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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.

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Das sechste Capitel.
ist/ vermieden wird/ als davon sonsten alles/ was wir zu beklagen haben/ herkom-
met. Ach der HErr HErr erbarme sich alles verderbens/ und gebe uns auch
darinnen die weisheit zu erkennen/ was uns iedes mahl das nützlichste seye: so
heilige er uns in der wahrheit/ die sein wort ist/ daß solches in die hertzen wahrhaff-
tig durch seinen Geist gepflantzet werde. Jst es auch/ wie verlauten will/ daß
derselbe sich nechst auff das land setzen werde/ so lasse der HErr auch solches ein
mittel seyn/ in mehrerer einsamkeit und wenigerem umgang der menschen mit ihm
so viel familiarer umzugehen: Er beschere auch auffs wenigste ein und anderer
seelen/ dero gottseliger umgang zu weilen die verdrießlichkeit der einsamkeit weg-
nehme. den 11. Febr. 1687.

SECTIO XIII.

Als einer mich zu einer hefftigkeit in eifer antreiben
wolte. Vom Apostolischen
charactere. Von Lutheri
hefftigkeit von Arndio. Stephan Praetorio. Elia Praetorio
Wie die heiligung treibe. Von fleischlicher frucht. Ob
man allezeit was ausrichte. Arbeiten auf Hoff-
nung.
D. Heinrich Müller.

DAmit ich ohne langen umbschweiff so bald zur sache selbst schreite/ versichere
denselben/ daß er mit solchem schreiben nicht würde aller orten wohl auff-
genommen seyn worden/ sondern etwa unbeliebige antwort von vielen zu
erwarten gehabt haben: Bey mir aber hat er dergleichen nicht zu sorgen/ dann
mich der HErr gelehrt hat/ andere neben mir nicht nur in ihrer schwachheit/
sondern auch hefftigkeit zu tragen/ und offt aus denselben etwas anders/ alß
was sie eigentlich intendiret/ zu lernen: Dahero ich/ wenn es mit wünschen
ausgerichtet wäre/ wünschete/ daß das so harte schreiben an H. N. vielmehr
auch an mich ergangen wäre/ da es eben keine motus gegeben haben solte. Wie
ich nun von allen alles zu tragen mich schuldig achte/ und mich wohl dabey be-
finde/ obs auch von widersachern aus feindlichem gemüth kommet/ so viel we-
niger lasse ich mich zum unwillen bewegen von denen/ welche aus liebe etwas
thun/ ob sie wohl etwa darinnen irren/ und mir dinge zumuthen wollen/ welche
ich göttlichem willen nicht gemäß zu seyn achte. Nun urtheile ich von dem Her-
ren nichts anders/ alß daß ers treulich mit GOtt meyne/ und mich liebe/ daher
in seinem brieff aus seinem gewissen geschrieben habe; ob er mir wohl hinwider
mit recht nicht verdencken kan/ daß so wenig ich sein gewissen schlecht dahin dem
meinigen unterwerffen wolle/ eben so wenig ich mir das seinige/ so ich darinn

irrend

Das ſechſte Capitel.
iſt/ vermieden wird/ als davon ſonſten alles/ was wir zu beklagen haben/ herkom-
met. Ach der HErr HErr erbarme ſich alles verderbens/ und gebe uns auch
darinnen die weisheit zu erkennen/ was uns iedes mahl das nuͤtzlichſte ſeye: ſo
heilige er uns in der wahrheit/ die ſein wort iſt/ daß ſolches in die hertzen wahrhaff-
tig durch ſeinen Geiſt gepflantzet werde. Jſt es auch/ wie verlauten will/ daß
derſelbe ſich nechſt auff das land ſetzen werde/ ſo laſſe der HErr auch ſolches ein
mittel ſeyn/ in mehrerer einſamkeit und wenigerem umgang der menſchen mit ihm
ſo viel familiarer umzugehen: Er beſchere auch auffs wenigſte ein und anderer
ſeelen/ dero gottſeliger umgang zu weilen die verdrießlichkeit der einſamkeit weg-
nehme. den 11. Febr. 1687.

SECTIO XIII.

Als einer mich zu einer hefftigkeit in eifer antreiben
wolte. Vom Apoſtoliſchen
charactere. Von Lutheri
hefftigkeit von Arndio. Stephan Prætorio. Elia Prætorio
Wie die heiligung treibe. Von fleiſchlicher frucht. Ob
man allezeit was ausrichte. Arbeiten auf Hoff-
nung.
D. Heinrich Muͤller.

