Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870.

Bild:
<< vorherige Seite

schaft zur andern beginnt, hängen die Bedingungen der Verwirklichung
des Verkehrsaktes nicht mehr von den Einzelnen ab.

Hier beginnt also die dritte große Aufgabe der wirthschaftlichen
Verwaltung. Dieselbe besteht darin, diejenigen Bedingungen des wirk-
lichen Verkehrs herzustellen, welche der Einzelne sich nicht mehr schaffen
kann, und die Gesammtheit der dafür bestimmten Rechtssätze, Thätig-
keiten und Anstalten der Verwaltung bilden das Verkehrswesen.

I. Die Elemente des Systems.

Das Verkehrswesen bildet daher seiner Natur nach ein inneres
Ganzes. Seine großen Gebiete entwickeln sich aber an der Natur
jener Bedingungen, die es herzustellen hat. Diese nun theilen sich
vermöge des Wesens der Güter in zwei große Gruppen. Die erste hat
es mit dem Gute an sich zu thun, die zweite mit der Grundlage aller
Produktivität, dem Werthe des Gutes. Die Bedingungen der Be-
wegung der Güter bilden daher den ersten Theil jenes Systems, die
der Bewegung der Werthe den zweiten Theil.

Der erste Theil umfaßt daher die Herstellung der außerhalb der
Macht der Einzelnen liegenden Bedingungen der räumlichen und
örtlichen Bewegung
des Verkehrs. Diese erscheinen wieder als
solche, deren Benutzung noch durch individuelle Thätigkeit möglich ist,
die Verkehrsmittel im Wegewesen und Schifffahrtswesen, und in
solche, welche der Staat selber im Gesammtinteresse in Bewegung setzt,
die Verkehrsanstalten in Post, Bahnen, öffentlichen Dampfschiff-
fahrtslinien und Telegraphen. Man kann diese Anstalten als das
Verkehrswesen im engeren Sinne zusammenfassen.

Der zweite Theil zerfällt gleichfalls in zwei Theile. Zuerst kommt
es darauf an, durch eine öffentlich geltende Ordnung des Maßes
und des Rechts des Werthes demselben die Fähigkeit zu geben, Gegen-
stand des selbständig auf ihn gerichteten Verkehrs zu werden; und
diesen Theil nennen wir die Werthordnung, auf welcher der Werth-
umlauf
beruht. Dann aber muß der an sich mit dem Gute ver-
bundene Werth die Fähigkeit gewinnen, sich von den Gütern zu tren-
nen
und selbständig in den Verkehr zu treten und die Bedingungen
dafür, auf das Innigste mit dem Leben der Einzelwirthschaft verbunden,
bilden das, was wir das Creditwesen nennen, durch welches der
Werth der Güter und Leistungen der Einzelwirthschaft zum Objekt und
Inhalt des gesammten Güterlebens wird. Hier muß die Verwaltungs-
lehre die Grundbegriffe der Nationalökonomie im Allgemeinen, speciell
aber die elementare Scheidung von Gut und Werth als bekannt vor-

ſchaft zur andern beginnt, hängen die Bedingungen der Verwirklichung
des Verkehrsaktes nicht mehr von den Einzelnen ab.

Hier beginnt alſo die dritte große Aufgabe der wirthſchaftlichen
Verwaltung. Dieſelbe beſteht darin, diejenigen Bedingungen des wirk-
lichen Verkehrs herzuſtellen, welche der Einzelne ſich nicht mehr ſchaffen
kann, und die Geſammtheit der dafür beſtimmten Rechtsſätze, Thätig-
keiten und Anſtalten der Verwaltung bilden das Verkehrsweſen.

I. Die Elemente des Syſtems.

Das Verkehrsweſen bildet daher ſeiner Natur nach ein inneres
Ganzes. Seine großen Gebiete entwickeln ſich aber an der Natur
jener Bedingungen, die es herzuſtellen hat. Dieſe nun theilen ſich
vermöge des Weſens der Güter in zwei große Gruppen. Die erſte hat
es mit dem Gute an ſich zu thun, die zweite mit der Grundlage aller
Produktivität, dem Werthe des Gutes. Die Bedingungen der Be-
wegung der Güter bilden daher den erſten Theil jenes Syſtems, die
der Bewegung der Werthe den zweiten Theil.

Der erſte Theil umfaßt daher die Herſtellung der außerhalb der
Macht der Einzelnen liegenden Bedingungen der räumlichen und
örtlichen Bewegung
des Verkehrs. Dieſe erſcheinen wieder als
ſolche, deren Benutzung noch durch individuelle Thätigkeit möglich iſt,
die Verkehrsmittel im Wegeweſen und Schifffahrtsweſen, und in
ſolche, welche der Staat ſelber im Geſammtintereſſe in Bewegung ſetzt,
die Verkehrsanſtalten in Poſt, Bahnen, öffentlichen Dampfſchiff-
fahrtslinien und Telegraphen. Man kann dieſe Anſtalten als das
Verkehrsweſen im engeren Sinne zuſammenfaſſen.

