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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.

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ARTIC. I. DISTINCTIO III. SECT. XLVII. XLIIX.
SECTIO XLVII.

Als in Straßburg an statt des abgenommenen
Münsters die Prediger kirche zum Evangelischen
GOttesdienst bequem gemacht
worden.

JM übrigen hoffe ich/ nunmehr werde in der Prediger kirche der gottesdienst
angehoben seyn. Der HErr gebe lehrern und zuhörern eine neue Geistes
krafft in solchem seinem hauß/ dahin sie seine heimsuchung getrieben/ ihm so
viel demüthiger/ andächtiger und gehorsamer zu dienen/ und in krafft seines leben-
digen worts/ welches er reichlich darinnen wolle schallen lassen/ in dem glauben und
heiligung gestärcket zu werden. Ach daß alle in der neuen kirchen mögen neue men-
schen werden/ den alten menschen täglich auszuziehen/ und den neuen anzuziehen
lernen/ ja jemehr und mehr bereitet werden/ zu dem neuen Jerusalem dem neuen
himmel und der neuen erden/ die uns verheissen sind/ und wir vermuthlich vorher/
ehe wir jener werden würdig gemacht werden/ manches auf der alten erden so zu
reden/ annoch werden verlieren müssen/ in jene gleichsam gantz bloß und desto reiner
einzugehen. Gibt GOtt solchen segen zu ihrer neuen kirchen/ wie er freylich sol-
chen zu geben gantz willich seyn wird/ so mögen sie leicht ihres Münsters vergessen/
und solches äusserlich prächtige gebäu ohne murren gegen die göttliche gerechte dis-
position,
ja mit dancksagung gegen den alles gutmachenden Vater/ den jenigen
überlassen/ deren aller GOttes dienst mehr auf äusserliche gepränge gehet; und
also auch solcherley kunst-gebäu demselben gemässer sind/ da wir durch die gnade
des HErren gelernet haben/ ihn in dem Geist und in der wahrheit anzurufen/ und
zu solchen nichts äusserliches/ sondern wo wir auch alle beysammen sind/ allemahl
nur solche plätze bedürffen/ die zu der versamlung und heiliger verrichtungen bequem
gemacht sind. Ja wo es dem HErrn also gefallen solte/ uns nicht vor unselig schä-
tzen solten/ ob wir wiederum die alte lection der ersten kirchen repetiren müsten/ de-
nen in ermanglung solcher offentlichen versamlungsplätze jegliches privat-hauß ei-
ne scheur/ eine höle ein wald und anderes dergleichen zu ihrem GOttesdeinst genug-
sam vorkam. 1681.

SECTIO XLIIX.

Von meiner unschuld.

DAß die leuthe in den Nordischen revieren göttliches wort mehr und mit hertz-
licherm gehorsam lieben/ freuet mich von grund der seelen. Ach daß wir
gleiches von allen orten rühmen könten! Jndessen lasset uns GOTT davor
dancken/ wo er auffs wenigste an ein und andern orten zeiget/ daß sein wort noch

platz
Uuu
ARTIC. I. DISTINCTIO III. SECT. XLVII. XLIIX.
SECTIO XLVII.

Als in Straßburg an ſtatt des abgenommenen
Muͤnſters die Prediger kirche zum Evangeliſchen
GOttesdienſt bequem gemacht
worden.

JM uͤbrigen hoffe ich/ nunmehr werde in der Predigeꝛ kirche der gottesdienſt
angehoben ſeyn. Der HErr gebe lehrern und zuhoͤꝛern eine neue Geiſtes
krafft in ſolchem ſeinem hauß/ dahin ſie ſeine heimſuchung getrieben/ ihm ſo
viel demuͤthiger/ andaͤchtiger und gehorſamer zu dienen/ und in krafft ſeines leben-
digen worts/ welches er reichlich darinnen wolle ſchallen laſſen/ in dem glauben und
heiligung geſtaͤrcket zu werden. Ach daß alle in der neuen kirchen moͤgen neue men-
ſchen werden/ den alten menſchen taͤglich auszuziehen/ und den neuen anzuziehen
lernen/ ja jemehr und mehr bereitet werden/ zu dem neuen Jeruſalem dem neuen
himmel und der neuen erden/ die uns verheiſſen ſind/ und wir vermuthlich vorher/
ehe wir jener werden wuͤrdig gemacht werden/ manches auf der alten erden ſo zu
reden/ annoch werden verlieren muͤſſen/ in jene gleichſam gantz bloß und deſto reiner
einzugehen. Gibt GOtt ſolchen ſegen zu ihrer neuen kirchen/ wie er freylich ſol-
chen zu geben gantz willich ſeyn wird/ ſo moͤgen ſie leicht ihres Muͤnſters vergeſſen/
und ſolches aͤuſſerlich praͤchtige gebaͤu ohne murren gegen die goͤttliche gerechte dis-
poſition,
ja mit danckſagung gegen den alles gutmachenden Vater/ den jenigen
uͤberlaſſen/ deren aller GOttes dienſt mehr auf aͤuſſerliche gepraͤnge gehet; und
alſo auch ſolcherley kunſt-gebaͤu demſelben gemaͤſſer ſind/ da wir durch die gnade
des HErren gelernet haben/ ihn in dem Geiſt und in der wahrheit anzurufen/ und
zu ſolchen nichts aͤuſſerliches/ ſondern wo wir auch alle beyſammen ſind/ allemahl
nur ſolche plaͤtze beduͤrffen/ die zu der verſamlung und heiliger verrichtungen bequem
gemacht ſind. Ja wo es dem HErrn alſo gefallen ſolte/ uns nicht vor unſelig ſchaͤ-
tzen ſolten/ ob wir wiederum die alte lection der erſtẽ kirchen repetiren muͤſten/ de-
nen in ermanglung ſolcher offentlichen verſamlungsplaͤtze jegliches privat-hauß ei-
ne ſcheur/ eine hoͤle ein wald und anderes dergleichen zu ihrem GOttesdeinſt genug-
ſam vorkam. 1681.

