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Sprengel, Christian Konrad: Das entdeckte Geheimniss der Natur im Bau und in der Befruchtung der Blumen. Berlin, 1793.

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Veronica. Wulfenia. Justicia.
weniger starke Stengel haben, dagegen diese einen schwachen auf
der Erde liegenden Stengel hat. Der Samen jener soll durch
den Wind verstreuet werden; daher müssen die Kapseln aufrecht
stehen, damit sie sich oberwärts öffnen, und der Samen nicht
herausfalle. Der Samen dieser hingegen kann wegen der ange-
zeigten Beschaffenheit und Stellung der Stengel nicht vom Winde
ausgesäet werden, sondern muß sich selbst durch das Ausfallen
aussäen. Deswegen müssen die Kapseln der Erde zugekehrt seyn,
damit sie sich unterwärts öffnen, und der Samen herausfalle.
Ob nun gleich der Wind den Samen nicht fortführt, so vermehrt
sich doch die Pflanze ungemein, und ist auf allen Aeckern häufig
anzutreffen. Dies kömmt daher, daß die Stengel sehr lang, und
der ganzen Länge nach mit Kapseln versehen sind, folglich eine
einzige Pflanze einen ziemlich großen Fleck Landes mit ihrem Sa-
men besäet, welcher hernach durch das Umpflügen des Ackers noch
weiter gebracht wird. Aus eben dieser Ursache ist es auch nicht
nöthig, daß der Samen dieser Art so klein und leicht sey, als der
Samen der übrigen Arten, welchen er an Grösse und Schwere
bey weitem übertrifft. Hierin, so wie in der Gestalt, kömmt
ihm der Samen der Veronica triphyllos am nächsten.

Wulfenia.

Wulfenia Carinthiaca. Jacqu. Miscell. Austriac.
P. II. p. 60. Tab. VIII. Fig.
1. Diese neue Gattung und Art
kenne ich bloß aus der von dem Herrn Verfasser gelieferten Be-
schreibung und Abbildung derselben (welches auch von den übrigen
Blumen gilt, welche ich aus seinen Werken anführen werde).
Ob nun gleich derselbe in jener vom Nectario nichts meldet, so
behaupte ich dennoch, daß diese Blume eine Saftblume ist. Ich
beweise dieses aus ihrer nahen Verwandtschaft mit der Veronica,
besonders aus dem Bau ihrer Krone, welche eine in der Mitte
weite, am obersten und untersten Ende aber engere Röhre hat,
wie die Krone der Veronica spicata, und aus der Saftdecke,
welche aus einer Reihe von Haaren besteht, mit welchen die Un-
terlippe vor der Oeffnung der Röhre besetzt ist. Die Saftdrüse
muß also an der Basis des Fruchtknotens sitzen, wenn dieser nicht
etwa selbst zugleich die Saftdrüse ist, und der Mahler hat im er-
sten Fall dieselbe wegen ihrer Kleinheit übersehen, und sie nicht
abgebildet, weil er nicht dazu angewiesen worden ist.

Justicia.

Justicia pulcherrima. Jacqu. Amer. p. 6.

Obgleich der Herr Verfasser so wenig, als Linne, bey die-
ser Gattung vom Nectario etwas meldet, so behaupte ich den-
[Spaltenumbruch]

Gratiola. Pinguicula.
noch, daß alle Arten Saftblumen sind, weil die Krone eine
Röhre hat. Bey dieser Art ist diese Röhre an der Basis weit,
hierauf wird sie enge, und alsdenn nach und nach wieder weit.
Daß sie über der Basis enge ist, dient bloß zur Abhaltung der
Regentropfen vom Saft. Vermuthlich ist sie auch daselbst inwen-
dig haaricht. Die Saftdrüse ist also entweder der Fruchtknoten
selbst, oder sitzt unten an demselben, und der Safthalter ist die
weite Basis der Kronenröhre.

