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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 7. Stuttgart, 1868.

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Besitzer sind für ihren Besitz den alten Lords der normannischen Eroberer
auch formell gleichgestellt. Zweitens als natürliche Folge davon
werden alle Arten von Abgaben, die aus dem feodal system von
Seiten dieser subtenentes an den früheren tenants in capite, theils
in recognitionem dominii, theils als wirkliche Lehnsabgabe bestehen,
aufgehoben. Dadurch sind die vom Stat. 12 ausdrücklich angeführten
"fines for alienation (beim Verkauf des Lehngutes), tenures by homage
(der Lehnseid und seine Leistung), knigths service (ritterlicher Dienst),
and escuage (für die feierliche Aufnahme in das Dienstverhältniß),
aids for marrying this daughter or knigththing the son (Abgabe für
die Aussteuer der Tochter oder den Sohn des Herrn) und endlich alle
Leistung und alles Obereigenthum des Königs überhaupt -- all
tenures of the king in capite
-- aufgehoben worden. Drittens
werden, gleichfalls dem entsprechend, alle auf diese Rechte bezüglichen
Gerichtsinstanzen und andere Lehnsleistungen courts of ward and li-
veries, and all wardships, liveries, primes seisins and ousterlemains
)
abgeschafft. Dieß Gesetz ist das erste Entlastungsgesetz in der
europäischen Geschichte; es hat dasselbe wohl viel dazu beigetragen,
überhaupt die Regierung Karls II. in England noch erträglich zu machen,
und wir wundern uns billig, daß Macaulay keine weitere Rücksicht
darauf nimmt. Allein allerdings ist dieß Gesetz nur die Entlastung
der ursprünglich freien Lehnsbesitzer
, und hat mit der Ent-
lastung des ursprünglich unfreien Besitzes gar nichts zu thun; die Be-
wunderung Blackstones ist uns nicht wohl verständlich, wenn er sagt,
das Statut von Karl II. habe "exstirpated the whole, and demolished
booth root and branches" "of the military tenures."
Denn dasselbe
fügt ausdrücklich hinzu "save only tenures in franc almoign (s. unten)
copyholds, and the honorary services (without the slavish parts)
of grand serjanty."
Das heißt, die aus dem alten Recht hervorgehende
Stellung des ursprünglich unfreien Bodens, die zu dieser Zeit bereits
als copyhold allgemein anerkannt ist, bleibt bestehen. Damit ist
die Grundlage der zweiten großen Epoche der englischen Agrarver-
fassung gegeben, deren rechtliche Natur und Gestaltung die nunmehr
folgende ist.

Zweite Epoche.
Von 12. Ch. II. c. 24 bis zum 19. Jahrhundert.

Setzt man nun als formellen Schlußpunkt der ersten Epoche das
obenerwähnte Gesetz, so ist die Grundlage der englischen Agrarverfassung
bis zur neuesten Zeit sehr leicht zu erklären, nur muß man allerdings

Beſitzer ſind für ihren Beſitz den alten Lords der normanniſchen Eroberer
auch formell gleichgeſtellt. Zweitens als natürliche Folge davon
werden alle Arten von Abgaben, die aus dem feodal system von
Seiten dieſer subtenentes an den früheren tenants in capite, theils
in recognitionem dominii, theils als wirkliche Lehnsabgabe beſtehen,
aufgehoben. Dadurch ſind die vom Stat. 12 ausdrücklich angeführten
„fines for alienation (beim Verkauf des Lehngutes), tenures by homage
(der Lehnseid und ſeine Leiſtung), knigths service (ritterlicher Dienſt),
and escuage (für die feierliche Aufnahme in das Dienſtverhältniß),
aids for marrying this daughter or knigththing the son (Abgabe für
die Ausſteuer der Tochter oder den Sohn des Herrn) und endlich alle
Leiſtung und alles Obereigenthum des Königs überhauptall
tenures of the king in capite
— aufgehoben worden. Drittens
werden, gleichfalls dem entſprechend, alle auf dieſe Rechte bezüglichen
Gerichtsinſtanzen und andere Lehnsleiſtungen courts of ward and li-
veries, and all wardships, liveries, primes seisins and ousterlemains
)
abgeſchafft. Dieß Geſetz iſt das erſte Entlaſtungsgeſetz in der
europäiſchen Geſchichte; es hat daſſelbe wohl viel dazu beigetragen,
überhaupt die Regierung Karls II. in England noch erträglich zu machen,
und wir wundern uns billig, daß Macaulay keine weitere Rückſicht
darauf nimmt. Allein allerdings iſt dieß Geſetz nur die Entlaſtung
der urſprünglich freien Lehnsbeſitzer
, und hat mit der Ent-
laſtung des urſprünglich unfreien Beſitzes gar nichts zu thun; die Be-
wunderung Blackſtones iſt uns nicht wohl verſtändlich, wenn er ſagt,
das Statut von Karl II. habe „exstirpated the whole, and demolished
booth root and branches“ „of the military tenures.“
Denn daſſelbe
fügt ausdrücklich hinzu „save only tenures in franc almoign (ſ. unten)
copyholds, and the honorary services (without the slavish parts)
of grand serjanty.“
Das heißt, die aus dem alten Recht hervorgehende
Stellung des urſprünglich unfreien Bodens, die zu dieſer Zeit bereits
als copyhold allgemein anerkannt iſt, bleibt beſtehen. Damit iſt
die Grundlage der zweiten großen Epoche der engliſchen Agrarver-
faſſung gegeben, deren rechtliche Natur und Geſtaltung die nunmehr
folgende iſt.

