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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868.

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Vorbildung aus, sie sind wesentlich naturwissenschaftlich und mathematisch.
Das eigentlich wirthschaftliche Element fehlt. Dennoch ist für das
baccalaureat es sciences durch Decret vom 10. April 1852 auch eine
lateinische Uebersetzung gefordert, und eine mathematische "composition."
Die Abgangsprüfung ergibt auch ein Licentiat; aber dasselbe ist jetzt
gar in drei Theile getheilt und jeder dieser Theile besteht ganz für sich.
Diese drei Arten von "licences" sind die licence es sc. mathema-
tiques, es sc. physiques
und es sciences naturelles, jede mit ihrem
(kurzen) Examen. Das Doktorat fordert die Vertheidigung Einer These.
So ist dieß ganze Gebiet hoffnungslos zersplittert. Dazu kommt, daß
die einzelnen Gemeinden noch Ecoles preparatoires errichten können,
deren Curse den Fakultätskursen gleich stehen.

Facultes de droit (seit Gesetz vom 22. Vent. an XII; gegenwärtig
neun) Gegenstand nur Jurisprudenz; gar keine weitere Berufsbildung,
drei Jahre Curs; für das Doktorat vier Jahre. Das Baccalaureat
(nach zwei Jahren) ist eine Uebergangsprüfung; die licence en droit,
die eigentliche Abgangsprüfung, wird nach dem dritten Jahre ertheilt
und ist mit der Vertheidigung einer These verbunden; das Doktorat wird
erst nach zwei Prüfungen, wovon Eine römisch-rechtlich, ertheilt. Jähr-
lich werden Preise und mentions honorables ausgetheilt. Durch Decret
vom 17. September 1864 ist an der Faculte de Paris ein Lehrstuhl
für "economie politique" errichtet, der einzige bisher an einer Rechts-
fakultät! (Vgl. Say, Traite II, 233, J. d'Econ. 1865.)

Facultes de medecine. Es gibt ihrer für ganz Frankreich seit
Gesetz vom 11. Frim. an III nur drei (Paris, Montpellier, Straß-
burg); vierjähriger Curs mit jährlichen Prüfungen, ohne baccalaureat
und licence; das Doktorat ist die eigentliche Abgangsprüfung und
wird nach fünf Prüfungen verliehen. Daneben bestehen drei Ecoles
superieures de pharmacie
seit Gesetz vom 21. Germ. an XI neben
jenen Facultes (s. oben Apothekerwesen). Das völlige Ungenügen
dieser Einrichtungen rief dann die Errichtung von Ecoles preparatoires
de medecine
hervor, seit Gesetz vom 11. Flor. an X durch Verordnung
vom 18. Mai 1820 der Universite eingereiht. Es sind das reine
Kliniken nebst Vorträgen, ohne daß die Vorbildung der sciences
gefordert würde; sie bestehen neben den örtlichen Hospitälern; der Lehr-
körper hat seit Decret vom 22. August 1854 das Recht, den Grad des
Officier de sante zu verleihen und die Hebammenprüfung vorzunehmen.

Facultes de theologie (sechs) sehr unvollständig, bachelier nur,
wenn das baccalaureat es lettres schon erworben; licence nach Ver-
theidigung einer These, Doktorat nach Vertheidigung einer zweiten.
Die katholische Kirche erkennt die Grade gar nicht an.

Vorbildung aus, ſie ſind weſentlich naturwiſſenſchaftlich und mathematiſch.
Das eigentlich wirthſchaftliche Element fehlt. Dennoch iſt für das
baccalauréat ès sciences durch Decret vom 10. April 1852 auch eine
lateiniſche Ueberſetzung gefordert, und eine mathematiſche „composition.“
Die Abgangsprüfung ergibt auch ein Licentiat; aber daſſelbe iſt jetzt
gar in drei Theile getheilt und jeder dieſer Theile beſteht ganz für ſich.
Dieſe drei Arten von „licences“ ſind die licence ès sc. mathema-
tiques, ès sc. physiques
und ès sciences naturelles, jede mit ihrem
(kurzen) Examen. Das Doktorat fordert die Vertheidigung Einer Theſe.
So iſt dieß ganze Gebiet hoffnungslos zerſplittert. Dazu kommt, daß
die einzelnen Gemeinden noch Écoles préparatoires errichten können,
deren Curſe den Fakultätskurſen gleich ſtehen.

Facultés de droit (ſeit Geſetz vom 22. Vent. an XII; gegenwärtig
neun) Gegenſtand nur Jurisprudenz; gar keine weitere Berufsbildung,
drei Jahre Curs; für das Doktorat vier Jahre. Das Baccalaureat
(nach zwei Jahren) iſt eine Uebergangsprüfung; die licence en droit,
die eigentliche Abgangsprüfung, wird nach dem dritten Jahre ertheilt
und iſt mit der Vertheidigung einer Theſe verbunden; das Doktorat wird
erſt nach zwei Prüfungen, wovon Eine römiſch-rechtlich, ertheilt. Jähr-
lich werden Preiſe und mentions honorables ausgetheilt. Durch Decret
vom 17. September 1864 iſt an der Faculté de Paris ein Lehrſtuhl
für „économie politique“ errichtet, der einzige bisher an einer Rechts-
fakultät! (Vgl. Say, Traité II, 233, J. d’Écon. 1865.)