Gratiola.

Gratiola officinalis. Gnadenkraut. Ist eine Saft-
blume.

1. Die Saftdrüse, welche Linne wegen ihrer Kleinheit
nicht gesehen hat, umgiebt die Basis des Fruchtknotens.

2. Der Safthalter ist der unterste inwendig glatte Theil der
Kronenröhre.

3. Da die Blume eine fast horizontale Stellung hat, und
nur sehr wenig in die Höhe gerichtet ist (daher sie auch irregulär
ist): so ist merkwürdig, und mir unerklärlich, daß die Saftdecke
nicht auf ihrer unteren Seite, wo man sie erwartet, sondern auf
der oberen angebracht ist. Dieselbe besteht aber aus den weichen
Haaren, welche sich an der Oeffnung der Kronenröhre befinden,
und sich in die Röhre hinein erstrecken.

4. Die Blume hat ein Saftmaal. Denn die Krone ist weiß,
jene Haare aber sind gelb, und die Kronenröhre ist auf der ober-
sten Seite braun, welche Farbe von außen schwach durch-
schimmert.

5. In der Blume halten sich Blasenfüße auf.

Pinguicula.

Pinguicula vulgaris. Titelkupfer Fig. XXIV. Die
vergrösserte Blume von vorne gesehen. Tab. I. 9--11. 13.

9. Dieselbe von der Seite gesehen.

10. Dieselbe von vorne gesehen, nachdem von der Krone
vorne so viel weggeschnitten worden, als die Linie a b in der vor-
hergehenden Figur anzeigt.

11. Das Pistill und die Staubgefäße von der Seite.

13. Dieselben von vorne.

Die Pflanze gehört zu denjenigen, welche in Deutschland
selten vorkommen. Auch habe ich dieselbe in der hiesigen Gegend
bisher nur auf einer einzigen Wiese, wo sie aber sehr häufig steht,
angetroffen. Diese Wiese liegt nicht weit hinter Staaken am Fuß-
steige, welcher von da nach Dalgow führt.

1. 2. Wenn eine Blume einen Sporn oder ein Horn hat,
so nennt Linne diesen Theil jedesmal Nectarium. Versteht er

D 2

[Spaltenumbruch]

Veronica. Wulfenia. Juſticia.
weniger ſtarke Stengel haben, dagegen dieſe einen ſchwachen auf
der Erde liegenden Stengel hat. Der Samen jener ſoll durch
den Wind verſtreuet werden; daher muͤſſen die Kapſeln aufrecht
ſtehen, damit ſie ſich oberwaͤrts oͤffnen, und der Samen nicht
herausfalle. Der Samen dieſer hingegen kann wegen der ange-
zeigten Beſchaffenheit und Stellung der Stengel nicht vom Winde
ausgeſaͤet werden, ſondern muß ſich ſelbſt durch das Ausfallen
ausſaͤen. Deswegen muͤſſen die Kapſeln der Erde zugekehrt ſeyn,
damit ſie ſich unterwaͤrts oͤffnen, und der Samen herausfalle.
Ob nun gleich der Wind den Samen nicht fortfuͤhrt, ſo vermehrt
ſich doch die Pflanze ungemein, und iſt auf allen Aeckern haͤufig
anzutreffen. Dies koͤmmt daher, daß die Stengel ſehr lang, und
der ganzen Laͤnge nach mit Kapſeln verſehen ſind, folglich eine
einzige Pflanze einen ziemlich großen Fleck Landes mit ihrem Sa-
men beſaͤet, welcher hernach durch das Umpfluͤgen des Ackers noch
weiter gebracht wird. Aus eben dieſer Urſache iſt es auch nicht
noͤthig, daß der Samen dieſer Art ſo klein und leicht ſey, als der
Samen der uͤbrigen Arten, welchen er an Groͤſſe und Schwere
bey weitem uͤbertrifft. Hierin, ſo wie in der Geſtalt, koͤmmt
ihm der Samen der Veronica triphyllos am naͤchſten.

