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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.

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Das sechste Capitel.
kräfftiger geist gegeben werden solte. Nun er wird und wolle alles wol machen!
1690. 23. Sept.

SECTIO XXXIX.

An Joh. Hirschen einen blinden leinweber in
Fraustatt. Freude über dessen brieff. Güte GOTTes/
die den mangel des gesichts in geistlichen ersetzet. Arndts
Christenthum. D. H. Müller. Lutheri schrifften/ son-
derlich kirchen Postill. Lesung der heiligen schrifft mit ge-
bürenden bedacht. Sontags feyer. Auch in der woche
dem geistlichen abzuwarten. 1. Thim. 5/ 8. Von versor-
gung der seinigen erklähret. Gebet aus Biblischen
formuln.

GOettliche gnade/ friede/ licht/ trost und leben/ in unserm treusten Heylan-
de JEsu Christo. Jndemselben vielgeliebter freund; Ob mir wol des-
selben liebreiches schreiben bereits vorigen monath zu händen gekommen/
habe dennoch nicht füglich ehe antworten können/ nachdem die menge der an mich
einlauffenden brieffe nicht leicht schleünige antwort zu giebt/ es seye denn sache/ daß
die verzögerung der antwort/ die frucht derselben gantz auffheben würde/ da also
unverzöglich geantwortet werden muß; ausser diesen fall ist mirs nichts neues/ ers[t]
noch virtel-halben- oder gantzen jahren zu antworten. Jndessen kan er sich versi-
cheren/ daß mir dessen schreiben von hertzen angenehm gewesen/ und mich auff un-
terschiedliche art erfreuet habe. Es hat mich zum allerfordersten erfreuet/ das
aus den gantzen brieffe gegen mich hervor leuchtende/ gute vertrauen und liebe.
Wie denn ich mich zu dehmüthigen dancke dem himmlischen Vater verbunden er-
kenne vor diese gnade/ daß er mich unter deme/ da ich sonsten auch von mancher leu-
te fast feindseeligen gemüthe gegen mich offt hören muß/ damit tröstet/ wenn er mir
da und dorten wissend werden lässet/ daß er auch Christliche hertzen zu mir neiget/
und mit einer reinen liebe erfüllet. Jn dem solches zu doppelten trost gereichet/ ei-
nes theils/ weil daraus ersehe seine güte/ daß er seines knechtes arbeit in schrifften
nicht ungesegnet seyn lässet; weil unbekanter persohnen liebe gegen mich nicht
wohl andern grund haben kan/ als daß der Herr durch meine schrifften derselben
seelen gerühret/ und er also in mir schwachen auch kräfftig gewesen sey (womit ich
mich gegen die anfechtunge mannigmahl so weniger frucht meiner arbeit/ die ich

den

Das ſechſte Capitel.
kraͤfftiger geiſt gegeben werden ſolte. Nun er wiꝛd und wolle alles wol machen!
1690. 23. Sept.

SECTIO XXXIX.

An Joh. Hirſchen einen blinden leinweber in
Frauſtatt. Freude uͤber deſſen brieff. Guͤte GOTTes/
die den mangel des geſichts in geiſtlichen erſetzet. Arndts
Chriſtenthum. D. H. Muͤller. Lutheri ſchrifften/ ſon-
derlich kirchen Poſtill. Leſung der heiligen ſchrifft mit ge-
buͤrenden bedacht. Sontags feyer. Auch in der woche
dem geiſtlichen abzuwarten. 1. Thim. 5/ 8. Von verſor-
gung der ſeinigen erklaͤhret. Gebet aus Bibliſchen
formuln.

