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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 4. Berlin, 1861.

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hielt er es natürlich für gerathener, diesen seinen ge¬
heimen Wünschen keine Worte zu leihen, sondern dem
reizenden Einfall "dieses romantischen Spaziergangs"
ein Compliment zu machen.

"Es freut mich, wenn ich damit Ihrem Geschmack
entsprochen habe, lieber Felix," sagte Anna-Maria;
"ich gestehe, ich hätte Ihnen so viel Sinn für die ein¬
fachen Freuden des Landlebens nicht zugetraut. Wie
gut trifft es sich, daß auch Helene diesen Geschmack
theilt. Ihr werdet einmal ein recht verständiges,
solides Leben führen, wie es sich für eure Verhält¬
nisse schickt."

"Nun, meine Verhältnisse, liebe Tante --"

"Werden sich bessern, ich bin davon überzeugt;
aber Sie werden viel zu thun haben, lieber Felix,
bis Sie ganz frei aufathmen können. Wie lange hat
es gedauert, bis selbst wir nur die allergrößten Hinder¬
nisse aus dem Wege geräumt hatten! und von einer
wirklichen Beherrschung der Situation können wir erst
in ein paar Jahren sprechen, wenn Stantow und
Bärwalde uns hoffentlich nicht länger vorenthalten
werden können und die übrigen Güter in neue und,
ich denke, bessere Pacht kommen. Sie sollten Ihre
Güter auch neu vermessen lassen, lieber Felix. Sie
finden in Timm einen fleißigen und geschickten Arbeiter.

hielt er es natürlich für gerathener, dieſen ſeinen ge¬
heimen Wünſchen keine Worte zu leihen, ſondern dem
reizenden Einfall „dieſes romantiſchen Spaziergangs“
ein Compliment zu machen.

„Es freut mich, wenn ich damit Ihrem Geſchmack
entſprochen habe, lieber Felix,“ ſagte Anna-Maria;
„ich geſtehe, ich hätte Ihnen ſo viel Sinn für die ein¬
fachen Freuden des Landlebens nicht zugetraut. Wie
gut trifft es ſich, daß auch Helene dieſen Geſchmack
theilt. Ihr werdet einmal ein recht verſtändiges,
ſolides Leben führen, wie es ſich für eure Verhält¬
niſſe ſchickt.“

„Nun, meine Verhältniſſe, liebe Tante —“

„Werden ſich beſſern, ich bin davon überzeugt;
aber Sie werden viel zu thun haben, lieber Felix,
bis Sie ganz frei aufathmen können. Wie lange hat
es gedauert, bis ſelbſt wir nur die allergrößten Hinder¬
niſſe aus dem Wege geräumt hatten! und von einer
wirklichen Beherrſchung der Situation können wir erſt
in ein paar Jahren ſprechen, wenn Stantow und
Bärwalde uns hoffentlich nicht länger vorenthalten
werden können und die übrigen Güter in neue und,
ich denke, beſſere Pacht kommen. Sie ſollten Ihre
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[10/0020] hielt er es natürlich für gerathener, dieſen ſeinen ge¬ heimen Wünſchen keine Worte zu leihen, ſondern dem reizenden Einfall „dieſes romantiſchen Spaziergangs“ ein Compliment zu machen. „Es freut mich, wenn ich damit Ihrem Geſchmack entſprochen habe, lieber Felix,“ ſagte Anna-Maria; „ich geſtehe, ich hätte Ihnen ſo viel Sinn für die ein¬ fachen Freuden des Landlebens nicht zugetraut. Wie gut trifft es ſich, daß auch Helene dieſen Geſchmack theilt. Ihr werdet einmal ein recht verſtändiges, ſolides Leben führen, wie es ſich für eure Verhält¬ niſſe ſchickt.“ „Nun, meine Verhältniſſe, liebe Tante —“ „Werden ſich beſſern, ich bin davon überzeugt; aber Sie werden viel zu thun haben, lieber Felix, bis Sie ganz frei aufathmen können. Wie lange hat es gedauert, bis ſelbſt wir nur die allergrößten Hinder¬ niſſe aus dem Wege geräumt hatten! und von einer wirklichen Beherrſchung der Situation können wir erſt in ein paar Jahren ſprechen, wenn Stantow und Bärwalde uns hoffentlich nicht länger vorenthalten werden können und die übrigen Güter in neue und, ich denke, beſſere Pacht kommen. Sie ſollten Ihre Güter auch neu vermeſſen laſſen, lieber Felix. Sie finden in Timm einen fleißigen und geſchickten Arbeiter.

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Zitationshilfe: Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 4. Berlin, 1861, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische04_1861/20>, abgerufen am 29.03.2024.