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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857.

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ragen aus ihnen empor. Es ist hier am schwersten
durchzukommen. Selbst im Sommer ist es schwie¬
rig, die rechte Richtung zu behalten, weil die Gestal¬
tungen einander so ähnlich sind, und ein ausgetretener
Pfad begreiflicher Weise nicht da ist: wie viel mehr
im Winter, in welchem die Gestalten durch Schnee¬
verhüllungen überdeckt und entstellt sind, und selbst
da, wo sie hervorragen, ein ungewohntes und fremd¬
artiges Ansehen haben. Es sind mehrere Alpenhütten
in diesem Gebiethe zerstreut, und es befinden sich im
Sommer Heerden hier oben, die aber, wie zahlreich
sie auch sind, in der großen Ausdehnung verschwin¬
den, und sich gegenseitig oft Monate lang nicht
sehen. Wir wünschten noch beim Lichte des Tages
über diese Erdbildungen hinüber zu kommen, und
hatten vor, zur Einhaltung der Richtung uns gegen¬
seitig in unserer Kenntniß der Riffe und der Hügelge¬
staltungen zu unterstüzen, und uns die entscheidenden
Bildungen wechselseitig zu nennen und zu beschreiben.
Am oberen Ende der Hochebene, wo wieder die größe¬
ren Felsenbildungen beginnen, und das Verirren
weit weniger möglich ist, steht im Bereiche großer
Kalksteinblöcke eine Sennhütte, die Ziegenalpe ge¬
nannt, welche das Ziel unserer heutigen Wanderung

ragen aus ihnen empor. Es iſt hier am ſchwerſten
durchzukommen. Selbſt im Sommer iſt es ſchwie¬
rig, die rechte Richtung zu behalten, weil die Geſtal¬
tungen einander ſo ähnlich ſind, und ein ausgetretener
Pfad begreiflicher Weiſe nicht da iſt: wie viel mehr
im Winter, in welchem die Geſtalten durch Schnee¬
verhüllungen überdeckt und entſtellt ſind, und ſelbſt
da, wo ſie hervorragen, ein ungewohntes und fremd¬
artiges Anſehen haben. Es ſind mehrere Alpenhütten
in dieſem Gebiethe zerſtreut, und es befinden ſich im
Sommer Heerden hier oben, die aber, wie zahlreich
ſie auch ſind, in der großen Ausdehnung verſchwin¬
den, und ſich gegenſeitig oft Monate lang nicht
ſehen. Wir wünſchten noch beim Lichte des Tages
über dieſe Erdbildungen hinüber zu kommen, und
hatten vor, zur Einhaltung der Richtung uns gegen¬
ſeitig in unſerer Kenntniß der Riffe und der Hügelge¬
ſtaltungen zu unterſtüzen, und uns die entſcheidenden
Bildungen wechſelſeitig zu nennen und zu beſchreiben.
Am oberen Ende der Hochebene, wo wieder die größe¬
ren Felſenbildungen beginnen, und das Verirren
weit weniger möglich iſt, ſteht im Bereiche großer
Kalkſteinblöcke eine Sennhütte, die Ziegenalpe ge¬
nannt, welche das Ziel unſerer heutigen Wanderung

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[152/0166] ragen aus ihnen empor. Es iſt hier am ſchwerſten durchzukommen. Selbſt im Sommer iſt es ſchwie¬ rig, die rechte Richtung zu behalten, weil die Geſtal¬ tungen einander ſo ähnlich ſind, und ein ausgetretener Pfad begreiflicher Weiſe nicht da iſt: wie viel mehr im Winter, in welchem die Geſtalten durch Schnee¬ verhüllungen überdeckt und entſtellt ſind, und ſelbſt da, wo ſie hervorragen, ein ungewohntes und fremd¬ artiges Anſehen haben. Es ſind mehrere Alpenhütten in dieſem Gebiethe zerſtreut, und es befinden ſich im Sommer Heerden hier oben, die aber, wie zahlreich ſie auch ſind, in der großen Ausdehnung verſchwin¬ den, und ſich gegenſeitig oft Monate lang nicht ſehen. Wir wünſchten noch beim Lichte des Tages über dieſe Erdbildungen hinüber zu kommen, und hatten vor, zur Einhaltung der Richtung uns gegen¬ ſeitig in unſerer Kenntniß der Riffe und der Hügelge¬ ſtaltungen zu unterſtüzen, und uns die entſcheidenden Bildungen wechſelſeitig zu nennen und zu beſchreiben. Am oberen Ende der Hochebene, wo wieder die größe¬ ren Felſenbildungen beginnen, und das Verirren weit weniger möglich iſt, ſteht im Bereiche großer Kalkſteinblöcke eine Sennhütte, die Ziegenalpe ge¬ nannt, welche das Ziel unſerer heutigen Wanderung

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/166>, abgerufen am 23.04.2024.