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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.

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ARTIC. V. SECTIO VIII.
welche auf ihnen zukommende art mit ihrem pfund auch andere gewonnen hätten.
Dabey sie sich allezeit dessen erinnern wollen, was ich offt vorgesaget, es seye dieses
eben der rechte weg in der lebendigen erkäntnüß GOttes zu wachsen, wo wir in dem
ersten anfang der gnade, welche uns ertheilet worden, uns so bald treu erzeiget, und
das empfangene zu der ehre des gebers willig angewendet haben: denn wer da hat,
dem wird gegeben: und CHristus offenbaret sich mit seinem geist denjenigen mehr
und mehr, welche ihn lieb haben/ und aus solcher liebe seine gebote zu halten beflissen
sind. Wie sie nun mich in dem HErrn warhafftig lieben, so können sie ihre gegen
mich tragende liebe durch nichts kräfftiger erweisen, nechst ihrem andächtigen gebet
(davor zu meines heiligen amts fruchtbarer verrichtung auch noch ins künfftige bit-
te, vor bisheriges aber liebreichen danck sage, und es als eine sonderbare wolthat
achte) als da sie viele früchten derjenigen göttlichen warheit, welche sie von mir an-
genommen haben, in ihrem gantzen leben bringen, und ich also offters von ihnen hö-
rende ursach bekommen möge, die himmlische güte zu preisen, und davon freude zu
schöpffen, auch in der gewissen hoffnung stets versichert zu bleiben, daß wir vor dem
thron des HErrn bey einander ewig seyn und seiner verheissungen mit einander ge-
niessen sollen. Von mir versichern sie sich, daß ich ihrer vor dem thron der gnaden
gedencke, und ihrer seelen wohlfarth dem HErrn mehrmal vortrage. Er gebe uns
ferner, wenn wir vor einander zu bitten vor sein angesicht treten, den geist der gna-
den und des gebets, damit auch unsere seufftzer vor einander opffer eines süssen ge-
ruchs seyn mögen, und wir in dem namen JEsu erlangen, was wir bitten.

SECTIO IIX.
Gefahr unserer kirchen aus göttlichem gericht.
Buß auch nöthig denjenigen/ bey welchen viel gu-
tes angefangen.

WAs dieselbe gedencket von der gefahr unserer kirchen, stehet allerdings sol-
che vor augen, und sorge ich selbsten sehr, daß der HERR das meiste von
unserm gebäu umschmeissen, und damit sich an unserm undanck gegen
das evangelium rächen werde: ich fürchte auch, alle unsre menschliche hülffe, macht
und rathschläge werden uns gegen die macht Babels, die der HErr demselben ver-
statten wird, nicht schützen, sondern das urtheil vollstrecket werden. Doch wird
der HERR noch seine auserwehlte steine zu einem neuen bau ihm aufhalten und
verwahren. Lasset uns nun ihn hertzlich anruffen, daß er seine gerichte mit grosser
barmhertzigkeit wolle mildern, und denn in hertzlicher buß demselben begegnen.
Welche buß ich nicht nur denjenigen nöthig achte, so da in öffentlichen lastern leben,
sondern uns allen insgesamt. Und erkenne ich gern, meine werthe schwester, daß

auch
IV. Theil. a a a a

ARTIC. V. SECTIO VIII.
welche auf ihnen zukommende art mit ihrem pfund auch andere gewonnen haͤtten.
Dabey ſie ſich allezeit deſſen erinnern wollen, was ich offt vorgeſaget, es ſeye dieſes
eben der rechte weg in der lebendigen erkaͤntnuͤß GOttes zu wachſen, wo wir in dem
erſten anfang der gnade, welche uns ertheilet worden, uns ſo bald treu erzeiget, und
das empfangene zu der ehre des gebers willig angewendet haben: denn wer da hat,
dem wird gegeben: und CHriſtus offenbaret ſich mit ſeinem geiſt denjenigen mehr
und mehr, welche ihn lieb haben/ und aus ſolcher liebe ſeine gebote zu halten befliſſen
ſind. Wie ſie nun mich in dem HErrn warhafftig lieben, ſo koͤnnen ſie ihre gegen
mich tragende liebe durch nichts kraͤfftiger erweiſen, nechſt ihrem andaͤchtigen gebet
(davor zu meines heiligen amts fruchtbarer verrichtung auch noch ins kuͤnfftige bit-
te, vor bisheriges aber liebreichen danck ſage, und es als eine ſonderbare wolthat
achte) als da ſie viele fruͤchten derjenigen goͤttlichen warheit, welche ſie von mir an-
genommen haben, in ihrem gantzen leben bringen, und ich alſo offters von ihnen hoͤ-
rende urſach bekommen moͤge, die himmliſche guͤte zu preiſen, und davon freude zu
ſchoͤpffen, auch in der gewiſſen hoffnung ſtets verſichert zu bleiben, daß wir vor dem
thron des HErrn bey einander ewig ſeyn und ſeiner verheiſſungen mit einander ge-
nieſſen ſollen. Von mir verſichern ſie ſich, daß ich ihrer vor dem thron der gnaden
gedencke, und ihrer ſeelen wohlfarth dem HErrn mehrmal vortrage. Er gebe uns
ferner, wenn wir vor einander zu bitten vor ſein angeſicht treten, den geiſt der gna-
den und des gebets, damit auch unſere ſeufftzer vor einander opffer eines ſuͤſſen ge-
ruchs ſeyn moͤgen, und wir in dem namen JEſu erlangen, was wir bitten.

