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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857.

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nehmen, was den Hauch über all den Gestaltungen
noch lieblicher machte.

Da ich in eine gewisse Tiefe des Gebirges gekom¬
men war, änderte ich die Richtung und fuhr nun nach
der Länge desselben hin. Als zwei Tage vergangen
waren, und der dritte auch schon dem Nachmittag zu¬
neigte, blickte uns aus der Tiefe des Thales das Ge¬
wässer des Lautersees entgegen. Wir kamen um den
Rücken eines breiten Waldberges herum, und die
Glanzstellen entwickelten sich immer mehr. Endlich
lag der größte Theil des Spiegels unter dem Ge¬
zweige der Tannen der Buchen und der Ahorne zu
unsern Füssen. Wir sanken mit unserem Wäglein
auf dem schmalen Wege immer tiefer und tiefer,
bis wir nach etwa zwei Stunden an dem Ufer
des Sees anlangten, und die Steinchen in seinen
seichten Buchten hätten zählen können. Wir fuhren
an dem Ufer dahin, umfuhren eine kleine Strecke
des Sees, und kamen in dem Seewirthshause an.
Dort lohnte ich unsern Fuhrmann ab, und mie¬
thete uns für mehrere Tage ein. Klotilde mußte das¬
selbe Zimmer bekommen, welches ich während der
Zeiten meiner Vermessungen des Lautersees innege¬
habt hatte. Ich begnügte mich mit einem kleineren

nehmen, was den Hauch über all den Geſtaltungen
noch lieblicher machte.

Da ich in eine gewiſſe Tiefe des Gebirges gekom¬
men war, änderte ich die Richtung und fuhr nun nach
der Länge desſelben hin. Als zwei Tage vergangen
waren, und der dritte auch ſchon dem Nachmittag zu¬
neigte, blickte uns aus der Tiefe des Thales das Ge¬
wäſſer des Lauterſees entgegen. Wir kamen um den
Rücken eines breiten Waldberges herum, und die
Glanzſtellen entwickelten ſich immer mehr. Endlich
lag der größte Theil des Spiegels unter dem Ge¬
zweige der Tannen der Buchen und der Ahorne zu
unſern Füſſen. Wir ſanken mit unſerem Wäglein
auf dem ſchmalen Wege immer tiefer und tiefer,
bis wir nach etwa zwei Stunden an dem Ufer
des Sees anlangten, und die Steinchen in ſeinen
ſeichten Buchten hätten zählen können. Wir fuhren
an dem Ufer dahin, umfuhren eine kleine Strecke
des Sees, und kamen in dem Seewirthshauſe an.
Dort lohnte ich unſern Fuhrmann ab, und mie¬
thete uns für mehrere Tage ein. Klotilde mußte das¬
ſelbe Zimmer bekommen, welches ich während der
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habt hatte. Ich begnügte mich mit einem kleineren

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[126/0140] nehmen, was den Hauch über all den Geſtaltungen noch lieblicher machte. Da ich in eine gewiſſe Tiefe des Gebirges gekom¬ men war, änderte ich die Richtung und fuhr nun nach der Länge desſelben hin. Als zwei Tage vergangen waren, und der dritte auch ſchon dem Nachmittag zu¬ neigte, blickte uns aus der Tiefe des Thales das Ge¬ wäſſer des Lauterſees entgegen. Wir kamen um den Rücken eines breiten Waldberges herum, und die Glanzſtellen entwickelten ſich immer mehr. Endlich lag der größte Theil des Spiegels unter dem Ge¬ zweige der Tannen der Buchen und der Ahorne zu unſern Füſſen. Wir ſanken mit unſerem Wäglein auf dem ſchmalen Wege immer tiefer und tiefer, bis wir nach etwa zwei Stunden an dem Ufer des Sees anlangten, und die Steinchen in ſeinen ſeichten Buchten hätten zählen können. Wir fuhren an dem Ufer dahin, umfuhren eine kleine Strecke des Sees, und kamen in dem Seewirthshauſe an. Dort lohnte ich unſern Fuhrmann ab, und mie¬ thete uns für mehrere Tage ein. Klotilde mußte das¬ ſelbe Zimmer bekommen, welches ich während der Zeiten meiner Vermeſſungen des Lauterſees innege¬ habt hatte. Ich begnügte mich mit einem kleineren

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/140>, abgerufen am 19.04.2024.