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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 1. Stuttgart, 1865.

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gewisse, durch denselben bedingte Gleichartigkeit des Verfassungs- und
Verwaltungsrecht dieser Vereine erzeugen muß.

Eben so haben wir im Gebiete der inneren Verwaltung des Ver-
einswesens drei Grundformen aufgestellt, in welchen die Vereine sich die
Mittel ihrer Thätigkeit erschaffen, die Beitrags-, die Gegenseitigkeits-
und die auf Antheilen beruhenden Erwerbsvereine bezeichnet, womit
gleichfalls eine solche Gleichartigkeit der Lebensverhältnisse der Vereine
ohne Rücksicht auf ihre speziellen Zwecke gegeben ist.

Wir würden deßhalb das besondere Vereinsrecht dasjenige Ver-
einsrecht nennen können, welches für die einzelnen Arten oder Gruppen
der Vereine dasjenige dem einzelnen dahin gehörigen Vereine demnach
gemeinsame Recht bestimmt, welches entweder durch die Natur des be-
stimmten Staatszwecks gefordert wird (z. B. Eisenbahnen, Dampfschiff-
fahrtsgesellschaften), oder welches aus der Natur der wirthschaftlichen
Mittel derselben hervorgeht (z. B. Aktienrecht).

Da nun aber dem Obigen gemäß dieß Recht aus dem Wesen des
Staatszweckes hervorgeht, so bildet die Entwicklung dieses letztern offen-
bar die Grundlage für Inhalt und Verständniß des ersteren. Es kann
daher auch nicht anders als im Anschlusse und gleichsam als Con-
sequenz desselben in geeigneter Weise dargestellt werden, oder, es bildet
dieß besondere Vereinsrecht nicht mehr einen Theil der vollziehenden
Gewalt, sondern einen Theil der Verwaltungslehre, und wird daher
bei den betreffenden Abtheilungen derselben erst in seinem rechten Um-
fang und Inhalt untersucht werden können. Man würde es nur dann
ohne Nachtheil aus dieser Verbindung herausreißen und es gleichsam
als zweiten Theil der Vereinslehre darstellen können, wenn wir bereits
eine ausreichende, organische Verwaltungslehre besäßen. Bis dahin
müssen wir daher für das allerdings hochwichtige und weitgreifende Ge-
biet auf die letztere verweisen; und in diesem Sinne können wir sagen,
daß das besondere Vereinsrecht den Uebergang von der Lehre von der
vollziehenden Gewalt im Staate zur Lehre von der innern Verwaltung
bildet.



gewiſſe, durch denſelben bedingte Gleichartigkeit des Verfaſſungs- und
Verwaltungsrecht dieſer Vereine erzeugen muß.

Eben ſo haben wir im Gebiete der inneren Verwaltung des Ver-
einsweſens drei Grundformen aufgeſtellt, in welchen die Vereine ſich die
Mittel ihrer Thätigkeit erſchaffen, die Beitrags-, die Gegenſeitigkeits-
und die auf Antheilen beruhenden Erwerbsvereine bezeichnet, womit
gleichfalls eine ſolche Gleichartigkeit der Lebensverhältniſſe der Vereine
ohne Rückſicht auf ihre ſpeziellen Zwecke gegeben iſt.

Wir würden deßhalb das beſondere Vereinsrecht dasjenige Ver-
einsrecht nennen können, welches für die einzelnen Arten oder Gruppen
der Vereine dasjenige dem einzelnen dahin gehörigen Vereine demnach
gemeinſame Recht beſtimmt, welches entweder durch die Natur des be-
ſtimmten Staatszwecks gefordert wird (z. B. Eiſenbahnen, Dampfſchiff-
fahrtsgeſellſchaften), oder welches aus der Natur der wirthſchaftlichen
Mittel derſelben hervorgeht (z. B. Aktienrecht).