SECTIO IIX.
Gefahr unſerer kirchen aus goͤttlichem gericht.
Buß auch noͤthig denjenigen/ bey welchen viel gu-
tes angefangen.

WAs dieſelbe gedencket von der gefahr unſerer kirchen, ſtehet allerdings ſol-
che vor augen, und ſorge ich ſelbſten ſehr, daß der HERR das meiſte von
unſerm gebaͤu umſchmeiſſen, und damit ſich an unſerm undanck gegen
das evangelium raͤchen werde: ich fuͤrchte auch, alle unſre menſchliche huͤlffe, macht
und rathſchlaͤge werden uns gegen die macht Babels, die der HErr demſelben ver-
ſtatten wird, nicht ſchuͤtzen, ſondern das urtheil vollſtrecket werden. Doch wird
der HERR noch ſeine auserwehlte ſteine zu einem neuen bau ihm aufhalten und
verwahren. Laſſet uns nun ihn hertzlich anruffen, daß er ſeine gerichte mit groſſer
barmhertzigkeit wolle mildern, und denn in hertzlicher buß demſelben begegnen.
Welche buß ich nicht nur denjenigen noͤthig achte, ſo da in oͤffentlichen laſtern leben,
ſondern uns allen insgeſamt. Und erkenne ich gern, meine werthe ſchweſter, daß

auch
IV. Theil. a a a a
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[553/0565] ARTIC. V. SECTIO VIII. welche auf ihnen zukommende art mit ihrem pfund auch andere gewonnen haͤtten. Dabey ſie ſich allezeit deſſen erinnern wollen, was ich offt vorgeſaget, es ſeye dieſes eben der rechte weg in der lebendigen erkaͤntnuͤß GOttes zu wachſen, wo wir in dem erſten anfang der gnade, welche uns ertheilet worden, uns ſo bald treu erzeiget, und das empfangene zu der ehre des gebers willig angewendet haben: denn wer da hat, dem wird gegeben: und CHriſtus offenbaret ſich mit ſeinem geiſt denjenigen mehr und mehr, welche ihn lieb haben/ und aus ſolcher liebe ſeine gebote zu halten befliſſen ſind. Wie ſie nun mich in dem HErrn warhafftig lieben, ſo koͤnnen ſie ihre gegen mich tragende liebe durch nichts kraͤfftiger erweiſen, nechſt ihrem andaͤchtigen gebet (davor zu meines heiligen amts fruchtbarer verrichtung auch noch ins kuͤnfftige bit- te, vor bisheriges aber liebreichen danck ſage, und es als eine ſonderbare wolthat achte) als da ſie viele fruͤchten derjenigen goͤttlichen warheit, welche ſie von mir an- genommen haben, in ihrem gantzen leben bringen, und ich alſo offters von ihnen hoͤ- rende urſach bekommen moͤge, die himmliſche guͤte zu preiſen, und davon freude zu ſchoͤpffen, auch in der gewiſſen hoffnung ſtets verſichert zu bleiben, daß wir vor dem thron des HErrn bey einander ewig ſeyn und ſeiner verheiſſungen mit einander ge- nieſſen ſollen. Von mir verſichern ſie ſich, daß ich ihrer vor dem thron der gnaden gedencke, und ihrer ſeelen wohlfarth dem HErrn mehrmal vortrage. Er gebe uns ferner, wenn wir vor einander zu bitten vor ſein angeſicht treten, den geiſt der gna- den und des gebets, damit auch unſere ſeufftzer vor einander opffer eines ſuͤſſen ge- ruchs ſeyn moͤgen, und wir in dem namen JEſu erlangen, was wir bitten. 30. May 1687. SECTIO IIX. Gefahr unſerer kirchen aus goͤttlichem gericht. Buß auch noͤthig denjenigen/ bey welchen viel gu- tes angefangen. WAs dieſelbe gedencket von der gefahr unſerer kirchen, ſtehet allerdings ſol- che vor augen, und ſorge ich ſelbſten ſehr, daß der HERR das meiſte von unſerm gebaͤu umſchmeiſſen, und damit ſich an unſerm undanck gegen das evangelium raͤchen werde: ich fuͤrchte auch, alle unſre menſchliche huͤlffe, macht und rathſchlaͤge werden uns gegen die macht Babels, die der HErr demſelben ver- ſtatten wird, nicht ſchuͤtzen, ſondern das urtheil vollſtrecket werden. Doch wird der HERR noch ſeine auserwehlte ſteine zu einem neuen bau ihm aufhalten und verwahren. Laſſet uns nun ihn hertzlich anruffen, daß er ſeine gerichte mit groſſer barmhertzigkeit wolle mildern, und denn in hertzlicher buß demſelben begegnen. Welche buß ich nicht nur denjenigen noͤthig achte, ſo da in oͤffentlichen laſtern leben, ſondern uns allen insgeſamt. Und erkenne ich gern, meine werthe ſchweſter, daß auch IV. Theil. a a a a

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 553. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/565>, abgerufen am 29.03.2024.