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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 7. Stuttgart, 1868.

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der Protokollsaufnahme (vgl. namentlich Thiel, S. 142--144). Das
englische Gesetz bestimmt, daß die Geschwornen ihr Verdict nie im
Allgemeinen, sondern für jede einzelne der Entschädigung unter-
liegende Frage abgeben sollen (separately for the sum of money for
the purchase of the land, or of any interest therein belonging to
the party. Lands Clauses Act art.
49). Wir halten dafür, daß
dieser Grundsatz, für die Schätzleute festgehalten, der richtige ist;
natürlich wird jedes Verfahren vor der Jury, wie es in Frankreich
und England der Fall ist, wieder berechtigt sein neue Zeugen zu ver-
nehmen u. s. w. Doch sollte man bestimmen, daß vor der Jury keine
neuen Gesichtspunkte aufgeführt werden dürfen, wie bei der Appellation
im gerichtlichen Verfahren. Den Schluß des ganzen Verfahrens bildet
die Rechtskraft.

c) Es ist selbstverständlich, daß die Rechtskraft eine andere ist, je
nachdem eines der drei obigen Systeme zum Grunde gelegt wird. Ge-
meinsam jedoch muß der Grundsatz gelten, daß der Spruch, sei es nun
der der Schätzmänner oder der der Geschwornen, eine gewisse Frist
zur Erlangung der Rechtskraft fordert. Eben so selbstverständlich ist,
daß der Geschwornenspruch nur durch die Cassation angegriffen werden
kann, wie in Frankreich (Gesetz von 1841, Art. 42). In England ist
auch diese bekanntlich nicht zulässig. Scheidet man Schätzung und
Geschworene, so ist es kein Zweifel, daß die natürliche Instanz für die
erstere in den zweiten liegt, wie in England; wo dagegen gesetzliche
Regeln für die erstere bestehen -- in England nicht, s. oben -- da
muß man consequent zwar keine Appellation, wohl aber eine Klage vor
Gericht zulassen. Wichtig ist nur die Frage, ob das Verfahren eine
Präclusion für solche enthalten soll, welche sich entweder überhaupt
nicht, oder nicht mit ihren Forderungen und Gründen gemeldet haben.
Eine solche Präclusion ist zweckmäßig, und erscheint in dem Grade mehr
motivirt, als das ganze Verfahren ein öffentliches ist; die französischen
Vorschriften (Gesetz von 1841, Theil III.) sind sehr zweckmäßig. Thiel
(S. 157--164) vertritt die "Legalpräclusion" mit vielem Geschick und
guten Gründen. Einen Termin für die Verhandlung wegen Hypotheken
zuzulassen, ist bei guten Grundbüchern nicht nothwendig; doch ist eben
so wenig ein Grund vorhanden, die Auszahlung sofort zu befehlen
(s. unten). Alle anderen Realrechte fallen unter die allgemeinen Regeln.

2) Das Auszahlungsverfahren.

Bei dem Auszahlungsverfahren handelt es sich zunächst um das
Organ, und dann um die Form der Auszahlung.


der Protokollsaufnahme (vgl. namentlich Thiel, S. 142—144). Das
engliſche Geſetz beſtimmt, daß die Geſchwornen ihr Verdict nie im
Allgemeinen, ſondern für jede einzelne der Entſchädigung unter-
liegende Frage abgeben ſollen (separately for the sum of money for
the purchase of the land, or of any interest therein belonging to
the party. Lands Clauses Act art.
49). Wir halten dafür, daß
dieſer Grundſatz, für die Schätzleute feſtgehalten, der richtige iſt;
natürlich wird jedes Verfahren vor der Jury, wie es in Frankreich
und England der Fall iſt, wieder berechtigt ſein neue Zeugen zu ver-
nehmen u. ſ. w. Doch ſollte man beſtimmen, daß vor der Jury keine
neuen Geſichtspunkte aufgeführt werden dürfen, wie bei der Appellation
im gerichtlichen Verfahren. Den Schluß des ganzen Verfahrens bildet
die Rechtskraft.

