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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 2 (2,1). Stuttgart, 1866.

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2) Ordnung der Standesregister.

(Die Begriffe des Inhalts, der Führung und des Rechts der Standes-
register als Grundlage und Aufgabe dieser öffentlichen Ordnung.)

Die Grundsätze nämlich, welche für diese Ordnung der Standes-
register zu gelten haben, erscheinen in der That als die natürlichen
Bedingungen dafür, daß die Standesregister die oben bezeichnete Funk-
tion im öffentlichen Leben zu erfüllen vermögen. Und diese Grundsätze
müssen daher als maßgebend für das geltende Recht und für die Beur-
theilung der Gestalt desselben bei den verschiedenen Völkern angesehen
werden. Sie sind an sich einfach, und bilden das System des Standes-
registerwesens.

a) Zuerst ergibt sich, daß der Inhalt der Standesregister, um
jener Aufgabe derselben zu entsprechen, die Bedingungen der juristi-
schen Gewißheit
der betreffenden Thatsache enthalten muß. Jedes
gute Standesregister muß daher so viel enthalten, daß damit die Ele-
mente des juristischen Beweises gegeben sind. Diese nun sind erstens
die Constatirung der Identität der betreffenden Persönlichkeit durch
Angabe seiner persönlichen Verhältnisse (Eltern, Ort, Zeit, resp. Ge-
burt und Ehe); zweitens die Aufführung von Zeugen, die aller-
dings nach der Natur der einzelnen Thatsache verschiedene Namen und
verschiedenen Charakter haben (Hebammen, Ehezeugen u. s. w.); aber
doch im Grunde eben nur als juristische Beweismittel aufzufassen sind.
Alles, was über dieß juristische Element hinausgeht, gehört nicht
mehr dem Standesregisterwesen, sondern fällt schon in die Statistik,
und damit unter dasjenige Princip des Rechts der Volkszählung, welches
wir oben bereits aufgestellt haben.

b) Es folgt zweitens, daß die Führung dieser Standesregister
als eine Verwaltungsaufgabe zu betrachten ist, indem sie für alle
geschieht und für alle ein Recht bildet. Daraus wieder folgen die drei
leitenden Grundsätze für diese Führung der Standesregister. Dieselben
müssen nämlich erstlich allgemein, und für alle gleichartig sein, so
daß der in ihnen enthaltene Beweis der drei Thatsachen für jedes
Individuum in allen Theilen eines Staates auch wirklich gegeben ist.
Zweitens müssen die Standesregister von einem eigens dazu be-
stimmten, also competenten Organe geführt werden, das die amtliche
Pflicht unter persönlicher Verantwortlichkeit hat, in den Standesregistern
die als Inhalt derselben geforderten Momente auch wirklich einzutragen.
Drittens folgt aus demselben Grunde, daß diese Führung einer,
im Interesse des Gesammtlebens liegenden beständigen und regelmäßigen

2) Ordnung der Standesregiſter.

(Die Begriffe des Inhalts, der Führung und des Rechts der Standes-
regiſter als Grundlage und Aufgabe dieſer öffentlichen Ordnung.)

Die Grundſätze nämlich, welche für dieſe Ordnung der Standes-
regiſter zu gelten haben, erſcheinen in der That als die natürlichen
Bedingungen dafür, daß die Standesregiſter die oben bezeichnete Funk-
tion im öffentlichen Leben zu erfüllen vermögen. Und dieſe Grundſätze
müſſen daher als maßgebend für das geltende Recht und für die Beur-
theilung der Geſtalt deſſelben bei den verſchiedenen Völkern angeſehen
werden. Sie ſind an ſich einfach, und bilden das Syſtem des Standes-
regiſterweſens.

a) Zuerſt ergibt ſich, daß der Inhalt der Standesregiſter, um
jener Aufgabe derſelben zu entſprechen, die Bedingungen der juriſti-
ſchen Gewißheit
der betreffenden Thatſache enthalten muß. Jedes
gute Standesregiſter muß daher ſo viel enthalten, daß damit die Ele-
mente des juriſtiſchen Beweiſes gegeben ſind. Dieſe nun ſind erſtens
die Conſtatirung der Identität der betreffenden Perſönlichkeit durch
Angabe ſeiner perſönlichen Verhältniſſe (Eltern, Ort, Zeit, reſp. Ge-
burt und Ehe); zweitens die Aufführung von Zeugen, die aller-
dings nach der Natur der einzelnen Thatſache verſchiedene Namen und
verſchiedenen Charakter haben (Hebammen, Ehezeugen u. ſ. w.); aber
doch im Grunde eben nur als juriſtiſche Beweismittel aufzufaſſen ſind.
Alles, was über dieß juriſtiſche Element hinausgeht, gehört nicht
mehr dem Standesregiſterweſen, ſondern fällt ſchon in die Statiſtik,
und damit unter dasjenige Princip des Rechts der Volkszählung, welches
wir oben bereits aufgeſtellt haben.