GOettliche gnade/ friede/ licht/ troſt und leben/ in unſerm treuſten Heylan-
de JEſu Chriſto. Jndemſelben vielgeliebter freund; Ob mir wol deſ-
ſelben liebreiches ſchreiben bereits vorigen monath zu haͤnden gekommen/
habe dennoch nicht fuͤglich ehe antworten koͤnnen/ nachdem die menge der an mich
einlauffenden brieffe nicht leicht ſchleuͤnige antwort zu giebt/ es ſeye denn ſache/ daß
die verzoͤgerung der antwort/ die frucht derſelben gantz auffheben wuͤrde/ da alſo
unverzoͤglich geantwortet werden muß; auſſer dieſen fall iſt mirs nichts neues/ erſ[t]
noch virtel-halben- oder gantzen jahren zu antworten. Jndeſſen kan er ſich verſi-
cheren/ daß mir deſſen ſchreiben von hertzen angenehm geweſen/ und mich auff un-
terſchiedliche art erfreuet habe. Es hat mich zum allerforderſten erfreuet/ das
aus den gantzen brieffe gegen mich hervor leuchtende/ gute vertrauen und liebe.
Wie denn ich mich zu dehmuͤthigen dancke dem himmliſchen Vater verbunden er-
kenne vor dieſe gnade/ daß er mich unter deme/ da ich ſonſten auch von mancher leu-
te faſt feindſeeligen gemuͤthe gegen mich offt hoͤren muß/ damit troͤſtet/ wenn er mir
da und dorten wiſſend werden laͤſſet/ daß er auch Chriſtliche hertzen zu mir neiget/
und mit einer reinen liebe erfuͤllet. Jn dem ſolches zu doppelten troſt gereichet/ ei-
nes theils/ weil daraus erſehe ſeine guͤte/ daß er ſeines knechtes arbeit in ſchrifften
nicht ungeſegnet ſeyn laͤſſet; weil unbekanter perſohnen liebe gegen mich nicht
wohl andern grund haben kan/ als daß der Herr durch meine ſchrifften derſelben
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mich gegen die anfechtunge mannigmahl ſo weniger frucht meiner arbeit/ die ich

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[826/0844] Das ſechſte Capitel. kraͤfftiger geiſt gegeben werden ſolte. Nun er wiꝛd und wolle alles wol machen! 1690. 23. Sept. SECTIO XXXIX. An Joh. Hirſchen einen blinden leinweber in Frauſtatt. Freude uͤber deſſen brieff. Guͤte GOTTes/ die den mangel des geſichts in geiſtlichen erſetzet. Arndts Chriſtenthum. D. H. Muͤller. Lutheri ſchrifften/ ſon- derlich kirchen Poſtill. Leſung der heiligen ſchrifft mit ge- buͤrenden bedacht. Sontags feyer. Auch in der woche dem geiſtlichen abzuwarten. 1. Thim. 5/ 8. Von verſor- gung der ſeinigen erklaͤhret. Gebet aus Bibliſchen formuln. GOettliche gnade/ friede/ licht/ troſt und leben/ in unſerm treuſten Heylan- de JEſu Chriſto. Jndemſelben vielgeliebter freund; Ob mir wol deſ- ſelben liebreiches ſchreiben bereits vorigen monath zu haͤnden gekommen/ habe dennoch nicht fuͤglich ehe antworten koͤnnen/ nachdem die menge der an mich einlauffenden brieffe nicht leicht ſchleuͤnige antwort zu giebt/ es ſeye denn ſache/ daß die verzoͤgerung der antwort/ die frucht derſelben gantz auffheben wuͤrde/ da alſo unverzoͤglich geantwortet werden muß; auſſer dieſen fall iſt mirs nichts neues/ erſt noch virtel-halben- oder gantzen jahren zu antworten. Jndeſſen kan er ſich verſi- cheren/ daß mir deſſen ſchreiben von hertzen angenehm geweſen/ und mich auff un- terſchiedliche art erfreuet habe. Es hat mich zum allerforderſten erfreuet/ das aus den gantzen brieffe gegen mich hervor leuchtende/ gute vertrauen und liebe. Wie denn ich mich zu dehmuͤthigen dancke dem himmliſchen Vater verbunden er- kenne vor dieſe gnade/ daß er mich unter deme/ da ich ſonſten auch von mancher leu- te faſt feindſeeligen gemuͤthe gegen mich offt hoͤren muß/ damit troͤſtet/ wenn er mir da und dorten wiſſend werden laͤſſet/ daß er auch Chriſtliche hertzen zu mir neiget/ und mit einer reinen liebe erfuͤllet. Jn dem ſolches zu doppelten troſt gereichet/ ei- nes theils/ weil daraus erſehe ſeine guͤte/ daß er ſeines knechtes arbeit in ſchrifften nicht ungeſegnet ſeyn laͤſſet; weil unbekanter perſohnen liebe gegen mich nicht wohl andern grund haben kan/ als daß der Herr durch meine ſchrifften derſelben ſeelen geruͤhret/ und er alſo in mir ſchwachen auch kraͤfftig geweſen ſey (womit ich mich gegen die anfechtunge mannigmahl ſo weniger frucht meiner arbeit/ die ich den

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 826. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/844>, abgerufen am 25.04.2024.