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Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870.

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3) Einzelne Handelszweige.

Der besondere Theil des Handelsrechts entsteht nun, indem einer-
seits innerhalb des Verkehrs der Unternehmungen einzelne Geschäfts-
gebiete sich selbständig ausbilden, andererseits gewisse selbständig für
den Güterverkehr bestimmte Anstalten entstehen, welche die Angelegen-
heiten des Verkehrs vertreten oder enthalten. Auch diese letztere schafft
sich der Handel selbst eben so gut wie die ersteren sich von selbst aus
ihm herausbilden. Allein auch hier ist für beide eine feste, durch die
Verwaltung bestimmte rechtliche Ordnung derselben nothwendig; und
die Gesammtheit der hierfür geltenden Rechtssätze bilden den beson-
deren
Theil des Handelsrechts.

1) Die einzelnen Handelsgeschäfte, um welche es sich handelt, ent-
halten eine Theilung der Arbeit innerhalb des Handels. Sie sind
einzelne Funktionen des Handelsverkehrs, welche zu selbständigen Unter-
nehmungen geworden sind. Darauf beruht das Princip ihres Rechts.
Dasselbe enthält diejenige Modifikation des bürgerlichen Rechts, welche
durch die Funktion entsteht, die durch jene Unternehmungen für den
Verkehr selbständig unternommen wird; die commerzielle Natur dieser
Funktion ist es, welche als das rechtbildende Element derselben ange-
sehen werden muß. Diese Arten der Handelsgeschäfte sind die Com-
missions
-, das Speditions- und das Frachtgeschäft. Die Ab-
hängigkeit der Güterbewegung von denselben macht ihre rechtliche
Ordnung zu einer Bedingung der regelmäßigen Bewegung des Handels;
und in diesem Sinne ist das Recht derselben ein wichtiger Theil der
Handelspflege, und bildet daher auch einen Theil des Handelsgesetz-
buches.

Die Literatur über dieselben gehört der Interpretation der Handelsgesetz-
bücher; sie ist bisher eine wesentlich juristische gewesen. Der höhere Stand-
punkt ist entschieden der volkswirthschaftliche. Bedeutsamer Kampf zwischen den
Bestimmungen der Handelsgesetzbücher und den Eisenbahnen über die Lieferungen
und die Gefahr (Handelsgesetzbuch IV. Buch- und Vereins-Reglement der Eisen-
bahnen, vergl. oben die Literatur des Eisenbahnrechts).

2) Die speciellen Handelsanstalten gehen nun ihrerseits aus
dem Bedürfniß des Handels hervor; sie erscheinen als die Formen, in
denen sich der Handel seinen Markt selbst ordnet. Die Natur
des Verkehrs auf diesen Märkten fordert nun ganz bestimmte Ord-
nungen, die objektive Gültigkeit haben müssen, um den Gang des
Handels nicht zu stören. Daraus nun entstehen die Formen, deren
Werth, Ordnung und Einfluß wieder bedingt erscheinen von dem Um-
fang des Handels und seiner Selbständigkeit.

3) Einzelne Handelszweige.

Der beſondere Theil des Handelsrechts entſteht nun, indem einer-
ſeits innerhalb des Verkehrs der Unternehmungen einzelne Geſchäfts-
gebiete ſich ſelbſtändig ausbilden, andererſeits gewiſſe ſelbſtändig für
den Güterverkehr beſtimmte Anſtalten entſtehen, welche die Angelegen-
heiten des Verkehrs vertreten oder enthalten. Auch dieſe letztere ſchafft
ſich der Handel ſelbſt eben ſo gut wie die erſteren ſich von ſelbſt aus
ihm herausbilden. Allein auch hier iſt für beide eine feſte, durch die
Verwaltung beſtimmte rechtliche Ordnung derſelben nothwendig; und
die Geſammtheit der hierfür geltenden Rechtsſätze bilden den beſon-
deren
Theil des Handelsrechts.

1) Die einzelnen Handelsgeſchäfte, um welche es ſich handelt, ent-
halten eine Theilung der Arbeit innerhalb des Handels. Sie ſind
einzelne Funktionen des Handelsverkehrs, welche zu ſelbſtändigen Unter-
nehmungen geworden ſind. Darauf beruht das Princip ihres Rechts.
Daſſelbe enthält diejenige Modifikation des bürgerlichen Rechts, welche
durch die Funktion entſteht, die durch jene Unternehmungen für den
Verkehr ſelbſtändig unternommen wird; die commerzielle Natur dieſer
Funktion iſt es, welche als das rechtbildende Element derſelben ange-
ſehen werden muß. Dieſe Arten der Handelsgeſchäfte ſind die Com-
miſſions
-, das Speditions- und das Frachtgeſchäft. Die Ab-
hängigkeit der Güterbewegung von denſelben macht ihre rechtliche
Ordnung zu einer Bedingung der regelmäßigen Bewegung des Handels;
und in dieſem Sinne iſt das Recht derſelben ein wichtiger Theil der
Handelspflege, und bildet daher auch einen Theil des Handelsgeſetz-
buches.

