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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.

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Das sechste Capitel.
SECTIO VI.

An M. Holtzhausen. Von dem gezäncke der falsch
berühmten kunst. Mißbrauch der
Philosophie. Hochmuth
einiger
academicorum. Collegii in Franckfurt zustand. Sten-
gers sache. Nichts trucken ohne
censur. B. Rebhan.
Dilfeld.
Edirte allgemeine Gottes-
gelehrtheit.

WO derselbe sich besorget/ daß er nach der welt eine unhöfflichkeit be-
gehe/ in dem er seiner meinung nach unbekant an mich geschrieben/
da gleich wohl dessen werther nahm/ von GOtt in ihn gelegte theue-
re gaben und hertzliche intention dieselbe auch zu des gebers ehren anzuwen-
den/ mir von andern freunden vor guter zeit gerühmet worden/ und er also
mir nicht frembd gewesen/ so muß ich nicht nur sorgen/ sondern selbst gestehn/
daß ich die regeln der pflicht/ welche unter denen beobachtet werden sollen/ die
sich unter einander vor brüder erkennen/ mit dem allzulangen stillschweigen ü-
berschritten habe. Jedoch hoffe ich von seiner güte auch dieses fehlers verge-
bung unschwer/ wann ich mich nicht nur auf meine so wohl durch andere ur-
sachen als den tödlichen abgang zweyer Collegen von 3. monat her über die ge-
wohnheit gehäuffte geschäffte beziehe/ welche gleichwohl einen so freundlichen
anspruch nicht eher geziehmend begegnet zu seyn nicht genugsam entschuldigen
könten/ sondern vornemlich dieses bezeugen kan/ daß in solchen unsers Colle-
gii
zustand nicht wohl zu antworten vermocht/ in dem aus desselben so oder so
geschehender ersetzung die hofnung in dem verlangten an hand zugehn mehr o-
der geringer werden sollen: auf welche ersetzung wir aber biß daher warten/
und noch die gewißheit nicht vorsehn können. Ob zwar nun dieselbige gleich-
sam von tag zu tag hoffen/ so habe gleichwohl die antwort auch nicht länger
verschieben/ sondern lieber auffs wenigste so viel aus brüderlichen wohlmei-
nen antworten sollen/ als ich ietzo zuthun vermag. Was nun anlanget den
ort 1. Tim. 6/20. von dem gezänck der falschberühmten kunst/ kan ich
zwar determinate von E. Wohl Eh. erklärung nicht urtheilen/ als dem nicht
bekant ist/ mit was vor worten sie vorgebracht. Jnsgemein aber/ wo es in
nichts anders bestehet/ als daß die objectiones aus der Philosophia gegen die
Evangelische lehr gemeint seyen/ sehe ich nicht/ wie solcher anwendung etwas
mit grund oder ziemlichem schein möchte entgegen gehalten werden. Es ist

un-
Das ſechſte Capitel.
SECTIO VI.

An M. Holtzhauſen. Von dem gezaͤncke der falſch
beruͤhmten kunſt. Mißbrauch der
Philoſophie. Hochmuth
einiger
academicorum. Collegii in Franckfurt zuſtand. Sten-
gers ſache. Nichts trucken ohne
cenſur. B. Rebhan.
Dilfeld.
Edirte allgemeine Gottes-
gelehrtheit.

