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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.

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Das siebende Capitel.
das thier nicht angebetet, noch sein bild und mahlzeichen nicht an-
genommen haben,
und also alle so in den betrübten zeiten der kirchen fest
an GOtt gestanden sind. Also wohin man sich wendet, so will sichs nicht
schicken. Diese sind meine einfältige gedancken, in denen ich hoffe, daß ich
bey der schrifft bleibe. Sind einige scrupeln dabey noch übrig, so bin
auch willig nach dem maaß meines pfündleins, so sie mir vorgelegt werden,
zu antworten. Der HERR heilige uns in seiner wahrheit, sein wort ist
die wahrheit.

SECTIO IX.
Fernere verfolgung der c. 1. sect. 43. 44. ge-
handelten materie/ ob alles in der schrifft bereits er-
füllet/ und allein der jüngste tag noch zu er-
warten seye.

DEsselben beyde ziemliche weitläufftige schreiben, habe ich in vergan-
gener meß inner etlichen stunden nach einander empfangen, aber so
bald zu beantworten nicht vermocht, wie dann fast alle brieffe bey
mir alt werden. Aber dießmal zu antworten, weilen in beyden schreiben
nichts anders als lauter wiederholungen der in den vorigen meinen schreiben
sattsam beantworteter dinge, und perpetuae petitiones principii stehen,
so bekenne, daß wo mein hochgeehrter Herr Schwager dabey nicht acquie-
scir
en und ich hingegen keine andere fundamenta oder aber solidiores so-
lutiones
kriegen würde, ich nicht gesonnen seye, weiter in solcher materie fort
zu fahren, noch stätig einerley mit verlust der zeit zu wiederholen. Jch will
auch meine antwort in lauter sätze abfassen, damit mein hochgeehrter Herr
Schwager so viel klärer sehe, wie ihm geantwortet werde, und ob und was er
ferner zu beantworten habe.

1. Daß es eine blosse petitio principii, man müsse vor erst glauben,
daß die schrifft erfüllet seye, ehe man auf die gegen führende gründe und sprü-
che antworte. Dann das muß erstlich aus der schrifft erwiesen werden, soll
mirs als zu glauben aufgetrungen werden, es ist aber bis dahin, auch nicht
mit einem schein, erwiesen worden.
2. Concedire ich, daß man vor dem ende der welt die erfüllung der
schrifft, und dero weissagung erkennen werde. Jch nehme den ort Offenb.
22, 10.
gern an, und setze noch einen andern dazu Dan. 12, 4. daß in den
letzten zeiten viele über die bis dahin versiegelte schrifft der weissagung kom-
men

Das ſiebende Capitel.
das thier nicht angebetet, noch ſein bild und mahlzeichen nicht an-
genommen haben,
und alſo alle ſo in den betruͤbten zeiten der kirchen feſt
an GOtt geſtanden ſind. Alſo wohin man ſich wendet, ſo will ſichs nicht
ſchicken. Dieſe ſind meine einfaͤltige gedancken, in denen ich hoffe, daß ich
bey der ſchrifft bleibe. Sind einige ſcrupeln dabey noch uͤbrig, ſo bin
auch willig nach dem maaß meines pfuͤndleins, ſo ſie mir vorgelegt werden,
zu antworten. Der HERR heilige uns in ſeiner wahrheit, ſein wort iſt
die wahrheit.

SECTIO IX.
Fernere verfolgung der c. 1. ſect. 43. 44. ge-
handelten materie/ ob alles in der ſchrifft bereits er-
fuͤllet/ und allein der juͤngſte tag noch zu er-
warten ſeye.

DEſſelben beyde ziemliche weitlaͤufftige ſchreiben, habe ich in vergan-
gener meß inner etlichen ſtunden nach einander empfangen, aber ſo
bald zu beantworten nicht vermocht, wie dann faſt alle brieffe bey
mir alt werden. Aber dießmal zu antworten, weilen in beyden ſchreiben
nichts anders als lauter wiederholungen der in den vorigen meinen ſchreiben
ſattſam beantworteter dinge, und perpetuæ petitiones principii ſtehen,
ſo bekenne, daß wo mein hochgeehrter Herr Schwager dabey nicht acquie-
ſcir
en und ich hingegen keine andere fundamenta oder aber ſolidiores ſo-
lutiones
kriegen wuͤrde, ich nicht geſonnen ſeye, weiter in ſolcher materie fort
zu fahren, noch ſtaͤtig einerley mit verluſt der zeit zu wiederholen. Jch will
auch meine antwort in lauter ſaͤtze abfaſſen, damit mein hochgeehrter Herr
Schwager ſo viel klaͤrer ſehe, wie ihm geantwortet werde, und ob und was er
ferner zu beantworten habe.

