Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868.

Bild:
<< vorherige Seite

in Koblenz und Düsseldorf, Trier und Breslau, zum Theil
mit Staatszuschuß. Daneben die schon 1791 gestiftete Singakademie
in Berlin, und Gesang- und Musikvereine.

Bayern. Die Akademie der bildenden Künste ist zugleich eine
Künstlergesellschaft und ein Lehrinstitut. Erste Organisation
vom 13. Mai 1808; zweite Verordnung vom 1. August 1846 umfaßt
alle Gebiete; zugleich theoretischer Unterricht. -- Erzgießerei in
München. Höhere Zeichnenschule in Nürnberg (Pözl, Verwaltungsrecht
§. 198).

Württemberg. Die Kunstschule in Stuttgart ist im Grunde
eine Vorbildungsanstalt und steht zugleich mit der Stuttgarter Gewerbe-
schule in Verbindung (Mohl, Verwaltungsrecht §. 214).

Bemerkenswerth ist die Angabe von L. Roy bei Schmid, Ency-
clopädie Bd. III. S. 568, wornach in Holland allein 127 Schulen
für den "Volksgesang" existiren sollen.

Frankreichs Berufsbildungssystem.
I. Charakter und historische Entwicklung bis zur Gegenwart.

Wir müssen wohl daran festhalten, daß erst, wenn man Deutsch-
lands großartiges Berufsbildungssystem, wie wir es zu entrollen ver-
sucht haben, vor Augen hat, auch dasjenige Frankreichs recht verständ-
lich wird. Und mit Beziehung auf die eben dargelegten Grundlagen
ist es deßhalb nunmehr auch möglich, für Frankreich nicht bloß kürzer
zu sein, sondern auch den Charakter des Berufsbildungswesens in
Frankreich mit dem des deutschen Volkes zu vergleichen.

Wie es die höhere Natur der Sache fordert, waren und sind aller-
dings die großen Gebiete und Grundlagen auch dieses Theiles des
Bildungswesens in beiden Völkern gleich. Der tiefgehende Unterschied,
der dennoch die Verschiedenheit so groß werden läßt, daß oft selbst die
formale Vergleichung schwer wird, liegt daher nicht in der Natur der
Bildung selbst, sondern in den großen historischen Ereignissen, welche
über den Bildungsproceß in jedem Volke entscheiden. Wir haben nun
zu zeigen versucht, daß diese Ereignisse nicht eben unmittelbar in das
öffentliche Recht der Bildung eingreifen, sondern daß vielmehr dieß
öffentliche Recht auch hier stets die natürliche und einfache Consequenz
der Umgestaltung der gesellschaftlichen Ordnung war und sein
wird. Die Geschichte des französischen Bildungswesens überhaupt,
speciell überhaupt die seines Berufsbildungswesens ist daher nur ein
Theil seiner socialen, im Verwaltungsrecht zum formalen Abschluß ge-
deihenden Umgestaltungen.

in Koblenz und Düſſeldorf, Trier und Breslau, zum Theil
mit Staatszuſchuß. Daneben die ſchon 1791 geſtiftete Singakademie
in Berlin, und Geſang- und Muſikvereine.

Bayern. Die Akademie der bildenden Künſte iſt zugleich eine
Künſtlergeſellſchaft und ein Lehrinſtitut. Erſte Organiſation
vom 13. Mai 1808; zweite Verordnung vom 1. Auguſt 1846 umfaßt
alle Gebiete; zugleich theoretiſcher Unterricht. — Erzgießerei in
München. Höhere Zeichnenſchule in Nürnberg (Pözl, Verwaltungsrecht
§. 198).

Württemberg. Die Kunſtſchule in Stuttgart iſt im Grunde
eine Vorbildungsanſtalt und ſteht zugleich mit der Stuttgarter Gewerbe-
ſchule in Verbindung (Mohl, Verwaltungsrecht §. 214).

Bemerkenswerth iſt die Angabe von L. Roy bei Schmid, Ency-
clopädie Bd. III. S. 568, wornach in Holland allein 127 Schulen
für den „Volksgeſang“ exiſtiren ſollen.

Frankreichs Berufsbildungsſyſtem.
I. Charakter und hiſtoriſche Entwicklung bis zur Gegenwart.

Wir müſſen wohl daran feſthalten, daß erſt, wenn man Deutſch-
lands großartiges Berufsbildungsſyſtem, wie wir es zu entrollen ver-
ſucht haben, vor Augen hat, auch dasjenige Frankreichs recht verſtänd-
lich wird. Und mit Beziehung auf die eben dargelegten Grundlagen
iſt es deßhalb nunmehr auch möglich, für Frankreich nicht bloß kürzer
zu ſein, ſondern auch den Charakter des Berufsbildungsweſens in
Frankreich mit dem des deutſchen Volkes zu vergleichen.

