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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857.

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der vorigen Tage hatte sich verloren, die graue Decke
am Himmel war verschwunden, und den verwaschenen
Federwolken war eine tiefe Bläue gefolgt. Die Luft
zog aus Osten, die Kälte mehrte sich, der Schnee
flimmerte, und Abends zeigte sich der feine blauliche
Duft in den Gründen, der heitere Morgen und immer
größere Kälte versprach. Meine Werkzeuge gaben
starken Luftdruck und große Trockenheit an.

Ich sagte dem alten Kaspar, daß wir nunmehr
aufbrechen würden. Wir nahmen an Alpenstöcken
Steigeisen Stricken Schneereifen Decken Kleidern,
was wir nöthig erachteten, eine Schaufel eine Axt
Kochgeschirr und Lebensmittel auf mehrere Tage. So
bepackt gingen wir zu dem See. Dort theilten wir
unsere Dinge in zwei bequeme Lasten, daß jeder mit
der seinigen so leicht als möglich gehen könne, und
erwarteten den nächsten Morgen.

Beim Grauen des Lichtes machten wir uns auf
den Weg, und stiegen mit unseren sehr hohen Stie¬
feln, die ich eigens zu diesem Zwecke hatte machen
lassen, in den tiefen Schnee der Wege, die zu den
Höhen, auf die wir wollten, führten, die aber nur
im Sommer betreten wurden, die jezt keine Spur
zeigten, und die wir nur fanden, weil wir der Gegend

der vorigen Tage hatte ſich verloren, die graue Decke
am Himmel war verſchwunden, und den verwaſchenen
Federwolken war eine tiefe Bläue gefolgt. Die Luft
zog aus Oſten, die Kälte mehrte ſich, der Schnee
flimmerte, und Abends zeigte ſich der feine blauliche
Duft in den Gründen, der heitere Morgen und immer
größere Kälte verſprach. Meine Werkzeuge gaben
ſtarken Luftdruck und große Trockenheit an.

Ich ſagte dem alten Kaspar, daß wir nunmehr
aufbrechen würden. Wir nahmen an Alpenſtöcken
Steigeiſen Stricken Schneereifen Decken Kleidern,
was wir nöthig erachteten, eine Schaufel eine Axt
Kochgeſchirr und Lebensmittel auf mehrere Tage. So
bepackt gingen wir zu dem See. Dort theilten wir
unſere Dinge in zwei bequeme Laſten, daß jeder mit
der ſeinigen ſo leicht als möglich gehen könne, und
erwarteten den nächſten Morgen.

Beim Grauen des Lichtes machten wir uns auf
den Weg, und ſtiegen mit unſeren ſehr hohen Stie¬
feln, die ich eigens zu dieſem Zwecke hatte machen
laſſen, in den tiefen Schnee der Wege, die zu den
Höhen, auf die wir wollten, führten, die aber nur
im Sommer betreten wurden, die jezt keine Spur
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[150/0164] der vorigen Tage hatte ſich verloren, die graue Decke am Himmel war verſchwunden, und den verwaſchenen Federwolken war eine tiefe Bläue gefolgt. Die Luft zog aus Oſten, die Kälte mehrte ſich, der Schnee flimmerte, und Abends zeigte ſich der feine blauliche Duft in den Gründen, der heitere Morgen und immer größere Kälte verſprach. Meine Werkzeuge gaben ſtarken Luftdruck und große Trockenheit an. Ich ſagte dem alten Kaspar, daß wir nunmehr aufbrechen würden. Wir nahmen an Alpenſtöcken Steigeiſen Stricken Schneereifen Decken Kleidern, was wir nöthig erachteten, eine Schaufel eine Axt Kochgeſchirr und Lebensmittel auf mehrere Tage. So bepackt gingen wir zu dem See. Dort theilten wir unſere Dinge in zwei bequeme Laſten, daß jeder mit der ſeinigen ſo leicht als möglich gehen könne, und erwarteten den nächſten Morgen. Beim Grauen des Lichtes machten wir uns auf den Weg, und ſtiegen mit unſeren ſehr hohen Stie¬ feln, die ich eigens zu dieſem Zwecke hatte machen laſſen, in den tiefen Schnee der Wege, die zu den Höhen, auf die wir wollten, führten, die aber nur im Sommer betreten wurden, die jezt keine Spur zeigten, und die wir nur fanden, weil wir der Gegend

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/164>, abgerufen am 25.04.2024.