine Chriſtliche weibs per-
ſon/ dero ihr voriges in eitelkeit gefuͤhrtes leben ange-
legen. Laͤſterung des guten in Franckfurt.

ES freut mich hertzlich/ daß dieſelbe bezeuget/ wie noch immer goͤttliches wort
deroſelbigen einige freude ſeye. Der HERR erhalte ſie bey ſolchem eini-
gen/ und laſſe ſie mehr und mehr ſchmecken die ſußigkeit deſſelbigen/ ſo dann
die gewuͤnſchte fruͤchten/ die es in den folgſamen ſeelen wuͤrcken will/ bey deroſelben
daraus erwachſen/ zu ihres GOttes preiß/ und eigener ſeelen beruhigung. Wir
haben den guͤtigen Vater/ welcher alles vorigen/ auch in eitelkeit der welt zuge-
brachten/ lebens nicht gedencken will/ wo wir in Chriſto JEſu durch den glauben
ſind/ und nunmehr von der welt gemeinſchafft abgeſondert/ mit ernſt allein trach-
ten unſerem heiligen Heyland nachzufolgen/ und nach ſeinen lieben reguln das le-
ben anzuſtellen. Auff welchem weg/ da wir alſo trachten unſere erwehlung und

be-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0170" n="152"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das &#x017F;ech&#x017F;te Capitel.</hi></fw><lb/>
gend gewehnet wu&#x0364;rde aus der ge&#x017F;unden vernunfft zuerkennen/ wie die &#x017F;eligkeit des<lb/>
men&#x017F;chen in der ve&#xA75B;einigung mit dem ho&#x0364;ch&#x017F;ten uner&#x017F;chaffenen gut be&#x017F;tehe/ und zwar<lb/>
folglich die lehr&#x017F;a&#x0364;tze &#x017F;ind/ &#x017F;o aus &#x017F;olchen ge&#x017F;etztem <hi rendition="#aq">principio</hi> von &#x017F;elb&#x017F;ten folgen<lb/>
wu&#x0364;rden. Der HErr erwecke helden/ die muth und krafft haben/ auch in &#x017F;olchen din-<lb/>
gen durchzudringen. Wie ich zwar hoffe/ daß wir etwas na&#x0364;her zu &#x017F;olcher zeit kom-<lb/>
men/ wo die erde mit erka&#x0364;ntnu&#x0364;ß des HErrn erfu&#x0364;llet werden &#x017F;olle/ wie mit wa&#x017F;&#x017F;er des<lb/>
meeres bedecket. Vielleicht mag einiges hierzu dienliches in den alten Ju&#x0364;di&#x017F;chen<lb/>
&#x017F;chrifften gefunden werden/ wo fleißige leute &#x017F;ie anfangen em&#x017F;iger zu unter &#x017F;uchen/ &#x017F;o<lb/>
mich hertzlich erfreuet/ daß &#x017F;o wohl hin und wieder anderwertlich als von ihm &#x017F;ol-<lb/>
ches mit fleiß ge&#x017F;chiehet. Der HErr la&#x017F;&#x017F;e mehr und mehr &#x017F;einen heiligen nahmen<lb/>
groß werden/ und befo&#x0364;rdere was hierzu dienlich i&#x017F;t. Wie dann gewiß i&#x017F;t/ daß er<lb/>
nach &#x017F;einer treue/ wo wir mit ern&#x017F;t &#x017F;uchen werden/ das einige nothwendige allein<lb/>
vorzuziehen/ das werck nicht &#x017F;tecken la&#x017F;&#x017F;en wird. La&#x017F;&#x017F;et uns nur einander helffen<lb/>
ka&#x0364;mpffen mit beten/ und nicht mu&#x0364;de werden/ u&#x0364;ber die a beit und verdrießlichkeit/<lb/>
welche dabey auszu&#x017F;tehen i&#x017F;t. Dann die &#x017F;ache i&#x017F;ts wohl weh<supplied>r</supplied>t. Womit dißmahl be-<lb/>
&#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;e/ nur daß noch &#x017F;chließlichen bey die&#x017F;em jah&#xA75B;wech&#x017F;el wu&#x0364;n&#x017F;che/ daß die liebe Got-<lb/>
tes/ gleich wie &#x017F;ie in erneuung zeitlicher dinge &#x017F;ich he&#xA75B;vorthut/ al&#x017F;o auch mit ta&#x0364;glicher<lb/>
erneurung des go&#x0364;ttlichen ebenbildes in &#x017F;einer und un&#x017F;er aller &#x017F;eelen als einen liecht-<lb/>
lein der ewigkeit gewidmet/ je la&#x0364;nger je kra&#x0364;fftiger &#x017F;ich erzeigen/ und uns tu&#x0364;ch-<lb/>
tig machen wolle/ daß wir an dem gro&#x017F;&#x017F;en tag der allgemeinen erneurung gleich-<lb/>
falls zu der neuen welt und &#x017F;tatt un&#x017F;ers GOttes zu der &#x017F;eligen ewigkeit mo&#x0364;gen er-<lb/>
neuret werden. Amen. 8. Jan. 1677.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">SECTIO</hi> II.</hi> </head><lb/>
            <argument>
              <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#fr"><hi rendition="#in">A</hi>uffmunterung an eine <hi rendition="#in">C</hi>hri&#x017F;tliche weibs per-<lb/>
&#x017F;on/ dero ihr voriges in eitelkeit gefu&#x0364;hrtes leben ange-<lb/>
legen. La&#x0364;&#x017F;terung des guten in Franckfurt.</hi> </hi> </p>
            </argument><lb/>