b) Es folgt zweitens, daß die Führung dieſer Standesregiſter
als eine Verwaltungsaufgabe zu betrachten iſt, indem ſie für alle
geſchieht und für alle ein Recht bildet. Daraus wieder folgen die drei
leitenden Grundſätze für dieſe Führung der Standesregiſter. Dieſelben
müſſen nämlich erſtlich allgemein, und für alle gleichartig ſein, ſo
daß der in ihnen enthaltene Beweis der drei Thatſachen für jedes
Individuum in allen Theilen eines Staates auch wirklich gegeben iſt.
Zweitens müſſen die Standesregiſter von einem eigens dazu be-
ſtimmten, alſo competenten Organe geführt werden, das die amtliche
Pflicht unter perſönlicher Verantwortlichkeit hat, in den Standesregiſtern
die als Inhalt derſelben geforderten Momente auch wirklich einzutragen.
Drittens folgt aus demſelben Grunde, daß dieſe Führung einer,
im Intereſſe des Geſammtlebens liegenden beſtändigen und regelmäßigen

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[231/0253] 2) Ordnung der Standesregiſter. (Die Begriffe des Inhalts, der Führung und des Rechts der Standes- regiſter als Grundlage und Aufgabe dieſer öffentlichen Ordnung.) Die Grundſätze nämlich, welche für dieſe Ordnung der Standes- regiſter zu gelten haben, erſcheinen in der That als die natürlichen Bedingungen dafür, daß die Standesregiſter die oben bezeichnete Funk- tion im öffentlichen Leben zu erfüllen vermögen. Und dieſe Grundſätze müſſen daher als maßgebend für das geltende Recht und für die Beur- theilung der Geſtalt deſſelben bei den verſchiedenen Völkern angeſehen werden. Sie ſind an ſich einfach, und bilden das Syſtem des Standes- regiſterweſens. a) Zuerſt ergibt ſich, daß der Inhalt der Standesregiſter, um jener Aufgabe derſelben zu entſprechen, die Bedingungen der juriſti- ſchen Gewißheit der betreffenden Thatſache enthalten muß. Jedes gute Standesregiſter muß daher ſo viel enthalten, daß damit die Ele- mente des juriſtiſchen Beweiſes gegeben ſind. Dieſe nun ſind erſtens die Conſtatirung der Identität der betreffenden Perſönlichkeit durch Angabe ſeiner perſönlichen Verhältniſſe (Eltern, Ort, Zeit, reſp. Ge- burt und Ehe); zweitens die Aufführung von Zeugen, die aller- dings nach der Natur der einzelnen Thatſache verſchiedene Namen und verſchiedenen Charakter haben (Hebammen, Ehezeugen u. ſ. w.); aber doch im Grunde eben nur als juriſtiſche Beweismittel aufzufaſſen ſind. Alles, was über dieß juriſtiſche Element hinausgeht, gehört nicht mehr dem Standesregiſterweſen, ſondern fällt ſchon in die Statiſtik, und damit unter dasjenige Princip des Rechts der Volkszählung, welches wir oben bereits aufgeſtellt haben. b) Es folgt zweitens, daß die Führung dieſer Standesregiſter als eine Verwaltungsaufgabe zu betrachten iſt, indem ſie für alle geſchieht und für alle ein Recht bildet. Daraus wieder folgen die drei leitenden Grundſätze für dieſe Führung der Standesregiſter. Dieſelben müſſen nämlich erſtlich allgemein, und für alle gleichartig ſein, ſo daß der in ihnen enthaltene Beweis der drei Thatſachen für jedes Individuum in allen Theilen eines Staates auch wirklich gegeben iſt. Zweitens müſſen die Standesregiſter von einem eigens dazu be- ſtimmten, alſo competenten Organe geführt werden, das die amtliche Pflicht unter perſönlicher Verantwortlichkeit hat, in den Standesregiſtern die als Inhalt derſelben geforderten Momente auch wirklich einzutragen. Drittens folgt aus demſelben Grunde, daß dieſe Führung einer, im Intereſſe des Geſammtlebens liegenden beſtändigen und regelmäßigen

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 2 (2,1). Stuttgart, 1866, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre02_1866/253>, abgerufen am 19.04.2024.