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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.

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Das sechste Capitel.
SECTIO VIII.

Meine unerfahrenheit in schulsachen. Gute schul-
leute/ Hinckelman/
Grabovius, Pikerus. Einige regeln so
zu der schul dienlich. Bedencken wegen abschaffung
exor-
cismi
und Elenchi nominalis.

JCh wünschte hertzlich/ das Mhhl. gethanen ansinnen/ wegen eines
methodi die pietät in den schulen zutreiben/ ein vergnügen zu thun
vermöchte. Aber ich erkenne darinnen meine schwachheit/ und wie
ich die art mit der schul-jugend umzugehen gar nicht verstehe. Jch bin mein
lebtag in keiner öffentlichen schul gewesen/ alß der ich unter privat-Praecepto-
ribus
in meiner lieben Eltern hauß erzogen worden/ also habe von andern
niemahl gesehen/ wie mit der jugend in der schul gehandelt werden müsse/ so
gar daß ich auch bey den meinigen selbst es anderer Christlichen prudenz ü-
berlassen muß/ wie darinnen zuverfahren. Daher ich mit vorschlägen keinen
andern zu hand gehen kan. Wolte deßwegen meinen vielgeliebten freund
vielmehr an andere dieser sache verständigere gewiesen haben/ sonderlich an 3.
Christliche Gottselige männer/ die mir biß daher durch schreiben bekand wor-
den/ und ich ihr von GOtt empfangene gnade erkand zu haben meine. Wel-
che sind Hr. M. Abraham Hinckelman Rector zu Lübeck/ Hr. Georgius
Grabov Con-Rector
zu Cöln an der Spree und Hr. Johannes Piker Pro-
Rector
zu Königsberg: wolte sich der selbe an jemanden von diesen dreyen a-
dressir
en/ und von ihnen fernern bericht suchen/ so hoffe ich/ er werde hertzli-
ches vergnügen von ihrem rath finden. Jch mag auch wohl leiden/ wann
ihm beliebig/ daß er sich auf mich/ ihn an sie gewiesen zuhaben/ beruffe. Gleich-
wohl damit ich mich nicht gar entbreche/ so wolte allein diese wenige errin-
nerungen thun/ die mich nötig deuchten 1. Daß vor allen dingen getrachtet
werde/ daß die H. schrifft selbsten/ sonderlich N. T. der jugend recht fami-
liar
gemacht/ und bekanter werde/ alß alles übrige/ was in Theologicis do-
cir
et wird/ und deßwegen daß alle theses, die man in den compendiis oder
catechesi (was jegliches orts in den legibus scholasticis vorgeschrieben ist)
lehret und lernet/ in der schrifft gezeigt/ und die dicta so wohl der gedächt-
nüs eingetrucket/ alß dero krafft ihnen zuverstehen gegeben werde. Damit
die jugend frühe sich anfahe zugewehnen/ in den dictis acht zugeben/ wie die
erweiß daraus geführet werden/ und also einige analysin derselben/ wie sie

ihrem
Das ſechſte Capitel.
SECTIO VIII.

Meine unerfahrenheit in ſchulſachen. Gute ſchul-
leute/ Hinckelman/
Grabovius, Pikerus. Einige regeln ſo
zu der ſchul dienlich. Bedencken wegen abſchaffung
exor-
ciſmi
und Elenchi nominalis.