Facultés de médecine. Es gibt ihrer für ganz Frankreich ſeit
Geſetz vom 11. Frim. an III nur drei (Paris, Montpellier, Straß-
burg); vierjähriger Curs mit jährlichen Prüfungen, ohne baccalauréat
und licence; das Doktorat iſt die eigentliche Abgangsprüfung und
wird nach fünf Prüfungen verliehen. Daneben beſtehen drei Écoles
supérieures de pharmacie
ſeit Geſetz vom 21. Germ. an XI neben
jenen Facultés (ſ. oben Apothekerweſen). Das völlige Ungenügen
dieſer Einrichtungen rief dann die Errichtung von Écoles préparatoires
de médecine
hervor, ſeit Geſetz vom 11. Flor. an X durch Verordnung
vom 18. Mai 1820 der Université eingereiht. Es ſind das reine
Kliniken nebſt Vorträgen, ohne daß die Vorbildung der sciences
gefordert würde; ſie beſtehen neben den örtlichen Hoſpitälern; der Lehr-
körper hat ſeit Decret vom 22. Auguſt 1854 das Recht, den Grad des
Officier de santé zu verleihen und die Hebammenprüfung vorzunehmen.

Facultés de théologie (ſechs) ſehr unvollſtändig, bachelier nur,
wenn das baccalauréat ès lettres ſchon erworben; licence nach Ver-
theidigung einer Theſe, Doktorat nach Vertheidigung einer zweiten.
Die katholiſche Kirche erkennt die Grade gar nicht an.

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[310/0338] Vorbildung aus, ſie ſind weſentlich naturwiſſenſchaftlich und mathematiſch. Das eigentlich wirthſchaftliche Element fehlt. Dennoch iſt für das baccalauréat ès sciences durch Decret vom 10. April 1852 auch eine lateiniſche Ueberſetzung gefordert, und eine mathematiſche „composition.“ Die Abgangsprüfung ergibt auch ein Licentiat; aber daſſelbe iſt jetzt gar in drei Theile getheilt und jeder dieſer Theile beſteht ganz für ſich. Dieſe drei Arten von „licences“ ſind die licence ès sc. mathema- tiques, ès sc. physiques und ès sciences naturelles, jede mit ihrem (kurzen) Examen. Das Doktorat fordert die Vertheidigung Einer Theſe. So iſt dieß ganze Gebiet hoffnungslos zerſplittert. Dazu kommt, daß die einzelnen Gemeinden noch Écoles préparatoires errichten können, deren Curſe den Fakultätskurſen gleich ſtehen. Facultés de droit (ſeit Geſetz vom 22. Vent. an XII; gegenwärtig neun) Gegenſtand nur Jurisprudenz; gar keine weitere Berufsbildung, drei Jahre Curs; für das Doktorat vier Jahre. Das Baccalaureat (nach zwei Jahren) iſt eine Uebergangsprüfung; die licence en droit, die eigentliche Abgangsprüfung, wird nach dem dritten Jahre ertheilt und iſt mit der Vertheidigung einer Theſe verbunden; das Doktorat wird erſt nach zwei Prüfungen, wovon Eine römiſch-rechtlich, ertheilt. Jähr- lich werden Preiſe und mentions honorables ausgetheilt. Durch Decret vom 17. September 1864 iſt an der Faculté de Paris ein Lehrſtuhl für „économie politique“ errichtet, der einzige bisher an einer Rechts- fakultät! (Vgl. Say, Traité II, 233, J. d’Écon. 1865.) Facultés de médecine. Es gibt ihrer für ganz Frankreich ſeit Geſetz vom 11. Frim. an III nur drei (Paris, Montpellier, Straß- burg); vierjähriger Curs mit jährlichen Prüfungen, ohne baccalauréat und licence; das Doktorat iſt die eigentliche Abgangsprüfung und wird nach fünf Prüfungen verliehen. Daneben beſtehen drei Écoles supérieures de pharmacie ſeit Geſetz vom 21. Germ. an XI neben jenen Facultés (ſ. oben Apothekerweſen). Das völlige Ungenügen dieſer Einrichtungen rief dann die Errichtung von Écoles préparatoires de médecine hervor, ſeit Geſetz vom 11. Flor. an X durch Verordnung vom 18. Mai 1820 der Université eingereiht. Es ſind das reine Kliniken nebſt Vorträgen, ohne daß die Vorbildung der sciences gefordert würde; ſie beſtehen neben den örtlichen Hoſpitälern; der Lehr- körper hat ſeit Decret vom 22. Auguſt 1854 das Recht, den Grad des Officier de santé zu verleihen und die Hebammenprüfung vorzunehmen. Facultés de théologie (ſechs) ſehr unvollſtändig, bachelier nur, wenn das baccalauréat ès lettres ſchon erworben; licence nach Ver- theidigung einer Theſe, Doktorat nach Vertheidigung einer zweiten. Die katholiſche Kirche erkennt die Grade gar nicht an.

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre05_1868/338>, abgerufen am 28.03.2024.