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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.

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Das siebende Capitel.
SECTIO XXVI.
Von der formul des gebets bey der tauff: alles
was ihm von Adam angeboren ist/ und er selbs da-
zu gethan hat; ob sie zu dulten/ und
wie zu verstehen.

VOr die freundliche zuneigung gegen mich und dero gethane brüderli-
che bezeugung in dem neulichen schreiben bedancke mich hertzlich, und
sehe dieses als eine sonderbare göttliche wohlthat an, daß der HErr
mich so offt von mehrern orten her vieler brüder freundschafft versichern läs-
set, meine schwachheit dadurch zu stärcken, dero ich mir wol bewußt bin, und
deswegen vor so vielen andern mehrere stärckung, auch anderer fürbitte, mich
benöthiget erkenne. Seiner himmlischen güte seye dafür demüthiger danck,
welche solche von mir unverdiente liebe in so vielen hertzen gegen mich pflan-
tzet, und mich damit aufmunteret. Er lasse aber die aus solcher liebe für mich
zu seinem gnaden thron aufsteigende gebet ihm auch wohlgefallen, zu einer
reichen gnaden-belohnung an ihnen selbsten, die in solcher fürbitt ihren glau-
ben und liebe üben, und bey mir, zu erlangung der mir nöthigen gnaden-ga-
ben: Ach daß ich auch mich der bereits geschenckten gnaden-gaben und noch
weiter erlangenden, allezeit also möge gebrauchen, daß ich treu erfunden
werde, und solche freunde und brüder nicht ursach an mir finden, sich über mich
zu betrüben, sondern sich zu erfreuen und dem HErrn dafür mit mir vielen
danck wiederum zu bringen. Er gebe mir auch selbs den geist der gnaden und
des gebets, daß ich auch für alle solche brüder mit allem anhalten und siehen
wachen, und auch ihr anliegen mit solcher gläubigen und inbrünstigen andacht
vor ihn bringen möge/ daß es ihm opffer seyn eines süssen geruchs in krafft des
opffers Jesu Christi, und ihnen auch mehrere gnad von der väterlichen barm-
hertzigkeit unsers himmlischen vaters zuwege bringen. Ja er vereinige alle, die
seinen lieben Sohn unverruckt lieb haben (derer zahl er immer wolle wachsen
und zunehmen lassen) je länger je mehr, daß sie in einigkeit des geistes mit dem
bande des friedens fest verknüpffet so viel reichere früchte bringen, da sie also
rechtschaffen in der liebe wachsen in allen stücken, an dem der das
haupt ist, CHristo, wo also aus ihm der gantze leib
so viel genauer zu-
sammen gefüget, u. ein glied an dem andern hanget durch alle gelencke,
dardurch eines dem andern handreichung thut, nach dem werck ei-
nes ieglichen gliedes in seiner masse, daß also der leib wachse zu sein

selbs
Das ſiebende Capitel.
SECTIO XXVI.
Von der formul des gebets bey der tauff: alles
was ihm von Adam angeboren iſt/ und er ſelbs da-
zu gethan hat; ob ſie zu dulten/ und
wie zu verſtehen.

VOr die freundliche zuneigung gegen mich und dero gethane bruͤderli-
che bezeugung in dem neulichen ſchreiben bedancke mich hertzlich, und
ſehe dieſes als eine ſonderbare goͤttliche wohlthat an, daß der HErr
mich ſo offt von mehrern orten her vieler bruͤder freundſchafft verſichern laͤſ-
ſet, meine ſchwachheit dadurch zu ſtaͤrcken, dero ich mir wol bewußt bin, und
deswegen vor ſo vielen andern mehrere ſtaͤrckung, auch anderer fuͤrbitte, mich
benoͤthiget erkenne. Seiner himmliſchen guͤte ſeye dafuͤr demuͤthiger danck,
welche ſolche von mir unverdiente liebe in ſo vielen hertzen gegen mich pflan-
tzet, und mich damit aufmunteret. Er laſſe aber die aus ſolcher liebe fuͤr mich
zu ſeinem gnaden thron aufſteigende gebet ihm auch wohlgefallen, zu einer
reichen gnaden-belohnung an ihnen ſelbſten, die in ſolcher fuͤrbitt ihren glau-
ben und liebe uͤben, und bey mir, zu erlangung der mir noͤthigen gnaden-ga-
ben: Ach daß ich auch mich der bereits geſchenckten gnaden-gaben und noch
weiter erlangenden, allezeit alſo moͤge gebrauchen, daß ich treu erfunden
werde, und ſolche freunde und bruͤder nicht urſach an mir finden, ſich uͤber mich
zu betruͤben, ſondern ſich zu erfreuen und dem HErrn dafuͤr mit mir vielen
danck wiederum zu bringen. Er gebe mir auch ſelbs den geiſt der gnaden und
des gebets, daß ich auch fuͤr alle ſolche bruͤder mit allem anhalten und ſiehen
wachen, und auch ihr anliegen mit ſolcher glaͤubigen und inbruͤnſtigen andacht
vor ihn bringen moͤge/ daß es ihm opffer ſeyn eines ſuͤſſen geruchs in krafft des
opffers Jeſu Chriſti, und ihnen auch mehrere gnad von der vaͤterlichen barm-
hertzigkeit unſers himmliſchen vaters zuwege bringen. Ja er vereinige alle, die
ſeinen lieben Sohn unverruckt lieb haben (derer zahl er immer wolle wachſen
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bande des friedens feſt verknuͤpffet ſo viel reichere fruͤchte bringen, da ſie alſo
rechtſchaffen in der liebe wachſen in allen ſtuͤcken, an dem der das
haupt iſt, CHriſto, wo alſo aus ihm der gantze leib
ſo viel genauer zu-
ſam̃en gefuͤget, u. ein glied an dem andern hanget durch alle gelencke,
dardurch eines dem andern handreichung thut, nach dem werck ei-
nes ieglichen gliedes in ſeiner maſſe, daß alſo der leib wachſe zu ſein

