populationistische Einwanderungswesen. Grundsatz desselben ist die möglichste Beförderung der Einwanderung, und zwar theils durch direkte Unterstützung, theils durch Einräumung von großen Rechten der Selbstverwaltung; es kommt jedoch überhaupt nur in einzelnen Staaten Deutschlands vor und verschwindet mit dem Ende des vorigen Jahrhunderts. Der Grundsatz des gegenwärtigen Jahrhunderts ist das Aufgeben aller Art solcher Unterstützungen, dagegen auch die Be- seitigung aller ständisch rechtlichen Hemmnisse der Niederlassung, also die freie Bewegung der Einwanderung, jedoch in der Weise, daß bei völlig (England, Frankreich) oder beinahe völlig (deutsche Staaten) freier Niederlassung (Freizügigkeit) der Erwerb der Gemeindeangehörig- keit und des Heimathrechts von den Grundsätzen der Gemeindeordnung, der Erwerb des Staatsbürgerthums oder Indigenats dagegen von denen des Staatsrechts abhängig wird, so daß das Einwanderungsrecht jetzt sich in drei selbständigen Theilen oder Momenten auflöst: 1) Nie- derlassungsrecht oder Freizügigkeit; 2) Heimathsrecht, oben dar- gestellt, und 3) Indigenat, das als Erwerb des Staatsbürgerthums dem Verfassungsrecht angehört. Das Einwanderungswesen des vorigen Jahrhunderts ist somit als verschwunden anzusehen, und im Grunde besteht das Einwanderungsrecht gegenwärtig nur noch im freien Nieder- lassungsrecht oder der Freizügigkeit, die wiederum als Theil des Heimath- wesens anzusehen ist.
Literatur. Durch Mangel an Unterscheidung zwischen Einwanderung und Auswanderung ohne bedeutenden Einfluß. Colonienfrage. Roscher, Colonien. Rau, II. 1. Mohl, Polizeiwissenschaft I. 113. GerstnerII. 195. 196. -- Gegenstand specieller Untersuchung noch für Oesterreich: Czörnig, Ethnographie der österreichischen Monarchie Bd. II.Höfken, Colonisation von Ungarn 1858. Frühere Literatur: populationistischer Standpunkt, jedoch mit Zweifel über den unbedingten Werth der Einwanderung. Süßmilch II. 14. Justi, II. 8. Hauptst. Anerkennung der Freiheit der Bewegung als bestes und allein leitendes Princip mit Anfang dieses Jahrhunderts. Berg, II. 38. Möser, Phantasien Bd. II.Jacobs, Polizeigesetzgebung §. 100. Hervorheben des ethischen Elements: Soden, nach Heerens Ideen. Natio- nalökonomie 1807.
Gesetzgebung. Deutschland. Abstrakte Anerkennung der Einwan- derungsfreiheit durch Erwerb von Grundbesitz (Bundesakte Art. 18); in der Wirklichkeit nicht geltend. Zöpfl, Deutsches Staatsrecht II. §. 288. Selb- ständig nur im vorigen Jahrhundert, speciell in Preußen für die (französische) Einwanderung: Fischer, Polizeigesetze Bd. I. §. 527--47. 571. Berg, Polizei- recht II. 39. -- Oesterreich: Kopetz, Polizeigesetzkunde I. 108. Gegen- wärtig als selbständiges Gebiet verschwunden, und nur noch als Theil des Heimathsrechts zu betrachten. Stein, Innere Verwaltungslehre S. 168--182.
populationiſtiſche Einwanderungsweſen. Grundſatz deſſelben iſt die möglichſte Beförderung der Einwanderung, und zwar theils durch direkte Unterſtützung, theils durch Einräumung von großen Rechten der Selbſtverwaltung; es kommt jedoch überhaupt nur in einzelnen Staaten Deutſchlands vor und verſchwindet mit dem Ende des vorigen Jahrhunderts. Der Grundſatz des gegenwärtigen Jahrhunderts iſt das Aufgeben aller Art ſolcher Unterſtützungen, dagegen auch die Be- ſeitigung aller ſtändiſch rechtlichen Hemmniſſe der Niederlaſſung, alſo die freie Bewegung der Einwanderung, jedoch in der Weiſe, daß bei völlig (England, Frankreich) oder beinahe völlig (deutſche Staaten) freier Niederlaſſung (Freizügigkeit) der Erwerb der Gemeindeangehörig- keit und des Heimathrechts von den Grundſätzen der Gemeindeordnung, der Erwerb des Staatsbürgerthums oder Indigenats dagegen von denen des Staatsrechts abhängig wird, ſo daß das Einwanderungsrecht jetzt ſich in drei ſelbſtändigen Theilen oder Momenten auflöst: 1) Nie- derlaſſungsrecht oder Freizügigkeit; 2) Heimathsrecht, oben dar- geſtellt, und 3) Indigenat, das als Erwerb des Staatsbürgerthums dem Verfaſſungsrecht angehört. Das Einwanderungsweſen des vorigen Jahrhunderts iſt ſomit als verſchwunden anzuſehen, und im Grunde beſteht das Einwanderungsrecht gegenwärtig nur noch im freien Nieder- laſſungsrecht oder der Freizügigkeit, die wiederum als Theil des Heimath- weſens anzuſehen iſt.