Da nun aber dem Obigen gemäß dieß Recht aus dem Weſen des
Staatszweckes hervorgeht, ſo bildet die Entwicklung dieſes letztern offen-
bar die Grundlage für Inhalt und Verſtändniß des erſteren. Es kann
daher auch nicht anders als im Anſchluſſe und gleichſam als Con-
ſequenz deſſelben in geeigneter Weiſe dargeſtellt werden, oder, es bildet
dieß beſondere Vereinsrecht nicht mehr einen Theil der vollziehenden
Gewalt, ſondern einen Theil der Verwaltungslehre, und wird daher
bei den betreffenden Abtheilungen derſelben erſt in ſeinem rechten Um-
fang und Inhalt unterſucht werden können. Man würde es nur dann
ohne Nachtheil aus dieſer Verbindung herausreißen und es gleichſam
als zweiten Theil der Vereinslehre darſtellen können, wenn wir bereits
eine ausreichende, organiſche Verwaltungslehre beſäßen. Bis dahin
müſſen wir daher für das allerdings hochwichtige und weitgreifende Ge-
biet auf die letztere verweiſen; und in dieſem Sinne können wir ſagen,
daß das beſondere Vereinsrecht den Uebergang von der Lehre von der
vollziehenden Gewalt im Staate zur Lehre von der innern Verwaltung
bildet.



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[647/0671] gewiſſe, durch denſelben bedingte Gleichartigkeit des Verfaſſungs- und Verwaltungsrecht dieſer Vereine erzeugen muß. Eben ſo haben wir im Gebiete der inneren Verwaltung des Ver- einsweſens drei Grundformen aufgeſtellt, in welchen die Vereine ſich die Mittel ihrer Thätigkeit erſchaffen, die Beitrags-, die Gegenſeitigkeits- und die auf Antheilen beruhenden Erwerbsvereine bezeichnet, womit gleichfalls eine ſolche Gleichartigkeit der Lebensverhältniſſe der Vereine ohne Rückſicht auf ihre ſpeziellen Zwecke gegeben iſt. Wir würden deßhalb das beſondere Vereinsrecht dasjenige Ver- einsrecht nennen können, welches für die einzelnen Arten oder Gruppen der Vereine dasjenige dem einzelnen dahin gehörigen Vereine demnach gemeinſame Recht beſtimmt, welches entweder durch die Natur des be- ſtimmten Staatszwecks gefordert wird (z. B. Eiſenbahnen, Dampfſchiff- fahrtsgeſellſchaften), oder welches aus der Natur der wirthſchaftlichen Mittel derſelben hervorgeht (z. B. Aktienrecht). Da nun aber dem Obigen gemäß dieß Recht aus dem Weſen des Staatszweckes hervorgeht, ſo bildet die Entwicklung dieſes letztern offen- bar die Grundlage für Inhalt und Verſtändniß des erſteren. Es kann daher auch nicht anders als im Anſchluſſe und gleichſam als Con- ſequenz deſſelben in geeigneter Weiſe dargeſtellt werden, oder, es bildet dieß beſondere Vereinsrecht nicht mehr einen Theil der vollziehenden Gewalt, ſondern einen Theil der Verwaltungslehre, und wird daher bei den betreffenden Abtheilungen derſelben erſt in ſeinem rechten Um- fang und Inhalt unterſucht werden können. Man würde es nur dann ohne Nachtheil aus dieſer Verbindung herausreißen und es gleichſam als zweiten Theil der Vereinslehre darſtellen können, wenn wir bereits eine ausreichende, organiſche Verwaltungslehre beſäßen. Bis dahin müſſen wir daher für das allerdings hochwichtige und weitgreifende Ge- biet auf die letztere verweiſen; und in dieſem Sinne können wir ſagen, daß das beſondere Vereinsrecht den Uebergang von der Lehre von der vollziehenden Gewalt im Staate zur Lehre von der innern Verwaltung bildet.

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 1. Stuttgart, 1865, S. 647. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre01_1865/671>, abgerufen am 23.04.2024.