punkt das frühere deutsche Recht; so in allen Verfassungen (Bundesbeschluß von 1854). Dann freies Vereins- und Versammlungsrecht. Preußen: Rönne, Staatsrecht I. 100. Oesterreich: Früheres polizeiliches Vereinsrecht (Gesetz von 1852); neues freies Recht (Gesetz vom 25. Dec. 1867). Bayern: Gesetz vom 26. Febr. 1850. Vergl. Stein, Polizeirecht S. 112--115.
Die Volksbewegungen im vorigen Jahrhundert noch rechtlos; dann Entstehung der französischen Gesetzgebung über Attroupements seit Gesetz vom 21. Okt. 1789, und Subsummirung unter das Strafgesetz (Code Pen. I. 4). Darnach das deutsche Recht gebildet: Preußen (Verordnung von 1798 und 17. Aug. 1835); wichtig das Princip der Solidarität der Theilnahme und Haftung der Gemeinden (Gesetz vom 11. März 1850). Rönne, Staatsrecht II. 346. Bayern: Gesetz vom 12. März 1850 (über Haftung der Gemeinden) und Gesetz vom 4. Mai 1851 über Anwendung von Waffen. Sachsen (Gesetz vom 11. Mai 1851). Uebrigens ist das Ganze nicht sehr ausgebildet.
Belagerungszustand: Grundlage die französische Gesetzgebung vom 10. Frim. an V und Hauptgesetz vom 24. Dec. 1810. In Deutschland wenig klar; meist unbestimmt unter das Wesen der Nothverordnungen (Ausnahms- gesetze) subsumirt, ohne genaue Bestimmungen. (Vergl. Mittermaier, Archiv des Criminalrechts 1849. Stein, Polizeirecht S. 124--132.) Das beste Gesetz über den Ausnahmszustand ist unzweifelhaft das österreichische Gesetz vom 5. Mai 1869 über Suspension der Art. 8. 9. 10. 12. 13 des Staatsgrund- gesetzes vom 31. Dec. 1867 bei hochverrätherischen oder sonst die Verfassung bedrohenden oder die persönliche Freiheit gefährdenden Umtrieben" mit genauer Bezeichnung des ganzen von der Regierung einzuhaltenden Verfahrens.
II. Die Einzelpolizei.
Die Einzelpolizei tritt nun da ein, wo eine einzelne Persönlichkeit als solche eine gefährliche ist. Gerade nun das, daß dieser Begriff sich nicht formell definiren und daß sich andererseits das Recht der Polizei, gegen den wirklich Gefährlichen einzuschreiten, nicht bestreiten läßt, hat bis zur Entstehung der Verfassung die ganze persönliche Freiheit in das Ermessen der Polizei gestellt. Es kam daher dem neunzehnten Jahrhundert, da es das Polizeirecht an sich weder gänzlich negiren wollte noch konnte, darauf an, gerade dieß Recht der Polizei mit den möglichst genau bestimmten gesetzlichen Schranken zu umgeben. Das sind die Gesetze über die "persönliche Freiheit" der Staatsbürger, ent- weder in der Verfassungsurkunde enthalten wie in den meisten deutschen Verfassungen, oder als selbständige Gesetze erlassen, wie die Habeas Corpus-Akte oder die vortrefflichen österreichischen Gesetze vom 27. Okt. 1862 zum Schutze der persönlichen Freiheit und des Hausrechts und Briefgeheimniß (Staatsgrundgesetz vom 21. Dec. 1867, Art. 10). Die Entwicklung dieser Gesetze enthält die Bestimmung über Recht und Ver- fahren der Polizei bei Verhaftung, Hausdurchsuchung und Beschlagnahme.
punkt das frühere deutſche Recht; ſo in allen Verfaſſungen (Bundesbeſchluß von 1854). Dann freies Vereins- und Verſammlungsrecht. Preußen: Rönne, Staatsrecht I. 100. Oeſterreich: Früheres polizeiliches Vereinsrecht (Geſetz von 1852); neues freies Recht (Geſetz vom 25. Dec. 1867). Bayern: Geſetz vom 26. Febr. 1850. Vergl. Stein, Polizeirecht S. 112—115.
Die Volksbewegungen im vorigen Jahrhundert noch rechtlos; dann Entſtehung der franzöſiſchen Geſetzgebung über Attroupements ſeit Geſetz vom 21. Okt. 1789, und Subſummirung unter das Strafgeſetz (Code Pén. I. 4). Darnach das deutſche Recht gebildet: Preußen (Verordnung von 1798 und 17. Aug. 1835); wichtig das Princip der Solidarität der Theilnahme und Haftung der Gemeinden (Geſetz vom 11. März 1850). Rönne, Staatsrecht II. 346. Bayern: Geſetz vom 12. März 1850 (über Haftung der Gemeinden) und Geſetz vom 4. Mai 1851 über Anwendung von Waffen. Sachſen (Geſetz vom 11. Mai 1851). Uebrigens iſt das Ganze nicht ſehr ausgebildet.
Belagerungszuſtand: Grundlage die franzöſiſche Geſetzgebung vom 10. Frim. an V und Hauptgeſetz vom 24. Dec. 1810. In Deutſchland wenig klar; meiſt unbeſtimmt unter das Weſen der Nothverordnungen (Ausnahms- geſetze) ſubſumirt, ohne genaue Beſtimmungen. (Vergl. Mittermaier, Archiv des Criminalrechts 1849. Stein, Polizeirecht S. 124—132.) Das beſte Geſetz über den Ausnahmszuſtand iſt unzweifelhaft das öſterreichiſche Geſetz vom 5. Mai 1869 über Suſpenſion der Art. 8. 9. 10. 12. 13 des Staatsgrund- geſetzes vom 31. Dec. 1867 bei hochverrätheriſchen oder ſonſt die Verfaſſung bedrohenden oder die perſönliche Freiheit gefährdenden Umtrieben“ mit genauer Bezeichnung des ganzen von der Regierung einzuhaltenden Verfahrens.