Literatur. Durch Mangel an Unterſcheidung zwiſchen Einwanderung und Auswanderung ohne bedeutenden Einfluß. Colonienfrage. Roſcher, Colonien. Rau, II. 1. Mohl, Polizeiwiſſenſchaft I. 113. GerſtnerII. 195. 196. — Gegenſtand ſpecieller Unterſuchung noch für Oeſterreich: Czörnig, Ethnographie der öſterreichiſchen Monarchie Bd. II.Höfken, Coloniſation von Ungarn 1858. Frühere Literatur: populationiſtiſcher Standpunkt, jedoch mit Zweifel über den unbedingten Werth der Einwanderung. Süßmilch II. 14. Juſti, II. 8. Hauptſt. Anerkennung der Freiheit der Bewegung als beſtes und allein leitendes Princip mit Anfang dieſes Jahrhunderts. Berg, II. 38. Möſer, Phantaſien Bd. II.Jacobs, Polizeigeſetzgebung §. 100. Hervorheben des ethiſchen Elements: Soden, nach Heerens Ideen. Natio- nalökonomie 1807.
Geſetzgebung. Deutſchland. Abſtrakte Anerkennung der Einwan- derungsfreiheit durch Erwerb von Grundbeſitz (Bundesakte Art. 18); in der Wirklichkeit nicht geltend. Zöpfl, Deutſches Staatsrecht II. §. 288. Selb- ſtändig nur im vorigen Jahrhundert, ſpeciell in Preußen für die (franzöſiſche) Einwanderung: Fiſcher, Polizeigeſetze Bd. I. §. 527—47. 571. Berg, Polizei- recht II. 39. — Oeſterreich: Kopetz, Polizeigeſetzkunde I. 108. Gegen- wärtig als ſelbſtändiges Gebiet verſchwunden, und nur noch als Theil des Heimathsrechts zu betrachten. Stein, Innere Verwaltungslehre S. 168—182.
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populationiſtiſche Einwanderungsweſen. Grundſatz deſſelben iſt die
möglichſte Beförderung der Einwanderung, und zwar theils durch
direkte Unterſtützung, theils durch Einräumung von großen Rechten
der Selbſtverwaltung; es kommt jedoch überhaupt nur in einzelnen
Staaten Deutſchlands vor und verſchwindet mit dem Ende des vorigen
Jahrhunderts. Der Grundſatz des gegenwärtigen Jahrhunderts iſt
das Aufgeben aller Art ſolcher Unterſtützungen, dagegen auch die Be-
ſeitigung aller ſtändiſch rechtlichen Hemmniſſe der Niederlaſſung, alſo
die freie Bewegung der Einwanderung, jedoch in der Weiſe, daß bei
völlig (England, Frankreich) oder beinahe völlig (deutſche Staaten)
freier Niederlaſſung (Freizügigkeit) der Erwerb der Gemeindeangehörig-
keit und des Heimathrechts von den Grundſätzen der Gemeindeordnung,
der Erwerb des Staatsbürgerthums oder Indigenats dagegen von
denen des Staatsrechts abhängig wird, ſo daß das Einwanderungsrecht
jetzt ſich in drei ſelbſtändigen Theilen oder Momenten auflöst: 1) Nie-
derlaſſungsrecht oder Freizügigkeit; 2) Heimathsrecht, oben dar-
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dem Verfaſſungsrecht angehört. Das Einwanderungsweſen des vorigen
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beſteht das Einwanderungsrecht gegenwärtig nur noch im freien Nieder-
laſſungsrecht oder der Freizügigkeit, die wiederum als Theil des Heimath-
weſens anzuſehen iſt.
Literatur. Durch Mangel an Unterſcheidung zwiſchen Einwanderung
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Colonien. Rau, II. 1. Mohl, Polizeiwiſſenſchaft I. 113. Gerſtner II.
195. 196. — Gegenſtand ſpecieller Unterſuchung noch für Oeſterreich: Czörnig,
Ethnographie der öſterreichiſchen Monarchie Bd. II. Höfken, Coloniſation
von Ungarn 1858. Frühere Literatur: populationiſtiſcher Standpunkt, jedoch
mit Zweifel über den unbedingten Werth der Einwanderung. Süßmilch
II. 14. Juſti, II. 8. Hauptſt. Anerkennung der Freiheit der Bewegung
als beſtes und allein leitendes Princip mit Anfang dieſes Jahrhunderts. Berg,
II. 38. Möſer, Phantaſien Bd. II. Jacobs, Polizeigeſetzgebung §. 100.
Hervorheben des ethiſchen Elements: Soden, nach Heerens Ideen. Natio-
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Einwanderung: Fiſcher, Polizeigeſetze Bd. I. §. 527—47. 571. Berg, Polizei-
recht II. 39. — Oeſterreich: Kopetz, Polizeigeſetzkunde I. 108. Gegen-
wärtig als ſelbſtändiges Gebiet verſchwunden, und nur noch als Theil des
Heimathsrechts zu betrachten. Stein, Innere Verwaltungslehre S. 168—182.
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Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_handbuch_1870/101>, abgerufen am 28.03.2024.
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