Wulfenia.

Wulfenia Carinthiaca. Jacqu. Miſcell. Auſtriac.
P. II. p. 60. Tab. VIII. Fig.
1. Dieſe neue Gattung und Art
kenne ich bloß aus der von dem Herrn Verfaſſer gelieferten Be-
ſchreibung und Abbildung derſelben (welches auch von den uͤbrigen
Blumen gilt, welche ich aus ſeinen Werken anfuͤhren werde).
Ob nun gleich derſelbe in jener vom Nectario nichts meldet, ſo
behaupte ich dennoch, daß dieſe Blume eine Saftblume iſt. Ich
beweiſe dieſes aus ihrer nahen Verwandtſchaft mit der Veronica,
beſonders aus dem Bau ihrer Krone, welche eine in der Mitte
weite, am oberſten und unterſten Ende aber engere Roͤhre hat,
wie die Krone der Veronica ſpicata, und aus der Saftdecke,
welche aus einer Reihe von Haaren beſteht, mit welchen die Un-
terlippe vor der Oeffnung der Roͤhre beſetzt iſt. Die Saftdruͤſe
muß alſo an der Baſis des Fruchtknotens ſitzen, wenn dieſer nicht
etwa ſelbſt zugleich die Saftdruͤſe iſt, und der Mahler hat im er-
ſten Fall dieſelbe wegen ihrer Kleinheit uͤberſehen, und ſie nicht
abgebildet, weil er nicht dazu angewieſen worden iſt.

Juſticia.

Juſticia pulcherrima. Jacqu. Amer. p. 6.

Obgleich der Herr Verfaſſer ſo wenig, als Linné, bey die-
ſer Gattung vom Nectario etwas meldet, ſo behaupte ich den-
[Spaltenumbruch]

Gratiola. Pinguicula.
noch, daß alle Arten Saftblumen ſind, weil die Krone eine
Roͤhre hat. Bey dieſer Art iſt dieſe Roͤhre an der Baſis weit,
hierauf wird ſie enge, und alsdenn nach und nach wieder weit.
Daß ſie uͤber der Baſis enge iſt, dient bloß zur Abhaltung der
Regentropfen vom Saft. Vermuthlich iſt ſie auch daſelbſt inwen-
dig haaricht. Die Saftdruͤſe iſt alſo entweder der Fruchtknoten
ſelbſt, oder ſitzt unten an demſelben, und der Safthalter iſt die
weite Baſis der Kronenroͤhre.

Gratiola.

Gratiola officinalis. Gnadenkraut. Iſt eine Saft-
blume.

1. Die Saftdruͤſe, welche Linné wegen ihrer Kleinheit
nicht geſehen hat, umgiebt die Baſis des Fruchtknotens.

2. Der Safthalter iſt der unterſte inwendig glatte Theil der
Kronenroͤhre.

3. Da die Blume eine faſt horizontale Stellung hat, und
nur ſehr wenig in die Hoͤhe gerichtet iſt (daher ſie auch irregulaͤr
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nicht auf ihrer unteren Seite, wo man ſie erwartet, ſondern auf
der oberen angebracht iſt. Dieſelbe beſteht aber aus den weichen
Haaren, welche ſich an der Oeffnung der Kronenroͤhre befinden,
und ſich in die Roͤhre hinein erſtrecken.

4. Die Blume hat ein Saftmaal. Denn die Krone iſt weiß,
jene Haare aber ſind gelb, und die Kronenroͤhre iſt auf der ober-
ſten Seite braun, welche Farbe von außen ſchwach durch-
ſchimmert.

5. In der Blume halten ſich Blaſenfuͤße auf.

Pinguicula.

Pinguicula vulgaris. Titelkupfer Fig. XXIV. Die
vergroͤſſerte Blume von vorne geſehen. Tab. I. 9—11. 13.

