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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857.

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kannte ich, daß die dauernde kalte und unfreundliche
Zeit noch nicht gekommen sei, und daß noch warme
und klare Tage eintreten müssen. Als daher das Wetter
sich wieder aufheiterte, verließ ich mit Klotilden das
Ahornhaus, und schlug den Weg in das Kargrat ein.

Ich hatte mich in meinen Voraussezungen nicht
getäuscht. Nachdem zwei halb heitere und kühle Tage
gewesen waren, die wir mit Fahren zugebracht hatten,
zog wieder ein ganz heiterer zwar am Morgen kalter,
in seinem Verlaufe aber sich schnell erwärmender Tag
über die beschneiten Gipfel herauf, dem eine Reihe
schöner und warmer Tage folgte, die den Schnee auf
den Höhen und den, welcher das Eis der Gletscher
bedeckt hatte, wieder weg nahmen, und das leztere
so weit sichtbar machten, als es in diesem Sommer
überhaupt sichtbar gewesen war. Wir hatten am zweiten
dieser schönen Tage das Kargrat erreicht. Die Reise
war darum von so langer Dauer gewesen, weil wir
kleine Tagefahrten gemacht hatten, und weil wir die
Berge hinan und hinab recht langsam gefahren waren.
Wir zogen in die Ärmlichkeit unserer Wohnung, die
durch die Größe und Öde der Gegend, von welcher sie
umgeben war, noch mehr herabgedrückt wurde, ein.
Am zweiten Tage nach unserer Ankunft, da alles vor¬

kannte ich, daß die dauernde kalte und unfreundliche
Zeit noch nicht gekommen ſei, und daß noch warme
und klare Tage eintreten müſſen. Als daher das Wetter
ſich wieder aufheiterte, verließ ich mit Klotilden das
Ahornhaus, und ſchlug den Weg in das Kargrat ein.

Ich hatte mich in meinen Vorausſezungen nicht
getäuſcht. Nachdem zwei halb heitere und kühle Tage
geweſen waren, die wir mit Fahren zugebracht hatten,
zog wieder ein ganz heiterer zwar am Morgen kalter,
in ſeinem Verlaufe aber ſich ſchnell erwärmender Tag
über die beſchneiten Gipfel herauf, dem eine Reihe
ſchöner und warmer Tage folgte, die den Schnee auf
den Höhen und den, welcher das Eis der Gletſcher
bedeckt hatte, wieder weg nahmen, und das leztere
ſo weit ſichtbar machten, als es in dieſem Sommer
überhaupt ſichtbar geweſen war. Wir hatten am zweiten
dieſer ſchönen Tage das Kargrat erreicht. Die Reiſe
war darum von ſo langer Dauer geweſen, weil wir
kleine Tagefahrten gemacht hatten, und weil wir die
Berge hinan und hinab recht langſam gefahren waren.
Wir zogen in die Ärmlichkeit unſerer Wohnung, die
durch die Größe und Öde der Gegend, von welcher ſie
umgeben war, noch mehr herabgedrückt wurde, ein.
Am zweiten Tage nach unſerer Ankunft, da alles vor¬

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[133/0147] kannte ich, daß die dauernde kalte und unfreundliche Zeit noch nicht gekommen ſei, und daß noch warme und klare Tage eintreten müſſen. Als daher das Wetter ſich wieder aufheiterte, verließ ich mit Klotilden das Ahornhaus, und ſchlug den Weg in das Kargrat ein. Ich hatte mich in meinen Vorausſezungen nicht getäuſcht. Nachdem zwei halb heitere und kühle Tage geweſen waren, die wir mit Fahren zugebracht hatten, zog wieder ein ganz heiterer zwar am Morgen kalter, in ſeinem Verlaufe aber ſich ſchnell erwärmender Tag über die beſchneiten Gipfel herauf, dem eine Reihe ſchöner und warmer Tage folgte, die den Schnee auf den Höhen und den, welcher das Eis der Gletſcher bedeckt hatte, wieder weg nahmen, und das leztere ſo weit ſichtbar machten, als es in dieſem Sommer überhaupt ſichtbar geweſen war. Wir hatten am zweiten dieſer ſchönen Tage das Kargrat erreicht. Die Reiſe war darum von ſo langer Dauer geweſen, weil wir kleine Tagefahrten gemacht hatten, und weil wir die Berge hinan und hinab recht langſam gefahren waren. Wir zogen in die Ärmlichkeit unſerer Wohnung, die durch die Größe und Öde der Gegend, von welcher ſie umgeben war, noch mehr herabgedrückt wurde, ein. Am zweiten Tage nach unſerer Ankunft, da alles vor¬

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/147>, abgerufen am 20.04.2024.