II. Die Einzelpolizei.
Die Einzelpolizei tritt nun da ein, wo eine einzelne Perſönlichkeit als ſolche eine gefährliche iſt. Gerade nun das, daß dieſer Begriff ſich nicht formell definiren und daß ſich andererſeits das Recht der Polizei, gegen den wirklich Gefährlichen einzuſchreiten, nicht beſtreiten läßt, hat bis zur Entſtehung der Verfaſſung die ganze perſönliche Freiheit in das Ermeſſen der Polizei geſtellt. Es kam daher dem neunzehnten Jahrhundert, da es das Polizeirecht an ſich weder gänzlich negiren wollte noch konnte, darauf an, gerade dieß Recht der Polizei mit den möglichſt genau beſtimmten geſetzlichen Schranken zu umgeben. Das ſind die Geſetze über die „perſönliche Freiheit“ der Staatsbürger, ent- weder in der Verfaſſungsurkunde enthalten wie in den meiſten deutſchen Verfaſſungen, oder als ſelbſtändige Geſetze erlaſſen, wie die Habeas Corpus-Akte oder die vortrefflichen öſterreichiſchen Geſetze vom 27. Okt. 1862 zum Schutze der perſönlichen Freiheit und des Hausrechts und Briefgeheimniß (Staatsgrundgeſetz vom 21. Dec. 1867, Art. 10). Die Entwicklung dieſer Geſetze enthält die Beſtimmung über Recht und Ver- fahren der Polizei bei Verhaftung, Hausdurchſuchung und Beſchlagnahme.
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[102/0126]
punkt das frühere deutſche Recht; ſo in allen Verfaſſungen (Bundesbeſchluß von
1854). Dann freies Vereins- und Verſammlungsrecht. Preußen: Rönne,
Staatsrecht I. 100. Oeſterreich: Früheres polizeiliches Vereinsrecht (Geſetz
von 1852); neues freies Recht (Geſetz vom 25. Dec. 1867). Bayern: Geſetz
vom 26. Febr. 1850. Vergl. Stein, Polizeirecht S. 112—115.
Die Volksbewegungen im vorigen Jahrhundert noch rechtlos; dann
Entſtehung der franzöſiſchen Geſetzgebung über Attroupements ſeit Geſetz vom
21. Okt. 1789, und Subſummirung unter das Strafgeſetz (Code Pén. I. 4).
Darnach das deutſche Recht gebildet: Preußen (Verordnung von 1798 und
17. Aug. 1835); wichtig das Princip der Solidarität der Theilnahme und
Haftung der Gemeinden (Geſetz vom 11. März 1850). Rönne, Staatsrecht
II. 346. Bayern: Geſetz vom 12. März 1850 (über Haftung der Gemeinden)
und Geſetz vom 4. Mai 1851 über Anwendung von Waffen. Sachſen (Geſetz
vom 11. Mai 1851). Uebrigens iſt das Ganze nicht ſehr ausgebildet.
Belagerungszuſtand: Grundlage die franzöſiſche Geſetzgebung vom
10. Frim. an V und Hauptgeſetz vom 24. Dec. 1810. In Deutſchland wenig
klar; meiſt unbeſtimmt unter das Weſen der Nothverordnungen (Ausnahms-
geſetze) ſubſumirt, ohne genaue Beſtimmungen. (Vergl. Mittermaier, Archiv
des Criminalrechts 1849. Stein, Polizeirecht S. 124—132.) Das beſte
Geſetz über den Ausnahmszuſtand iſt unzweifelhaft das öſterreichiſche Geſetz
vom 5. Mai 1869 über Suſpenſion der Art. 8. 9. 10. 12. 13 des Staatsgrund-
geſetzes vom 31. Dec. 1867 bei hochverrätheriſchen oder ſonſt die Verfaſſung
bedrohenden oder die perſönliche Freiheit gefährdenden Umtrieben“ mit genauer
Bezeichnung des ganzen von der Regierung einzuhaltenden Verfahrens.
II. Die Einzelpolizei.
Die Einzelpolizei tritt nun da ein, wo eine einzelne Perſönlichkeit
als ſolche eine gefährliche iſt. Gerade nun das, daß dieſer Begriff ſich
nicht formell definiren und daß ſich andererſeits das Recht der Polizei,
gegen den wirklich Gefährlichen einzuſchreiten, nicht beſtreiten läßt,
hat bis zur Entſtehung der Verfaſſung die ganze perſönliche Freiheit
in das Ermeſſen der Polizei geſtellt. Es kam daher dem neunzehnten
Jahrhundert, da es das Polizeirecht an ſich weder gänzlich negiren
wollte noch konnte, darauf an, gerade dieß Recht der Polizei mit den
möglichſt genau beſtimmten geſetzlichen Schranken zu umgeben. Das
ſind die Geſetze über die „perſönliche Freiheit“ der Staatsbürger, ent-
weder in der Verfaſſungsurkunde enthalten wie in den meiſten deutſchen
Verfaſſungen, oder als ſelbſtändige Geſetze erlaſſen, wie die Habeas
Corpus-Akte oder die vortrefflichen öſterreichiſchen Geſetze vom 27. Okt.
1862 zum Schutze der perſönlichen Freiheit und des Hausrechts und
Briefgeheimniß (Staatsgrundgeſetz vom 21. Dec. 1867, Art. 10). Die
Entwicklung dieſer Geſetze enthält die Beſtimmung über Recht und Ver-
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Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_handbuch_1870/126>, abgerufen am 29.03.2024.
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