9. Dieſelbe von der Seite geſehen.

10. Dieſelbe von vorne geſehen, nachdem von der Krone
vorne ſo viel weggeſchnitten worden, als die Linie a b in der vor-
hergehenden Figur anzeigt.

11. Das Piſtill und die Staubgefaͤße von der Seite.

13. Dieſelben von vorne.

Die Pflanze gehoͤrt zu denjenigen, welche in Deutſchland
ſelten vorkommen. Auch habe ich dieſelbe in der hieſigen Gegend
bisher nur auf einer einzigen Wieſe, wo ſie aber ſehr haͤufig ſteht,
angetroffen. Dieſe Wieſe liegt nicht weit hinter Staaken am Fuß-
ſteige, welcher von da nach Dalgow fuͤhrt.

1. 2. Wenn eine Blume einen Sporn oder ein Horn hat,
ſo nennt Linné dieſen Theil jedesmal Nectarium. Verſteht er

D 2
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[[39]/0039] Veronica. Wulfenia. Juſticia. Gratiola. Pinguicula. weniger ſtarke Stengel haben, dagegen dieſe einen ſchwachen auf der Erde liegenden Stengel hat. Der Samen jener ſoll durch den Wind verſtreuet werden; daher muͤſſen die Kapſeln aufrecht ſtehen, damit ſie ſich oberwaͤrts oͤffnen, und der Samen nicht herausfalle. Der Samen dieſer hingegen kann wegen der ange- zeigten Beſchaffenheit und Stellung der Stengel nicht vom Winde ausgeſaͤet werden, ſondern muß ſich ſelbſt durch das Ausfallen ausſaͤen. Deswegen muͤſſen die Kapſeln der Erde zugekehrt ſeyn, damit ſie ſich unterwaͤrts oͤffnen, und der Samen herausfalle. Ob nun gleich der Wind den Samen nicht fortfuͤhrt, ſo vermehrt ſich doch die Pflanze ungemein, und iſt auf allen Aeckern haͤufig anzutreffen. Dies koͤmmt daher, daß die Stengel ſehr lang, und der ganzen Laͤnge nach mit Kapſeln verſehen ſind, folglich eine einzige Pflanze einen ziemlich großen Fleck Landes mit ihrem Sa- men beſaͤet, welcher hernach durch das Umpfluͤgen des Ackers noch weiter gebracht wird. Aus eben dieſer Urſache iſt es auch nicht noͤthig, daß der Samen dieſer Art ſo klein und leicht ſey, als der Samen der uͤbrigen Arten, welchen er an Groͤſſe und Schwere bey weitem uͤbertrifft. Hierin, ſo wie in der Geſtalt, koͤmmt ihm der Samen der Veronica triphyllos am naͤchſten. Wulfenia. Wulfenia Carinthiaca. Jacqu. Miſcell. Auſtriac. P. II. p. 60. Tab. VIII. Fig. 1. Dieſe neue Gattung und Art kenne ich bloß aus der von dem Herrn Verfaſſer gelieferten Be- ſchreibung und Abbildung derſelben (welches auch von den uͤbrigen Blumen gilt, welche ich aus ſeinen Werken anfuͤhren werde). Ob nun gleich derſelbe in jener vom Nectario nichts meldet, ſo behaupte ich dennoch, daß dieſe Blume eine Saftblume iſt. Ich beweiſe dieſes aus ihrer nahen Verwandtſchaft mit der Veronica, beſonders aus dem Bau ihrer Krone, welche eine in der Mitte weite, am oberſten und unterſten Ende aber engere Roͤhre hat, wie die Krone der Veronica ſpicata, und aus der Saftdecke, welche aus einer Reihe von Haaren beſteht, mit welchen die Un- terlippe vor der Oeffnung der Roͤhre beſetzt iſt. Die Saftdruͤſe muß alſo an der