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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.

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ARTIC. III. SECT. XXVI.
liche gebot vollkommen alsozu halten/ daß er aus solcher haltung gerecht und
selig werden müsste/ sondern weil er nicht mehr unter dem gesetz
sondern unter der gnade ist Rom. 6. so hat er eine andere art gerecht und se-
lig zu werden/ nehmlich durch die gerechtigkeit JEsu CHristi durch den
glauben ergrieffen: Dahero die verbindlichkeit zu der haltung nicht mehr
auff den zweck der gerechtigkeit gehet/ sondern andern grund hat.

6. Wo dieses recht erwogen wird/ zeiget sich/ daß Lutherus die wahre art
der müglichkeit und unmügligkeit zu halten/ beyde recht gelehret/ wie auch
wie fern ein gläubiger an das gesetz verbunden und nicht verbunden/ oder von
demselben erlöset seye/ mit welchem ich allerdings übereinstimme. Der
GOtt der wahrheit lasse diese wahrheitauch den jenigen kund werden/ die
sie noch nicht erkennen/ um CHristi willen. Amen.

SECTO XXVI.

Nochmal an M. Johann Christoph Holtzhausen über seine
declaration/ die er mir gesandt. Uberlassung an GOTT und sein gewissen. Ob Jacob Böhme et-
was revociret. Ob ein mittler weg des urtheils vor ihm zu finden.

DAß das vorhaben weiter vor der zeit eclattiret/ und dadurch gelegenheit zu mehrer ängst-
licher verunruhigung gegeben worden/ ist mir leid; ich habe auch die sache nicht nach Ham-
burg geschrieben/ sondern muß eine andere feder gewesen seyen: jedoch hoffe ich/ wie auch sol-
ches nicht ohne GOTT geschehen/ er werde es darzu gefüget haben/ damit geliebter bruder den
entschluß mit so viel reifferer überlegung fasse/ und sich niemahl nichts wiederum gereuen lassen
dürffe. Die übersandte declaration habe etliche mahl durchlesen: es kommet mir aber nicht zu/
etwas darinnen zu ändern indem sie aus desselben eigenen hertzen herausgehen/ und fremdes ur-
theil darinnen nichts ändern solle. Daher weil derselbe wegen Jacob Böhmens noch solche
praecautionen zu gebrauchen sich in dem gewissen getrieben findet/ so habe auch darinnen nichts
[z]uändern/ sondern ist endlich dieses genug/ das urtheil nicht selbs zu nehmen/ sondern es GOtt
[un]d der kirchen zulassen. Sonsten wo es beliebig/ wäre ich erböthig/ eines nur bekanten Christ-
lichen predigers geschriebene beantwortung der an gedachten stellen gefundener oder gemach-
ter scrupel/ welche sie alle ohne zwang zu retten und mit der heiligen schrifft zu conciliiren trach-
tet/ zu übersenden: ob sie aber besser zum zweck treffe/ als des Joh. Matthäi/ weiß ich nicht/ als
der ich dessen buch nicht gelesen habe/ dieses geschriebene aber habe durchlauffen/ und hat mich
gedeucht/ daß es eine ziemliche satisfaction gebe einen andern verstand in denen beschuldigten
worten zu finden/ als die beschuldigung gelautet: jedoch habe nicht genugsamen fleiß angewen-
det/ als der mit fleiß mich in solche sache nicht einlassen mag.

Es wurde mir aber zugestellet/ geliebtem bruder zu schicken oder auch drucken zulassen; wie
[n]un zu den letztern mich nicht resolviren konte/ so hätte jenes gethan/ wann dessen schwehre kranck-
heit nicht so bald darzwischen kommen wäre/ da ich mir bedencken gemacht einen schwachen zu
beunruhigen. Wie im übrigen von ihrem ministerio und den guten freunden aus Hamburg
über diese declaration werde gesprochen/ und sie approbiret/ verworffen oder geändert werden/
muß ich erwarten. Mir ist in solchen fällen genug/ wie allezeit bezeuget habe/ meinen rath vor
GOttes angesichte aus meinen hertzen zu geben/ darauff ich als dann den andern billich selbs
wehlen lasse/ was ihm sein gewissen/ über welches bey keinen menschen die herrschafft nehme/
an die hand giebet. Also habe ich geliebten brudes angst und starcken trieb zu einer declaration
vor eine gewisse würckung des gütigsten Vaters gehalten/ wie auch noch halte/ demselben zu
folgen gerathen/ art und weise/ wie ichs vors beste hielte/ gezeiget/ und seiter den HERRR

HErrn

ARTIC. III. SECT. XXVI.
liche gebot vollkommen alſozu halten/ daß er aus ſolcher haltung gerecht und
ſelig werden muͤſſte/ ſondern weil er nicht mehr unter dem geſetz
ſondern unter der gnade iſt Rom. 6. ſo hat er eine andere art gerecht und ſe-
lig zu werden/ nehmlich durch die gerechtigkeit JEſu CHriſti durch den
glauben ergrieffen: Dahero die verbindlichkeit zu der haltung nicht mehr
auff den zweck der gerechtigkeit gehet/ ſondern andern grund hat.

