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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.

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Das siebende Capitel.
Jeremias niemand von dem öffentlichen (ob wol verderbten) GOttesdienst
abziehen/ weil er wider GOttes ordnung gethan hätte. 8. Ein bestellter
hauß-halter in der welt suchet freylich/ daß er die schlüssel über das anvertrau-
te in seiner freyen hand haben möge. Aber der HErr hat uns nicht zu solchen un-
gebundenen hauß-haltern gemacht/ sondern die schlüssel in die hände der kir-
chen gegeben/ die ist seine braut und hauß-ehre/ dero allein die disposition
gebühret/ wir sind derselben diener und nachgesetzte hauß-halter/ daher kei-
nem einigen unter uns eine freye verwaltung solcher schlüssel zukommt. Da-
her haben wir keine weitere verantwortung als über so vieles/ als uns in der
verwaltung gegeben gewesen: Und solte in dem verwirrten stand uns nicht
so viel davon von der kirche durch die uns der HERR hat beruffen lassen/ ü-
berantwortet worden seyn/ als uns noch gehört hätte/ da wir das übrige ge-
fordert/ aber nicht bekommen/ so ists gnug/ daß wir treu seyn nach demjeni-
gen als viel uns noch vertrauet worden/ und wird der HErr/ der alles einsihet/
und auch die hertzen kennet/ nichts mehr von uns fordern als wir in unsere
hände bekommen haben. Wie es ja in der welt exempel geben kan/ daß man
mit der treue derjenigen zufrieden ist/ die so viel gethan/ nicht als hat gesche-
hen sollen/ sondern als sie vor denjenigen vermocht haben/ die ihnen nicht so
viel freyheit gelassen/ als ihnen nöthig gewesen. Dieses sind diejenige stücke/
darauf ich aus den communicirten brieffen einige antwort nöthig erachtet/
und also in freundlichem vertrauen dieselbe hiemit communicire. Den
HErrn ruffe ich dabey demüthig an/ welcher aller derjenigen hertzen/ die mit
der sache zu thun haben/ mit seinem heiligen Geist also regieren und bewah-
ren wolle/ daß weder einer seits mit einer beherrschung des gewissens ihm ein-
gegriffen/ noch ander seits seine ordnung in annehmung gründlicher überzeu-
gung verachtet werde/ sondern die superiores sich befleissen/ mit gewissen grün-
den göttlichen worts die scrupulosam conscientiam mit sanfftmuth und doch
nachdrücklich zu unterrichten/ der Herr bruder aber auch treuen unterricht
nach gottseliger überlegung und demuth annehme. Doch der HERR er-
fülle/ was ich bitte/ und erhalte ihn zu einem gefäß seiner gnade.

SECTIO XXVII.
Ob einer zur communion zu admittiren/ der
etwas mit unrecht hinterhält/ darzu aber recht zu ha-
ben meinet.
Was

Das ſiebende Capitel.
Jeremias niemand von dem oͤffentlichen (ob wol verderbten) GOttesdienſt
abziehen/ weil er wider GOttes ordnung gethan haͤtte. 8. Ein beſtellter
hauß-halter in der welt ſuchet freylich/ daß er die ſchluͤſſel uͤber das anvertrau-
te in ſeiner freyen hand haben moͤge. Aber der HErr hat uns nicht zu ſolchẽ un-
gebundenen hauß-haltern gemacht/ ſondern die ſchluͤſſel in die haͤnde der kir-
chen gegeben/ die iſt ſeine braut und hauß-ehre/ dero allein die diſpoſition
gebuͤhret/ wir ſind derſelben diener und nachgeſetzte hauß-halter/ daher kei-
nem einigen unter uns eine freye verwaltung ſolcher ſchluͤſſel zukommt. Da-
her haben wir keine weitere verantwortung als uͤber ſo vieles/ als uns in der
verwaltung gegeben geweſen: Und ſolte in dem verwirrten ſtand uns nicht
ſo viel davon von der kirche durch die uns der HERR hat beruffen laſſen/ uͤ-
berantwortet worden ſeyn/ als uns noch gehoͤrt haͤtte/ da wir das uͤbrige ge-
fordert/ aber nicht bekommen/ ſo iſts gnug/ daß wir treu ſeyn nach demjeni-
gen als viel uns noch vertrauet worden/ und wird der HErr/ der alles einſihet/
und auch die hertzen kennet/ nichts mehr von uns fordern als wir in unſere
haͤnde bekommen haben. Wie es ja in der welt exempel geben kan/ daß man
mit der treue derjenigen zufrieden iſt/ die ſo viel gethan/ nicht als hat geſche-
hen ſollen/ ſondern als ſie vor denjenigen vermocht haben/ die ihnen nicht ſo
viel freyheit gelaſſen/ als ihnen noͤthig geweſen. Dieſes ſind diejenige ſtuͤcke/
darauf ich aus den communicirten brieffen einige antwort noͤthig erachtet/
und alſo in freundlichem vertrauen dieſelbe hiemit communicire. Den
HErrn ruffe ich dabey demuͤthig an/ welcher aller derjenigen hertzen/ die mit
der ſache zu thun haben/ mit ſeinem heiligen Geiſt alſo regieren und bewah-
ren wolle/ daß weder einer ſeits mit einer beherrſchung des gewiſſens ihm ein-
gegriffen/ noch ander ſeits ſeine ordnung in annehmung gruͤndlicher uͤberzeu-
gung verachtet werde/ ſondern die ſuperiores ſich befleiſſen/ mit gewiſſen gruͤn-
den goͤttlichen worts die ſcrupuloſam conſcientiam mit ſanfftmuth und doch
nachdruͤcklich zu unterrichten/ der Herr bruder aber auch treuen unterricht
nach gottſeliger uͤberlegung und demuth annehme. Doch der HERR er-
fuͤlle/ was ich bitte/ und erhalte ihn zu einem gefaͤß ſeiner gnade.

