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Steinthal, Heymann: Grammatik, Logik und Psychologie. Ihre Principien und ihr Verhältniss zu einander. Berlin, 1855.

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Erster Theil.
Die logische Grammatik.
A. Becker.
1. Beckers mangelhaftes Princip.

Becker legt überall das größte Gewicht auf den Satz: die
Sprache ist
nach ihrem Ursprunge wie in ihrer innern Einrich-
tung und in allen ihren Verhältnissen organisch; er macht ihn
zum Ausgangs-, Ziel- und Mittelpunkt seines Sprachsystems und
glaubt dadurch die neue Sprachwissenschaft geschaffen zu ha-
ben. Prüfen wir also, was mit jenem Satze gesagt wird. Zu-
nächst haben wir zu sehen, was Organismus überhaupt bei Becker
bedeutet; und dann, wie sich die Sprache organisch zeigt.

a) Organismus im Allgemeinen.
§. 1. Grundbestimmung.

Becker eröffnet sein Werk "Organism der Sprache" mit
einer ausführlichen Darlegung der genannten beiden Punkte. Es
heißt rücksichtlich des ersteren sogleich am Anfange (§. 1): "Es
ist ein allgemeines Gesetz der lebenden Natur, daß in ihr jede
Thätigkeit in einem Stoffe, jedes Geistige in einem Leiblichen
in die Erscheinung tritt, und in der leiblichen Erscheinung seine
Begränzung und Gestaltung findet." Hierauf beruht nach Becker,
wie in §. 4. bestimmter ausgesprochen wird, das Wesen des Or-
ganismus: "Das allgemeine Leben der Natur wird zu einem

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Erster Theil.
Die logische Grammatik.
A. Becker.
1. Beckers mangelhaftes Princip.

Becker legt überall das größte Gewicht auf den Satz: die
Sprache ist
nach ihrem Ursprunge wie in ihrer innern Einrich-
tung und in allen ihren Verhältnissen organisch; er macht ihn
zum Ausgangs-, Ziel- und Mittelpunkt seines Sprachsystems und
glaubt dadurch die neue Sprachwissenschaft geschaffen zu ha-
ben. Prüfen wir also, was mit jenem Satze gesagt wird. Zu-
nächst haben wir zu sehen, was Organismus überhaupt bei Becker
bedeutet; und dann, wie sich die Sprache organisch zeigt.

a) Organismus im Allgemeinen.
§. 1. Grundbestimmung.

Becker eröffnet sein Werk „Organism der Sprache“ mit
einer ausführlichen Darlegung der genannten beiden Punkte. Es
heißt rücksichtlich des ersteren sogleich am Anfange (§. 1): „Es
ist ein allgemeines Gesetz der lebenden Natur, daß in ihr jede
Thätigkeit in einem Stoffe, jedes Geistige in einem Leiblichen
in die Erscheinung tritt, und in der leiblichen Erscheinung seine
Begränzung und Gestaltung findet.“ Hierauf beruht nach Becker,
wie in §. 4. bestimmter ausgesprochen wird, das Wesen des Or-
ganismus: „Das allgemeine Leben der Natur wird zu einem

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[[1]/0039] Erster Theil. Die logische Grammatik. A. Becker. 1. Beckers mangelhaftes Princip. Becker legt überall das größte Gewicht auf den Satz: die Sprache ist nach ihrem Ursprunge wie in ihrer innern Einrich- tung und in allen ihren Verhältnissen organisch; er macht ihn zum Ausgangs-, Ziel- und Mittelpunkt seines Sprachsystems und glaubt dadurch die neue Sprachwissenschaft geschaffen zu ha- ben. Prüfen wir also, was mit jenem Satze gesagt wird. Zu- nächst haben wir zu sehen, was Organismus überhaupt bei Becker bedeutet; und dann, wie sich die Sprache organisch zeigt. a) Organismus im Allgemeinen. §. 1. Grundbestimmung. Becker eröffnet sein Werk „Organism der Sprache“ mit einer ausführlichen Darlegung der genannten beiden Punkte. Es heißt rücksichtlich des ersteren sogleich am Anfange (§. 1): „Es ist ein allgemeines Gesetz der lebenden Natur, daß in ihr jede Thätigkeit in einem Stoffe, jedes Geistige in einem Leiblichen in die Erscheinung tritt, und in der leiblichen Erscheinung seine Begränzung und Gestaltung findet.“ Hierauf beruht nach Becker, wie in §. 4. bestimmter ausgesprochen wird, das Wesen des Or- ganismus: „Das allgemeine Leben der Natur wird zu einem 1

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Zitationshilfe: Steinthal, Heymann: Grammatik, Logik und Psychologie. Ihre Principien und ihr Verhältniss zu einander. Berlin, 1855, S. [1]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steinthal_grammatik_1855/39>, abgerufen am 29.03.2024.