            <p><hi rendition="#in">E</hi>S freut mich hertzlich/ daß die&#x017F;elbe bezeuget/ wie noch immer go&#x0364;ttliches wort<lb/>
dero&#x017F;elbigen einige freude &#x017F;eye. Der HERR erhalte &#x017F;ie bey &#x017F;olchem eini-<lb/>
gen/ und la&#x017F;&#x017F;e &#x017F;ie mehr und mehr &#x017F;chmecken die &#x017F;ußigkeit de&#x017F;&#x017F;elbigen/ &#x017F;o dann<lb/>
die gewu&#x0364;n&#x017F;chte fru&#x0364;chten/ die es in den folg&#x017F;amen &#x017F;eelen wu&#x0364;rcken will/ bey dero&#x017F;elben<lb/>
daraus erwach&#x017F;en/ zu ihres GOttes preiß/ und eigener &#x017F;eelen beruhigung. Wir<lb/>
haben den gu&#x0364;tigen Vater/ welcher alles vorigen/ auch in eitelkeit der welt zuge-<lb/>
brachten/ lebens nicht gedencken will/ wo wir in Chri&#x017F;to JE&#x017F;u durch den glauben<lb/>
&#x017F;ind/ und nunmehr von der welt gemein&#x017F;chafft abge&#x017F;ondert/ mit ern&#x017F;t allein trach-<lb/>
ten un&#x017F;erem heiligen Heyland nachzufolgen/ und nach &#x017F;einen lieben reguln das le-<lb/>
ben anzu&#x017F;tellen. Auff welchem weg/ da wir al&#x017F;o trachten un&#x017F;ere erwehlung und<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">be-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[152/0170] Das ſechſte Capitel. gend gewehnet wuͤrde aus der geſunden vernunfft zuerkennen/ wie die ſeligkeit des menſchen in der veꝛeinigung mit dem hoͤchſten unerſchaffenen gut beſtehe/ und zwar folglich die lehrſaͤtze ſind/ ſo aus ſolchen geſetztem principio von ſelbſten folgen wuͤrden. Der HErr erwecke helden/ die muth und krafft haben/ auch in ſolchen din- gen durchzudringen. Wie ich zwar hoffe/ daß wir etwas naͤher zu ſolcher zeit kom- men/ wo die erde mit erkaͤntnuͤß des HErrn erfuͤllet werden ſolle/ wie mit waſſer des meeres bedecket. Vielleicht mag einiges hierzu dienliches in den alten Juͤdiſchen ſchrifften gefunden werden/ wo fleißige leute ſie anfangen emſiger zu unter ſuchen/ ſo mich hertzlich erfreuet/ daß ſo wohl hin und wieder anderwertlich als von ihm ſol- ches mit fleiß geſchiehet. Der HErr laſſe mehr und mehr ſeinen heiligen nahmen groß werden/ und befoͤrdere was hierzu dienlich iſt. Wie dann gewiß iſt/ daß er nach ſeiner treue/ wo wir mit ernſt ſuchen werden/ das einige nothwendige allein vorzuziehen/ das werck nicht ſtecken laſſen wird. Laſſet uns nur einander helffen kaͤmpffen mit beten/ und nicht muͤde werden/ uͤber die a beit und verdrießlichkeit/ welche dabey auszuſtehen iſt. Dann die ſache iſts wohl wehrt. Womit dißmahl be- ſchlieſſe/ nur daß noch ſchließlichen bey dieſem jahꝛwechſel wuͤnſche/ daß die liebe Got- tes/ gleich wie ſie in erneuung zeitlicher dinge ſich heꝛvorthut/ alſo auch mit taͤglicher erneurung des goͤttlichen ebenbildes in ſeiner und unſer aller ſeelen als einen liecht- lein der ewigkeit gewidmet/ je laͤnger je kraͤfftiger ſich erzeigen/ und uns tuͤch- tig machen wolle/ daß wir an dem groſſen tag der allgemeinen erneurung gleich- falls zu der neuen welt und ſtatt unſers GOttes zu der ſeligen ewigkeit moͤgen er- neuret werden. Amen. 8. Jan. 1677. SECTIO II. Auffmunterung an eine Chriſtliche weibs per- ſon/ dero ihr voriges in eitelkeit gefuͤhrtes leben ange- legen. Laͤſterung des guten in Franckfurt. ES freut mich hertzlich/ daß dieſelbe bezeuget/ wie noch immer goͤttliches wort deroſelbigen einige freude ſeye. Der HERR erhalte ſie bey ſolchem eini- gen/ und laſſe ſie mehr und mehr ſchmecken die ſußigkeit deſſelbigen/ ſo dann die gewuͤnſchte fruͤchten/ die es in den folgſamen ſeelen wuͤrcken will/ bey deroſelben daraus erwachſen/ zu ihres GOttes preiß/ und eigener ſeelen beruhigung. Wir haben den guͤtigen Vater/ welcher alles vorigen/ auch in eitelkeit der welt zuge- brachten/ lebens nicht gedencken will/ wo wir in Chriſto JEſu durch den glauben ſind/ und nunmehr von der welt gemeinſchafft abgeſondert/ mit ernſt allein trach- ten unſerem heiligen Heyland nachzufolgen/ und nach ſeinen lieben reguln das le- ben anzuſtellen. Auff welchem weg/ da wir alſo trachten unſere erwehlung und be-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/170
Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/170>, abgerufen am 25.04.2024.