Zweite Epoche.
Von 12. Ch. II. c. 24 bis zum 19. Jahrhundert.

Setzt man nun als formellen Schlußpunkt der erſten Epoche das
obenerwähnte Geſetz, ſo iſt die Grundlage der engliſchen Agrarverfaſſung
bis zur neueſten Zeit ſehr leicht zu erklären, nur muß man allerdings

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[124/0142] Beſitzer ſind für ihren Beſitz den alten Lords der normanniſchen Eroberer auch formell gleichgeſtellt. Zweitens als natürliche Folge davon werden alle Arten von Abgaben, die aus dem feodal system von Seiten dieſer subtenentes an den früheren tenants in capite, theils in recognitionem dominii, theils als wirkliche Lehnsabgabe beſtehen, aufgehoben. Dadurch ſind die vom Stat. 12 ausdrücklich angeführten „fines for alienation (beim Verkauf des Lehngutes), tenures by homage (der Lehnseid und ſeine Leiſtung), knigths service (ritterlicher Dienſt), and escuage (für die feierliche Aufnahme in das Dienſtverhältniß), aids for marrying this daughter or knigththing the son (Abgabe für die Ausſteuer der Tochter oder den Sohn des Herrn) und endlich alle Leiſtung und alles Obereigenthum des Königs überhaupt — all tenures of the king in capite — aufgehoben worden. Drittens werden, gleichfalls dem entſprechend, alle auf dieſe Rechte bezüglichen Gerichtsinſtanzen und andere Lehnsleiſtungen courts of ward and li- veries, and all wardships, liveries, primes seisins and ousterlemains) abgeſchafft. Dieß Geſetz iſt das erſte Entlaſtungsgeſetz in der europäiſchen Geſchichte; es hat daſſelbe wohl viel dazu beigetragen, überhaupt die Regierung Karls II. in England noch erträglich zu machen, und wir wundern uns billig, daß Macaulay keine weitere Rückſicht darauf nimmt. Allein allerdings iſt dieß Geſetz nur die Entlaſtung der urſprünglich freien Lehnsbeſitzer, und hat mit der Ent- laſtung des urſprünglich unfreien Beſitzes gar nichts zu thun; die Be- wunderung Blackſtones iſt uns nicht wohl verſtändlich, wenn er ſagt, das Statut von Karl II. habe „exstirpated the whole, and demolished booth root and branches“ „of the military tenures.“ Denn daſſelbe fügt ausdrücklich hinzu „save only tenures in franc almoign (ſ. unten) copyholds, and the honorary services (without the slavish parts) of grand serjanty.“ Das heißt, die aus dem alten Recht hervorgehende Stellung des urſprünglich unfreien Bodens, die zu dieſer Zeit bereits als copyhold allgemein anerkannt iſt, bleibt beſtehen. Damit iſt die Grundlage der zweiten großen Epoche der engliſchen Agrarver- faſſung gegeben, deren rechtliche Natur und Geſtaltung die nunmehr folgende iſt. Zweite Epoche. Von 12. Ch. II. c. 24 bis zum 19. Jahrhundert. Setzt man nun als formellen Schlußpunkt der erſten Epoche das obenerwähnte Geſetz, ſo iſt die Grundlage der engliſchen Agrarverfaſſung bis zur neueſten Zeit ſehr leicht zu erklären, nur muß man allerdings

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 7. Stuttgart, 1868, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre07_1868/142>, abgerufen am 24.04.2024.