6. Wo dieſes recht erwogen wird/ zeiget ſich/ daß Lutherus die wahre aꝛt
der muͤglichkeit und unmuͤgligkeit zu halten/ beyde recht gelehret/ wie auch
wie fern ein glaͤubiger an das geſetz verbunden und nicht veꝛbunden/ oder von
demſelben erloͤſet ſeye/ mit welchem ich allerdings uͤbereinſtimme. Der
GOtt der wahrheit laſſe dieſe wahrheitauch den jenigen kund werden/ die
ſie noch nicht erkennen/ um CHriſti willen. Amen.

SECTO XXVI.

Nochmal an M. Johann Chriſtoph Holtzhauſen uͤber ſeine
declaration/ die er mir geſandt. Uberlaſſung an GOTT und ſein gewiſſen. Ob Jacob Boͤhme et-
was revociret. Ob ein mittler weg des urtheils vor ihm zu finden.

DAß das vorhaben weiter vor der zeit eclattiret/ und dadurch gelegenheit zu mehrer aͤngſt-
licher verunruhigung gegeben worden/ iſt mir leid; ich habe auch die ſache nicht nach Ham-
burg geſchrieben/ ſondern muß eine andere feder geweſen ſeyen: jedoch hoffe ich/ wie auch ſol-
ches nicht ohne GOTT geſchehen/ er werde es darzu gefuͤget haben/ damit geliebter bruder den
entſchluß mit ſo viel reifferer uͤberlegung faſſe/ und ſich niemahl nichts wiederum gereuen laſſen
duͤrffe. Die uͤberſandte declaration habe etliche mahl durchleſen: es kommet mir aber nicht zu/
etwas darinnen zu aͤndern indem ſie aus deſſelben eigenen hertzen herausgehen/ und fremdes ur-
theil darinnen nichts aͤndern ſolle. Daher weil derſelbe wegen Jacob Boͤhmens noch ſolche
præcautionen zu gebrauchen ſich in dem gewiſſen getrieben findet/ ſo habe auch darinnen nichts
[z]uaͤndern/ ſondern iſt endlich dieſes genug/ das urtheil nicht ſelbs zu nehmen/ ſondern es GOtt
[un]d der kirchen zulaſſen. Sonſten wo es beliebig/ waͤre ich erboͤthig/ eines nur bekanten Chriſt-
lichen predigers geſchriebene beantwortung der an gedachten ſtellen gefundener oder gemach-
ter ſcrupel/ welche ſie alle ohne zwang zu retten und mit der heiligen ſchrifft zu conciliiren trach-
tet/ zu uͤberſenden: ob ſie aber beſſer zum zweck treffe/ als des Joh. Matthaͤi/ weiß ich nicht/ als
der ich deſſen buch nicht geleſen habe/ dieſes geſchriebene aber habe durchlauffen/ und hat mich
gedeucht/ daß es eine ziemliche ſatisfaction gebe einen andern verſtand in denen beſchuldigten
worten zu finden/ als die beſchuldigung gelautet: jedoch habe nicht genugſamen fleiß angewen-
det/ als der mit fleiß mich in ſolche ſache nicht einlaſſen mag.

Es wurde mir aber zugeſtellet/ geliebtem bruder zu ſchicken oder auch drucken zulaſſen; wie
[n]un zu den letztern mich nicht reſolviren konte/ ſo haͤtte jenes gethan/ wann deſſen ſchwehre kranck-
heit nicht ſo bald darzwiſchen kommen waͤre/ da ich mir bedencken gemacht einen ſchwachen zu
beunruhigen. Wie im uͤbrigen von ihrem miniſterio und den guten freunden aus Hamburg
uͤber dieſe declaration werde geſprochen/ und ſie approbiret/ verworffen oder geaͤndert werden/
muß ich erwarten. Mir iſt in ſolchen faͤllen genug/ wie allezeit bezeuget habe/ meinen rath vor
GOttes angeſichte aus meinen hertzen zu geben/ darauff ich als dann den andern billich ſelbs
wehlen laſſe/ was ihm ſein gewiſſen/ uͤber welches bey keinen menſchen die herrſchafft nehme/
an die hand giebet. Alſo habe ich geliebten brudes angſt und ſtarcken trieb zu einer declaration
vor eine gewiſſe wuͤrckung des guͤtigſten Vaters gehalten/ wie auch noch halte/ demſelben zu
folgen gerathen/ art und weiſe/ wie ichs vors beſte hielte/ gezeiget/ und ſeiter den HERRR