Der zweite Theil zerfällt gleichfalls in zwei Theile. Zuerſt kommt
es darauf an, durch eine öffentlich geltende Ordnung des Maßes
und des Rechts des Werthes demſelben die Fähigkeit zu geben, Gegen-
ſtand des ſelbſtändig auf ihn gerichteten Verkehrs zu werden; und
dieſen Theil nennen wir die Werthordnung, auf welcher der Werth-
umlauf
beruht. Dann aber muß der an ſich mit dem Gute ver-
bundene Werth die Fähigkeit gewinnen, ſich von den Gütern zu tren-
nen
und ſelbſtändig in den Verkehr zu treten und die Bedingungen
dafür, auf das Innigſte mit dem Leben der Einzelwirthſchaft verbunden,
bilden das, was wir das Creditweſen nennen, durch welches der
Werth der Güter und Leiſtungen der Einzelwirthſchaft zum Objekt und
Inhalt des geſammten Güterlebens wird. Hier muß die Verwaltungs-
lehre die Grundbegriffe der Nationalökonomie im Allgemeinen, ſpeciell
aber die elementare Scheidung von Gut und Werth als bekannt vor-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0198" n="174"/>
&#x017F;chaft zur andern beginnt, hängen die Bedingungen der Verwirklichung<lb/>
des Verkehrsaktes <hi rendition="#g">nicht</hi> mehr von den Einzelnen ab.</p><lb/>
              <p>Hier beginnt al&#x017F;o die dritte große Aufgabe der wirth&#x017F;chaftlichen<lb/>
Verwaltung. Die&#x017F;elbe be&#x017F;teht darin, diejenigen Bedingungen des wirk-<lb/>
lichen Verkehrs herzu&#x017F;tellen, welche der Einzelne &#x017F;ich nicht mehr &#x017F;chaffen<lb/>
kann, und die Ge&#x017F;ammtheit der dafür be&#x017F;timmten Rechts&#x017F;ätze, Thätig-<lb/>
keiten und An&#x017F;talten der Verwaltung bilden das <hi rendition="#g">Verkehrswe&#x017F;en</hi>.</p><lb/>
              <div n="5">
                <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">I.</hi> Die Elemente des Sy&#x017F;tems.</hi> </head><lb/>
                <p>Das Verkehrswe&#x017F;en bildet daher &#x017F;einer Natur nach ein inneres<lb/>
Ganzes. Seine großen Gebiete entwickeln &#x017F;ich aber an der Natur<lb/>
jener Bedingungen, die es herzu&#x017F;tellen hat. Die&#x017F;e nun theilen &#x017F;ich<lb/>
vermöge des We&#x017F;ens der Güter in zwei große Gruppen. Die er&#x017F;te hat<lb/>
es mit dem Gute an &#x017F;ich zu thun, die zweite mit der Grundlage aller<lb/>
Produktivität, dem Werthe des Gutes. Die Bedingungen der Be-<lb/>
wegung der Güter bilden daher den er&#x017F;ten Theil jenes Sy&#x017F;tems, die<lb/>
der Bewegung der Werthe den zweiten Theil.</p><lb/>
                <p>Der er&#x017F;te Theil umfaßt daher die Her&#x017F;tellung der außerhalb der<lb/>
Macht der Einzelnen liegenden Bedingungen der <hi rendition="#g">räumlichen und<lb/>
örtlichen Bewegung</hi> des Verkehrs. Die&#x017F;e er&#x017F;cheinen wieder als<lb/>
&#x017F;olche, deren Benutzung noch durch individuelle Thätigkeit möglich i&#x017F;t,<lb/>
die <hi rendition="#g">Verkehrsmittel</hi> im Wegewe&#x017F;en und Schifffahrtswe&#x017F;en, und in<lb/>
&#x017F;olche, welche der Staat &#x017F;elber im Ge&#x017F;ammtintere&#x017F;&#x017F;e in Bewegung &#x017F;etzt,<lb/>
die <hi rendition="#g">Verkehrsan&#x017F;talten</hi> in Po&#x017F;t, Bahnen, öffentlichen Dampf&#x017F;chiff-<lb/>
fahrtslinien und Telegraphen. Man kann die&#x017F;e An&#x017F;talten als das<lb/><hi rendition="#g">Verkehrswe&#x017F;en im engeren Sinne</hi> zu&#x017F;ammenfa&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
                <p>Der zweite Theil zerfällt gleichfalls in zwei Theile. Zuer&#x017F;t kommt<lb/>
es darauf an, durch eine öffentlich geltende Ordnung des <hi rendition="#g">Maßes</hi><lb/>
und des <hi rendition="#g">Rechts</hi> des Werthes dem&#x017F;elben die Fähigkeit zu geben, Gegen-<lb/>
&#x017F;tand des &#x017F;elb&#x017F;tändig auf ihn gerichteten Verkehrs zu werden; und<lb/>
