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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.

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ARTIC. III. SECTIO XLI.
sich zu verführen/ und damit dasschreckliche gericht/ welches leiderseiner war-
tet/ noch zu vermehren. Mehr weiß in liebe nicht zuwün schen/ dem der sich
aller übrigen wünsche unfähig gemacht. 4. Oct. 1697.

SECTIO XLI.

An eine Grässin von den wahren ursachen der
vielen widerwärtigen gegen mich. Treibung der lehr der
heiligung. Mehrere forderung an das predigamt. Hoff-
nung besserer zeiten. Daß die unruhe nicht zeige/
daß unser kirche nicht die wahre seye.
Gefahr. vom Papstum.

WAs die eigenliche und wahre ursachen seyen/ daß so viele gemüther
theils von langer theils neulicher zeit in eine hefftigkeit gegen mich
gerathen/ und sich daher feiudseliger weise an mich gemachet haben/
vorzustellen/ so sind derselben sonderlich zwo/ welche aus meiner lehrart her-
kommen/ ich mich aber auch derselben vor GOTT und denselben/ welche
diesen kennen/ nicht zuscheuen noch zuschämen habe. Die erste bestehet
darinn/ daß fast von der ersten zeit an meines predigamts in Franckfurth am
Mayn den vornehmsten inhalt alles dessen/ wo es öffentlich und absonder-
lich getrieben habe/ seyn lassen die articul von der rechtfertigung u. heiligung
und solches auf diese weise/ daß wir zwar vor Gottes gericht gerecht und selig
werden müssten aus blosser gnade GOTT es in CHRJSTO JESU
ohne einiges verdienst oder absicht auff unsere wercke allein durch den glau-
ben/ der die gerechtigkeit unsers Heilandes ergreifft/ und damit zu eigen be-
kommt/ darvon wir auch nicht einen finger zu weichen haben: Aber auch
mit dieser erinnerung daß kein ander wahrer und lebendiger glaube seye/ o-
der seyen könne/ als derjenige/ der durch die liebe thätig ist/ und daher nach
unsers theuren lehrers Lutheri worten uns zu gantz andere menschen mache
von hertz/ muth und sinn/ und deswegen den h Geist mit sich bringe: Nicht
zwar wiederum ob müssten solche früchte des glaubens diesem erst seine ge-
recht machende krafft geben/ denn er ist selbs derjenige/ der die gerechtigkeit
seines Jesu ergreifft/ und gibt den wercken dz leben: sondern weil der glaube
nicht eine müßige meuschliche einbildung sondernein Göttlich liecht des heili-
gen Geistes in der seele ist/ welches unmüglich ohne krafft bleiben kan/ son-
dern den gantzen menschen ändert. Daher ich stets treibe/ wo ein mensch auch
bey der wahren religion lebet/ einen grossen eiffer darüber bezeiget demeus-

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ARTIC. III. SECTIO XLI.
ſich zu verfuͤhren/ uñ damit dasſchreckliche gericht/ welches leiderſeiner war-
tet/ noch zu vermehren. Mehr weiß in liebe nicht zuwuͤn ſchen/ dem der ſich
aller uͤbrigen wuͤnſche unfaͤhig gemacht. 4. Oct. 1697.

SECTIO XLI.

An eine Graͤſſin von den wahren urſachen der
vielen widerwaͤrtigen gegen mich. Treibung der lehr der
heiligung. Mehrere forderung an das predigamt. Hoff-
nung beſſerer zeiten. Daß die unruhe nicht zeige/
daß unſer kirche nicht die wahre ſeye.
Gefahr. vom Papſtum.