Baſis des Fruchtknotens ſitzen, wenn dieſer nicht etwa ſelbſt zugleich die Saftdruͤſe iſt, und der Mahler hat im er- ſten Fall dieſelbe wegen ihrer Kleinheit uͤberſehen, und ſie nicht abgebildet, weil er nicht dazu angewieſen worden iſt. Juſticia. Juſticia pulcherrima. Jacqu. Amer. p. 6. Obgleich der Herr Verfaſſer ſo wenig, als Linné, bey die- ſer Gattung vom Nectario etwas meldet, ſo behaupte ich den- noch, daß alle Arten Saftblumen ſind, weil die Krone eine Roͤhre hat. Bey dieſer Art iſt dieſe Roͤhre an der Baſis weit, hierauf wird ſie enge, und alsdenn nach und nach wieder weit. Daß ſie uͤber der Baſis enge iſt, dient bloß zur Abhaltung der Regentropfen vom Saft. Vermuthlich iſt ſie auch daſelbſt inwen- dig haaricht. Die Saftdruͤſe iſt alſo entweder der Fruchtknoten ſelbſt, oder ſitzt unten an demſelben, und der Safthalter iſt die weite Baſis der Kronenroͤhre. Gratiola. Gratiola officinalis. Gnadenkraut. Iſt eine Saft- blume. 1. Die Saftdruͤſe, welche Linné wegen ihrer Kleinheit nicht geſehen hat, umgiebt die Baſis des Fruchtknotens. 2. Der Safthalter iſt der unterſte inwendig glatte Theil der Kronenroͤhre. 3. Da die Blume eine faſt horizontale Stellung hat, und nur ſehr wenig in die Hoͤhe gerichtet iſt (daher ſie auch irregulaͤr iſt): ſo iſt merkwuͤrdig, und mir unerklaͤrlich, daß die Saftdecke nicht auf ihrer unteren Seite, wo man ſie erwartet, ſondern auf der oberen angebracht iſt. Dieſelbe beſteht aber aus den weichen Haaren, welche ſich an der Oeffnung der Kronenroͤhre befinden, und ſich in die Roͤhre hinein erſtrecken. 4. Die Blume hat ein Saftmaal. Denn die Krone iſt weiß, jene Haare aber ſind gelb, und die Kronenroͤhre iſt auf der ober- ſten Seite braun, welche Farbe von außen ſchwach durch- ſchimmert. 5. In der Blume halten ſich Blaſenfuͤße auf. Pinguicula. Pinguicula vulgaris. Titelkupfer Fig. XXIV. Die vergroͤſſerte Blume von vorne geſehen. Tab. I. 9—11. 13. 9. Dieſelbe von der Seite geſehen. 10. Dieſelbe von vorne geſehen, nachdem von der Krone vorne ſo viel weggeſchnitten worden, als die Linie a b in der vor- hergehenden Figur anzeigt. 11. Das Piſtill und die Staubgefaͤße von der Seite. 13. Dieſelben von vorne. Die Pflanze gehoͤrt zu denjenigen, welche in Deutſchland ſelten vorkommen. Auch habe ich dieſelbe in der hieſigen Gegend bisher nur auf einer einzigen Wieſe, wo ſie aber ſehr haͤufig ſteht, angetroffen. Dieſe Wieſe liegt nicht weit hinter Staaken am Fuß- ſteige, welcher von da nach Dalgow fuͤhrt. 1. 2. Wenn eine Blume einen Sporn oder ein Horn hat, ſo nennt Linné dieſen Theil jedesmal Nectarium. Verſteht er D 2

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Zitationshilfe: Sprengel, Christian Konrad: Das entdeckte Geheimniss der Natur im Bau und in der Befruchtung der Blumen. Berlin, 1793, S. [39]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sprengel_blumen_1793/39>, abgerufen am 29.03.2024.