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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 6. Stuttgart, 1868.

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Vergl. für Frankreich die verschiedenen Andeutungen bei Block.
Für Oesterreich Stubenrauch I. 561. Für Preußen: Rönne II.
463. -- Von besonderem Interesse sind die historischen Sammlungen
aller Art, in deren Erhaltung und wissenschaftliche Verwerthung sich
die Verwaltungen und die Vereine theilen. In Frankreich steht diese
Erhaltung und Verwerthung direkt unter dem Ministere de l'Interieur
seit 1830; seit 1853 unter dem Ministere d'Etat, mit einem eigenen
Fonds (900,000 Fr.) und eigenen Angestellten P. Merimee bei Block,
Monuments historiques. In Oesterreich ist eine Centralcommission zur
Erhaltung der Baudenkmäler errichtet (Entschließung vom 31. December
1850) und wird durch Vereine unterstützt. Aehnliches geschieht in Belgien
und andern Staaten. -- Preußen: Verordnung über die Aufstellung
und Aufgaben des Conservators der Kunstdenkmäler (Rönne, Staats-
recht II. §. 231 und 463). -- Bayern: die Central-Gemälde-
Gallerie
ist eine organisirte Verwaltungsstelle, welche die Samm-
lungen zu München, Schleißheim und Lustheim, dann zu Augsburg
und Nürnberg und das Kupferstichkabinet in München umfaßt (organi-
sirt am 3. Juni 1851. Pözl, Verwaltungsrecht §. 198). Andere Samm-
lungen verschiedener Art bei Pözl, ebend. §. 197. Sie stehen größten-
theils unter der Akademie der Wissenschaften. Staatsrechtliche
Eigenschaft dieser Sammlungen; Pözl, Verfassungsrecht S. 237. Die
Sammlungen Württembergs als Gegenstand des öffentlichen Rechts
bei Mohl, Württemb. Verwaltungsrecht §. 218 (Bibliotheken, Na-
turaliensammlungen, Antiquitäten und Kunstsammlung).

V. Theater.

Die Bedeutung und der Einfluß, welche öffentliche Schaustellungen
zu allen Zeiten ausgeübt haben, speciell aber ihre Stellung zur all-
gemeinen Bildung sind von jeher anerkannt, und Gegenstand vielfacher
Untersuchung gewesen. Allein das Verhältniß zur Verwaltung, oder
die Theilnahme des Staats an Inhalt und Form ihrer Leistungen bedarf
einer selbständigen Darstellung, die namentlich die heutigen vielbespro-
chenen und doch zum Theil sehr unklaren Beziehungen der Verwaltungen
zum Theaterwesen auf ihren natürlichen Inhalt zurückführt.

Es ist natürlich, daß auch die öffentlichen Schaustellungen den
Charakter der Gesellschaftsordnungen tragen, für welche sie bestimmt,
und daß dieser Charakter über ihr öffentliches Recht entscheidet. In
der Geschlechterordnung sind sie Waffenspiele, bei denen jeder Einzelne
für sich selbst sorgt. Die Blüthezeit Griechenlands zeigt uns die Theater
als Darstellung großer ethischer Ideen und scheidet zuerst die Kunst von

Vergl. für Frankreich die verſchiedenen Andeutungen bei Block.
Für Oeſterreich Stubenrauch I. 561. Für Preußen: Rönne II.
463. — Von beſonderem Intereſſe ſind die hiſtoriſchen Sammlungen
aller Art, in deren Erhaltung und wiſſenſchaftliche Verwerthung ſich
die Verwaltungen und die Vereine theilen. In Frankreich ſteht dieſe
Erhaltung und Verwerthung direkt unter dem Ministère de l’Intérieur
ſeit 1830; ſeit 1853 unter dem Ministère d’Etat, mit einem eigenen
Fonds (900,000 Fr.) und eigenen Angeſtellten P. Merimée bei Block,
Monuments historiques. In Oeſterreich iſt eine Centralcommiſſion zur
Erhaltung der Baudenkmäler errichtet (Entſchließung vom 31. December
1850) und wird durch Vereine unterſtützt. Aehnliches geſchieht in Belgien
und andern Staaten. — Preußen: Verordnung über die Aufſtellung
und Aufgaben des Conſervators der Kunſtdenkmäler (Rönne, Staats-
recht II. §. 231 und 463). — Bayern: die Central-Gemälde-
Gallerie
iſt eine organiſirte Verwaltungsſtelle, welche die Samm-
lungen zu München, Schleißheim und Luſtheim, dann zu Augsburg
und Nürnberg und das Kupferſtichkabinet in München umfaßt (organi-
ſirt am 3. Juni 1851. Pözl, Verwaltungsrecht §. 198). Andere Samm-
lungen verſchiedener Art bei Pözl, ebend. §. 197. Sie ſtehen größten-
theils unter der Akademie der Wiſſenſchaften. Staatsrechtliche
Eigenſchaft dieſer Sammlungen; Pözl, Verfaſſungsrecht S. 237. Die
Sammlungen Württembergs als Gegenſtand des öffentlichen Rechts
bei Mohl, Württemb. Verwaltungsrecht §. 218 (Bibliotheken, Na-
turalienſammlungen, Antiquitäten und Kunſtſammlung).

