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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.

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Das sechste Capitel.
den grausamsten lästerungen uns suchet müde zu machen/ hingegen nach dem er
mit denselben gantz Teutschland erfüllet/ andere gute leuthe von uns und aller ge-
meinschafft mit uns abwendig zu machen. Deren letzteres er vielleicht bey eini-
gen mag endlich außgerichtet haben. Gleichwohl dem zu begegnen habe auff gu-
ter freund einrathen ein send-schreiben trucken lassen/ darinnen rechenschafft gebe/
des jenigen/ was allhier geschiehet in dem so genantem Collegio pietatis/ und hin-
gegen was fälschlich von uns spargiret wird/ modeste ablehne. Zweiffele nicht/
es wird auch solches nach Nimwegen/ und Amsterdam gekommen seyn. Jch be-
fehle die sache alle GOtt dem HErren/ dessen sie auch alleine ist. Er mache es mit
mir und allen nach seinen heiligsten wolgefallen. 1677. m. oct.

SECTIO XI.

Uber einige bedencken betreffend die pia desideria,
und erklährung über unterschiedliches. Ob die reforma-
tio Lutheri
vollkommen gewesen? Ob in unserer kirchen auch an
der lehre mangel seye? Von unserer kirchen reinigkeit. Ob an-
dere mit zur
reformation zu ziehen. Von unmittelbahren offen-
bahrungen. Ob man eußerliche sitten sachen treibe/ oder viel-
mehr die wieder geburth. Babel. Antichristen. Ob auf titul se-
he. Warum verdachtige nicht anführe. Jacob
Böhme.

MJch haben inniglich erfreuet seine beyde geliebte an meinen auch liebsten
freund N N. geschriebene/ von ihm aber mir freundlich communicirte
briefe. Dem einigen und allein guten GOtt seye demüthiger danck ge-
saget/ auch vor diese freude. Wie mir dann nechst der jenigen/ wo GOTT zu
weilen ein und andere seele unserer gemeinde kräfftig zu einem eyffer des Chri-
stenthums zubewegen weiset/ keine grössere leicht wiederfahren kan/ als zuver-
nehmen/ wo GOtt noch hin und wieder in der sonsten so grossen und fast überhand
genommenen verderbnüß einige übrig behalten/ welche mit ernst das gute wollen/
und solches zu befördern in der krafft des HErrn geneigt sind. Deren gewiß noch
mehr sich da und dort verstreuet befinden/ als ein auch sich selbs sehender Elias in
seiner anfechtung gedencken und meinen möchte. Wie ich dann seiter 2. Jahren
unterschiedliche von dem jenigen guten eyffer hab kennen lernen/ den der himmli-
sche Vater in ihnen gewircket: Daß so viel weniger zweifle/ die zeit seye näher/ da
da der HErr sich seiner armen kirchen erbarmen/ und ihr ein neues heyl werde wie-
derfahren lassen/ nach dem er solches längsten verheissen hat. Weilen dann zu der
sache des HErren/ und dieselbe mit fleiß zutreiben/ auch dieses ein gutes hilffs-mit-

tel

Das ſechſte Capitel.
den grauſamſten laͤſterungen uns ſuchet muͤde zu machen/ hingegen nach dem er
mit denſelben gantz Teutſchland erfuͤllet/ andere gute leuthe von uns und aller ge-
meinſchafft mit uns abwendig zu machen. Deren letzteres er vielleicht bey eini-
gen mag endlich außgerichtet haben. Gleichwohl dem zu begegnen habe auff gu-
ter freund einrathen ein ſend-ſchreiben trucken laſſen/ darinnen rechenſchafft gebe/
des jenigen/ was allhier geſchiehet in dem ſo genantem Collegio pietatis/ und hin-
gegen was faͤlſchlich von uns ſpargiret wird/ modeſte ablehne. Zweiffele nicht/
es wird auch ſolches nach Nimwegen/ und Amſterdam gekommen ſeyn. Jch be-
fehle die ſache alle GOtt dem HErren/ deſſen ſie auch alleine iſt. Er mache es mit
mir und allen nach ſeinen heiligſten wolgefallen. 1677. m. oct.

SECTIO XI.

Uber einige bedencken betreffend die pia deſideria,
und erklaͤhrung uͤber unterſchiedliches. Ob die reforma-
tio Lutheri
vollkommen geweſen? Ob in unſerer kirchen auch an
der lehre mangel ſeye? Von unſerer kirchen reinigkeit. Ob an-
dere mit zur
reformation zu ziehen. Von unmittelbahren offen-
bahrungen. Ob man eußerliche ſitten ſachen treibe/ oder viel-
mehr die wieder geburth. Babel. Antichriſten. Ob auf titul ſe-
he. Warum verdachtige nicht anfuͤhre. Jacob
Boͤhme.