SECTIO XXVII.
Ob einer zur communion zu admittiren/ der
etwas mit unrecht hinterhaͤlt/ darzu aber recht zu ha-
ben meinet.
Was
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[274/0286] Das ſiebende Capitel. Jeremias niemand von dem oͤffentlichen (ob wol verderbten) GOttesdienſt abziehen/ weil er wider GOttes ordnung gethan haͤtte. 8. Ein beſtellter hauß-halter in der welt ſuchet freylich/ daß er die ſchluͤſſel uͤber das anvertrau- te in ſeiner freyen hand haben moͤge. Aber der HErr hat uns nicht zu ſolchẽ un- gebundenen hauß-haltern gemacht/ ſondern die ſchluͤſſel in die haͤnde der kir- chen gegeben/ die iſt ſeine braut und hauß-ehre/ dero allein die diſpoſition gebuͤhret/ wir ſind derſelben diener und nachgeſetzte hauß-halter/ daher kei- nem einigen unter uns eine freye verwaltung ſolcher ſchluͤſſel zukommt. Da- her haben wir keine weitere verantwortung als uͤber ſo vieles/ als uns in der verwaltung gegeben geweſen: Und ſolte in dem verwirrten ſtand uns nicht ſo viel davon von der kirche durch die uns der HERR hat beruffen laſſen/ uͤ- berantwortet worden ſeyn/ als uns noch gehoͤrt haͤtte/ da wir das uͤbrige ge- fordert/ aber nicht bekommen/ ſo iſts gnug/ daß wir treu ſeyn nach demjeni- gen als viel uns noch vertrauet worden/ und wird der HErr/ der alles einſihet/ und auch die hertzen kennet/ nichts mehr von uns fordern als wir in unſere haͤnde bekommen haben. Wie es ja in der welt exempel geben kan/ daß man mit der treue derjenigen zufrieden iſt/ die ſo viel gethan/ nicht als hat geſche- hen ſollen/ ſondern als ſie vor denjenigen vermocht haben/ die ihnen nicht ſo viel freyheit gelaſſen/ als ihnen noͤthig geweſen. Dieſes ſind diejenige ſtuͤcke/ darauf ich aus den communicirten brieffen einige antwort noͤthig erachtet/ und alſo in freundlichem vertrauen dieſelbe hiemit communicire. Den HErrn ruffe ich dabey demuͤthig an/ welcher aller derjenigen hertzen/ die mit der ſache zu thun haben/ mit ſeinem heiligen Geiſt alſo regieren und bewah- ren wolle/ daß weder einer ſeits mit einer beherrſchung des gewiſſens ihm ein- gegriffen/ noch ander ſeits ſeine ordnung in annehmung gruͤndlicher uͤberzeu- gung verachtet werde/ ſondern die ſuperiores ſich befleiſſen/ mit gewiſſen gruͤn- den goͤttlichen worts die ſcrupuloſam conſcientiam mit ſanfftmuth und doch nachdruͤcklich zu unterrichten/ der Herr bruder aber auch treuen unterricht nach gottſeliger uͤberlegung und demuth annehme. Doch der HERR er- fuͤlle/ was ich bitte/ und erhalte ihn zu einem gefaͤß ſeiner gnade. 1684. SECTIO XXVII. Ob einer zur communion zu admittiren/ der etwas mit unrecht hinterhaͤlt/ darzu aber recht zu ha- ben meinet. Was

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/286>, abgerufen am 25.04.2024.