WAs die eigenliche und wahre urſachen ſeyen/ daß ſo viele gemuͤther
theils von langer theils neulicher zeit in eine hefftigkeit gegen mich
gerathen/ und ſich daher feiudſeliger weiſe an mich gemachet haben/
vorzuſtellen/ ſo ſind derſelben ſonderlich zwo/ welche aus meiner lehrart her-
kommen/ ich mich aber auch derſelben vor GOTT und denſelben/ welche
dieſen kennen/ nicht zuſcheuen noch zuſchaͤmen habe. Die erſte beſtehet
darinn/ daß faſt von der erſten zeit an meines predigamts in Franckfurth am
Mayn den vornehmſten inhalt alles deſſen/ wo es oͤffentlich und abſonder-
lich getrieben habe/ ſeyn laſſen die articul von der rechtfertigung u. heiligung
und ſolches auf dieſe weiſe/ daß wir zwar vor Gottes gericht gerecht und ſelig
werden muͤſſten aus bloſſer gnade GOTT es in CHRJSTO JESU
ohne einiges verdienſt oder abſicht auff unſere wercke allein durch den glau-
ben/ der die gerechtigkeit unſers Heilandes ergreifft/ und damit zu eigen be-
kommt/ darvon wir auch nicht einen finger zu weichen haben: Aber auch
mit dieſer erinnerung daß kein ander wahrer und lebendiger glaube ſeye/ o-
der ſeyen koͤnne/ als derjenige/ der durch die liebe thaͤtig iſt/ und daher nach
unſers theuren lehrers Lutheri worten uns zu gantz andere menſchen mache
von hertz/ muth und ſinn/ und deswegen den h Geiſt mit ſich bringe: Nicht
zwar wiederum ob muͤſſten ſolche fruͤchte des glaubens dieſem erſt ſeine ge-
recht machende krafft geben/ denn er iſt ſelbs derjenige/ der die gerechtigkeit
ſeines Jeſu ergreifft/ und gibt den wercken dz leben: ſondern weil der glaube
nicht eine muͤßige meuſchliche einbildung ſondernein Goͤttlich liecht des heili-
gen Geiſtes in der ſeele iſt/ welches unmuͤglich ohne krafft bleiben kan/ ſon-
dern den gantzen menſchen aͤndert. Daher ich ſtets treibe/ wo ein menſch auch
bey der wahren religion lebet/ einen groſſen eiffer daruͤber bezeiget demeuſ-

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[963/0981] ARTIC. III. SECTIO XLI. ſich zu verfuͤhren/ uñ damit dasſchreckliche gericht/ welches leiderſeiner war- tet/ noch zu vermehren. Mehr weiß in liebe nicht zuwuͤn ſchen/ dem der ſich aller uͤbrigen wuͤnſche unfaͤhig gemacht. 4. Oct. 1697. SECTIO XLI. An eine Graͤſſin von den wahren urſachen der vielen widerwaͤrtigen gegen mich. Treibung der lehr der heiligung. Mehrere forderung an das predigamt. Hoff- nung beſſerer zeiten. Daß die unruhe nicht zeige/ daß unſer kirche nicht die wahre ſeye. Gefahr. vom Papſtum. WAs die eigenliche und wahre urſachen ſeyen/ daß ſo viele gemuͤther theils von langer theils neulicher zeit in eine hefftigkeit gegen mich gerathen/ und ſich daher feiudſeliger weiſe an mich gemachet haben/ vorzuſtellen/ ſo ſind derſelben ſonderlich zwo/ welche aus meiner lehrart her- kommen/ ich mich aber auch derſelben vor GOTT und denſelben/ welche dieſen kennen/ nicht zuſcheuen noch zuſchaͤmen habe. Die erſte beſtehet darinn/ daß faſt von der erſten zeit an meines predigamts in Franckfurth am Mayn den vornehmſten inhalt alles deſſen/ wo es oͤffentlich und abſonder- lich getrieben habe/ ſeyn laſſen die articul von der rechtfertigung u. heiligung und ſolches auf dieſe weiſe/ daß wir zwar vor Gottes gericht gerecht und ſelig werden muͤſſten aus bloſſer gnade GOTT es in CHRJSTO JESU ohne einiges verdienſt oder abſicht auff unſere wercke allein durch den glau- ben/ der die gerechtigkeit unſers Heilandes ergreifft/ und damit zu eigen be- kommt/ darvon wir auch nicht einen finger zu weichen haben: Aber auch mit dieſer erinnerung daß kein ander wahrer und lebendiger glaube ſeye/ o- der ſeyen koͤnne/ als derjenige/ der durch die liebe thaͤtig iſt/ und daher nach unſers theuren lehrers Lutheri worten uns zu gantz andere menſchen mache von hertz/ muth und ſinn/ und deswegen den h Geiſt mit ſich bringe: Nicht zwar wiederum ob muͤſſten ſolche fruͤchte des glaubens dieſem erſt ſeine ge- recht machende krafft geben/ denn er iſt ſelbs derjenige/ der die gerechtigkeit ſeines Jeſu ergreifft/ und gibt den wercken dz leben: ſondern weil der glaube nicht eine muͤßige meuſchliche einbildung ſondernein Goͤttlich liecht des heili- gen Geiſtes in der ſeele iſt/ welches unmuͤglich ohne krafft bleiben kan/ ſon- dern den gantzen menſchen aͤndert. Daher ich ſtets treibe/ wo ein menſch auch bey der wahren religion lebet/ einen groſſen eiffer daruͤber bezeiget demeuſ- ſerli- Fff fff 2

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 963. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/981>, abgerufen am 20.04.2024.