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Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870.

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Die Fahrpostentaxen bleiben dagegen naturgemäß territorial; das inter-
nationale System derselben hat man in den Conventionen der Eisen-
bahnen zu suchen.

Eine Geschichte des Portowesens mangelt; sehr viele Klagen und sehr
viel einzelnes Material bei Klüber, Herrfeld, Müller, Reform des Post-
wesens 1843. Die beste Geschichte des Entstehens und der Kämpfe des Hill-
schen Systems in Hüttner, Beiträge zur Kenntniß des Postwesens, 2. Jahrg.
1848. Den Kampf in Deutschland bei Herrfeld und Müller. Die wich-
tige Frage, ob dann das Herabgehen des Portosatzes unter die Gestehungs-
kosten des Postbetriebes, wenn auch mit Aussicht auf Ausgleichung durch
spätere Zunahme, gerechtfertigt sei, ist wenig untersucht. Ueber England
vgl. Vocke a. a. O.; Morton Peto, On taxation 1863.

B. Das Postrecht.

Begriff.

Das Postrecht im weitesten Sinne enthält nun die Gesammtheit
von Rechtsverhälinissen, welche durch die Thätigkeit dieser Postverwal-
tung zwischen ihr und den Einzelnen entstehen. Das Princip für das-
selbe ist die Modifikation des an sich privatrechtlichen Beförderungs-
unternehmens und Beförderungsvertrages durch das höhere administrative
Wesen der Post. Das letztere ist ausgedrückt im Begriff der Regalität.
Das Postrecht erscheint daher als das rechtliche System der Regalität
der Post.

Diese Regalität aber hat zwei historische Grundformen. Sie ist
hier wie immer zuerst eine reine finanzielle, welche die Post als
Einnahmsquelle behandelt; dann wird sie mit dem neunzehnten Jahr-
hundert ein wirthschaftliches Hoheitsrecht, in welchem das aus-
schließliche Recht des Regals nur deßhalb und nur so weit aufrecht
erhalten wird, als die staatliche Funktion der Post es fordert.

Jeder Theil des Postrechts hat daher beide Epochen durchgemacht,
und vermöge derselben eine doppelte Gestalt. Die Grundlage der Ent-
wicklung aber ist die Bewegung zur größeren Freiheit im ganzen
Postwesen, welche zwar nicht das Postregal aufhebt, wohl aber es
gegenüber der Einzelthätigkeit auf die möglichst engen Gränzen zurück-
führt. Es ist keine Frage, daß wir in dieser Beziehung noch vielfach
im Uebergange, namentlich in den einzelnen Bestimmungen der Regalität
begriffen sind. Um so nothwendiger ist es, die festen systematischen
Grundlagen für das ganze Gebiet aufzustellen, um daran die weitere
Entwicklung messen zu können.

Die Begriffe von der Regalität sind überhaupt nur dadurch unklar, daß
man regelmäßig bei dem historisch begründeten finanziellen Regal stehen

Die Fahrpoſtentaxen bleiben dagegen naturgemäß territorial; das inter-
nationale Syſtem derſelben hat man in den Conventionen der Eiſen-
bahnen zu ſuchen.

Eine Geſchichte des Portoweſens mangelt; ſehr viele Klagen und ſehr
viel einzelnes Material bei Klüber, Herrfeld, Müller, Reform des Poſt-
weſens 1843. Die beſte Geſchichte des Entſtehens und der Kämpfe des Hill-
ſchen Syſtems in Hüttner, Beiträge zur Kenntniß des Poſtweſens, 2. Jahrg.
1848. Den Kampf in Deutſchland bei Herrfeld und Müller. Die wich-
tige Frage, ob dann das Herabgehen des Portoſatzes unter die Geſtehungs-
koſten des Poſtbetriebes, wenn auch mit Ausſicht auf Ausgleichung durch
ſpätere Zunahme, gerechtfertigt ſei, iſt wenig unterſucht. Ueber England
vgl. Vocke a. a. O.; Morton Peto, On taxation 1863.

B. Das Poſtrecht.

Begriff.

Das Poſtrecht im weiteſten Sinne enthält nun die Geſammtheit
von Rechtsverhäliniſſen, welche durch die Thätigkeit dieſer Poſtverwal-
tung zwiſchen ihr und den Einzelnen entſtehen. Das Princip für das-
ſelbe iſt die Modifikation des an ſich privatrechtlichen Beförderungs-
unternehmens und Beförderungsvertrages durch das höhere adminiſtrative
Weſen der Poſt. Das letztere iſt ausgedrückt im Begriff der Regalität.
Das Poſtrecht erſcheint daher als das rechtliche Syſtem der Regalität
der Poſt.