Wie es die höhere Natur der Sache fordert, waren und ſind aller-
dings die großen Gebiete und Grundlagen auch dieſes Theiles des
Bildungsweſens in beiden Völkern gleich. Der tiefgehende Unterſchied,
der dennoch die Verſchiedenheit ſo groß werden läßt, daß oft ſelbſt die
formale Vergleichung ſchwer wird, liegt daher nicht in der Natur der
Bildung ſelbſt, ſondern in den großen hiſtoriſchen Ereigniſſen, welche
über den Bildungsproceß in jedem Volke entſcheiden. Wir haben nun
zu zeigen verſucht, daß dieſe Ereigniſſe nicht eben unmittelbar in das
öffentliche Recht der Bildung eingreifen, ſondern daß vielmehr dieß
öffentliche Recht auch hier ſtets die natürliche und einfache Conſequenz
der Umgeſtaltung der geſellſchaftlichen Ordnung war und ſein
wird. Die Geſchichte des franzöſiſchen Bildungsweſens überhaupt,
ſpeciell überhaupt die ſeines Berufsbildungsweſens iſt daher nur ein
Theil ſeiner ſocialen, im Verwaltungsrecht zum formalen Abſchluß ge-
deihenden Umgeſtaltungen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <p><pb facs="#f0314" n="286"/>
in <hi rendition="#g">Koblenz</hi> und <hi rendition="#g">&#x017F;&#x017F;eldorf, Trier</hi> und <hi rendition="#g">Breslau</hi>, zum Theil<lb/>
mit Staatszu&#x017F;chuß. Daneben die &#x017F;chon 1791 ge&#x017F;tiftete <hi rendition="#g">Singakademie</hi><lb/>
in Berlin, und Ge&#x017F;ang- und Mu&#x017F;ikvereine.</p><lb/>
                  <p><hi rendition="#g">Bayern</hi>. Die Akademie der bildenden Kün&#x017F;te i&#x017F;t zugleich eine<lb/><hi rendition="#g">Kün&#x017F;tlerge&#x017F;ell&#x017F;chaft</hi> und ein <hi rendition="#g">Lehrin&#x017F;titut</hi>. Er&#x017F;te Organi&#x017F;ation<lb/>
vom 13. Mai 1808; zweite Verordnung vom 1. Augu&#x017F;t 1846 umfaßt<lb/>
alle Gebiete; zugleich theoreti&#x017F;cher Unterricht. &#x2014; <hi rendition="#g">Erzgießerei</hi> in<lb/>
München. Höhere Zeichnen&#x017F;chule in Nürnberg (<hi rendition="#g">Pözl</hi>, Verwaltungsrecht<lb/>
§. 198).</p><lb/>
                  <p><hi rendition="#g">Württemberg</hi>. Die Kun&#x017F;t&#x017F;chule in Stuttgart i&#x017F;t im Grunde<lb/>
eine Vorbildungsan&#x017F;talt und &#x017F;teht zugleich mit der Stuttgarter Gewerbe-<lb/>
&#x017F;chule in Verbindung (<hi rendition="#g">Mohl</hi>, Verwaltungsrecht §. 214).</p><lb/>
                  <p>Bemerkenswerth i&#x017F;t die Angabe von L. <hi rendition="#g">Roy</hi> bei <hi rendition="#g">Schmid</hi>, Ency-<lb/>
clopädie Bd. <hi rendition="#aq">III.</hi> S. 568, wornach in <hi rendition="#g">Holland</hi> allein 127 Schulen<lb/>
für den &#x201E;Volksge&#x017F;ang&#x201C; exi&#x017F;tiren &#x017F;ollen.</p>
                </div>
              </div><lb/>
              <div n="5">
                <head> <hi rendition="#b">Frankreichs Berufsbildungs&#x017F;y&#x017F;tem.</hi> </head><lb/>
                <div n="6">
                  <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">I.</hi> Charakter und hi&#x017F;tori&#x017F;che Entwicklung bis zur Gegenwart.</hi> </head><lb/>
                  <p>Wir mü&#x017F;&#x017F;en wohl daran fe&#x017F;thalten, daß er&#x017F;t, wenn man Deut&#x017F;ch-<lb/>
lands großartiges Berufsbildungs&#x017F;y&#x017F;tem, wie wir es zu entrollen ver-<lb/>
&#x017F;ucht haben, vor Augen hat, auch dasjenige Frankreichs recht ver&#x017F;tänd-<lb/>
lich wird. Und mit Beziehung auf die eben dargelegten Grundlagen<lb/>
i&#x017F;t es deßhalb nunmehr auch möglich, für Frankreich nicht bloß kürzer<lb/>
zu &#x017F;ein, &#x017F;ondern auch den Charakter des Berufsbildungswe&#x017F;ens in<lb/>
Frankreich mit dem des deut&#x017F;chen Volkes zu vergleichen.</p><lb/>
                  <p>Wie es die höhere Natur der Sache fordert, waren und &#x017F;ind aller-<lb/>
dings die großen Gebiete und Grundlagen auch die&#x017F;es Theiles des<lb/>