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[130/0142] Das ſiebende Capitel. SECTIO XXVI. Von der formul des gebets bey der tauff: alles was ihm von Adam angeboren iſt/ und er ſelbs da- zu gethan hat; ob ſie zu dulten/ und wie zu verſtehen. VOr die freundliche zuneigung gegen mich und dero gethane bruͤderli- che bezeugung in dem neulichen ſchreiben bedancke mich hertzlich, und ſehe dieſes als eine ſonderbare goͤttliche wohlthat an, daß der HErr mich ſo offt von mehrern orten her vieler bruͤder freundſchafft verſichern laͤſ- ſet, meine ſchwachheit dadurch zu ſtaͤrcken, dero ich mir wol bewußt bin, und deswegen vor ſo vielen andern mehrere ſtaͤrckung, auch anderer fuͤrbitte, mich benoͤthiget erkenne. Seiner himmliſchen guͤte ſeye dafuͤr demuͤthiger danck, welche ſolche von mir unverdiente liebe in ſo vielen hertzen gegen mich pflan- tzet, und mich damit aufmunteret. Er laſſe aber die aus ſolcher liebe fuͤr mich zu ſeinem gnaden thron aufſteigende gebet ihm auch wohlgefallen, zu einer reichen gnaden-belohnung an ihnen ſelbſten, die in ſolcher fuͤrbitt ihren glau- ben und liebe uͤben, und bey mir, zu erlangung der mir noͤthigen gnaden-ga- ben: Ach daß ich auch mich der bereits geſchenckten gnaden-gaben und noch weiter erlangenden, allezeit alſo moͤge gebrauchen, daß ich treu erfunden werde, und ſolche freunde und bruͤder nicht urſach an mir finden, ſich uͤber mich zu betruͤben, ſondern ſich zu erfreuen und dem HErrn dafuͤr mit mir vielen danck wiederum zu bringen. Er gebe mir auch ſelbs den geiſt der gnaden und des gebets, daß ich auch fuͤr alle ſolche bruͤder mit allem anhalten und ſiehen wachen, und auch ihr anliegen mit ſolcher glaͤubigen und inbruͤnſtigen andacht vor ihn bringen moͤge/ daß es ihm opffer ſeyn eines ſuͤſſen geruchs in krafft des opffers Jeſu Chriſti, und ihnen auch mehrere gnad von der vaͤterlichen barm- hertzigkeit unſers himmliſchen vaters zuwege bringen. Ja er vereinige alle, die ſeinen lieben Sohn unverruckt lieb haben (derer zahl er immer wolle wachſen und zunehmen laſſen) je laͤnger je mehr, daß ſie in einigkeit des geiſtes mit dem bande des friedens feſt verknuͤpffet ſo viel reichere fruͤchte bringen, da ſie alſo rechtſchaffen in der liebe wachſen in allen ſtuͤcken, an dem der das haupt iſt, CHriſto, wo alſo aus ihm der gantze leib ſo viel genauer zu- ſam̃en gefuͤget, u. ein glied an dem andern hanget durch alle gelencke, dardurch eines dem andern handreichung thut, nach dem werck ei- nes ieglichen gliedes in ſeiner maſſe, daß alſo der leib wachſe zu ſein ſelbs

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/142>, abgerufen am 29.03.2024.