MJch haben inniglich erfreuet ſeine beyde geliebte an meinen auch liebſten
freund N N. geſchriebene/ von ihm aber mir freundlich communicirte
briefe. Dem einigen und allein guten GOtt ſeye demuͤthiger danck ge-
ſaget/ auch vor dieſe freude. Wie mir dann nechſt der jenigen/ wo GOTT zu
weilen ein und andere ſeele unſerer gemeinde kraͤfftig zu einem eyffer des Chri-
ſtenthums zubewegen weiſet/ keine groͤſſere leicht wiederfahren kan/ als zuver-
nehmen/ wo GOtt noch hin und wieder in der ſonſten ſo groſſen und faſt uͤberhand
genommenen verderbnuͤß einige uͤbrig behalten/ welche mit ernſt das gute wollen/
und ſolches zu befoͤrdern in der krafft des HErrn geneigt ſind. Deren gewiß noch
mehr ſich da und dort verſtreuet befinden/ als ein auch ſich ſelbs ſehender Elias in
ſeiner anfechtung gedencken und meinen moͤchte. Wie ich dann ſeiter 2. Jahren
unterſchiedliche von dem jenigen guten eyffer hab kennen lernen/ den der himmli-
ſche Vater in ihnen gewircket: Daß ſo viel weniger zweifle/ die zeit ſeye naͤher/ da
da der HErr ſich ſeiner armen kirchen erbarmen/ und ihr ein neues heyl werde wie-
derfahren laſſen/ nach dem er ſolches laͤngſten verheiſſen hat. Weilen dann zu der
ſache des HErren/ und dieſelbe mit fleiß zutreiben/ auch dieſes ein gutes hilffs-mit-

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[176/0194] Das ſechſte Capitel. den grauſamſten laͤſterungen uns ſuchet muͤde zu machen/ hingegen nach dem er mit denſelben gantz Teutſchland erfuͤllet/ andere gute leuthe von uns und aller ge- meinſchafft mit uns abwendig zu machen. Deren letzteres er vielleicht bey eini- gen mag endlich außgerichtet haben. Gleichwohl dem zu begegnen habe auff gu- ter freund einrathen ein ſend-ſchreiben trucken laſſen/ darinnen rechenſchafft gebe/ des jenigen/ was allhier geſchiehet in dem ſo genantem Collegio pietatis/ und hin- gegen was faͤlſchlich von uns ſpargiret wird/ modeſte ablehne. Zweiffele nicht/ es wird auch ſolches nach Nimwegen/ und Amſterdam gekommen ſeyn. Jch be- fehle die ſache alle GOtt dem HErren/ deſſen ſie auch alleine iſt. Er mache es mit mir und allen nach ſeinen heiligſten wolgefallen. 1677. m. oct. SECTIO XI. Uber einige bedencken betreffend die pia deſideria, und erklaͤhrung uͤber unterſchiedliches. Ob die reforma- tio Lutheri vollkommen geweſen? Ob in unſerer kirchen auch an der lehre mangel ſeye? Von unſerer kirchen reinigkeit. Ob an- dere mit zur reformation zu ziehen. Von unmittelbahren offen- bahrungen. Ob man eußerliche ſitten ſachen treibe/ oder viel- mehr die wieder geburth. Babel. Antichriſten. Ob auf titul ſe- he. Warum verdachtige nicht anfuͤhre. Jacob Boͤhme. MJch haben inniglich erfreuet ſeine beyde geliebte an meinen auch liebſten freund N N. geſchriebene/ von ihm aber mir freundlich communicirte briefe. Dem einigen und allein guten GOtt ſeye demuͤthiger danck ge- ſaget/ auch vor dieſe freude. Wie mir dann nechſt der jenigen/ wo GOTT zu weilen ein und andere ſeele unſerer gemeinde kraͤfftig zu einem eyffer des Chri- ſtenthums zubewegen weiſet/ keine groͤſſere leicht wiederfahren kan/ als zuver- nehmen/ wo GOtt noch hin und wieder in der ſonſten ſo groſſen und faſt uͤberhand genommenen verderbnuͤß einige uͤbrig behalten/ welche mit ernſt das gute wollen/ und ſolches zu befoͤrdern in der krafft des HErrn geneigt ſind. Deren gewiß noch mehr ſich da und dort verſtreuet befinden/ als ein auch ſich ſelbs ſehender Elias in ſeiner anfechtung gedencken und meinen moͤchte. Wie ich dann ſeiter 2. Jahren unterſchiedliche von dem jenigen guten eyffer hab kennen lernen/ den der himmli- ſche Vater in ihnen gewircket: Daß ſo viel weniger zweifle/ die zeit ſeye naͤher/ da da der HErr ſich ſeiner armen kirchen erbarmen/ und ihr ein neues heyl werde wie- derfahren laſſen/ nach dem er ſolches laͤngſten verheiſſen hat. Weilen dann zu der ſache des HErren/ und dieſelbe mit fleiß zutreiben/ auch dieſes ein gutes hilffs-mit- tel

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/194>, abgerufen am 24.04.2024.