Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 3. Berlin, 1861.

Bild:
<< vorherige Seite

Anknüpfung eines intimeren Verhältnisses unter Gent¬
lemen nöthig ist.

Es ist wol nicht besonders nothwendig, Sie daran
zu erinnern, daß diese delicate Angelegenheit in Ge¬
heimniß gehüllt bleiben muß. Der Lenker des Wa¬
gens wird aus der Antwort "Moi" auf seinen Anruf:
"qui vive?" hören, daß Sie der Rechte sind. Au
revoir
, Monsieur!"

So lautete der Inhalt eines expressen Briefes, den
der Postbote aus dem nächsten Städtchen am Abend
des folgenden Tages Oswald brachte.

Er las das sonderbare Schreiben mehrmals, bevor
er sich von seinem Erstaunen erholen konnte. Wer
war der "Jemand", der seine nähere Bekanntschaft
zu machen wünschte? wer die Dame, um die es sich
handelte? War das Geheimniß der Waldkapelle ent¬
weiht worden? hatte Jemand die Scene in der Fenster¬
nische auf dem Balle in Barnewitz belauscht? Konnte
Herr von Cloten der Herausforderer sein? Das auf¬
fallend kühle Benehmen dieses jungen Edelmannes
bei der zufälligen Begegnung gestern schien dafür zu
sprechen. Oder war diese Begegnung nicht zufällig,
und stand der geheimnißvolle Reiter damit in Ver¬
bindung? war es nur ein Spion Cloten's? Aber
war die Unterredung zwischen Herrn von Barnewitz

4*

Anknüpfung eines intimeren Verhältniſſes unter Gent¬
lemen nöthig iſt.

Es iſt wol nicht beſonders nothwendig, Sie daran
zu erinnern, daß dieſe delicate Angelegenheit in Ge¬
heimniß gehüllt bleiben muß. Der Lenker des Wa¬
gens wird aus der Antwort „Moi“ auf ſeinen Anruf:
qui vive?“ hören, daß Sie der Rechte ſind. Au
revoir
, Monsieur!“

So lautete der Inhalt eines expreſſen Briefes, den
der Poſtbote aus dem nächſten Städtchen am Abend
des folgenden Tages Oswald brachte.

Er las das ſonderbare Schreiben mehrmals, bevor
er ſich von ſeinem Erſtaunen erholen konnte. Wer
war der „Jemand“, der ſeine nähere Bekanntſchaft
zu machen wünſchte? wer die Dame, um die es ſich
handelte? War das Geheimniß der Waldkapelle ent¬
weiht worden? hatte Jemand die Scene in der Fenſter¬
niſche auf dem Balle in Barnewitz belauſcht? Konnte
Herr von Cloten der Herausforderer ſein? Das auf¬
fallend kühle Benehmen dieſes jungen Edelmannes
bei der zufälligen Begegnung geſtern ſchien dafür zu
ſprechen. Oder war dieſe Begegnung nicht zufällig,
und ſtand der geheimnißvolle Reiter damit in Ver¬
bindung? war es nur ein Spion Cloten's? Aber
war die Unterredung zwiſchen Herrn von Barnewitz

4*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0061" n="51"/>
Anknüpfung eines intimeren Verhältni&#x017F;&#x017F;es unter Gent¬<lb/>
lemen nöthig i&#x017F;t.</p><lb/>
        <p>Es i&#x017F;t wol nicht be&#x017F;onders nothwendig, Sie daran<lb/>
zu erinnern, daß die&#x017F;e delicate Angelegenheit in Ge¬<lb/>
heimniß gehüllt bleiben muß. Der Lenker des Wa¬<lb/>
gens wird aus der Antwort &#x201E;<hi rendition="#aq">Moi</hi>&#x201C; auf &#x017F;einen Anruf:<lb/>
&#x201E;<hi rendition="#aq">qui vive</hi>?&#x201C; hören, daß Sie der Rechte &#x017F;ind. <hi rendition="#aq">Au<lb/>
revoir</hi>, <hi rendition="#aq">Monsieur</hi>!&#x201C;</p><lb/>
        <p>So lautete der Inhalt eines expre&#x017F;&#x017F;en Briefes, den<lb/>
der Po&#x017F;tbote aus dem näch&#x017F;ten Städtchen am Abend<lb/>
des folgenden Tages Oswald brachte.</p><lb/>
        <p>Er las das &#x017F;onderbare Schreiben mehrmals, bevor<lb/>
er &#x017F;ich von &#x017F;einem Er&#x017F;taunen erholen konnte. Wer<lb/>
war der &#x201E;Jemand&#x201C;, der &#x017F;eine nähere Bekannt&#x017F;chaft<lb/>
zu machen wün&#x017F;chte? wer die Dame, um die es &#x017F;ich<lb/>
handelte? War das Geheimniß der Waldkapelle ent¬<lb/>
weiht worden? hatte Jemand die Scene in der Fen&#x017F;ter¬<lb/>
ni&#x017F;che auf dem Balle in Barnewitz belau&#x017F;cht? Konnte<lb/>
Herr von Cloten der Herausforderer &#x017F;ein? Das auf¬<lb/>
fallend kühle Benehmen die&#x017F;es jungen Edelmannes<lb/>
bei der zufälligen Begegnung ge&#x017F;tern &#x017F;chien dafür zu<lb/>
&#x017F;prechen. Oder war die&#x017F;e Begegnung nicht zufällig,<lb/>
und &#x017F;tand der geheimnißvolle Reiter damit in Ver¬<lb/>
bindung? war es nur ein Spion Cloten's? Aber<lb/>
war die Unterredung zwi&#x017F;chen Herrn von Barnewitz<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">4*<lb/></fw>
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[51/0061] Anknüpfung eines intimeren Verhältniſſes unter Gent¬ lemen nöthig iſt. Es iſt wol nicht beſonders nothwendig, Sie daran zu erinnern, daß dieſe delicate Angelegenheit in Ge¬ heimniß gehüllt bleiben muß. Der Lenker des Wa¬ gens wird aus der Antwort „Moi“ auf ſeinen Anruf: „qui vive?“ hören, daß Sie der Rechte ſind. Au revoir, Monsieur!“ So lautete der Inhalt eines expreſſen Briefes, den der Poſtbote aus dem nächſten Städtchen am Abend des folgenden Tages Oswald brachte. Er las das ſonderbare Schreiben mehrmals, bevor er ſich von ſeinem Erſtaunen erholen konnte. Wer war der „Jemand“, der ſeine nähere Bekanntſchaft zu machen wünſchte? wer die Dame, um die es ſich handelte? War das Geheimniß der Waldkapelle ent¬ weiht worden? hatte Jemand die Scene in der Fenſter¬ niſche auf dem Balle in Barnewitz belauſcht? Konnte Herr von Cloten der Herausforderer ſein? Das auf¬ fallend kühle Benehmen dieſes jungen Edelmannes bei der zufälligen Begegnung geſtern ſchien dafür zu ſprechen. Oder war dieſe Begegnung nicht zufällig, und ſtand der geheimnißvolle Reiter damit in Ver¬ bindung? war es nur ein Spion Cloten's? Aber war die Unterredung zwiſchen Herrn von Barnewitz 4*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische03_1861
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische03_1861/61
Zitationshilfe: Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 3. Berlin, 1861, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische03_1861/61>, abgerufen am 18.04.2024.