DAmit ich ohne langen umbſchweiff ſo bald zur ſache ſelbſt ſchreite/ verſichere
denſelben/ daß er mit ſolchem ſchreiben nicht wuͤrde aller orten wohl auff-
genommen ſeyn worden/ ſondern etwa unbeliebige antwort von vielen zu
erwarten gehabt haben: Bey mir aber hat er dergleichen nicht zu ſorgen/ dann
mich der HErr gelehrt hat/ andere neben mir nicht nur in ihrer ſchwachheit/
ſondern auch hefftigkeit zu tragen/ und offt aus denſelben etwas anders/ alß
was ſie eigentlich intendiret/ zu lernen: Dahero ich/ wenn es mit wuͤnſchen
ausgerichtet waͤre/ wuͤnſchete/ daß das ſo harte ſchreiben an H. N. vielmehr
auch an mich ergangen waͤre/ da es eben keine motus gegeben haben ſolte. Wie
ich nun von allen alles zu tragen mich ſchuldig achte/ und mich wohl dabey be-
finde/ obs auch von widerſachern aus feindlichem gemuͤth kommet/ ſo viel we-
niger laſſe ich mich zum unwillen bewegen von denen/ welche aus liebe etwas
thun/ ob ſie wohl etwa darinnen irren/ und mir dinge zumuthen wollen/ welche
ich goͤttlichem willen nicht gemaͤß zu ſeyn achte. Nun urtheile ich von dem Her-
ren nichts anders/ alß daß ers treulich mit GOtt meyne/ und mich liebe/ daher
in ſeinem brieff aus ſeinem gewiſſen geſchrieben habe; ob er mir wohl hinwider
mit recht nicht verdencken kan/ daß ſo wenig ich ſein gewiſſen ſchlecht dahin dem
meinigen unterwerffen wolle/ eben ſo wenig ich mir das ſeinige/ ſo ich darinn

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[710/0728] Das ſechſte Capitel. iſt/ vermieden wird/ als davon ſonſten alles/ was wir zu beklagen haben/ herkom- met. Ach der HErr HErr erbarme ſich alles verderbens/ und gebe uns auch darinnen die weisheit zu erkennen/ was uns iedes mahl das nuͤtzlichſte ſeye: ſo heilige er uns in der wahrheit/ die ſein wort iſt/ daß ſolches in die hertzen wahrhaff- tig durch ſeinen Geiſt gepflantzet werde. Jſt es auch/ wie verlauten will/ daß derſelbe ſich nechſt auff das land ſetzen werde/ ſo laſſe der HErr auch ſolches ein mittel ſeyn/ in mehrerer einſamkeit und wenigerem umgang der menſchen mit ihm ſo viel familiarer umzugehen: Er beſchere auch auffs wenigſte ein und anderer ſeelen/ dero gottſeliger umgang zu weilen die verdrießlichkeit der einſamkeit weg- nehme. den 11. Febr. 1687. SECTIO XIII. Als einer mich zu einer hefftigkeit in eifer antreiben wolte. Vom Apoſtoliſchen charactere. Von Lutheri hefftigkeit von Arndio. Stephan Prætorio. Elia Prætorio Wie die heiligung treibe. Von fleiſchlicher frucht. Ob man allezeit was ausrichte. Arbeiten auf Hoff- nung. D. Heinrich Muͤller. DAmit ich ohne langen umbſchweiff ſo bald zur ſache ſelbſt ſchreite/ verſichere denſelben/ daß er mit ſolchem ſchreiben nicht wuͤrde aller orten wohl auff- genommen ſeyn worden/ ſondern etwa unbeliebige antwort von vielen zu erwarten gehabt haben: Bey mir aber hat er dergleichen nicht zu ſorgen/ dann mich der HErr gelehrt hat/ andere neben mir nicht nur in ihrer ſchwachheit/ ſondern auch hefftigkeit zu tragen/ und offt aus denſelben etwas anders/ alß was ſie eigentlich intendiret/ zu lernen: Dahero ich/ wenn es mit wuͤnſchen ausgerichtet waͤre/ wuͤnſchete/ daß das ſo harte ſchreiben an H. N. vielmehr auch an mich ergangen waͤre/ da es eben keine motus gegeben haben ſolte. Wie ich nun von allen alles zu tragen mich ſchuldig achte/ und mich wohl dabey be- finde/ obs auch von widerſachern aus feindlichem gemuͤth kommet/ ſo viel we- niger laſſe ich mich zum unwillen bewegen von denen/ welche aus liebe etwas thun/ ob ſie wohl etwa darinnen irren/ und mir dinge zumuthen wollen/ welche ich goͤttlichem willen nicht gemaͤß zu ſeyn achte. Nun urtheile ich von dem Her- ren nichts anders/ alß daß ers treulich mit GOtt meyne/ und mich liebe/ daher in ſeinem brieff aus ſeinem gewiſſen geſchrieben habe; ob er mir wohl hinwider mit recht nicht verdencken kan/ daß ſo wenig ich ſein gewiſſen ſchlecht dahin dem meinigen unterwerffen wolle/ eben ſo wenig ich mir das ſeinige/ ſo ich darinn irrend

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 710. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/728>, abgerufen am 19.04.2024.