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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.

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ARTIC.. III. SECTIO XXII.
viel er solcher boßheit hindern kan/ nach allem vermögen hindere/ was er aber nicht
zu hindern vermag/ ihrer verantwortung überlasse.

SECTIO XXII.
Vorschlag wie ein capital ad pios usus, krancke
und jugend/ am nützlichsten anzuwenden.

DJe Christliche intention/ von dem göttlichen bescherten segen zu gesegne-
tem dessen gebrauch einige tausend thaler in dessen geburts statt in NN.
recht ad pios usus zu göttlichen ehren und beförderung des wahren Chri-
stenthums anzuwenden/ erfreuet mich auch von unbekanter person/ und dan-
cke ich GOTT/ der solchen guten willen in sein hertz gegeben hat/ mit hertzlicher
anwünschung/ daß er nicht allein solchen guten vorsatz befestigen/ sondern dem-
selben/ und allen/ die darzu zu reden haben werden/ diejenige weißheit geben
wolle/ die sache am klüglichsten und nützlichsten einzurichten; ja daß er auch wirck-
lich viele frucht dessen so wohl auf die/ welche darvon geniessen sollen/ als der sei-
ne liebe darinnen thätig erweiset/ erfolgen lasse. Was aber die vorschläge an-
langt/ wird die sache fast schwer/ nicht so wohl an sich selbs als wegen der um-
stände unsrer zeiten/ so dann dieses und jenes orts. Wo nun insgemein gefraget
wird/ an was vor leuten am gewissesten etwas zu recht erbaulichen nutzen ange-
wendet werden könte/ so werdens wol theils arme krancke/ theils kinder seyn.
Zwar was die erste anlangt/ solte man gedencken, weil derselben insgemein an ei-
nem ort zu einer zeit nicht gar zuviel sind/ und die ordentliche gestifftete einkünfften
vor derselben leibliche nothdurfft zulänglich/ ferner dem Ministerio jedes orts
nicht zu schwer seyn solte/ denselben um solche zeiten/ da sie GOTT durch leibli-
ches leiden zur kräftigen wirckung seines worts ohne das bereitet/ zu ihrer seelen
erbauung gnugsam bey zu springen: Jch sorge aber/ wo man die bewandnüß/
die man jedes orts findet/ erweget/ werde mans also antreffen/ daß so wol an
den meisten orten arme krancke auch in dem leiblichen sehr verlassen ligen/ als auch
das ordentliche Ministerium theils bey andern geschäfften so viel zeit nicht gewin-
nen kan/ als zu dero geistlicher stärckung nöthig seyn würde/ theils bey manchen
dessen gliedern es auch an der nöthigen treue mangeln möchte. Daher es ein
GOTT gefälliges werck seyn würde/ wo denjenigen krancken/ denen es ordent-
lich her an nöthiger verpflegung mangelt/ von Christlichen hertzen mit einiger wei-
tern leiblichen hülffe beygesprungen/ so dann auch zu versorgung ihrer seelen eini-
ge fernere anstalten gemachet würden. Was aber die arme jugend betrifft/ kan
dero elend nicht genug bejammert werden/ wann nicht allein aus derselben so vie-

le

ARTIC.. III. SECTIO XXII.
viel er ſolcher boßheit hindern kan/ nach allem vermoͤgen hindere/ was er aber nicht
zu hindern vermag/ ihrer verantwortung uͤberlaſſe.

SECTIO XXII.
Vorſchlag wie ein capital ad pios uſus, krancke
und jugend/ am nuͤtzlichſten anzuwenden.

DJe Chriſtliche intention/ von dem goͤttlichen beſcherten ſegen zu geſegne-
tem deſſen gebrauch einige tauſend thaler in deſſen geburts ſtatt in NN.
recht ad pios uſus zu goͤttlichen ehren und befoͤrderung des wahren Chri-
ſtenthums anzuwenden/ erfreuet mich auch von unbekanter perſon/ und dan-
cke ich GOTT/ der ſolchen guten willen in ſein hertz gegeben hat/ mit hertzlicher
anwuͤnſchung/ daß er nicht allein ſolchen guten vorſatz befeſtigen/ ſondern dem-
ſelben/ und allen/ die darzu zu reden haben werden/ diejenige weißheit geben
wolle/ die ſache am kluͤglichſten und nuͤtzlichſten einzurichten; ja daß er auch wirck-
lich viele frucht deſſen ſo wohl auf die/ welche darvon genieſſen ſollen/ als der ſei-
ne liebe darinnen thaͤtig erweiſet/ erfolgen laſſe. Was aber die vorſchlaͤge an-
langt/ wird die ſache faſt ſchwer/ nicht ſo wohl an ſich ſelbs als wegen der um-
ſtaͤnde unſrer zeiten/ ſo dann dieſes und jenes orts. Wo nun insgemein gefraget
wird/ an was vor leuten am gewiſſeſten etwas zu recht erbaulichen nutzen ange-
wendet werden koͤnte/ ſo werdens wol theils arme krancke/ theils kinder ſeyn.
Zwar was die erſte anlangt/ ſolte man gedencken, weil derſelben insgemein an ei-
nem ort zu einer zeit nicht gar zuviel ſind/ und die ordentliche geſtifftete einkuͤnfften
vor derſelben leibliche nothdurfft zulaͤnglich/ ferner dem Miniſterio jedes orts
nicht zu ſchwer ſeyn ſolte/ denſelben um ſolche zeiten/ da ſie GOTT durch leibli-
ches leiden zur kraͤftigen wirckung ſeines worts ohne das bereitet/ zu ihrer ſeelen
erbauung gnugſam bey zu ſpringen: Jch ſorge aber/ wo man die bewandnuͤß/
die man jedes orts findet/ erweget/ werde mans alſo antreffen/ daß ſo wol an
den meiſten orten arme krancke auch in dem leiblichen ſehr verlaſſen ligen/ als auch
das ordentliche Miniſterium theils bey andern geſchaͤfften ſo viel zeit nicht gewin-
nen kan/ als zu dero geiſtlicher ſtaͤrckung noͤthig ſeyn wuͤrde/ theils bey manchen
deſſen gliedern es auch an der noͤthigen treue mangeln moͤchte. Daher es ein
GOTT gefaͤlliges werck ſeyn wuͤrde/ wo denjenigen krancken/ denen es ordent-
lich her an noͤthiger verpflegung mangelt/ von Chriſtlichen hertzen mit einiger wei-
tern leiblichen huͤlffe beygeſprungen/ ſo dann auch zu verſorgung ihrer ſeelen eini-
ge fernere anſtalten gemachet wuͤrden. Was aber die arme jugend betrifft/ kan
dero elend nicht genug bejammert werden/ wann nicht allein aus derſelben ſo vie-