Bildungswe&#x017F;ens in beiden Völkern gleich. Der tiefgehende Unter&#x017F;chied,<lb/>
der dennoch die Ver&#x017F;chiedenheit &#x017F;o groß werden läßt, daß oft &#x017F;elb&#x017F;t die<lb/>
formale Vergleichung &#x017F;chwer wird, liegt daher nicht in der Natur der<lb/>
Bildung &#x017F;elb&#x017F;t, &#x017F;ondern in den großen hi&#x017F;tori&#x017F;chen Ereigni&#x017F;&#x017F;en, welche<lb/>
über den Bildungsproceß in jedem Volke ent&#x017F;cheiden. Wir haben nun<lb/>
zu zeigen ver&#x017F;ucht, daß die&#x017F;e Ereigni&#x017F;&#x017F;e nicht eben unmittelbar in das<lb/>
öffentliche Recht der Bildung eingreifen, &#x017F;ondern daß vielmehr dieß<lb/>
öffentliche Recht auch hier &#x017F;tets die natürliche und einfache Con&#x017F;equenz<lb/>
der Umge&#x017F;taltung der <hi rendition="#g">ge&#x017F;ell&#x017F;chaftlichen Ordnung</hi> war und &#x017F;ein<lb/>
wird. Die Ge&#x017F;chichte des franzö&#x017F;i&#x017F;chen Bildungswe&#x017F;ens überhaupt,<lb/>
&#x017F;peciell überhaupt die &#x017F;eines Berufsbildungswe&#x017F;ens i&#x017F;t daher nur ein<lb/>
Theil &#x017F;einer &#x017F;ocialen, im Verwaltungsrecht zum formalen Ab&#x017F;chluß ge-<lb/>
deihenden Umge&#x017F;taltungen.</p><lb/>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[286/0314] in Koblenz und Düſſeldorf, Trier und Breslau, zum Theil mit Staatszuſchuß. Daneben die ſchon 1791 geſtiftete Singakademie in Berlin, und Geſang- und Muſikvereine. Bayern. Die Akademie der bildenden Künſte iſt zugleich eine Künſtlergeſellſchaft und ein Lehrinſtitut. Erſte Organiſation vom 13. Mai 1808; zweite Verordnung vom 1. Auguſt 1846 umfaßt alle Gebiete; zugleich theoretiſcher Unterricht. — Erzgießerei in München. Höhere Zeichnenſchule in Nürnberg (Pözl, Verwaltungsrecht §. 198). Württemberg. Die Kunſtſchule in Stuttgart iſt im Grunde eine Vorbildungsanſtalt und ſteht zugleich mit der Stuttgarter Gewerbe- ſchule in Verbindung (Mohl, Verwaltungsrecht §. 214). Bemerkenswerth iſt die Angabe von L. Roy bei Schmid, Ency- clopädie Bd. III. S. 568, wornach in Holland allein 127 Schulen für den „Volksgeſang“ exiſtiren ſollen. Frankreichs Berufsbildungsſyſtem. I. Charakter und hiſtoriſche Entwicklung bis zur Gegenwart. Wir müſſen wohl daran feſthalten, daß erſt, wenn man Deutſch- lands großartiges Berufsbildungsſyſtem, wie wir es zu entrollen ver- ſucht haben, vor Augen hat, auch dasjenige Frankreichs recht verſtänd- lich wird. Und mit Beziehung auf die eben dargelegten Grundlagen iſt es deßhalb nunmehr auch möglich, für Frankreich nicht bloß kürzer zu ſein, ſondern auch den Charakter des Berufsbildungsweſens in Frankreich mit dem des deutſchen Volkes zu vergleichen. Wie es die höhere Natur der Sache fordert, waren und ſind aller- dings die großen Gebiete und Grundlagen auch dieſes Theiles des Bildungsweſens in beiden Völkern gleich. Der tiefgehende Unterſchied, der dennoch die Verſchiedenheit ſo groß werden läßt, daß oft ſelbſt die formale Vergleichung ſchwer wird, liegt daher nicht in der Natur der Bildung ſelbſt, ſondern in den großen hiſtoriſchen Ereigniſſen, welche über den Bildungsproceß in jedem Volke entſcheiden. Wir haben nun zu zeigen verſucht, daß dieſe Ereigniſſe nicht eben unmittelbar in das öffentliche Recht der Bildung eingreifen, ſondern daß vielmehr dieß öffentliche Recht auch hier ſtets die natürliche und einfache Conſequenz der Umgeſtaltung der geſellſchaftlichen Ordnung war und ſein wird. Die Geſchichte des franzöſiſchen Bildungsweſens überhaupt, ſpeciell überhaupt die ſeines Berufsbildungsweſens iſt daher nur ein Theil ſeiner ſocialen, im Verwaltungsrecht zum formalen Abſchluß ge- deihenden Umgeſtaltungen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre05_1868
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre05_1868/314
Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre05_1868/314>, abgerufen am 29.03.2024.