Die Literatur über dieſelben gehört der Interpretation der Handelsgeſetz-
bücher; ſie iſt bisher eine weſentlich juriſtiſche geweſen. Der höhere Stand-
punkt iſt entſchieden der volkswirthſchaftliche. Bedeutſamer Kampf zwiſchen den
Beſtimmungen der Handelsgeſetzbücher und den Eiſenbahnen über die Lieferungen
und die Gefahr (Handelsgeſetzbuch IV. Buch- und Vereins-Reglement der Eiſen-
bahnen, vergl. oben die Literatur des Eiſenbahnrechts).

2) Die ſpeciellen Handelsanſtalten gehen nun ihrerſeits aus
dem Bedürfniß des Handels hervor; ſie erſcheinen als die Formen, in
denen ſich der Handel ſeinen Markt ſelbſt ordnet. Die Natur
des Verkehrs auf dieſen Märkten fordert nun ganz beſtimmte Ord-
nungen, die objektive Gültigkeit haben müſſen, um den Gang des
Handels nicht zu ſtören. Daraus nun entſtehen die Formen, deren
Werth, Ordnung und Einfluß wieder bedingt erſcheinen von dem Um-
fang des Handels und ſeiner Selbſtändigkeit.

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[379/0403] 3) Einzelne Handelszweige. Der beſondere Theil des Handelsrechts entſteht nun, indem einer- ſeits innerhalb des Verkehrs der Unternehmungen einzelne Geſchäfts- gebiete ſich ſelbſtändig ausbilden, andererſeits gewiſſe ſelbſtändig für den Güterverkehr beſtimmte Anſtalten entſtehen, welche die Angelegen- heiten des Verkehrs vertreten oder enthalten. Auch dieſe letztere ſchafft ſich der Handel ſelbſt eben ſo gut wie die erſteren ſich von ſelbſt aus ihm herausbilden. Allein auch hier iſt für beide eine feſte, durch die Verwaltung beſtimmte rechtliche Ordnung derſelben nothwendig; und die Geſammtheit der hierfür geltenden Rechtsſätze bilden den beſon- deren Theil des Handelsrechts. 1) Die einzelnen Handelsgeſchäfte, um welche es ſich handelt, ent- halten eine Theilung der Arbeit innerhalb des Handels. Sie ſind einzelne Funktionen des Handelsverkehrs, welche zu ſelbſtändigen Unter- nehmungen geworden ſind. Darauf beruht das Princip ihres Rechts. Daſſelbe enthält diejenige Modifikation des bürgerlichen Rechts, welche durch die Funktion entſteht, die durch jene Unternehmungen für den Verkehr ſelbſtändig unternommen wird; die commerzielle Natur dieſer Funktion iſt es, welche als das rechtbildende Element derſelben ange- ſehen werden muß. Dieſe Arten der Handelsgeſchäfte ſind die Com- miſſions-, das Speditions- und das Frachtgeſchäft. Die Ab- hängigkeit der Güterbewegung von denſelben macht ihre rechtliche Ordnung zu einer Bedingung der regelmäßigen Bewegung des Handels; und in dieſem Sinne iſt das Recht derſelben ein wichtiger Theil der Handelspflege, und bildet daher auch einen Theil des Handelsgeſetz- buches. Die Literatur über dieſelben gehört der Interpretation der Handelsgeſetz- bücher; ſie iſt bisher eine weſentlich juriſtiſche geweſen. Der höhere Stand- punkt iſt entſchieden der volkswirthſchaftliche. Bedeutſamer Kampf zwiſchen den Beſtimmungen der Handelsgeſetzbücher und den Eiſenbahnen über die Lieferungen und die Gefahr (Handelsgeſetzbuch IV. Buch- und Vereins-Reglement der Eiſen- bahnen, vergl. oben die Literatur des Eiſenbahnrechts). 2) Die ſpeciellen Handelsanſtalten gehen nun ihrerſeits aus dem Bedürfniß des Handels hervor; ſie erſcheinen als die Formen, in denen ſich der Handel ſeinen Markt ſelbſt ordnet. Die Natur des Verkehrs auf dieſen Märkten fordert nun ganz beſtimmte Ord- nungen, die objektive Gültigkeit haben müſſen, um den Gang des Handels nicht zu ſtören. Daraus nun entſtehen die Formen, deren Werth, Ordnung und Einfluß wieder bedingt erſcheinen von dem Um- fang des Handels und ſeiner Selbſtändigkeit.

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870, S. 379. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_handbuch_1870/403>, abgerufen am 29.03.2024.