le
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[407/0419] ARTIC.. III. SECTIO XXII. viel er ſolcher boßheit hindern kan/ nach allem vermoͤgen hindere/ was er aber nicht zu hindern vermag/ ihrer verantwortung uͤberlaſſe. SECTIO XXII. Vorſchlag wie ein capital ad pios uſus, krancke und jugend/ am nuͤtzlichſten anzuwenden. DJe Chriſtliche intention/ von dem goͤttlichen beſcherten ſegen zu geſegne- tem deſſen gebrauch einige tauſend thaler in deſſen geburts ſtatt in NN. recht ad pios uſus zu goͤttlichen ehren und befoͤrderung des wahren Chri- ſtenthums anzuwenden/ erfreuet mich auch von unbekanter perſon/ und dan- cke ich GOTT/ der ſolchen guten willen in ſein hertz gegeben hat/ mit hertzlicher anwuͤnſchung/ daß er nicht allein ſolchen guten vorſatz befeſtigen/ ſondern dem- ſelben/ und allen/ die darzu zu reden haben werden/ diejenige weißheit geben wolle/ die ſache am kluͤglichſten und nuͤtzlichſten einzurichten; ja daß er auch wirck- lich viele frucht deſſen ſo wohl auf die/ welche darvon genieſſen ſollen/ als der ſei- ne liebe darinnen thaͤtig erweiſet/ erfolgen laſſe. Was aber die vorſchlaͤge an- langt/ wird die ſache faſt ſchwer/ nicht ſo wohl an ſich ſelbs als wegen der um- ſtaͤnde unſrer zeiten/ ſo dann dieſes und jenes orts. Wo nun insgemein gefraget wird/ an was vor leuten am gewiſſeſten etwas zu recht erbaulichen nutzen ange- wendet werden koͤnte/ ſo werdens wol theils arme krancke/ theils kinder ſeyn. Zwar was die erſte anlangt/ ſolte man gedencken, weil derſelben insgemein an ei- nem ort zu einer zeit nicht gar zuviel ſind/ und die ordentliche geſtifftete einkuͤnfften vor derſelben leibliche nothdurfft zulaͤnglich/ ferner dem Miniſterio jedes orts nicht zu ſchwer ſeyn ſolte/ denſelben um ſolche zeiten/ da ſie GOTT durch leibli- ches leiden zur kraͤftigen wirckung ſeines worts ohne das bereitet/ zu ihrer ſeelen erbauung gnugſam bey zu ſpringen: Jch ſorge aber/ wo man die bewandnuͤß/ die man jedes orts findet/ erweget/ werde mans alſo antreffen/ daß ſo wol an den meiſten orten arme krancke auch in dem leiblichen ſehr verlaſſen ligen/ als auch das ordentliche Miniſterium theils bey andern geſchaͤfften ſo viel zeit nicht gewin- nen kan/ als zu dero geiſtlicher ſtaͤrckung noͤthig ſeyn wuͤrde/ theils bey manchen deſſen gliedern es auch an der noͤthigen treue mangeln moͤchte. Daher es ein GOTT gefaͤlliges werck ſeyn wuͤrde/ wo denjenigen krancken/ denen es ordent- lich her an noͤthiger verpflegung mangelt/ von Chriſtlichen hertzen mit einiger wei- tern leiblichen huͤlffe beygeſprungen/ ſo dann auch zu verſorgung ihrer ſeelen eini- ge fernere anſtalten gemachet wuͤrden. Was aber die arme jugend betrifft/ kan dero elend nicht genug bejammert werden/ wann nicht allein aus derſelben ſo vie- le

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 407. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/419>, abgerufen am 25.04.2024.