WO derſelbe ſich beſorget/ daß er nach der welt eine unhoͤfflichkeit be-
gehe/ in dem er ſeiner meinung nach unbekant an mich geſchrieben/
da gleich wohl deſſen werther nahm/ von GOtt in ihn gelegte theue-
re gaben und hertzliche intention dieſelbe auch zu des gebers ehren anzuwen-
den/ mir von andern freunden vor guter zeit geruͤhmet worden/ und er alſo
mir nicht frembd geweſen/ ſo muß ich nicht nur ſorgen/ ſondern ſelbſt geſtehn/
daß ich die regeln der pflicht/ welche unter denen beobachtet werden ſollen/ die
ſich unter einander vor bruͤder erkennen/ mit dem allzulangen ſtillſchweigen uͤ-
berſchritten habe. Jedoch hoffe ich von ſeiner guͤte auch dieſes fehlers verge-
bung unſchwer/ wann ich mich nicht nur auf meine ſo wohl durch andere ur-
ſachen als den toͤdlichen abgang zweyer Collegen von 3. monat her uͤber die ge-
wohnheit gehaͤuffte geſchaͤffte beziehe/ welche gleichwohl einen ſo freundlichen
anſpruch nicht eher geziehmend begegnet zu ſeyn nicht genugſam entſchuldigen
koͤnten/ ſondern vornemlich dieſes bezeugen kan/ daß in ſolchen unſers Colle-
gii
zuſtand nicht wohl zu antworten vermocht/ in dem aus deſſelben ſo oder ſo
geſchehender erſetzung die hofnung in dem verlangten an hand zugehn mehr o-
der geringer werden ſollen: auf welche erſetzung wir aber biß daher warten/
und noch die gewißheit nicht vorſehn koͤnnen. Ob zwar nun dieſelbige gleich-
ſam von tag zu tag hoffen/ ſo habe gleichwohl die antwort auch nicht laͤnger
verſchieben/ ſondern lieber auffs wenigſte ſo viel aus bruͤderlichen wohlmei-
nen antworten ſollen/ als ich ietzo zuthun vermag. Was nun anlanget den
ort 1. Tim. 6/20. von dem gezaͤnck der falſchberuͤhmten kunſt/ kan ich
zwar determinate von E. Wohl Eh. erklaͤrung nicht urtheilen/ als dem nicht
bekant iſt/ mit was vor worten ſie vorgebracht. Jnsgemein aber/ wo es in
nichts anders beſtehet/ als daß die objectiones aus der Philoſophia gegen die
Evangeliſche lehr gemeint ſeyen/ ſehe ich nicht/ wie ſolcher anwendung etwas
mit grund oder ziemlichem ſchein moͤchte entgegen gehalten werden. Es iſt

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[370/0388] Das ſechſte Capitel. SECTIO VI. An M. Holtzhauſen. Von dem gezaͤncke der falſch beruͤhmten kunſt. Mißbrauch der Philoſophie. Hochmuth einiger academicorum. Collegii in Franckfurt zuſtand. Sten- gers ſache. Nichts trucken ohne cenſur. B. Rebhan. Dilfeld. Edirte allgemeine Gottes- gelehrtheit. WO derſelbe ſich beſorget/ daß er nach der welt eine unhoͤfflichkeit be- gehe/ in dem er ſeiner meinung nach unbekant an mich geſchrieben/ da gleich wohl deſſen werther nahm/ von GOtt in ihn gelegte theue- re gaben und hertzliche intention dieſelbe auch zu des gebers ehren anzuwen- den/ mir von andern freunden vor guter zeit geruͤhmet worden/ und er alſo mir nicht frembd geweſen/ ſo muß ich nicht nur ſorgen/ ſondern ſelbſt geſtehn/ daß ich die regeln der pflicht/ welche unter denen beobachtet werden ſollen/ die ſich unter einander vor bruͤder erkennen/ mit dem allzulangen ſtillſchweigen uͤ- berſchritten habe. Jedoch hoffe ich von ſeiner guͤte auch dieſes fehlers verge- bung unſchwer/ wann ich mich nicht nur auf meine ſo wohl durch andere ur- ſachen als den toͤdlichen abgang zweyer Collegen von 3. monat her uͤber die ge- wohnheit gehaͤuffte geſchaͤffte beziehe/ welche gleichwohl einen ſo freundlichen anſpruch nicht eher geziehmend begegnet zu ſeyn nicht genugſam entſchuldigen koͤnten/ ſondern vornemlich dieſes bezeugen kan/ daß in ſolchen unſers Colle- gii zuſtand nicht wohl zu antworten vermocht/ in dem aus deſſelben ſo oder ſo geſchehender erſetzung die hofnung in dem verlangten an hand zugehn mehr o- der geringer werden ſollen: auf welche erſetzung wir aber biß daher warten/ und noch die gewißheit nicht vorſehn koͤnnen. Ob zwar nun dieſelbige gleich- ſam von tag zu tag hoffen/ ſo habe gleichwohl die antwort auch nicht laͤnger verſchieben/ ſondern lieber auffs wenigſte ſo viel aus bruͤderlichen wohlmei- nen antworten ſollen/ als ich ietzo zuthun vermag. Was nun anlanget den ort 1. Tim. 6/20. von dem gezaͤnck der falſchberuͤhmten kunſt/ kan ich zwar determinate von E. Wohl Eh. erklaͤrung nicht urtheilen/ als dem nicht bekant iſt/ mit was vor worten ſie vorgebracht. Jnsgemein aber/ wo es in nichts anders beſtehet/ als daß die objectiones aus der Philoſophia gegen die Evangeliſche lehr gemeint ſeyen/ ſehe ich nicht/ wie ſolcher anwendung etwas mit grund oder ziemlichem ſchein moͤchte entgegen gehalten werden. Es iſt un-

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 370. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/388>, abgerufen am 25.04.2024.