SECTIO XLIIX.

Von meiner unſchuld.

DAß die leuthe in den Nordiſchen revieren goͤttliches wort mehr uñ mit hertz-
licherm gehorſam lieben/ freuet mich von grund der ſeelen. Ach daß wir
gleiches von allen orten ruͤhmen koͤnten! Jndeſſen laſſet uns GOTT davor
dancken/ wo er auffs wenigſte an ein und andern orten zeiget/ daß ſein wort noch

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[521/0539] ARTIC. I. DISTINCTIO III. SECT. XLVII. XLIIX. SECTIO XLVII. Als in Straßburg an ſtatt des abgenommenen Muͤnſters die Prediger kirche zum Evangeliſchen GOttesdienſt bequem gemacht worden. JM uͤbrigen hoffe ich/ nunmehr werde in der Predigeꝛ kirche der gottesdienſt angehoben ſeyn. Der HErr gebe lehrern und zuhoͤꝛern eine neue Geiſtes krafft in ſolchem ſeinem hauß/ dahin ſie ſeine heimſuchung getrieben/ ihm ſo viel demuͤthiger/ andaͤchtiger und gehorſamer zu dienen/ und in krafft ſeines leben- digen worts/ welches er reichlich darinnen wolle ſchallen laſſen/ in dem glauben und heiligung geſtaͤrcket zu werden. Ach daß alle in der neuen kirchen moͤgen neue men- ſchen werden/ den alten menſchen taͤglich auszuziehen/ und den neuen anzuziehen lernen/ ja jemehr und mehr bereitet werden/ zu dem neuen Jeruſalem dem neuen himmel und der neuen erden/ die uns verheiſſen ſind/ und wir vermuthlich vorher/ ehe wir jener werden wuͤrdig gemacht werden/ manches auf der alten erden ſo zu reden/ annoch werden verlieren muͤſſen/ in jene gleichſam gantz bloß und deſto reiner einzugehen. Gibt GOtt ſolchen ſegen zu ihrer neuen kirchen/ wie er freylich ſol- chen zu geben gantz willich ſeyn wird/ ſo moͤgen ſie leicht ihres Muͤnſters vergeſſen/ und ſolches aͤuſſerlich praͤchtige gebaͤu ohne murren gegen die goͤttliche gerechte dis- poſition, ja mit danckſagung gegen den alles gutmachenden Vater/ den jenigen uͤberlaſſen/ deren aller GOttes dienſt mehr auf aͤuſſerliche gepraͤnge gehet; und alſo auch ſolcherley kunſt-gebaͤu demſelben gemaͤſſer ſind/ da wir durch die gnade des HErren gelernet haben/ ihn in dem Geiſt und in der wahrheit anzurufen/ und zu ſolchen nichts aͤuſſerliches/ ſondern wo wir auch alle beyſammen ſind/ allemahl nur ſolche plaͤtze beduͤrffen/ die zu der verſamlung und heiliger verrichtungen bequem gemacht ſind. Ja wo es dem HErrn alſo gefallen ſolte/ uns nicht vor unſelig ſchaͤ- tzen ſolten/ ob wir wiederum die alte lection der erſtẽ kirchen repetiren muͤſten/ de- nen in ermanglung ſolcher offentlichen verſamlungsplaͤtze jegliches privat-hauß ei- ne ſcheur/ eine hoͤle ein wald und anderes dergleichen zu ihrem GOttesdeinſt genug- ſam vorkam. 1681. SECTIO XLIIX. Von meiner unſchuld. DAß die leuthe in den Nordiſchen revieren goͤttliches wort mehr uñ mit hertz- licherm gehorſam lieben/ freuet mich von grund der ſeelen. Ach daß wir gleiches von allen orten ruͤhmen koͤnten! Jndeſſen laſſet uns GOTT davor dancken/ wo er auffs wenigſte an ein und andern orten zeiget/ daß ſein wort noch platz Uuu

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 521. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/539>, abgerufen am 25.04.2024.