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Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870.

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ein ganz genauer öffentlicher Waldkataster, und zweitens das Recht der
Landschaften, die Anlegung und Aenderung derselben zu verwalten, und
bei der Forstverwaltung mitzuwirken. Darin liegt die Zukunft der Organi-
sation des Forstwesens.

II. Das Forstbildungswesen, das erst unserem Jahrhundert
als öffentliche Berufs- und Fachbildung angehört, soll mit seinem Recht
der Prüfung und Anstellung für alle Forste gelten.

Früher bloß als Theil der Cameralwissenschaft. Selbständige Bildungs-
anstalten. Oesterreich: Grundzüge für das Fortbildungswesen (Ministerial-
erlaß vom 9. Juni 1849; Errichtung der Forstlehranstalt zu Mariabrunn nebst
Instruktion und Prüfungsordnung (Ministerialerlaß vom 30. April 1852). --
Preußen: Errichtung der Forstlandsanstalt zu Neu-Eberswalde (Kabinets-
ordre vom 27. März 1830); Organisirung: Erlaß vom 7. Febr. 1864; Rönne
II. S. 227 und 456. -- Frankreich: Ecole forestiere zu Nancy (Decret vom
1. Dec. 1824. Block, Dict. art. Ec. forest.).

III. Eigentliche Forstverwaltung (Service forestier). Das
Princip der eigentlichen Forstverwaltung als der im Gesammtinteresse
geordneten Forstwirthschaft für alle Forste muß demnach sein, die
als öffentliche Forste erklärten Waldungen mit Ausschluß jedes
augenblicklichen Gewinns als ein dauerndes Capital zu verwalten,
wofür die Forstwirthschaftslehre die Grundsätze gibt und der Forst-
organismus die Verantwortlichkeit hat. Die praktische Anwendung er-
gibt zwei Kategorien, deren Ausfüllung dann Aufgabe der Forstwissen-
schaft bildet.

a) Der Forstschutz. Der Forstschutz zerfällt wieder 1) in die
Forstpolizei, welche den Bestand der Waldungen gegen Menschen
und Elemente schützt: Polizei a) der Waldbenutzung (Waldstreu, Wald-
weide) und b) der Waldgefährdung (Feuer, Wasser); 2) das Rodungs-
recht
, Grundsatz, daß kein Boden dem Wald ohne Beschluß entzogen
werden darf; 3) das Bannrecht; Grundsatz, daß gewisse Waldungen
auch der wirthschaftlichen Benutzung zu entziehen sind aus elementaren
Gründen; 4) genaue Bestimmungen über den Ersatz des Waldscha-
dens
, und Strafen für den Waldfrevel und Diebstahl; zum Theil
peinliches, zum Theil Ordnungsstrafrecht.

b) Die Forstpflege. Die allgemeinen Grundsätze der Forst-
pflege sind Sache der Forstwirthschaftslehre, welche die Verwaltungs-
lehre als bekannt vorauszusetzen hat. Die Anwendung derselben auf
das öffentliche Recht ergibt folgende Kategorien:

1) Die Freiheit der Forstwirthschaft fordert die Ablösung der
meisten Servituten, die meist auf historischer Basis aus der Zeit
der Werthlosigkeit des Holzes stammen. Entstehung, Inhalt und Princip

ein ganz genauer öffentlicher Waldkataſter, und zweitens das Recht der
Landſchaften, die Anlegung und Aenderung derſelben zu verwalten, und
bei der Forſtverwaltung mitzuwirken. Darin liegt die Zukunft der Organi-
ſation des Forſtweſens.

II. Das Forſtbildungsweſen, das erſt unſerem Jahrhundert
als öffentliche Berufs- und Fachbildung angehört, ſoll mit ſeinem Recht
der Prüfung und Anſtellung für alle Forſte gelten.

Früher bloß als Theil der Cameralwiſſenſchaft. Selbſtändige Bildungs-
anſtalten. Oeſterreich: Grundzüge für das Fortbildungsweſen (Miniſterial-
erlaß vom 9. Juni 1849; Errichtung der Forſtlehranſtalt zu Mariabrunn nebſt
Inſtruktion und Prüfungsordnung (Miniſterialerlaß vom 30. April 1852). —
Preußen: Errichtung der Forſtlandsanſtalt zu Neu-Eberswalde (Kabinets-
ordre vom 27. März 1830); Organiſirung: Erlaß vom 7. Febr. 1864; Rönne
II. S. 227 und 456. — Frankreich: Ecole forestière zu Nancy (Decret vom
1. Dec. 1824. Block, Dict. art. Ec. forest.).