c) Es iſt ſelbſtverſtändlich, daß die Rechtskraft eine andere iſt, je
nachdem eines der drei obigen Syſteme zum Grunde gelegt wird. Ge-
meinſam jedoch muß der Grundſatz gelten, daß der Spruch, ſei es nun
der der Schätzmänner oder der der Geſchwornen, eine gewiſſe Friſt
zur Erlangung der Rechtskraft fordert. Eben ſo ſelbſtverſtändlich iſt,
daß der Geſchwornenſpruch nur durch die Caſſation angegriffen werden
kann, wie in Frankreich (Geſetz von 1841, Art. 42). In England iſt
auch dieſe bekanntlich nicht zuläſſig. Scheidet man Schätzung und
Geſchworene, ſo iſt es kein Zweifel, daß die natürliche Inſtanz für die
erſtere in den zweiten liegt, wie in England; wo dagegen geſetzliche
Regeln für die erſtere beſtehen — in England nicht, ſ. oben — da
muß man conſequent zwar keine Appellation, wohl aber eine Klage vor
Gericht zulaſſen. Wichtig iſt nur die Frage, ob das Verfahren eine
Präcluſion für ſolche enthalten ſoll, welche ſich entweder überhaupt
nicht, oder nicht mit ihren Forderungen und Gründen gemeldet haben.
Eine ſolche Präcluſion iſt zweckmäßig, und erſcheint in dem Grade mehr
motivirt, als das ganze Verfahren ein öffentliches iſt; die franzöſiſchen
Vorſchriften (Geſetz von 1841, Theil III.) ſind ſehr zweckmäßig. Thiel
(S. 157—164) vertritt die „Legalpräcluſion“ mit vielem Geſchick und
guten Gründen. Einen Termin für die Verhandlung wegen Hypotheken
zuzulaſſen, iſt bei guten Grundbüchern nicht nothwendig; doch iſt eben
ſo wenig ein Grund vorhanden, die Auszahlung ſofort zu befehlen
(ſ. unten). Alle anderen Realrechte fallen unter die allgemeinen Regeln.

2) Das Auszahlungsverfahren.

Bei dem Auszahlungsverfahren handelt es ſich zunächſt um das
Organ, und dann um die Form der Auszahlung.


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[340/0358] der Protokollsaufnahme (vgl. namentlich Thiel, S. 142—144). Das engliſche Geſetz beſtimmt, daß die Geſchwornen ihr Verdict nie im Allgemeinen, ſondern für jede einzelne der Entſchädigung unter- liegende Frage abgeben ſollen (separately for the sum of money for the purchase of the land, or of any interest therein belonging to the party. Lands Clauses Act art. 49). Wir halten dafür, daß dieſer Grundſatz, für die Schätzleute feſtgehalten, der richtige iſt; natürlich wird jedes Verfahren vor der Jury, wie es in Frankreich und England der Fall iſt, wieder berechtigt ſein neue Zeugen zu ver- nehmen u. ſ. w. Doch ſollte man beſtimmen, daß vor der Jury keine neuen Geſichtspunkte aufgeführt werden dürfen, wie bei der Appellation im gerichtlichen Verfahren. Den Schluß des ganzen Verfahrens bildet die Rechtskraft. c) Es iſt ſelbſtverſtändlich, daß die Rechtskraft eine andere iſt, je nachdem eines der drei obigen Syſteme zum Grunde gelegt wird. Ge- meinſam jedoch muß der Grundſatz gelten, daß der Spruch, ſei es nun der der Schätzmänner oder der der Geſchwornen, eine gewiſſe Friſt zur Erlangung der Rechtskraft fordert. Eben ſo ſelbſtverſtändlich iſt, daß der Geſchwornenſpruch nur durch die Caſſation angegriffen werden kann, wie in Frankreich (Geſetz von 1841, Art. 42). In England iſt auch dieſe bekanntlich nicht zuläſſig. Scheidet man Schätzung und Geſchworene, ſo iſt es kein Zweifel, daß die natürliche Inſtanz für die erſtere in den zweiten liegt, wie in England; wo dagegen geſetzliche Regeln für die erſtere beſtehen — in England nicht, ſ. oben — da muß man conſequent zwar keine Appellation, wohl aber eine Klage vor Gericht zulaſſen. Wichtig iſt nur die Frage, ob das Verfahren eine Präcluſion für ſolche enthalten ſoll, welche ſich entweder überhaupt nicht, oder nicht mit ihren Forderungen und Gründen gemeldet haben. Eine ſolche Präcluſion iſt zweckmäßig, und erſcheint in dem Grade mehr motivirt, als das ganze Verfahren ein öffentliches iſt; die franzöſiſchen Vorſchriften (Geſetz von 1841, Theil III.) ſind ſehr zweckmäßig. Thiel (S. 157—164) vertritt die „Legalpräcluſion“ mit vielem Geſchick und guten Gründen. Einen Termin für die Verhandlung wegen Hypotheken zuzulaſſen, iſt bei guten Grundbüchern nicht nothwendig; doch iſt eben ſo wenig ein Grund vorhanden, die Auszahlung ſofort zu befehlen (ſ. unten). Alle anderen Realrechte fallen unter die allgemeinen Regeln. 2) Das Auszahlungsverfahren. Bei dem Auszahlungsverfahren handelt es ſich zunächſt um das Organ, und dann um die Form der Auszahlung.

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 7. Stuttgart, 1868, S. 340. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre07_1868/358>, abgerufen am 24.04.2024.