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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857.

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war. Am Rande der Bergansteigung und dem An¬
fange der Hochebene, wo wir jezt waren, sezten wir
uns nieder. Es liegt da ein großer Stein der beinahe
ganz schwarz ist. Er ist nicht nur dieser Farbe willen
an sich merkwürdig, sondern besonders darum, weil
er durch eben diese Farbe dann durch seine Größe
und seine seltsame Gestalt von Weitem gesehen wer¬
den kann, und denen, die von der Ziegenalpe durch
die Hochebene abwärts kommen, zum Zeichen, und
wenn sie bei ihm angelangt sind, zur Beruhigung
des richtig zurückgelegten Weges dient. Weil vielen,
die auf der Hochebene sind, Sennen Alpenwanderern
Jägern, der Stein ein Versammlungsort ist, so fin¬
det sich von ihm ab schon ein merkbar ausgetretener
Pfad und man kann die Richtung zu dem See hinab
nicht mehr leicht verfehlen. Auch ist die gegen Son¬
nenaufgang überhängende Gestalt des Felsens geeig¬
net, vor Regen und heftigen Westwinden zu schüzen.
Als wir bei ihm angelangt waren, sahen wir freilich
keine Spur eines Menschen rings um ihn; denn
unberührter Schnee lag bis zu seinen Wänden
hinzu, und er stand noch einmal so schwarz aus
dieser Umgebung hervor. Wir fanden aber auf klei¬
neren Steinen, die unter seinem Überdache lagen,

war. Am Rande der Berganſteigung und dem An¬
fange der Hochebene, wo wir jezt waren, ſezten wir
uns nieder. Es liegt da ein großer Stein der beinahe
ganz ſchwarz iſt. Er iſt nicht nur dieſer Farbe willen
an ſich merkwürdig, ſondern beſonders darum, weil
er durch eben dieſe Farbe dann durch ſeine Größe
und ſeine ſeltſame Geſtalt von Weitem geſehen wer¬
den kann, und denen, die von der Ziegenalpe durch
die Hochebene abwärts kommen, zum Zeichen, und
wenn ſie bei ihm angelangt ſind, zur Beruhigung
des richtig zurückgelegten Weges dient. Weil vielen,
die auf der Hochebene ſind, Sennen Alpenwanderern
Jägern, der Stein ein Verſammlungsort iſt, ſo fin¬
det ſich von ihm ab ſchon ein merkbar ausgetretener
Pfad und man kann die Richtung zu dem See hinab
nicht mehr leicht verfehlen. Auch iſt die gegen Son¬
nenaufgang überhängende Geſtalt des Felſens geeig¬
net, vor Regen und heftigen Weſtwinden zu ſchüzen.
Als wir bei ihm angelangt waren, ſahen wir freilich
keine Spur eines Menſchen rings um ihn; denn
unberührter Schnee lag bis zu ſeinen Wänden
hinzu, und er ſtand noch einmal ſo ſchwarz aus
dieſer Umgebung hervor. Wir fanden aber auf klei¬
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[153/0167] war. Am Rande der Berganſteigung und dem An¬ fange der Hochebene, wo wir jezt waren, ſezten wir uns nieder. Es liegt da ein großer Stein der beinahe ganz ſchwarz iſt. Er iſt nicht nur dieſer Farbe willen an ſich merkwürdig, ſondern beſonders darum, weil er durch eben dieſe Farbe dann durch ſeine Größe und ſeine ſeltſame Geſtalt von Weitem geſehen wer¬ den kann, und denen, die von der Ziegenalpe durch die Hochebene abwärts kommen, zum Zeichen, und wenn ſie bei ihm angelangt ſind, zur Beruhigung des richtig zurückgelegten Weges dient. Weil vielen, die auf der Hochebene ſind, Sennen Alpenwanderern Jägern, der Stein ein Verſammlungsort iſt, ſo fin¬ det ſich von ihm ab ſchon ein merkbar ausgetretener Pfad und man kann die Richtung zu dem See hinab nicht mehr leicht verfehlen. Auch iſt die gegen Son¬ nenaufgang überhängende Geſtalt des Felſens geeig¬ net, vor Regen und heftigen Weſtwinden zu ſchüzen. Als wir bei ihm angelangt waren, ſahen wir freilich keine Spur eines Menſchen rings um ihn; denn unberührter Schnee lag bis zu ſeinen Wänden hinzu, und er ſtand noch einmal ſo ſchwarz aus dieſer Umgebung hervor. Wir fanden aber auf klei¬ neren Steinen, die unter ſeinem Überdache lagen,

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/167>, abgerufen am 18.04.2024.