Dieſe Regalität aber hat zwei hiſtoriſche Grundformen. Sie iſt
hier wie immer zuerſt eine reine finanzielle, welche die Poſt als
Einnahmsquelle behandelt; dann wird ſie mit dem neunzehnten Jahr-
hundert ein wirthſchaftliches Hoheitsrecht, in welchem das aus-
ſchließliche Recht des Regals nur deßhalb und nur ſo weit aufrecht
erhalten wird, als die ſtaatliche Funktion der Poſt es fordert.

Jeder Theil des Poſtrechts hat daher beide Epochen durchgemacht,
und vermöge derſelben eine doppelte Geſtalt. Die Grundlage der Ent-
wicklung aber iſt die Bewegung zur größeren Freiheit im ganzen
Poſtweſen, welche zwar nicht das Poſtregal aufhebt, wohl aber es
gegenüber der Einzelthätigkeit auf die möglichſt engen Gränzen zurück-
führt. Es iſt keine Frage, daß wir in dieſer Beziehung noch vielfach
im Uebergange, namentlich in den einzelnen Beſtimmungen der Regalität
begriffen ſind. Um ſo nothwendiger iſt es, die feſten ſyſtematiſchen
Grundlagen für das ganze Gebiet aufzuſtellen, um daran die weitere
Entwicklung meſſen zu können.

Die Begriffe von der Regalität ſind überhaupt nur dadurch unklar, daß
man regelmäßig bei dem hiſtoriſch begründeten finanziellen Regal ſtehen

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[205/0229] Die Fahrpoſtentaxen bleiben dagegen naturgemäß territorial; das inter- nationale Syſtem derſelben hat man in den Conventionen der Eiſen- bahnen zu ſuchen. Eine Geſchichte des Portoweſens mangelt; ſehr viele Klagen und ſehr viel einzelnes Material bei Klüber, Herrfeld, Müller, Reform des Poſt- weſens 1843. Die beſte Geſchichte des Entſtehens und der Kämpfe des Hill- ſchen Syſtems in Hüttner, Beiträge zur Kenntniß des Poſtweſens, 2. Jahrg. 1848. Den Kampf in Deutſchland bei Herrfeld und Müller. Die wich- tige Frage, ob dann das Herabgehen des Portoſatzes unter die Geſtehungs- koſten des Poſtbetriebes, wenn auch mit Ausſicht auf Ausgleichung durch ſpätere Zunahme, gerechtfertigt ſei, iſt wenig unterſucht. Ueber England vgl. Vocke a. a. O.; Morton Peto, On taxation 1863. B. Das Poſtrecht. Begriff. Das Poſtrecht im weiteſten Sinne enthält nun die Geſammtheit von Rechtsverhäliniſſen, welche durch die Thätigkeit dieſer Poſtverwal- tung zwiſchen ihr und den Einzelnen entſtehen. Das Princip für das- ſelbe iſt die Modifikation des an ſich privatrechtlichen Beförderungs- unternehmens und Beförderungsvertrages durch das höhere adminiſtrative Weſen der Poſt. Das letztere iſt ausgedrückt im Begriff der Regalität. Das Poſtrecht erſcheint daher als das rechtliche Syſtem der Regalität der Poſt. Dieſe Regalität aber hat zwei hiſtoriſche Grundformen. Sie iſt hier wie immer zuerſt eine reine finanzielle, welche die Poſt als Einnahmsquelle behandelt; dann wird ſie mit dem neunzehnten Jahr- hundert ein wirthſchaftliches Hoheitsrecht, in welchem das aus- ſchließliche Recht des Regals nur deßhalb und nur ſo weit aufrecht erhalten wird, als die ſtaatliche Funktion der Poſt es fordert. Jeder Theil des Poſtrechts hat daher beide Epochen durchgemacht, und vermöge derſelben eine doppelte Geſtalt. Die Grundlage der Ent- wicklung aber iſt die Bewegung zur größeren Freiheit im ganzen Poſtweſen, welche zwar nicht das Poſtregal aufhebt, wohl aber es gegenüber der Einzelthätigkeit auf die möglichſt engen Gränzen zurück- führt. Es iſt keine Frage, daß wir in dieſer Beziehung noch vielfach im Uebergange, namentlich in den einzelnen Beſtimmungen der Regalität begriffen ſind. Um ſo nothwendiger iſt es, die feſten ſyſtematiſchen Grundlagen für das ganze Gebiet aufzuſtellen, um daran die weitere Entwicklung meſſen zu können. Die Begriffe von der Regalität ſind überhaupt nur dadurch unklar, daß man regelmäßig bei dem hiſtoriſch begründeten finanziellen Regal ſtehen

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_handbuch_1870/229>, abgerufen am 28.03.2024.