HErrn
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[975/0993] ARTIC. III. SECT. XXVI. liche gebot vollkommen alſozu halten/ daß er aus ſolcher haltung gerecht und ſelig werden muͤſſte/ ſondern weil er nicht mehr unter dem geſetz ſondern unter der gnade iſt Rom. 6. ſo hat er eine andere art gerecht und ſe- lig zu werden/ nehmlich durch die gerechtigkeit JEſu CHriſti durch den glauben ergrieffen: Dahero die verbindlichkeit zu der haltung nicht mehr auff den zweck der gerechtigkeit gehet/ ſondern andern grund hat. 6. Wo dieſes recht erwogen wird/ zeiget ſich/ daß Lutherus die wahre aꝛt der muͤglichkeit und unmuͤgligkeit zu halten/ beyde recht gelehret/ wie auch wie fern ein glaͤubiger an das geſetz verbunden und nicht veꝛbunden/ oder von demſelben erloͤſet ſeye/ mit welchem ich allerdings uͤbereinſtimme. Der GOtt der wahrheit laſſe dieſe wahrheitauch den jenigen kund werden/ die ſie noch nicht erkennen/ um CHriſti willen. Amen. SECTO XXVI. Nochmal an M. Johann Chriſtoph Holtzhauſen uͤber ſeine declaration/ die er mir geſandt. Uberlaſſung an GOTT und ſein gewiſſen. Ob Jacob Boͤhme et- was revociret. Ob ein mittler weg des urtheils vor ihm zu finden. DAß das vorhaben weiter vor der zeit eclattiret/ und dadurch gelegenheit zu mehrer aͤngſt- licher verunruhigung gegeben worden/ iſt mir leid; ich habe auch die ſache nicht nach Ham- burg geſchrieben/ ſondern muß eine andere feder geweſen ſeyen: jedoch hoffe ich/ wie auch ſol- ches nicht ohne GOTT geſchehen/ er werde es darzu gefuͤget haben/ damit geliebter bruder den entſchluß mit ſo viel reifferer uͤberlegung faſſe/ und ſich niemahl nichts wiederum gereuen laſſen duͤrffe. Die uͤberſandte declaration habe etliche mahl durchleſen: es kommet mir aber nicht zu/ etwas darinnen zu aͤndern indem ſie aus deſſelben eigenen hertzen herausgehen/ und fremdes ur- theil darinnen nichts aͤndern ſolle. Daher weil derſelbe wegen Jacob Boͤhmens noch ſolche præcautionen zu gebrauchen ſich in dem gewiſſen getrieben findet/ ſo habe auch darinnen nichts zuaͤndern/ ſondern iſt endlich dieſes genug/ das urtheil nicht ſelbs zu nehmen/ ſondern es GOtt und der kirchen zulaſſen. Sonſten wo es beliebig/ waͤre ich erboͤthig/ eines nur bekanten Chriſt- lichen predigers geſchriebene beantwortung der an gedachten ſtellen gefundener oder gemach- ter ſcrupel/ welche ſie alle ohne zwang zu retten und mit der heiligen ſchrifft zu conciliiren trach- tet/ zu uͤberſenden: ob ſie aber beſſer zum zweck treffe/ als des Joh. Matthaͤi/ weiß ich nicht/ als der ich deſſen buch nicht geleſen habe/ dieſes geſchriebene aber habe durchlauffen/ und hat mich gedeucht/ daß es eine ziemliche ſatisfaction gebe einen andern verſtand in denen beſchuldigten worten zu finden/ als die beſchuldigung gelautet: jedoch habe nicht genugſamen fleiß angewen- det/ als der mit fleiß mich in ſolche ſache nicht einlaſſen mag. Es wurde mir aber zugeſtellet/ geliebtem bruder zu ſchicken oder auch drucken zulaſſen; wie nun zu den letztern mich nicht reſolviren konte/ ſo haͤtte jenes gethan/ wann deſſen ſchwehre kranck- heit nicht ſo bald darzwiſchen kommen waͤre/ da ich mir bedencken gemacht einen ſchwachen zu beunruhigen. Wie im uͤbrigen von ihrem miniſterio und den guten freunden aus Hamburg uͤber dieſe declaration werde geſprochen/ und ſie approbiret/ verworffen oder geaͤndert werden/ muß ich erwarten. Mir iſt in ſolchen faͤllen genug/ wie allezeit bezeuget habe/ meinen rath vor GOttes angeſichte aus meinen hertzen zu geben/ darauff ich als dann den andern billich ſelbs wehlen laſſe/ was ihm ſein gewiſſen/ uͤber welches bey keinen menſchen die herrſchafft nehme/ an die hand giebet. Alſo habe ich geliebten brudes angſt und ſtarcken trieb zu einer declaration vor eine gewiſſe wuͤrckung des guͤtigſten Vaters gehalten/ wie auch noch halte/ demſelben zu folgen gerathen/ art und weiſe/ wie ichs vors beſte hielte/ gezeiget/ und ſeiter den HERRR HErrn

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 975. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/993>, abgerufen am 20.04.2024.