V. Theater.

Die Bedeutung und der Einfluß, welche öffentliche Schauſtellungen
zu allen Zeiten ausgeübt haben, ſpeciell aber ihre Stellung zur all-
gemeinen Bildung ſind von jeher anerkannt, und Gegenſtand vielfacher
Unterſuchung geweſen. Allein das Verhältniß zur Verwaltung, oder
die Theilnahme des Staats an Inhalt und Form ihrer Leiſtungen bedarf
einer ſelbſtändigen Darſtellung, die namentlich die heutigen vielbeſpro-
chenen und doch zum Theil ſehr unklaren Beziehungen der Verwaltungen
zum Theaterweſen auf ihren natürlichen Inhalt zurückführt.

Es iſt natürlich, daß auch die öffentlichen Schauſtellungen den
Charakter der Geſellſchaftsordnungen tragen, für welche ſie beſtimmt,
und daß dieſer Charakter über ihr öffentliches Recht entſcheidet. In
der Geſchlechterordnung ſind ſie Waffenſpiele, bei denen jeder Einzelne
für ſich ſelbſt ſorgt. Die Blüthezeit Griechenlands zeigt uns die Theater
als Darſtellung großer ethiſcher Ideen und ſcheidet zuerſt die Kunſt von

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[40/0056] Vergl. für Frankreich die verſchiedenen Andeutungen bei Block. Für Oeſterreich Stubenrauch I. 561. Für Preußen: Rönne II. 463. — Von beſonderem Intereſſe ſind die hiſtoriſchen Sammlungen aller Art, in deren Erhaltung und wiſſenſchaftliche Verwerthung ſich die Verwaltungen und die Vereine theilen. In Frankreich ſteht dieſe Erhaltung und Verwerthung direkt unter dem Ministère de l’Intérieur ſeit 1830; ſeit 1853 unter dem Ministère d’Etat, mit einem eigenen Fonds (900,000 Fr.) und eigenen Angeſtellten P. Merimée bei Block, Monuments historiques. In Oeſterreich iſt eine Centralcommiſſion zur Erhaltung der Baudenkmäler errichtet (Entſchließung vom 31. December 1850) und wird durch Vereine unterſtützt. Aehnliches geſchieht in Belgien und andern Staaten. — Preußen: Verordnung über die Aufſtellung und Aufgaben des Conſervators der Kunſtdenkmäler (Rönne, Staats- recht II. §. 231 und 463). — Bayern: die Central-Gemälde- Gallerie iſt eine organiſirte Verwaltungsſtelle, welche die Samm- lungen zu München, Schleißheim und Luſtheim, dann zu Augsburg und Nürnberg und das Kupferſtichkabinet in München umfaßt (organi- ſirt am 3. Juni 1851. Pözl, Verwaltungsrecht §. 198). Andere Samm- lungen verſchiedener Art bei Pözl, ebend. §. 197. Sie ſtehen größten- theils unter der Akademie der Wiſſenſchaften. Staatsrechtliche Eigenſchaft dieſer Sammlungen; Pözl, Verfaſſungsrecht S. 237. Die Sammlungen Württembergs als Gegenſtand des öffentlichen Rechts bei Mohl, Württemb. Verwaltungsrecht §. 218 (Bibliotheken, Na- turalienſammlungen, Antiquitäten und Kunſtſammlung). V. Theater. Die Bedeutung und der Einfluß, welche öffentliche Schauſtellungen zu allen Zeiten ausgeübt haben, ſpeciell aber ihre Stellung zur all- gemeinen Bildung ſind von jeher anerkannt, und Gegenſtand vielfacher Unterſuchung geweſen. Allein das Verhältniß zur Verwaltung, oder die Theilnahme des Staats an Inhalt und Form ihrer Leiſtungen bedarf einer ſelbſtändigen Darſtellung, die namentlich die heutigen vielbeſpro- chenen und doch zum Theil ſehr unklaren Beziehungen der Verwaltungen zum Theaterweſen auf ihren natürlichen Inhalt zurückführt. Es iſt natürlich, daß auch die öffentlichen Schauſtellungen den Charakter der Geſellſchaftsordnungen tragen, für welche ſie beſtimmt, und daß dieſer Charakter über ihr öffentliches Recht entſcheidet. In der Geſchlechterordnung ſind ſie Waffenſpiele, bei denen jeder Einzelne für ſich ſelbſt ſorgt. Die Blüthezeit Griechenlands zeigt uns die Theater als Darſtellung großer ethiſcher Ideen und ſcheidet zuerſt die Kunſt von

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 6. Stuttgart, 1868, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre06_1868/56>, abgerufen am 28.03.2024.