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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 1. Stuttgart, 1865.

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die Geschichte Oesterreichs ist nicht denkbar, ohne die Anschauung
dieser Kraft und ihrer Arbeit, die in Wesen und Thätigkeit nur
Eine innerlich gleichartige, wenn auch äußerlich viel größere Er-
scheinung neben sich hat, die alte römische Welt, die Einheit des
Völkerlebens in Einer gewaltigen Staatsbildung. Und bevor nicht
dieß Wesen Oesterreichs seine Geschichtschreibung gefunden, kann
man es auch in der Rechtslehre nicht einfach an die drei übrigen
Völker anreihen, deren Namen und Natur dem Leser vertraut sind;
am wenigsten aber in diesem Augenblick, wo dieß Reich mitten in
einer so tiefgreifenden, seine ganze Zukunft beherrschenden Umge-
staltung begriffen ist. Und darum habe ich es nicht gewagt, die
Rechtsverhältnisse Oesterreichs in einfacher Anführung neben die
drei übrigen Völkerschaften hinzustellen. Vielleicht daß auch so die
Arbeit einen Theil ihrer Aufgabe erfüllt. Denn immer ist mir
das Wort meines hochverehrten Lehrers, des alten Feuerbachs
gegenwärtig: "Das beste, was der Mensch zu leisten vermag, be-
steht nicht in dem, was er thut, sondern in dem, was er in edlen
und tüchtigen Geistern anregt."

Leben Sie wohl.

Wien, im Mai 1864.

L. Stein.



die Geſchichte Oeſterreichs iſt nicht denkbar, ohne die Anſchauung
dieſer Kraft und ihrer Arbeit, die in Weſen und Thätigkeit nur
Eine innerlich gleichartige, wenn auch äußerlich viel größere Er-
ſcheinung neben ſich hat, die alte römiſche Welt, die Einheit des
Völkerlebens in Einer gewaltigen Staatsbildung. Und bevor nicht
dieß Weſen Oeſterreichs ſeine Geſchichtſchreibung gefunden, kann
man es auch in der Rechtslehre nicht einfach an die drei übrigen
Völker anreihen, deren Namen und Natur dem Leſer vertraut ſind;
am wenigſten aber in dieſem Augenblick, wo dieß Reich mitten in
einer ſo tiefgreifenden, ſeine ganze Zukunft beherrſchenden Umge-
ſtaltung begriffen iſt. Und darum habe ich es nicht gewagt, die
Rechtsverhältniſſe Oeſterreichs in einfacher Anführung neben die
drei übrigen Völkerſchaften hinzuſtellen. Vielleicht daß auch ſo die
Arbeit einen Theil ihrer Aufgabe erfüllt. Denn immer iſt mir
das Wort meines hochverehrten Lehrers, des alten Feuerbachs
gegenwärtig: „Das beſte, was der Menſch zu leiſten vermag, be-
ſteht nicht in dem, was er thut, ſondern in dem, was er in edlen
und tüchtigen Geiſtern anregt.“

Leben Sie wohl.

Wien, im Mai 1864.

L. Stein.



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[XII/0018] die Geſchichte Oeſterreichs iſt nicht denkbar, ohne die Anſchauung dieſer Kraft und ihrer Arbeit, die in Weſen und Thätigkeit nur Eine innerlich gleichartige, wenn auch äußerlich viel größere Er- ſcheinung neben ſich hat, die alte römiſche Welt, die Einheit des Völkerlebens in Einer gewaltigen Staatsbildung. Und bevor nicht dieß Weſen Oeſterreichs ſeine Geſchichtſchreibung gefunden, kann man es auch in der Rechtslehre nicht einfach an die drei übrigen Völker anreihen, deren Namen und Natur dem Leſer vertraut ſind; am wenigſten aber in dieſem Augenblick, wo dieß Reich mitten in einer ſo tiefgreifenden, ſeine ganze Zukunft beherrſchenden Umge- ſtaltung begriffen iſt. Und darum habe ich es nicht gewagt, die Rechtsverhältniſſe Oeſterreichs in einfacher Anführung neben die drei übrigen Völkerſchaften hinzuſtellen. Vielleicht daß auch ſo die Arbeit einen Theil ihrer Aufgabe erfüllt. Denn immer iſt mir das Wort meines hochverehrten Lehrers, des alten Feuerbachs gegenwärtig: „Das beſte, was der Menſch zu leiſten vermag, be- ſteht nicht in dem, was er thut, ſondern in dem, was er in edlen und tüchtigen Geiſtern anregt.“ Leben Sie wohl. Wien, im Mai 1864. L. Stein.

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 1. Stuttgart, 1865, S. XII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre01_1865/18>, abgerufen am 28.03.2024.