1. Daß es eine bloſſe petitio principii, man muͤſſe vor erſt glauben,
daß die ſchrifft erfuͤllet ſeye, ehe man auf die gegen fuͤhrende gruͤnde und ſpruͤ-
che antworte. Dann das muß erſtlich aus der ſchrifft erwieſen werden, ſoll
mirs als zu glauben aufgetrungen werden, es iſt aber bis dahin, auch nicht
mit einem ſchein, erwieſen worden.
2. Concedire ich, daß man vor dem ende der welt die erfuͤllung der
ſchrifft, und dero weiſſagung erkennen werde. Jch nehme den ort Offenb.
22, 10.
gern an, und ſetze noch einen andern dazu Dan. 12, 4. daß in den
letzten zeiten viele uͤber die bis dahin verſiegelte ſchrifft der weiſſagung kom-
men
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[38/0050] Das ſiebende Capitel. das thier nicht angebetet, noch ſein bild und mahlzeichen nicht an- genommen haben, und alſo alle ſo in den betruͤbten zeiten der kirchen feſt an GOtt geſtanden ſind. Alſo wohin man ſich wendet, ſo will ſichs nicht ſchicken. Dieſe ſind meine einfaͤltige gedancken, in denen ich hoffe, daß ich bey der ſchrifft bleibe. Sind einige ſcrupeln dabey noch uͤbrig, ſo bin auch willig nach dem maaß meines pfuͤndleins, ſo ſie mir vorgelegt werden, zu antworten. Der HERR heilige uns in ſeiner wahrheit, ſein wort iſt die wahrheit. 1680. SECTIO IX. Fernere verfolgung der c. 1. ſect. 43. 44. ge- handelten materie/ ob alles in der ſchrifft bereits er- fuͤllet/ und allein der juͤngſte tag noch zu er- warten ſeye. DEſſelben beyde ziemliche weitlaͤufftige ſchreiben, habe ich in vergan- gener meß inner etlichen ſtunden nach einander empfangen, aber ſo bald zu beantworten nicht vermocht, wie dann faſt alle brieffe bey mir alt werden. Aber dießmal zu antworten, weilen in beyden ſchreiben nichts anders als lauter wiederholungen der in den vorigen meinen ſchreiben ſattſam beantworteter dinge, und perpetuæ petitiones principii ſtehen, ſo bekenne, daß wo mein hochgeehrter Herr Schwager dabey nicht acquie- ſciren und ich hingegen keine andere fundamenta oder aber ſolidiores ſo- lutiones kriegen wuͤrde, ich nicht geſonnen ſeye, weiter in ſolcher materie fort zu fahren, noch ſtaͤtig einerley mit verluſt der zeit zu wiederholen. Jch will auch meine antwort in lauter ſaͤtze abfaſſen, damit mein hochgeehrter Herr Schwager ſo viel klaͤrer ſehe, wie ihm geantwortet werde, und ob und was er ferner zu beantworten habe. 1. Daß es eine bloſſe petitio principii, man muͤſſe vor erſt glauben, daß die ſchrifft erfuͤllet ſeye, ehe man auf die gegen fuͤhrende gruͤnde und ſpruͤ- che antworte. Dann das muß erſtlich aus der ſchrifft erwieſen werden, ſoll mirs als zu glauben aufgetrungen werden, es iſt aber bis dahin, auch nicht mit einem ſchein, erwieſen worden. 2. Concedire ich, daß man vor dem ende der welt die erfuͤllung der ſchrifft, und dero weiſſagung erkennen werde. Jch nehme den ort Offenb. 22, 10. gern an, und ſetze noch einen andern dazu Dan. 12, 4. daß in den letzten zeiten viele uͤber die bis dahin verſiegelte ſchrifft der weiſſagung kom- men

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/50>, abgerufen am 25.04.2024.