die&#x017F;en Theil nennen wir die <hi rendition="#g">Werthordnung</hi>, auf welcher der <hi rendition="#g">Werth-<lb/>
umlauf</hi> beruht. Dann aber muß der an &#x017F;ich mit dem Gute ver-<lb/>
bundene Werth die Fähigkeit gewinnen, &#x017F;ich von den Gütern zu <hi rendition="#g">tren-<lb/>
nen</hi> und &#x017F;elb&#x017F;tändig in den Verkehr zu treten und die Bedingungen<lb/>
dafür, auf das Innig&#x017F;te mit dem Leben der Einzelwirth&#x017F;chaft verbunden,<lb/>
bilden das, was wir das <hi rendition="#g">Creditwe&#x017F;en</hi> nennen, durch welches der<lb/>
Werth der Güter und Lei&#x017F;tungen der Einzelwirth&#x017F;chaft zum Objekt und<lb/>
Inhalt des ge&#x017F;ammten Güterlebens wird. Hier muß die Verwaltungs-<lb/>
lehre die Grundbegriffe der Nationalökonomie im Allgemeinen, &#x017F;peciell<lb/>
aber die elementare Scheidung von Gut und Werth als bekannt vor-<lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[174/0198] ſchaft zur andern beginnt, hängen die Bedingungen der Verwirklichung des Verkehrsaktes nicht mehr von den Einzelnen ab. Hier beginnt alſo die dritte große Aufgabe der wirthſchaftlichen Verwaltung. Dieſelbe beſteht darin, diejenigen Bedingungen des wirk- lichen Verkehrs herzuſtellen, welche der Einzelne ſich nicht mehr ſchaffen kann, und die Geſammtheit der dafür beſtimmten Rechtsſätze, Thätig- keiten und Anſtalten der Verwaltung bilden das Verkehrsweſen. I. Die Elemente des Syſtems. Das Verkehrsweſen bildet daher ſeiner Natur nach ein inneres Ganzes. Seine großen Gebiete entwickeln ſich aber an der Natur jener Bedingungen, die es herzuſtellen hat. Dieſe nun theilen ſich vermöge des Weſens der Güter in zwei große Gruppen. Die erſte hat es mit dem Gute an ſich zu thun, die zweite mit der Grundlage aller Produktivität, dem Werthe des Gutes. Die Bedingungen der Be- wegung der Güter bilden daher den erſten Theil jenes Syſtems, die der Bewegung der Werthe den zweiten Theil. Der erſte Theil umfaßt daher die Herſtellung der außerhalb der Macht der Einzelnen liegenden Bedingungen der räumlichen und örtlichen Bewegung des Verkehrs. Dieſe erſcheinen wieder als ſolche, deren Benutzung noch durch individuelle Thätigkeit möglich iſt, die Verkehrsmittel im Wegeweſen und Schifffahrtsweſen, und in ſolche, welche der Staat ſelber im Geſammtintereſſe in Bewegung ſetzt, die Verkehrsanſtalten in Poſt, Bahnen, öffentlichen Dampfſchiff- fahrtslinien und Telegraphen. Man kann dieſe Anſtalten als das Verkehrsweſen im engeren Sinne zuſammenfaſſen. Der zweite Theil zerfällt gleichfalls in zwei Theile. Zuerſt kommt es darauf an, durch eine öffentlich geltende Ordnung des Maßes und des Rechts des Werthes demſelben die Fähigkeit zu geben, Gegen- ſtand des ſelbſtändig auf ihn gerichteten Verkehrs zu werden; und dieſen Theil nennen wir die Werthordnung, auf welcher der Werth- umlauf beruht. Dann aber muß der an ſich mit dem Gute ver- bundene Werth die Fähigkeit gewinnen, ſich von den Gütern zu tren- nen und ſelbſtändig in den Verkehr zu treten und die Bedingungen dafür, auf das Innigſte mit dem Leben der Einzelwirthſchaft verbunden, bilden das, was wir das Creditweſen nennen, durch welches der Werth der Güter und Leiſtungen der Einzelwirthſchaft zum Objekt und Inhalt des geſammten Güterlebens wird. Hier muß die Verwaltungs- lehre die Grundbegriffe der Nationalökonomie im Allgemeinen, ſpeciell aber die elementare Scheidung von Gut und Werth als bekannt vor-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stein_handbuch_1870
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stein_handbuch_1870/198
Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_handbuch_1870/198>, abgerufen am 25.04.2024.