III. Eigentliche Forſtverwaltung (Service forestier). Das
Princip der eigentlichen Forſtverwaltung als der im Geſammtintereſſe
geordneten Forſtwirthſchaft für alle Forſte muß demnach ſein, die
als öffentliche Forſte erklärten Waldungen mit Ausſchluß jedes
augenblicklichen Gewinns als ein dauerndes Capital zu verwalten,
wofür die Forſtwirthſchaftslehre die Grundſätze gibt und der Forſt-
organismus die Verantwortlichkeit hat. Die praktiſche Anwendung er-
gibt zwei Kategorien, deren Ausfüllung dann Aufgabe der Forſtwiſſen-
ſchaft bildet.

a) Der Forſtſchutz. Der Forſtſchutz zerfällt wieder 1) in die
Forſtpolizei, welche den Beſtand der Waldungen gegen Menſchen
und Elemente ſchützt: Polizei α) der Waldbenutzung (Waldſtreu, Wald-
weide) und β) der Waldgefährdung (Feuer, Waſſer); 2) das Rodungs-
recht
, Grundſatz, daß kein Boden dem Wald ohne Beſchluß entzogen
werden darf; 3) das Bannrecht; Grundſatz, daß gewiſſe Waldungen
auch der wirthſchaftlichen Benutzung zu entziehen ſind aus elementaren
Gründen; 4) genaue Beſtimmungen über den Erſatz des Waldſcha-
dens
, und Strafen für den Waldfrevel und Diebſtahl; zum Theil
peinliches, zum Theil Ordnungsſtrafrecht.

b) Die Forſtpflege. Die allgemeinen Grundſätze der Forſt-
pflege ſind Sache der Forſtwirthſchaftslehre, welche die Verwaltungs-
lehre als bekannt vorauszuſetzen hat. Die Anwendung derſelben auf
das öffentliche Recht ergibt folgende Kategorien:

1) Die Freiheit der Forſtwirthſchaft fordert die Ablöſung der
meiſten Servituten, die meiſt auf hiſtoriſcher Baſis aus der Zeit
der Werthloſigkeit des Holzes ſtammen. Entſtehung, Inhalt und Princip

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[324/0348] ein ganz genauer öffentlicher Waldkataſter, und zweitens das Recht der Landſchaften, die Anlegung und Aenderung derſelben zu verwalten, und bei der Forſtverwaltung mitzuwirken. Darin liegt die Zukunft der Organi- ſation des Forſtweſens. II. Das Forſtbildungsweſen, das erſt unſerem Jahrhundert als öffentliche Berufs- und Fachbildung angehört, ſoll mit ſeinem Recht der Prüfung und Anſtellung für alle Forſte gelten. Früher bloß als Theil der Cameralwiſſenſchaft. Selbſtändige Bildungs- anſtalten. Oeſterreich: Grundzüge für das Fortbildungsweſen (Miniſterial- erlaß vom 9. Juni 1849; Errichtung der Forſtlehranſtalt zu Mariabrunn nebſt Inſtruktion und Prüfungsordnung (Miniſterialerlaß vom 30. April 1852). — Preußen: Errichtung der Forſtlandsanſtalt zu Neu-Eberswalde (Kabinets- ordre vom 27. März 1830); Organiſirung: Erlaß vom 7. Febr. 1864; Rönne II. S. 227 und 456. — Frankreich: Ecole forestière zu Nancy (Decret vom 1. Dec. 1824. Block, Dict. art. Ec. forest.). III. Eigentliche Forſtverwaltung (Service forestier). Das Princip der eigentlichen Forſtverwaltung als der im Geſammtintereſſe geordneten Forſtwirthſchaft für alle Forſte muß demnach ſein, die als öffentliche Forſte erklärten Waldungen mit Ausſchluß jedes augenblicklichen Gewinns als ein dauerndes Capital zu verwalten, wofür die Forſtwirthſchaftslehre die Grundſätze gibt und der Forſt- organismus die Verantwortlichkeit hat. Die praktiſche Anwendung er- gibt zwei Kategorien, deren Ausfüllung dann Aufgabe der Forſtwiſſen- ſchaft bildet. a) Der Forſtſchutz. Der Forſtſchutz zerfällt wieder 1) in die Forſtpolizei, welche den Beſtand der Waldungen gegen Menſchen und Elemente ſchützt: Polizei α) der Waldbenutzung (Waldſtreu, Wald- weide) und β) der Waldgefährdung (Feuer, Waſſer); 2) das Rodungs- recht, Grundſatz, daß kein Boden dem Wald ohne Beſchluß entzogen werden darf; 3) das Bannrecht; Grundſatz, daß gewiſſe Waldungen auch der wirthſchaftlichen Benutzung zu entziehen ſind aus elementaren Gründen; 4) genaue Beſtimmungen über den Erſatz des Waldſcha- dens, und Strafen für den Waldfrevel und Diebſtahl; zum Theil peinliches, zum Theil Ordnungsſtrafrecht. b) Die Forſtpflege. Die allgemeinen Grundſätze der Forſt- pflege ſind Sache der Forſtwirthſchaftslehre, welche die Verwaltungs- lehre als bekannt vorauszuſetzen hat. Die Anwendung derſelben auf das öffentliche Recht ergibt folgende Kategorien: 1) Die Freiheit der Forſtwirthſchaft fordert die Ablöſung der meiſten Servituten, die meiſt auf hiſtoriſcher Baſis aus der Zeit der Werthloſigkeit des Holzes ſtammen. Entſtehung, Inhalt und Princip

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870, S. 324. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_handbuch_1870/348>, abgerufen am 25.04.2024.