JCh wuͤnſchte hertzlich/ das Mhhl. gethanen anſinnen/ wegen eines
methodi die pietaͤt in den ſchulen zutreiben/ ein vergnuͤgen zu thun
vermoͤchte. Aber ich erkenne darinnen meine ſchwachheit/ und wie
ich die art mit der ſchul-jugend umzugehen gar nicht verſtehe. Jch bin mein
lebtag in keiner oͤffentlichen ſchul geweſen/ alß der ich unter privat-Præcepto-
ribus
in meiner lieben Eltern hauß erzogen worden/ alſo habe von andern
niemahl geſehen/ wie mit der jugend in der ſchul gehandelt werden muͤſſe/ ſo
gar daß ich auch bey den meinigen ſelbſt es anderer Chriſtlichen prudenz uͤ-
berlaſſen muß/ wie darinnen zuverfahren. Daher ich mit vorſchlaͤgen keinen
andern zu hand gehen kan. Wolte deßwegen meinen vielgeliebten freund
vielmehr an andere dieſer ſache verſtaͤndigere gewieſen haben/ ſonderlich an 3.
Chriſtliche Gottſelige maͤnner/ die mir biß daher durch ſchreiben bekand wor-
den/ und ich ihr von GOtt empfangene gnade erkand zu haben meine. Wel-
che ſind Hr. M. Abraham Hinckelman Rector zu Luͤbeck/ Hr. Georgius
Grabov Con-Rector
zu Coͤln an der Spree und Hr. Johannes Piker Pro-
Rector
zu Koͤnigsberg: wolte ſich der ſelbe an jemanden von dieſen dreyen a-
dreſſir
en/ und von ihnen fernern bericht ſuchen/ ſo hoffe ich/ er werde hertzli-
ches vergnuͤgen von ihrem rath finden. Jch mag auch wohl leiden/ wann
ihm beliebig/ daß er ſich auf mich/ ihn an ſie gewieſen zuhaben/ beruffe. Gleich-
wohl damit ich mich nicht gar entbreche/ ſo wolte allein dieſe wenige errin-
nerungen thun/ die mich noͤtig deuchten 1. Daß vor allen dingen getrachtet
werde/ daß die H. ſchrifft ſelbſten/ ſonderlich N. T. der jugend recht fami-
liar
gemacht/ und bekanter werde/ alß alles uͤbrige/ was in Theologicis do-
cir
et wird/ und deßwegen daß alle theſes, die man in den compendiis oder
catecheſi (was jegliches orts in den legibus ſcholaſticis vorgeſchrieben iſt)
lehret und lernet/ in der ſchrifft gezeigt/ und die dicta ſo wohl der gedaͤcht-
nuͤs eingetrucket/ alß dero krafft ihnen zuverſtehen gegeben werde. Damit
die jugend fruͤhe ſich anfahe zugewehnen/ in den dictis acht zugeben/ wie die
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[375[376]/0394] Das ſechſte Capitel. SECTIO VIII. Meine unerfahrenheit in ſchulſachen. Gute ſchul- leute/ Hinckelman/ Grabovius, Pikerus. Einige regeln ſo zu der ſchul dienlich. Bedencken wegen abſchaffung exor- ciſmi und Elenchi nominalis. JCh wuͤnſchte hertzlich/ das Mhhl. gethanen anſinnen/ wegen eines methodi die pietaͤt in den ſchulen zutreiben/ ein vergnuͤgen zu thun vermoͤchte. Aber ich erkenne darinnen meine ſchwachheit/ und wie ich die art mit der ſchul-jugend umzugehen gar nicht verſtehe. Jch bin mein lebtag in keiner oͤffentlichen ſchul geweſen/ alß der ich unter privat-Præcepto- ribus in meiner lieben Eltern hauß erzogen worden/ alſo habe von andern niemahl geſehen/ wie mit der jugend in der ſchul gehandelt werden muͤſſe/ ſo gar daß ich auch bey den meinigen ſelbſt es anderer Chriſtlichen prudenz uͤ- berlaſſen muß/ wie darinnen zuverfahren. Daher ich mit vorſchlaͤgen keinen andern zu hand gehen kan. Wolte deßwegen meinen vielgeliebten freund vielmehr an andere dieſer ſache verſtaͤndigere gewieſen haben/ ſonderlich an 3. Chriſtliche Gottſelige maͤnner/ die mir biß daher durch ſchreiben bekand wor- den/ und ich ihr von GOtt empfangene gnade erkand zu haben meine. Wel- che ſind Hr. M. Abraham Hinckelman Rector zu Luͤbeck/ Hr. Georgius Grabov Con-Rector zu Coͤln an der Spree und Hr. Johannes Piker Pro- Rector zu Koͤnigsberg: wolte ſich der ſelbe an jemanden von dieſen dreyen a- dreſſiren/ und von ihnen fernern bericht ſuchen/ ſo hoffe ich/ er werde hertzli- ches vergnuͤgen von ihrem rath finden. Jch mag auch wohl leiden/ wann ihm beliebig/ daß er ſich auf mich/ ihn an ſie gewieſen zuhaben/ beruffe. Gleich- wohl damit ich mich nicht gar entbreche/ ſo wolte allein dieſe wenige errin- nerungen thun/ die mich noͤtig deuchten 1. Daß vor allen dingen getrachtet werde/ daß die H. ſchrifft ſelbſten/ ſonderlich N. T. der jugend recht fami- liar gemacht/ und bekanter werde/ alß alles uͤbrige/ was in Theologicis do- ciret wird/ und deßwegen daß alle theſes, die man in den compendiis oder catecheſi (was jegliches orts in den legibus ſcholaſticis vorgeſchrieben iſt) lehret und lernet/ in der ſchrifft gezeigt/ und die dicta ſo wohl der gedaͤcht- nuͤs eingetrucket/ alß dero krafft ihnen zuverſtehen gegeben werde. Damit die jugend fruͤhe ſich anfahe zugewehnen/ in den dictis acht zugeben/ wie die erweiß daraus gefuͤhret werden/ und alſo einige analyſin derſelben/ wie ſie ihrem

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 375[376]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/394>, abgerufen am 28.03.2024.